• Hallo Ihr lieben Mit Obasler der ersten und zweiten Generation,


    ich habe lange Zeit nicht mehr hierein geschaut.
    Es sind nun fast 7 Wochen Schule um und ich wollte fragen, wie es Euch geht.
    Ich bin, und das hätte ich nicht gedacht momentan am absoluten RAnde der Belastbarkeit angekommen und ich habe, zumindest in der letzten Woche immer wieder überlegt, ob ich so weitermachen möchte.


    Das Problem ist: Ich kriege meinen Kopf nicht frei. Ich kann einfach garnicht mehr abschalten. Meine Gedanken kreisen 24/7 um Schule und Unterricht und ich finde keine Ruhe. Immer denke ich, ich sei nicht genug vorbereitet, ich könnte noch mehr machen.


    Dann habe ich auch ein wenig Respekt oder Angst vor Kontrollverlust im Unterricht... es ist noch nie zu sowas gekommen, vielleicht ist die Angst auch total unbegründet, aber haben tue ich sie trotzdem. :(


    Ich bin einfach momentan überfordert.


    Habt ihr schon ähnliche Situationen gehabt und habt ihr euch an jemanden gewandt um Hilfe zu erhalten?


    Viele Grüße
    Dopamin

  • Hi,


    ich kann dein Problem gut verstehen. Im Lehrerberuf ist es allgemein schwierig, abzuschalten - man muss das gezielt trainieren. Beschäftige dich ganz bewusst mal mit anderen Dingen - Sport, unternimm was Schönes, triff dich mit Freunden, mach auch zur Abwechslung mal was "Geislostes" z. B. Triviales im Fernsehen anschauen ...


    Ich weiß, es ist schwer, aber versuche dich einfach zu entspannen. Wenn du angespannt bist, merken das die Schüler sofort und laufen dann erst recht aus dem Ruder. Wenn eine Stunde mal nicht so gut läuft - na und? Trau dir selbst mehr zu und versuche eine "professionnelle Distanz" aufzubauen, also das Verhalten der Schüler nicht persönlich zu nehmen, genausowenig wie die Kommentare der Fachleiter etc.


    Verabschiede dich vom Perfektionismus - du kannst nicht immer 100 % vorbereitet sein - es gibt so viele Situationen, auf die man sich gar nciht vorbereiten kann - und auch so vergisst man eine Menge, weil man einfach auf zu viele Dinge achten muss.


    Wenn du magst, schildere dein Problem noch genauer, dann kann ich dir vielleicht besser Tipps geben.


    LG und Kopf hoch, du schaffst das schon!

    Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.

  • Zitat

    Original von Dopamin82
    Habt ihr schon ähnliche Situationen gehabt und habt ihr euch an jemanden gewandt um Hilfe zu erhalten?


    Hallo Dopamin,


    alles, was die Sonnenkönigin hier schon geschrieben hat, kann ich unterschreiben ... aus Erfahrung ... fremder Erfahrung - bin "unter Lehrern aufgewachsen" ... und eigener Erfahrung - zwar (noch) nicht aus dem Lehrerberuf, aber aus meiner Selbständigkeit. Da habe ich in den ersten Zeiten auch immer das Gefühl gehabt, dass du hier beschrieben hast.


    Weitere Lösungsvorschläge als Ergänzung daher ...


    Bewußt die Ferien auch nutzen um WEG zu fahren ... und NICHTS mitzunehmen ... muss ja nicht die ganze Zeit sein, aber eben von vornherein die unterrichtsfreie Zeit nicht nur zum Aufarbeiten und Vorbereiten verplanen. Denn egal ob du von 2 Wochen zwei zuhause bist ... oder eine zuhause und eine weg ... am Ende der Ferien denkst du sowieso, dass du dies und jenes noch hättest tun können ... etwas fehlt ... usw.


    Bewußt mit Zeitbudgets arbeiten. Du kannst nicht alles perfekt machen ... und du musst es ja auch nicht ... von dem Gedanken, der vielleicht in deinem bisherigen Beruf angebracht war, dem so nahe wie möglich zu kommen, gleich verabschieden ... du musst die 2. Staatsprüfung ja auch "nur" bestehen - egal wie. Daher die verfügbare Zeit (auch ganz klar Zeit für Nicht-Schule-Dinge reservieren) auf die zu erledigenden Aufgaben verteilen ... und es dann in dieser zur Verfügung stehenden Zeit so gut wie möglich machen. Sonst läufst du ständig hinterher und hast immer das Gefühl, es brennt irgendwo.


