Gelten "normale" Arbeitnehmerrechte für Lehrkräfte nicht?

  • Damit will ich sagen: Bei der wöchentlichen Belastung von 43 anwesenden Std.pro Woche im Durchschnitt kommt man nur gut klar wenn man sich mit Türklinkenpädagogik rettet. Wer diesen Job mit all den oben beschriebenen Anforderungen ernst nimmt und sich auch noch um seine Familie (evtl. mit Kleinkind) kümmern will KANN diesen Job am Ende nur mittelmäßig machen.
    Die Konsequenz: Zuhause wird nicht mehr viel gemacht, denn die Aufzählung der Stunden im Handy beweist. Es ist schon genug gearbeitet worden in der Schule. Die Pflichtstundenzahl ist erfüllt.


    Wenn du das so siehst und zu Hause nicht arbeitest, dann trifft aber auch dieser Mythos vom Lehrer der viel zu viel Urlaub hat zu.

  • Mythos?


    Wöchentliche Arbeitszeit im öffentlichen Dienst sind 40 Zeitstunden (im Tarifvertrag der IG Metall übrigens nur 35 Stunden, aber dafür bekommen diese auch Weihnachtsgeld + Urlaubsgeld + Bonuszahlungen, was es zumindest für verbeamtete Lehrkräfte in Nds alles nicht gibt: man beachte, dass insbesondere VW immer noch ein Protégé des niedersächsischen Landes (Großaktionär!) ist, die niedersächsischen Beamten aber zumindest finanziell offensichtlich nicht, aber das ist ein anderes Thema...)


    Also 40 Stunden bei 46 Arbeitswochen im ö.D. (52 Wochen - 30 Tage (5 Wochen) Urlaub - diverse Feiertage (Weihnachten, Ostern,...))


    Auf 40 Schulwochen heruntergerechnet: 40 * 46 / 40 = 46, d.h. pro Tag 46 / 5 = 9,2 Zeitstunden pro UNTERRICHTSTAG, aber nur, wenn in den Ferien NICHTS getan wird. Der Kollege barmeliton mit seinen 8,6 Stunden pro Tag liegt also gar nicht einmal so schlecht, wenn man annimmt, dass die "komplett arbeitsfreien Ferien" eine Illusion sind.


    Wer mehr arbeiten will: Ok. Aber ihr werdet dafür definitiv nicht bezahlt!


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Ich gratuliere dir zu deinen "Nebenfächern" barmeliton, wenn du noch 6-7 Korrekturen dazuzählst mit 2-3 Klassenarbeiten oder Klausuren in Vollzeit pro Halbjahr, wird sich die tägliche Arbeitszeit noch um ein paar Stunden erhöhen, doch unsere großen Lehrergewerkschaften, die uns zu den Wahlen immer mit Tonnen von teuren Hochglanzflyern zuschütten, kümmert das alles herzlich wenig!

  • Der Kollege barmeliton mit seinen 8,6 Stunden pro Tag liegt also gar nicht einmal so schlecht, wenn man annimmt, dass die "komplett arbeitsfreien Ferien" eine Illusion sind.


    Da er ja aber davon spricht zuhause nicht zu arbeiten und da dir ja nur 4 Wochen Urlaub im Jahr wirklich zustehen, die Arbeitszeit in Berlin z.B. bei 42,5 Stunden liegt usw. dann liegt er da doch sehr schlecht!
    Und nicht zu vergessen, von seinen 8,6 Stunden pro Tag bitte die vorgeschriebe Pausenzeit von 45 Minuten noch abziehen, also arbeitet er täglich weniger als 8 Stunden!

  • Da er ja aber davon spricht zuhause nicht zu arbeiten und da dir ja nur 4 Wochen Urlaub im Jahr wirklich zustehen, die Arbeitszeit in Berlin z.B. bei 42,5 Stunden liegt usw. dann liegt er da doch sehr schlecht!
    Und nicht zu vergessen, von seinen 8,6 Stunden pro Tag bitte die vorgeschriebe Pausenzeit von 45 Minuten noch abziehen, also arbeitet er täglich weniger als 8 Stunden!


