Alter und Autorität

  • Hallo


    Ich möchte im nächsten Schuljahr als Referendar einsteigen und ich fühl mich irgendwie zu jung. Ich bin nun 25 und habe irgendwie das Gefühl, dass ich keinem 18 Jährigen so belehren kann, dass er mich als Autorität wahrnimmt. Habe schon überlegt mal auf Hemden umzusteigen um etwas erwachsener auszusehen (kein Witz). Was habt ihr für Erfahrungen gemacht als "Junglehrer"?

  • Kann ja bis jetzt nur aus den Erfahrungen meines Praxissemesters schöpfen, aber da muss ich sagen, dass ich keinerlei Probleme hatte (War damals 24 und an einer berufsbildenden Schule). Aber ich denke, dass das viel mit dem Stil zu tun hat, mit dem du Menschen führst. Das Wichtigste ist, dass du dabei du selber bist, und offen mit den Schülern umgehst. Und auch mal die Größe hast, es eingestehen zu können, wenn du einen Fehler gemacht hast. Um mal einen Chef von mir zu zitieren:
    "Irgendwann musst du auch mal sagen: Ich führe jetzt, mir nach. Wenn es dann aber falsch geloffen ist, dann musst du auch sagen können: Gut, das war falsch. Aber damals hab ich nach bestem Wissen und Gewissen entschieden. Heute würde ich es anders machen."
    Ich denke, dass es das ganz gut trifft. Und ich hoffe, dass ich so selber auch keine Probleme kriegen werde...


    Hoffe, mein Herumgerede konnte dir ein wenig helfen:-)

    • Offizieller Beitrag

    Schüler sind relativ tolerant, was verschiedene Menschentypen angeht. Sie begegen einem äußerst gemischten Kollegium, über Jahre.
    Worauf sie Wert legen, sind fachliche und pädagogische Kompetenz - dann 'verzeihen" sie einem auch 'komische' Klamotten, einen Schmerbauch, eine dicke Brille oder sonstwas, das bei Kollegen, die weder Fragen beantworten noch einen Konflikt in den Griff bekommen, als Anlass zu Geläster und mittelwitzigen Zeichnungen genommen wird.


    Sie spüren, ob man sie respektiert, aber sich von ihnen nicht auf der Nase herumtanzen lässt (was sie zunächst oft probieren, aber gar nicht wirklich dürfen wollen). Sie erkennen an, ob man ihnen wirklich zugewandt ist, sich für sie interessiert, aber sie mögen keine Kumpelhaftigkeit oder übergriffige Aufdringlichkeit. Sie möchten einen Unterricht, der abwechslungsreich und zielführend ist, sie brauchen keine Spaßveranstaltungen ohne Ergebnis - und keine Vorlesung. Absolute Transparenz und klare Kriterien bei der Notengebung ist extrem wichtig. Angebote neben dem normalen Prozedere für die ganz Schwachen und die ganz Starken auch. Und Humor! Einer, den sie verstehen.


    Schüler können Lehrer und Unterricht ganz kompetent beurteilen. Sie haben schon viel davon erlebt. Die Details sind ihnen vielleicht nicht klar, aber beim Gesamteindruck wissen sie schnell, wer da vor ihnen steht.

    Ob man dann ein Hemd trägt oder nicht, ist von keinerlei Relevanz.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
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    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

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  • Mein Referandariat ist zwar schon etwas her, aber ich hatte damals keine Probleme mit 23 im Gymnasium oder mit 24 in der Berufsschule von den Schülern anerkannt und akzeptiert zu werden. In der Berufsschule waren meinen Schüler phasenweise älter als ich.
    Mit 25 habe ich in meinem ersten Jahr als ausgebildete Lehrerin durchweg positive Erfahrungen gemacht. Von meinem damaligen Mathe-LK 13 habe ich auch positive Rückmeldungen bekommen.
    Ich hatte vor dem Referendariat sehr viel Nachhilfe in Mathe gegeben und war dementsprechend sattelfest.
    Nur Mut.

  • Genau dieselben Bedenken hatte ich vor dem Ref auch. Ich war auch erst 25 und sehe sowieso noch mal jünger aus. In der Cafeteria der Schule wurde ich auch gerne mal für eine Schülerin gehalten ;)! Also habe ich auch durch einen etwas "konservativeren" Kleidungsstil versucht, meine andere Position auch optisch deutlich zu machen. Aber Stoffhose und Bluse ist einfach nicht meine Sache, also bin ich schnell wieder auf Jeans umgestiegen - gab und gibt bis heute keine Probleme, auch nicht mit den Oberstufenschülern. Die finden es eher gut, eine junge Lehrerin zu haben.
    Wichtig ist wirklich eher deine fachliche Kompetenz und eine authentische Persönlichkeit. Nichts kommt schlechter an und macht dich angreifbarer, als eine vorgespielte Oberlehrer-Persönlichkeit.