    Also auch Mut zur Lücke ... und das souverän ... insbesondere gegenüber den SuS. Ich weiss auch nicht immer gleich alles, wenn mal ein SoS zu mir kommt und mich nach Oberstufenmathematik fragt ... so aus dem Stehgreif ... aber hinterher wundern sich immer alle, "dass du das nach so vielen Jahren immer noch sofort drauf hast und mir erklären kannst" ... muss ja keiner wissen ... ;)


    Interessant in dem Zusammenhang vielleicht noch ... in der Zeit, in der ich ja "schon eine Stelle hatte" habe ich auch mal ein Gespräch mit der damals zuständigen Seminarleiterin geführt. Eine ihrer Aussagen war, dass sie aus jahrelanger Erfahrung mit Refs und OVP-Blern gesehen hat, dass diejenigen am besten durch die 2 Jahre gekommen sind, die während dieser Zeit auch ganz bewußt etwas anderes gemacht haben ... also trotz allen (Zeit-) Drucks ganz bewußt etwas Außerschulisches ... egal ob das Sport war ... oder die Beschäftigung mit einem völlig anderen Thema (Literaturkreis, ...). Und das sehr oft etwas, was die Refs bzw. SE sogar erst mit Beginn ihrer Ausbildung begonnen haben. Daher rät sie am Anfang auch immer ihren Schützlingen dazu, sowas zu tun.


    Gruß,
    step.

    "Der erste Schritt zum Lernen ist die Liebe zum Lehrer - weil man die Liebe zur Wissenschaft von Heranwachsenden noch nicht erwarten kann."


    Erasmus von Rotterdam



  • Zitat

    Interessant in dem Zusammenhang vielleicht noch ... in der Zeit, in der ich ja "schon eine Stelle hatte" habe ich auch mal ein Gespräch mit der damals zuständigen Seminarleiterin geführt. Eine ihrer Aussagen war, dass sie aus jahrelanger Erfahrung mit Refs und OVP-Blern gesehen hat, dass diejenigen am besten durch die 2 Jahre gekommen sind, die während dieser Zeit auch ganz bewußt etwas anderes gemacht haben ... also trotz allen (Zeit-) Drucks ganz bewußt etwas Außerschulisches ... egal ob das Sport war ... oder die Beschäftigung mit einem völlig anderen Thema (Literaturkreis, ...). Und das sehr oft etwas, was die Refs bzw. SE sogar erst mit Beginn ihrer Ausbildung begonnen haben. Daher rät sie am Anfang auch immer ihren Schützlingen dazu, sowas zu tun.


    Das ist wirklich interessant. Und deckt sich auch mit meinen Erfahrungen. Die Stunden werden nicht besser, wenn man Tag und Nacht arbeitet. Und vor allem werden die Nerven nicht besser davon, im Gegenteil.


    Gerade Sport hilft ja bekanntlich, Adrenalin abzubauen, also auch die gesundheitlichen Folgen von Stress zu reduzieren. Es wäre ganz ungeschickt, aus Zeitgründen darauf zu verzichten.


    Mach ich auch nicht.


    Lieber mal ein Arbeitsblatt, das nicht ganz so stylisch ist, aber dafür noch den Kopf frei haben. Irgendwann setzt sonst das Denkvermögen aus.

  • Hallo,


    ich hab mich auch länger nicht mehr hier gemeldet - könnten Zeitgründe sein - sind es aber nicht nur;)