    Sorry, an deinem Post ist wohl wirklich jede Aussage falsch.


    Nur weil in Berlin die wöchentliche Arbeitszeit im ö.D. / für Beamte bei 42,5 Stunden liegt (ist das so?), muss das nicht in jedem Bundesland so sein. Oder arbeitet der Finanzamtsbeamte in z.B. Hessen aus Solidarität mit seinen Berliner Kollegen jetzt auch länger? Oder gelten bundesweit für Lehrer jetzt wieder "besondere Regeln", wegen "der lieben Kleinen, die ja nichts dafür können, dass der Staat sein Geld lieber in Euro, ESM, Bankenrettung und Subventionen 'versenkt' als es in Bildung zu investieren"?


    Und verwechsle nicht den gesetzlichen Urlaubsanspruch mit dem tarifvertraglichen. Nur der ist als Vergleichsmaßstab relevant. Und selbst im chronisch klammen Berlin sollte dieser Urlaubsanspruch für langjährige Mitarbeit des ö.D. eher bei 30 als bei 20 Tagen liegen.


    Und das mit den "45 Minuten Pausenzeit" während eines regulären Schulltages glaubst du doch wohl selber nicht. Das wäre nämlich eine Zeit ohne Aufsichten, ohne "am Kopierer stehen", ohne dienstliche Gespräche mit Schülern, Lehrern, Schulleitung,..., ohne Raumwechsel, ohne Verwaltungsarbeiten (Klassenbuch, Zensurenlisten), ohne Korrekturen, ohne...


    edit: Dass die gesetzlichen Bestimmungen (Arbeitszeitgesetz), was Pausenzeiten und max. zulässige Höchstarbeitszeit pro Tag im Schulbetrieb regelmäßig nicht eingehalten werden, ist Fakt. Korrigiere erst einmal in einem engen Zeitfenster Abiturarbeiten. Dann wirst du feststellen, dass die max. zulässige Höchstarbeitszeit von 10 Stunden pro Tag bzw. 48 Stunden pro Woche nicht einzuhalten ist. Interessiert aber keinen. Hat noch nie jemanden interessiert.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

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  • Ich gratuleiere dir zu deinen "Nebenfächern" barmeliton, wenn du noch 6-7 Korrekturen dazuzählst mit 2-3 Klassenarbeiten oder Klausuren in Vollzeit pro Halbjahr, wird sich die tägliche Arbeitszeit noch um ein paar Stunden erhöhen, doch unsere großen Lehrergewerkschaften, die uns zu den Wahlen immer mit Tonnen von teuren Hochglanzflyern zuschütten, kümmert das alles herzlich wenig!

    Man kannst Tests (auch grosse) in jedem Fach schreiben. Ich mache jetzt nur noch einen, höchstens zwei im Halbjahr. Mehr wäre unbezahlte Mehrarbeit. Musik ist normalerweise ein vorberintungsintensives Fach. Seit dem Lehrerarbeitszeitmodell weiss ich: das ist nicht so, denn mein Faktor lässt nicht mehr zu.
    Also Unterrichtsvorbereitung von der Stange und fertig. Mehr geht nicht mit Baby zu Hause.
    Das Musik als Fach einen Extrafaktor braucht "oft mit Geräusch verbunden" (frei nach W. Busch) fällt in der Faktorisierung weg. Weil die die Faktorisierung gemacht haben keine Ahnung haben wie zeitgemäßer Musikunterricht überhaupt abläuft.

  • Nein, da ist all das, was ich geschrieben habe richtig.

    Nur weil in Berlin die wöchentliche Arbeitszeit im ö.D. / für Beamte bei 42,5 Stunden liegt (ist das so?), muss das nicht in jedem Bundesland so sein.