  • Ich muss das Thema nochmal aufwerfen. Ich habe soeben auf referndar.de rumgesurft und naja.. also erstmal ist das Forum nen reiner Kindergarten. Also da haben wir hier schon etwas besonderes. Das müssen wir uns unbedingt erhalten.


    Desweiteren wurde da geschrieben, dass man mit einem gammligen Kleidungsstil bei den Sch+lern schon verloren hat. Als gammlig wurde: "Jeans und Strickpulli" bezeichnet und als Standard wurde Hemd tragen genannt. Ist das wirklich so? Ich zieh eigentlich zu 90% Strickpullis an. Und Hemden.. da habe ich genau: 1. ;)


    Muss ich da etwas ändern? Ich mache mir da echt Gedanken. Ich will ja auch nicht zum Schulasozialen werden als Referendar.

    • Offizieller Beitrag

    In meinem Oberstufenkollegium von etwa 120 Menschen gibt es nur 6- 7 Kollegen, die im Hemd und mit Krawatte kommen. Das sind mitnichten die respektiertesten...


    Im Übrigen sehe ich nicht, wieso Strickpullis oder Jeans gammlig sein sollen. Je nach Marke kann man die für über 300 Euro pro Stück kaufen ;)

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  • Ist bei uns genau so. Grade jetzt wo es so kalt ist. Krawatte hat gar keiner an.
    Ich hab mir am ersten Schultag super Gedanken gemacht, was ich denn am besten anziehe. Und dann kam ich hin und es war natürlich genau so wie es halt ist. Bunt durchmischt. Von total stylisch zu, äh, doch leicht gammelig.
    Aber es ist doch wie bei allem beim Lehrersein, oder? Anziehen worin man sich wohl fühlt, sonst kommts sowieso unecht rüber. Muss ja nicht unbedingt der Ausschnitt bis zum Bauchnabel sein, aber ganausowenig geht der Anzug mit Krawatte in einer "normalen" Schule finde ich.


    Grüße

  • Es kommt auch immer ein wenig drauf an, was für ein Kleiderstil an der Schule selbst herrscht.
    Wir sind eine Innenstadtschule mit einem sehr jungen Kollegium: Entsprechend schräg kleidet sich auch der ein oder andere Kollege. Ansonsten ist es bei uns fast schon üblich, dass wir ähnliche Klamotten wie die Schüler tragen. Da wird auch gerne mal in der kleinen Pause ausgetauscht, wo man sich seine neue Jeans gekauft hat oder mir isses auch schon öfter passiert, dass ich genau die gleichen Klamotten oder das gleiche Teil in einer andere Farbe habe wie meine Schülerinnen. Das liegt daran, dass wir hier in der Stadt etliche Filialen der bekannten großen schwedischen Modehauskette haben und da halt jeder gerne einkauft. :D
    Schicke Kleidung ist aber auch kein Tabu - wenn mal wieder die Presse zu Besuch kommt oder sonst ein Anlass ansteht, wo es halt das Yuppie-Outfit sein muss, dann stöckel ich auch durchaus mal im feinen Hosenanzug in den Unterricht. Da fragen die Schüler meist zwar, was ich noch vor habe, aber mehr auch nicht.


    Wie alle meine Vorredner schon meinten: Auf die fachliche und persönliche Kompetenz kommt es an. Und dann ist es wurscht, ob man sich äußerlich von seinen Schülern nun abhebt oder nicht. Und unterschätze mal nicht die paar Jahre Altersvorsprung inkl. akademischer Ausbildung. In aller Regel hat man doch eine deutlich größere persönliche Reife und das merken die Schüler ja auch.


    LG
    Mia

    Man soll denken lehren, nicht Gedachtes.
    (Cornelius Gustav Gurlitt)

  • Zitat

    Original von [FoNziE]
    Die Frage ist halt immer wie die Seminarleiter und Prüfer das sehen. Ob man da mit Dreadlocks nicht schnell unten durch ist.


    Wir hatten einen Mitreferendar, der immer Pullunder und Hemd und Stoffhose trug. Er ist 2x durchgefallen - weil er nichts konnte! Selbige Konstellation gab es an meiner jetztigen Schule: Referendarin, super schick und elegant gekleidet - 2x durchgefallen, weil sie nichts konnte. Ich denke, es kommt nicht so sehr auf das Aussehen an. :)


    Grüße vom
    Raket-O-Katz

  • Du musst Dich gut und sicher fühlen, um authentisch sein und fachlich etwas rüberzubringen können. Wenn da das Hemd hilft - why not!?


    Ich hatte zuweilen tolle Lehrer, die aussahen wie Schlumps, aber ich hab' sie trotzdem gemocht und vor allem etwas gelernt bei ihnen fürs Leben: es kommt nicht auf die "Hülle" an, sondern auf das, was man tut.

    Beste Grüße
    von und aus dem Kiefernwald

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