    Also bei mir läufts eigentlich noch ganz gut. Die ersten 2 UB´s waren zwar stressig und teilweise unkoordiniert, weil meine Ako keine Zeit hatte, aber mir wurde eine Lehrerpersönlichkeit attestiert und ich wurde für mein Einfühlungsvermögen gelobt. =) Kritisiert wurde jedoch eine zu hohe Erwartungshaltung an mich selbst. Ich solle einen Gang zurückschrauben riet man mir, da ich sonst Gefahr laufe, mich zu stark unter Druck zu setzen.
    Die Schulleitung war anwesend bei den Besuchen und zeigt sich begeistert - obwohl die Stunden Macken und Fehler hatte...;) Das war mir richtig unangenehm, denn ich kam mir ein wenig zu Unrecht gelobhudelt vor. Die SuS waren einfach toll an dem Tag und haben eine Leistung gezeigt, die wirklich niemand erwartet hat. Und die SL behauptete steif und fest, das soll ich aus ihnen rausgekitzelt haben. Die Wahrheit ist jedoch, dass ich allen SuS bei gutem Benehmen ein Frühstück versprochen habe. Außerdem wussten sie, dass ich geprüft werde. Direkt nach der Besprechung kamen sie schon an und wollten meine Note wissen;)


    Der Elternsprechtag war super, ich habe erfahren, dass einige SuS wohl sehr gern in meinen Unterricht kommen und einige Eltern wohl neugierig auf mich waren, weil die SuS so viel zu Hause von mir erzählen.


    Im Seminar fühle ich mich wohl und bekomme wirklich viel Hilfe und gute Tipps. Ebenso von meinen Kollegen. Mentoren habe ich zwar keine, aber es gibt einige sehr hilfsbreite Kollegen, die ich wirklich alles fragen kann und die mir geduldig Rede und Antwort stehen.


    Viel Arbeit ist es auf jeden Fall und manchmal habe ich auch Tage, an denen ich denke, ALLE SuS haben sich gegen mich verschworen. Da wird sich an jeder Ecke geprügelt, wenn ich die Aufsicht habe, da läuft der Unterricht aus dem Ruder und dann werden die SuS auch noch frech zu mir! Und ich darf dann noch länger bleiben, Briefe schreiben und Telefonate führen... :evil:
    Erfahrungsgemäß wird der Tag danach aber meistens wieder besonders schön und angenehm.


    Also, ich kann im Moment wirklich nicht klagen, es läuft. Aber nächste Woche könnte meine Stimmung wieder anders sein und ich könnte wieder jammern, dass mir alles zu viel wird.


    Dass ich allmählich einen Ausgleich brauche, spüre ich deutlich. Ich gehe nun häufig spazieren und möchte langsam aufs Joggen umsteigen. Und abends im Bett lese ich neuerdings ganz kitschige historische Romane - das beruhigt. ;)


    LG


    Edda

  • Zitat

    Original von Edda
    Die SuS waren einfach toll an dem Tag und haben eine Leistung gezeigt, die wirklich niemand erwartet hat. Und die SL behauptete steif und fest, das soll ich aus ihnen rausgekitzelt haben. Die Wahrheit ist jedoch, dass ich allen SuS bei gutem Benehmen ein Frühstück versprochen habe. Außerdem wussten sie, dass ich geprüft werde. Direkt nach der Besprechung kamen sie schon an und wollten meine Note wissen;)


    Das liegt nicht am versprochenen Frühstück (auch wenn sie das natürlich gern annehmen werden). Wenn die Beziehungsebene zum Kurs/zur Klasse stimmt, reißen die sich i.A. eigentlich in so Prüfungsstunden immer ein Bein für einen aus. Wenn die Beziehungsebene kaputt ist, kannst du auch mit einem Frühstück nichts mehr retten.
    Also ruhig freuen, d.h. nämlich, dass du so viel schon mal gar nicht falsch machen kannst. Fachliche Fehler oder eine mal unsauber verlaufene Stunde verzeihen Schüler. ;)


    Zum Thema kann ich auch nur sagen, dass ich denke, dass dieses Belastungsgefühl völlig normal ist, weil so ein Lehrerjob einfach unglaublich viel umfasst und sehr viele Ansprüche an einen gestellt werden oder man das Gefühl hat, dass sie gestellt werden - mitunter macht man sich selber das Leben nämlich schwerer als es ist, weil man unrealistische Anforderungen an sich selber stellt. Unterrichten ist hoch komplex und das muss man lernen, das kann man nicht alles sofort - und diese Geduld muss man mit sich selber haben.