    Du schriebst aber nicht vom öffentlichen Dienst in NRW, sondern vom öffentlichen Dienst, also interessieren auch andere Bundesländer und das war ja nur eine Beispiel!


    Und selbst im chronisch klammen Berlin sollte dieser Urlaubsanspruch für langjährige Mitarbeit des ö.D. eher bei 30 als bei 20 Tagen liegen.


    Die Länge der Mitarbeit hat dort gar nichts zu sagen, generell für Angestellte übrigens nciht. Nach TV-L interessierte noch bis vor kurzem das Lebensalter. Und 30 ist der der Höchstanspruch für die älteste Altersgruppe, man hat sich auf weniger geeinigt, wenn alle gleichv iel Urlaub bekommen, war ja doch klar!


    Und das mit den "45 Minuten Pausenzeit" während eines regulären Schulltages glaubst du doch wohl selber nicht.


    Nein, glaube ich nicht, interessiert aber das Arbeitsrecht nicht, dass zieht auch in anderen Berufen, egal wie viel Zeit du arbeitest und wie viel du Pause machst (und das gerade im öffentlichen Dienst) ab 8 Stunden Arbeitszeit dir 45 Minuten Pause ab. SOmit bleibt er bei unter 8h am Tag und du merkst ja, zu Hause wird eben nicht gearbeitet, dass das in den Ferien anders ist, wird hier nicht erwähnt.

  • Meinem Mann, der in der freien Wirtschaft arbeitet geht das Jammern mancher Lehrer gehörig auf die Nerven. (Ja, ja Lehrer arbeiten zu viel, verdienen zu wenig ...)
    Ich bin zufrieden mit meinem Job. Und ja es gibt tolle Dinge und welche, die mir missfallen , aber jammern kann und will ich nicht.
    Nur einige Tipps von mir: Meine Telefonnummer steht in keinem Telefonbuch und ist für Eltern nicht zu bekommen.
    Elterngespräche (auch kurzfristige) finden immer in der Schule statt (nicht im Supermarkt etc).
    Meine Freizeitaktivitäten (z.B. Restaurantbesuche) finden eher in schulferner Umgebung statt.


    Schullandaufenthalte sollten nicht nur kritisch betrachtet werden. Ich lerne meine Klasse 24 h in einer ganz anderen Umgebung und losgelöst von elterlichem Einfluss kennen. Das bringt mir für meine pädagogische Arbeit sooooooooooooooo viel.

  • Schließe mich Ani an. Mein Mann ist auch oft genervt vom Gejammer. Er sieht sehr wohl, was ich leiste mit vollem Dep. und zwei Kindern. ( Wobei wir uns das Kinder- und Haushaltsthema teilen). Aber er macht oft genug ebenfalls Sachen " zu Hause fertig" - ohne Überstunden abrechnen zu können. Oder muss im Urlaub erreichbar sein für Notfälle. Ich finde unseren Job ( neben der Tatsache, dass ich ihn gerne mache) schon alleine deswegen Super, weil ich mir ab 13.00 die Arbeitszeit oft selbst einteilen kann. Ebenso in den Ferien. Wer kann das schon ???? Ich muss die Kinder in den Ferien nicht betreuen lassen für viel Geld und verdiene genug. Außerdem ist mein Job sicher. Alles Argumente die für sich sprechen. Im Übrigen war ich entsetzt darüber, dass man mit Kind und Kegel unseren Beruf nur mittelmäßig ausüben kann. Das kann man IMMER - wenn man will. Es geht auch anders. Und nachdem ich persönlich endlich nen Babysitter für meine ganzen Nachmittagstermine gefunden habe (juhu!!!) sehe ich sowieso gerade mit Entspannung und Motivation auf das nächste Schuljahr. Noch mal: Keine meiner Freundinnen kann voll arbeiten und so viel Zeit für Familie haben wie ich. Die arbeiten meist gerade so viel dass es für den KiTa - Platz reicht. Nie käm ich auf die Idee rum zu jammern. ( Ok.außer ich ärger mich mal über Chef, Schüler.... Aber das kommt ja überall vor).

