Ärger beim Umsetzen von Fortbildungsergebnissen

  • Nachdem ich schon mehrfach erlebt habe, dass es schwierig ist, neue Dinge, die ich in Fortbildungen gelernt habe, in der Praxis umzusetzen, interessiert mich, ob euch das auch so geht.


    Beispiel 1: Fortbildung "Lehrer als Coach"- weg vom Frontalunterricht, der laut einem "Zeit"-Artikel an Gymnasien immer noch 60 Prozent ausmacht, Wechsel der Lehrerrolle vom Dozenten zum Berater, ein meiner Ansicht nach gutes Konzept für die Oberstufe, das ich seit Jahren umzusetzen versuche. Ich war schon auf mehreren Fortbildungen zum Thema und kenne auch die meisten Aufsätze zum Thema, mache das also nicht nur "aus dem Bauch raus".


    In der Praxis finden das laut Evaluationsbogen auch viele Schüler gut, aber es gab auch Beschwerden, das sei kein Unterricht. Und dann ist man immer wieder im Rechtfertigungsdruck (oder ich meine, dies zu sein), dass dies sehr wohl eine mögliche Form des Unterrichts ist (ich behaupte ja nicht, die einzig erfolgreiche oder seligmachende)



    Beispiel 2: Fortbildung "Möglichkeiten der Aufsatzkorrektur" - weg vom alles rot anstreichen, hin zur individuellen Aufsatzkorrektur. Wir haben 10 mögliche Korrekturansätze gezeigt bekommen (außer natürlich bei Prüfungskorrekturen) und das in einer offiziellen Fortbildung und trotzdem sind die Schüler immer wieder irritiert (obwohl ich das Konzept erkläre) und ein Kollege sprach gar von einer schlampigen Korrektur (obwohl ich am Anfang viel länger brauchte als für die klassische Korrektur)


    Beispiel 3: neue Sitzordnung (hatte ich schon mal als eigenes Thema)



    Zurück zur Ausgangsfrage: Habt ihr auch solche Probleme beim Umsetzen von Gelerntem bei Fortbildungen erlebt und wie geht ihr damit um. Die Sache mit der Sitzordnung habe ich (derzeit) aufgegeben, den Rest verfolge ich weiter tapfer.

  • Dem schließe ich mich an. Entweder waren die Fortbildungen so ausgerichtet, dass man zur Umsetzung der genannten Beispiele dafür einen Zweitlehrer benötigt hätte (spreche jetzt für die Grundschule) oder man hätte vieles von dem vorgestellten Material gebraucht, was man sich aber als Einzelner nicht leisten kann oder die Fortbildungungen dienten nur dem Zweck, dass ein Schulbuchverlag seine Lehrwerke angepriesen hat. Vorteil lag höchstens noch darin, dass man die Exemplare als Teilnehmer umsonst bekam. Dies ist heute auch noch kaum der Fall. Es waren nur wenige Fortbildungen, die ich mitmachte, wo ich wirklich etwas in der Praxis habe umsetzen können.

  • Ich finde gut, dass du dich auf dem Laufenden hältst und einiges davon umzusetzen versuchst.


    Schade, wenn das Kollegium nicht mitzieht. Denn gute Fortbildungen zielen darauf ab, den Unterrichtsalltag zu erleichtern. Dabei muss man natürlich immer noch für sich selbst entscheiden, wieviel sich umsetzen lässt und was man als sinnvoll erachtet.


    Wahrscheinlich ist für eine Umsetzung in Unterricht und Schule auch der Neuerungswille des Kollegiums und der Schulleitung ausschlaggebend. Bei uns ist es so, dass der Fortbildungswille erwünscht ist und sehr unterstützt wird.


    Ich wünsche dir noch viel Erfolg und Durchhaltevermögen.