    Ansonsten kann ich den Tipp zum Abschalten nur voll unterstützen!!! Das ist so ungemein wichtig, weil man sonst nämlich nur noch auf dem Zahnfleisch geht und dann selber auch keine Lernfortschritte mehr macht, weil es einfach nicht mehr geht (und man fürchterlich gereizt oder frustriert wird und sich das dann negativ auf den Umgang mit den Schülern und Kollegen auswirken kann und das kann das richtig unangenehm werden, wenn die dann bockig werden - sowohl Schüler als auch Kollegen ;) ).


    Kopf hoch, es wird besser!


    Und nun raus, joggen oder Kino oder sowas. ;)

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • Hallo,


    also ich denke auch, man sollte das alles zwar ernsthaft und gewissenhaft, aber nicht übertrieben angehen.


    Ich bereite mich auch auf die Stunden gezielt vor, aber oft kommt es eben auch anders, als man denkt. Mein Schulleiter, der mich schon desöfteren im Unterricht besucht hat (klar, er will ja wissen, ob das mit der Vertretungskraft auch alles rund läuft... ;)) hat mir gesagt, dass es eben auf die Flexibilität auch ankommt, wenn es eben mal nicht so läuft, wie man es sich das im stillen Kämmerlein geplant hat.


    @ Dopamin82


    Geh es ruhiger an, freu Dich, dass es mit Deinem Einstieg als Lehrer geklappt hat, bereite Dich nach wie vor auf die Unterrichte vor, aber mach Dich um Himmels Willen nicht verrückt, ein BurnOut ist schneller da, als man es selbst wahr haben möchte, genieße auch das Leben und die Freizeit.


    Berichte einfach mal von zeit zu Zeit, wie es Dir ergeht.

    Es grüßt aus Sinzig am Rhein


    Mario Wettlaufer

    Einmal editiert, zuletzt von MarioW53 ()

  • Ja, diese Gefühle kenne ich auch.


    Mir wurde aber von der Schulleitung gesagt, dass es im ersten Jahr nur "ums Überleben" geht.


    Wir können nicht alles wissen, alles richtig und perfekt machen (das können selbst erfahrene Lehrkräfte nicht) - und das erwartet auch keiner von uns.


    Ich habe in den Ferien bis auf die letzten paar Tage gar nichts für die Schule gemacht und das war genau richtig. Habe den Kopf jetzt endlich frei und bin viel entspannter.


    Ich habe auch festgestellt, dass es für die Schüler eigentlich keinen Unterschied macht, ob die Stunde supertoll vorbereitet ist, oder improvisiert. Von daher ruhig öfters mal ein wenig kürzer treten und den Abend genießen!


    Und ganz wichtig für mich ist, sich nicht den Kopf zerbrechen, was alles in der Stunde passieren könnte. Spontan auf unverhergesehene reagieren, gehört halt zum Lehrerberuf dazu (und macht ihn doch dadurch auch interessant, denn sonst würdest du ja nach ein paar Jahren, immer wieder das gleiche machen).


    Also, Kopf hoch und die (vielen) schönen Seiten sehen und, das was alle schon gesagt haben: regelmäßig was anderes machen!


  • Das hast Du schön geschrieben!! Ich stelle auch fest, dass ich alles bis aufs kleinste Vorbereitet habe und dann alles anders läuft. Daher mache ich es jetzt anders: Nur noch grob vorbereiten und dafür noch was in der Hinterhand, falls alles doch besser und schneller geht, als erwartet.


    Und ich habe mir ein Wochenende ohne Arbeit gegönnt, das hat auch mal gut getan!


    Perfektionismus gewöhne ich mir auch grad ab. Ich mache es so gut es geht, da vieles auch einfach Erfahrung ist, die wir ja alle noch nicht haben (können).

  • Was auch noch ganz wichtig ist, sofern du das nicht sowieso schon tust.


    Gaaaanz viel mit den Kollegen reden. Auch wenn dafür Zeit draufgeht und du nach deiner letzten Stunde etwas später wegkommst, wird der Druck bei dir weniger.


    Einerseits hilft das bei schwierigen Klassen/Schülern, wenn man mitbekommt, dass andere (auch sehr erfahrene) LehrerInnen ähnliche Probleme mit diesen Klassen/Schülern haben (hier vor allem die jeweiligen Klassenlehrer ansprechen).


    Andererseits bekommst du so bestimmt auch wertvolle Tipps und wenn du so nette Kolleginnen und Kollegen hast wie ich auch massig Material für die Unterrichtsvorbereitung.

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