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

  • Man kannst Tests (auch grosse) in jedem Fach schreiben. Ich mache jetzt nur noch einen, höchstens zwei im Halbjahr. Mehr wäre unbezahlte Mehrarbeit.

    Du hast recht: Man kann in einem Nebenfach in NRW auch Tests schreiben, muss es aber nicht. Du hast dir deinen Weg aus der unbezahlten Mehrarbeit gesucht. Solches geht nicht bei KorrekturfachlehrerInnen, deren Arbeitspensum deutlich erhöht worden ist, ohne dass sie etwas dagegen unternehmen könnten. Es sei denn, sie reduzieren ihr Deputat auf ihre Kosten!

  • Keine meiner Freundinnen kann voll arbeiten und so viel Zeit für Familie haben wie ich.

    Vielleicht besteht besteht beim Arbeitsaufwand zwischen Grundschule und sagen wir einer Lehrerin am Gymnasium mit Oberstufenkursen und Abiturkorrekturen in einem korrekturaufwändigen Fach wie Deutsch ein enormer Unterschied? Anders kann ich mir nicht erklären, dass Du so viel Zeit hast.
    Ich will das gar nicht anprangern, denn es gibt ja auch einen Gehaltsunterschied zwischen Primarstufe und Gymnasialstufe.


    Manch einer erinnert sich an den Thread zur unterschiedlichen Bezahlung von Primarstufe und Gymnasium. Da war die fast einhellige Meinung alle müssten gleich verdienen, fast nur ich habe mich für einen Unterschied mit Vorteilen auf Seiten der Gymnasiallehrer ausgesprochen. Unter dem Blickwinkel, dass Vaila mit ihren korrekturintensiven Fächern am Gymnasium kaum Zeit hat und fast Stunden reduzieren müsste (Geldeinbußen!) um das Pensum irgendwie zu stemmen und im Gegensatz dazu Panama von ausreichend Freizeit, beziehungsweise deutlich mehr Freizeit als in normalen Wirtschaftsberufen (ihre Freundinnen) spricht, würde ich meine Position gestärkt sehen. Ich glaube kaum, das Vaila im Vergleich zu Wirtschaftsberufen zu derselben Aussage bezüglich Freizeit kommt, wie Panama.


    Wenn ich den Eindruck des Kollegiums in dem ich war wiedergeben kann, so waren dort fast alle Gymnasiallehrer überarbeitet. Kaum einer wirkte auf mich, als hätte er wirklich viel Zeit für ein entspanntes Leben.
    (Da kommen mir die meisten Mitarbeiter beim Bosch hingegen ausgeglichen vor).
    Ist das also ein Problem der Weiterführenden Schule, dass die Arbeitsbedingungen so verschärft sind? Und, ist die etwas höhere Besoldung gegenüber Primarstufe genug um dies zu kompensieren?
    (Keine Angst, selbst wenn Primarstufe die bessere Geld / Lebenszeit Balance haben sollte, ich werde deswegen NICHT in die Primarstufe abgleiten.)



    Zitat

    , weil ich mir ab 13.00 die Arbeitszeit oft selbst einteilen kann.

    Das habe ich als ich anfing Lehramt zu studieren auch gehofft. Leider haben ein paar völlig verquere I***** dann die hirnrissige Idee herausgekramt, dass man vermehrt Nachmittagsunterricht einführen sollte. Wenn ich die Vorreiter dieser Idee erwischen würde, ich..... [besser ausgespart]

  • Vielleicht besteht besteht beim Arbeitsaufwand zwischen Grundschule und sagen wir einer Lehrerin am Gymnasium mit Oberstufenkursen und Abiturkorrekturen in einem korrekturaufwändigen Fach wie Deutsch ein enormer Unterschied? Anders kann ich mir nicht erklären, dass Du so viel Zeit hast.
    Ich will das gar nicht anprangern, denn es gibt ja auch einen Gehaltsunterschied zwischen Primarstufe und Gymnasialstufe.