    • Offizieller Beitrag

    Es ist auch manchmal eine Frage von "Der Ton macht die Musik". Ich hatte auch schon (meist sehr junge) Kolleginnen (wirklich fast nie Kollegen), die von einer Fortbildung kommen und dann ihre neuen Erkenntnisse auf Biegen und Brechen durchsetzen wollen, und dann enttäuscht sind, dass sie da nicht so viel Gegenliebe erfahren, wie sie sich erhoffen (wird dann oft auch persönlich genommen). Es hat schon einen Grund, dass in den Schulleitungsweiterbildungen und -studien Change Management einen ganz zentralen Punkt einnimmt.

  • Ich kann das auch nur bestätigen. In den Fortbildungen werde oft tolle Methoden vorgestellt,die oft in der Praxis an Alltäglichkeiten scheitern. Wir machen mal die Kugellagermethode. Fand ich toll. Praxis: Kein Platz in der Klasse das vernünftig umzusetzen: Wohin mit den Tischen? Mordsgerödel, dauerte 15 Minuten bis ich die KIDS endlich ruhig hatte. Nach der Stunde das Ganze wieder rückwärts.

  • Sehe Fortbildungen als Steinbruch, als Anregungen; Beispiel Kugellager: dann stehen die S halt nicht im Kreis, sondern drehen sich zum Hintermann/-frau um - was soll's?

  • Praxis: Kein Platz in der Klasse das vernünftig umzusetzen:

    Man kann sich auch selbst ein Bein stellen. Wenn in der Klasse kein Platz ist, gehen Sie doch auf den Hof oder in die Pausenhalle.


    L. A

  • Da geht´s ja schon los. Bei uns ist es absolut unüblich, in die Pausenhalle oder in den Hof zu laufen. Das könne doch dann kein Unterricht mehr sein. Und schon ist man wieder im Rechtfertigungsdruck.

    • Offizieller Beitrag

    Da geht´s ja schon los. Bei uns ist es absolut unüblich, in die Pausenhalle oder in den Hof zu laufen. Das könne doch dann kein Unterricht mehr sein. Und schon ist man wieder im Rechtfertigungsdruck.


    Nö, den Rechtfertigungsdruck machst Du dir selbst. Wer sagt, dass Du das überhaupt rechtfertigen musst, DU bist Lehrer, DU entscheidest!

  • Da geht´s ja schon los. Bei uns ist es absolut unüblich, in die Pausenhalle oder in den Hof zu laufen. Das könne doch dann kein Unterricht mehr sein. Und schon ist man wieder im Rechtfertigungsdruck.

    Sie können natürlich auch in den Keller gehen. Da sieht's dann keiner. Und der Schere im Kopf gefällt es auch.


    L. A

  • Ich sehe das genauso wie Trantor. Den Druck macht man sich doch selbst! Ich habe mich auch schon dabei erwischt zu denken :" wenn jetzt einer sieht, dass wir auf der Wiese sitzen...." aber dann muss man ganz bewusst sein Hirn einschalten: Wer ist hier bitte Chef in dieser Stunde.....? Zu den Fortbildungen: Ich erlebe diese neuerdings sogenannten "Workshops" als Selbstbeweihräucherung diverser Modellschulen. "Schaut her, was wir tolles machen". Auf die Frage, wie ich/ wir das dann bei uns umsetzen sollen kommt dann immer ein:" Das muss natürlich jede Schule an ihre Rahmenbedingungen anpassen...." da könnt ich mich dann schon wieder übergeben angesichts einer solchen Zeitverschwendung, die mich auch noch Kohle für den Babysitter kostet. Das ist mir jetzt echt schon öfter passiert. Und das nervt gewaltig. Sowas ist doch keine pracisorientierte Fortbildung !!!! Sondern das sind "Vorträge". "Vorstellungen" von Schulen und ihren Konzepten. Ist euch das auch schon passiert und bin ich die Einzige...... ?