    Tja, aber wie kommt es dann, dass es auch in der Grundschule Unterschiede zwischen Nachmittagsunterricht, Konferenztagen usw. gibt und alle Lehrer dieser Schulform relativ gleich bezahlt werden ;)


    Das habe ich als ich anfing Lehramt zu studieren auch gehofft. Leider haben ein paar völlig verquere I***** dann die hirnrissige Idee herausgekramt, dass man vermehrt Nachmittagsunterricht einführen sollte. Wenn ich die Vorreiter dieser Idee erwischen würde, ich..... [besser ausgespart]


    Der ist ja nicht nur in weiterführenden Schulen eingeführt worden, es gibt hier inzwischen auch viele Grundschulen mit verlässlicher Halbtags- oder Ganzstagsschule. ;)

  • Für mich mag das gelten, ich habe ja keine Nachmittagsschule. Heisst nicht, das ALLE meine Nachmittage automatisch frei sind .... Und selbst ich komme MIT Kindern auf durchschn. 60 WS . Am Rande...
    Da ich GHS studiert habe muss ich aber mal noch was zu den GHS- Lehrern sagen: gehen wir von vollem Dep aus, u.a. KL. Von 9, Nachmittagsunterricht, mit Hauptfächern noch in der GS eingesetzt , von daher einen Haufen Elterngespräche zusätzlich ... Also mir waren die Gehaltsunterschiede schon immer unbegreiflich .... Schlimm wird's erst, wenn es mehr und mehr Gemeinschaftsschulen in BaWü gibt.... Nicht mit mir jedenfalls .....Ich kenne übrigens genug Gym- Lehrer.... Mit SP und Kunst.... Spitze..... Aber auch viele mit zb. FR und Span. Die echt super viel arbeiten.
    Ist bei uns aber nicht anders....!!!!!

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

  • Zitat

    Heisst nicht, das ALLE meine Nachmittage automatisch frei sind


    Ist klar, zuhause muss vorbereitet, nachbereitet, korrigiert und dokumentiert werden. Es ging nur darum, dass man wenigstens ab 13.00 Uhr zuhause ist und sich dann eben die Zeit, wann man die Arbeit macht, selber einteilen kann. Oder dazu Musik hören kann oder auf dem Balkon sitzen beim Korrigieren. Oder in einer kurzen Pause in den Garten geht usw.
    Das ist der Vorteil des früh nach Hause Kommens. Nicht, dass man nicht mehr arbeiten muss.
    Leider wird auch dieser, für mich einer der wenigen wirklichen Vorteile des Lehrerberufs immer stärker eingeschränkt durch erforderliche Anwesenheit bis spät in den Nachmittag.
    Ich arbeite gerne zuhause und im Praxissemester hat mir die Unterrichtsvorbereitung und die Korrektur einer Klausur vor allem Spaß gemacht (ich weiß, wird schon anstrengend später), weil ich das gemütlich bei einem Kakao und Musik bei mir zuhause machen konnte und nicht zur Schule musste dafür.

    Und selbst ich komme MIT Kindern auf durchschn. 60 WS

    Du arbeitest 60 Stunden die Woche?
    Und sagst dann:

    Keine meiner Freundinnen kann voll arbeiten und so viel Zeit für Familie haben wie ich.

    Wie passt das zusammen? Was müssen die arbeiten, dass sie da weniger Zeit haben? Vor allem, weil ein normaler Arbeitnehmer in der Regel am Wochenende nicht noch Unterricht vorbereiten muss.



    Ich kann dazu mal einen Facharbeiter (Feinmechanik, kein Studium) bei uns bei Bosch in meiner Abteilung als Beispiel geben. Von seinem Brutto her müsste das Nettogehalt zum Primarlehramt vergleichbar sein. Arbeitszeit: 40 Stunden die Woche. Keine Vorbereitung der Arbeit am Wochenende nötig (auch gar nicht möglich, denn Arbeit kann nicht mit nach Hause genommen werden, da Apparaturen benötigt.
    Der gute Mann arbeitet seine 40 Stunden, nicht mehr, nicht weniger. Wenn er nach hause kommt, was natürlich nicht 13.00 Uhr ist, ist nichts mehr zu tun für ihn. Das Wochenende ist komplett frei. Klar, Nachteil ist, gehaltstechnisch wird er nicht über Niveau Primarlehramt hinauskommen. Das reicht ihm aber, denn ihm ist die Zeit wichtiger und, dass sein Job relativ stressfrei ist. (Arbeitet sehr konzentriert in ruhiger Atmosphäre)


    Wir kennen uns gut, er spielt bei unseren Altherren Fußball. Er unternimmt viel am Wochenende mit seiner Familie.
    Wie kannst Du mit 60 Wochenstunden mehr Zeit haben?
    Oder was haben alle Deine Freundinnen bitte für abgefahrene Berufe?

  • Zitat Panama :

    Zitat

    Und selbst ich komme MIT Kindern auf durchschn. 60 WS . Am Rande...

    Und wieviele Jahre gedenkst Du das noch ohne Burn-out durchhalten zu wollen? 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Hi,


    ich dachte, ich schreibe auch mal was.


    Vorab: Ich bin gerne Lehrerin.


    Da ich ja erst seit kurzem 'richtige' Lehrerin bin, hat mich die Arbeitslast jetzt mit vollem Stundendeputat jedoch ziemlich erschlagen. Ich hoffe allerdings, dass es mit ein wenig Routine besser wird. Was mich dabei allerdins stört bzw. nervt ist, dass (zumindest in meinem Umfeld, Kollegen ausgenommen) 90% der Überzeugung sind, Lehrer seien faul, überbezahlt und haben in den Ferien komplett frei. Seitdem ich Lehrer bin fühle ich mich auch anders wahrgenommen. Nie zuvor war ich so oft Aggressionen, Neid, etc. ausgesetzt.
    Mich trifft es irgendwie immer noch ziemlich, wenn man der Meinung ist, dass ich als Lehrer faul sei und übertreibe.
    Ja, ich habe schon über die hohe Arbeitsbelastung gesprochen. Manche mögen es als jammern auffassen. Ja, mir ist auch aufgefallen, dass vor allem Lehrer viel über ihre Arbeit reden. Dies wird dann von Nicht-Lehrern im Allgemeinen als Jammern aufgefasst. Meine Theorie ist ja Folgende: Lehrer reden sicherlich mehr über ihre Arbeit, weil sie
    a) die Wahrnehmung der allgemeinen Bevölkerung dieser Arbeit ändern möchten und ihren Job endlich als richtige Arbeit anerkannt haben möchten
    b) sich mal Luft machen möchten (fühlen sich Nicht-Lehrer wegen irgend etwas belastet, reden sie ja auch darüber)
    c) solch einen Freizeit-Mangel haben, sodass es nicht mehr viele andere Themen gibt, über die sie sich unterhalten können.