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

    • Offizieller Beitrag

    Ich betrachte Fortbildungen nicht als Rezepte, die ich eins zu eins umsetzen muss. Ich gehe häufig und gern zu diversen Fortbildungen zu diversen Themen, nehme Ideen und Wissen mit und bastel mir daraus das Konzept, das auf meine Schüler/Schule passt. Das Lehrerforum ist auch sowas wie ne Dauerfortbildung :)

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Zitat

    Ich betrachte Fortbildungen nicht als Rezepte, die ich eins zu eins umsetzen muss. Ich gehe häufig und gern zu diversen Fortbildungen zu diversen Themen, nehme Ideen und Wissen mit und bastel mir daraus das Konzept, das auf meine Schüler/Schule passt.


    Und genau so sehe ich das auch! :)

  • Ich habe festgestellt, dass es viel besser läuft, wenn man ab und zu mal einzelne "neue" Elemente einbaut und den Schülern erklärt, warum man das tut. Ist besonders in der Oberstufe nützlich (als Vorübung zum Abitur, Förderung der XY-Kompetenz etc.) Auf gar keinen Fall sollte man, wie schn gesagt wurde, auf Biegen und Brechen "ab heute alles anders" machen wollen.
    Kleine Schritte, die Schüler mit ins Boot holen, das funktioniert meist am besten.


    Auf Fortbildungen wird immer ein Ideal-Konzept propagiert, das in der Praxis so gar nicht umsetzbar ist. Einzelne Ideen und Anregungen kann man aber durchaus übernehmen.

  • Ich selber habe leider noch keine FB erlebt, die mich wirklich weitergebracht hätte...


    Erst vor wenigen Wochen trafen sich 20 Kollegen aus den umliegenden Gymnasien, redeten 8 Stunden miteinander bzw. machten Gruppenarbeit *würg* und dann kamen "Ergebnisse" heraus, die ich selber in einer halben Stunde alleiniger Schreibtischarbeit auch zusammen gestoppelt hätte... enttäuschend!

  • Guten Morgen !
    Das, was auf Fortbildungen so an Unterrichts-Konzeptionen angeboten wird, ist ähnlich praktikabel und anwendbar wie das gegenwärtige Elektroauto für den Otto-Normal-Verbraucher und Vielfahrer. Die ach so fortschrittlichen Unterrichts-Konzeptionen sind für Schulen konstruiert, die so nicht existieren. Daher sind für mich die o.g. Fortbildungsergebnisse so relevant wie das Studieren von Straßenbahnfahrplänen deren Straßenbahnen niemals fahren.


    Zitat Lehrkraft A :

    Zitat

    Man kann sich auch selbst ein Bein stellen. Wenn in der Klasse kein
    Platz ist, gehen Sie doch auf den Hof oder in die Pausenhalle.

    Das geht nicht ! Es würde in den Fluren, Pausenhalle oder Hof nur störenden Lärm machen. Der Unterricht der anderen Kollegen würde dadurch gestört werden. Es muss ja in den Unterrichtsstunden leise sein, damit sich die Schüler in Ruhe auf ihren Unterrichtsstoff konzentrieren können. Wir Lehrer wollen ja auch Jahrzehnte gesund (!) unseren Beruf ausüben. Das können wir aber nicht, wenn wir in der Unterrichtszeit unnötigem und störendem Lärm ausgesetzt werden. 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Einspruch!


    Ich gehe oft mit den Schülern raus. Zb. Auf die Wiese zum gemeinsamen Lesen. Wenn gutes Wetter ist- warum nicht ?
    Außerdem ist meine (nicht nur meine) Klassenzimmertüre immer offen, meine Schüler arbeiten zb. An Stationen durchaus auch auf dem Flur, während Viertklässler auch draußen was anderes arbeiten. Das klappt super. Das entzerrt den Unterricht und die Schüler lernen viel leichter, Rücksicht zu nehmen und leise zu sein (eben auch auf dem Flur!)
    Ich halte nichts von dem "lass ja die Türe zu" -Prinzip. Bei mir darf auch jederzeit jeder rein spazieren und sich dazusetzen. Meine Schüler lenkt das Null ab. Die sind das gewohnt und sehen ja, dass ich das entspannt sehe.


    Über deinen ersten Abschnitt gab ich mich kaputt gelacht ;)
    Panama

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

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