    Wird a) praktiziert, entsteht ein Teufelskreis: Die Wahrnehmung von Nicht-Lehrern wird man wohl kaum ändern können. Aber dies möchte man ja erreichen, deshalb redet man noch mehr von der Arbeit. Das fassen dann Nicht-Lehrer wieder als Jammern auf. Lehrer wollen diese falsche Wahrnehmung dann durch Erklärungen wieder berichtigen usw.
    Man wird Nicht-Lehrer jedoch wohl nie von der Wahrheit überzeugen können. Ich hoffe, man nimmt das irgendwann gelassener, denn mich kränkt das arg. Naja, ich würde schon sagen, dass mein Umfeld da schon ein wenig krasser ist. Ich würde sogar sagen, dass die meisten schon irgendwie 'Lehrerhasser' sind.
    Ich möchte den Lehrberuf nicht mit anderen Berufen vergleichen, denn ich weiß nicht, wie es wirklich in diesen Berufen zugeht. Aber das ist auch das, was ich an den Lehrerkritikern nihct mag: Ich würde mir nie herausnehmen über einen Job dermaßen zu urteilen, den ich nicht selbst schon einmal ausgeübt habe. Beim Lehrberuf ist jedoch jeder von überzeugt, es besser zu wissen. Oft kennt man den ein oder anderen Lehrer, der tatsächlich jede Ferien in Urlaub fährt. Für Nicht-Lehrer ist das ein Beweis dafür, dass ALLE Lehrer zu viel Geld und Zeit haben.
    Ich werde sehr oft auf meinen doch ach so wenig arbeitsintensiven Job angesprochen. Sprüche meinerseits wie "Augen auf bei der Berufswahl" helfen leider gar nicht. Werde ich ironisch nach dem Motto: "ja, was glaubst du denn, warum ich diesen Beruf ausgesucht habe? Solch ein Luxus. Komme früh heim, mindestens alle 12 Wochen Ferien und dann noch eine anständige Bezahlung", dann wird das tatsächlich geglaubt! Und leider weiß ich auch, dass ich nicht darauf angesprochen werde, um mich zu ärgern, sondern das 90% meines Umfelds wirklich glaubt, dass der Lehrberuf ein Halbtagsjob ist. DAS ärgert mich dann. Wollte man mich nur aufziehen, wäre es mir egal.
    Ich weiß nicht genau, wie viele Stunden ich in der Woche arbeite. Aber es ist weit mehr als ein 42-Stunden-Job. Ich habe alle meine Hobbys aufgegeben, weil ich keine Zeit mehr dazu habe. Am Zeitmanagement liegt das sicher nicht. Darin bin ich eigentlich recht gut. Um wieder einen Ausgleich zu haben, versuche ich nächstes Schuljahr wieder ein Hobby auszuüben - mal sehen, ob das klappt.


    Mal zum Ausganspost: Es ist echt so, dass scheinbar manche Rechte für Lehrer schwerer 'durchzusetzen' sind. Eine Freundin von mir ist in Elternzeit und wollte nach einem Jahr zurück an die Schule. Leider war das mitten im Schuljahr. Sie wurde angehalten, doch ein wenig länger der Arbeit fern zu bleiben, weil das schultechnisch gesehen besser sei. Als ich das einer Nicht-Lehrerin erzählt habe, meinte sie nur, dass das ja wohl klar sei und es ja nicht angehen könne, dass Lehrer mitten im Schuljahr zurückkommen - schließlich beginne es ja immer im August bzw. Februar und halt nicht im April. Verstehen kann ich beide Seiten - es ist für die Schulplanung verdammt blöd. Aber über die regelrechte Empörung, warum die Lehrerin meine, sie könne mitten im Schuljahr zurückkehren, kann ich auch nur den Kopf schütteln.


    Aber vielleicht sollte man tatsächlich nicht so viel über die Arbeit reden bzw. 'jammern', denn dadurch wird nichts besser. Die Wahrnehmung von Nicht-Lehrern wird man nie ändern und wir erwecken dadurch vielleicht wirklich den Eindruck, dass Lehrer ein Volk von Jammerern sind.


    Sorry für den langen und etwas konfusen Text. Bin heute ein wenig in Fahrt ;) Aber abschließend: Ja, ich arbeite viel, aber ja, mir macht es Spaß.


    LG


    Sylvana

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