Frontaluntericht=Erfolg (vor allem für die Schwächeren)

  • ach gottchen, die eine Studie zeigt das, die andere das. So weit ich das im Referendariat lerne, besteht guter Unterricht aus Phasen des Frontalunterrichts (Einstieg und Sicherung) sowie Phasen des schülerzentrierten Erarbeitens.
    Und wer ist denn überhaupt dieser "Vollblutpädagoge" Felte?

    Zitat

    "Ineffizient sei das alles vor allem im Hinblick auf die schwächeren Schüler. Gerade die brauchten die genaue Instruktion des Lehrers."

    Genaue Instruktionen haben nix mit Frontalunterricht zu tun, sondern gehören zu jeder Form des "guten" Unterrichts dazu.

    Zitat

    "Der Lehrer solle präsentieren, erklären, Zusammenhänge stiften. Zwischendurch müssten die Schüler selbst ausprobieren, debattieren, trainieren. „Aber nicht zu lange alleine“, sagt Felten"

    Was ist an dieser Erkenntnis neu?!

  • Super! Jetzt weiß ich, wie ich meinen Schülern das Einspluseins beibringe: Ich sage es einfach vorne einmal auf! Und wers dann noch nicht raus hat, der muss sich das noch 2-3 Mal anhören.
    Danke, für diesen Tipp!!

  • Ich finde, das ist auch ein Problem der Begriffsabgrenzung. Wenn für dich, Cambria, frontal = Lehrervortrag bedeutet, dann ist der Artikel daneben.


    Ich bilde mir aber ein, dass frontal auch Partnerarbeit und Übungsphasen miteinschließen kann. ??


    Aber eigentlich würde ich eher den Begriff "lehrerzentriert" wählen und dann kann das schon passen. Ich meine auch festzustellen, dass für unsere inzwischen sehr schwachen und ADHS-geplagten Schüler viel Struktur und Führung besser ist als zu lange freie Phasen - da entgleiten einfach zu viele.

  • dazu ist auch anzumerken, dass empirische Studien und deren entsprechenden Metastudien zeigen, dass offenes Lernen in aller Regeln ineffizient und nicht effektiv ist!


    Das ist mit Verlaub Blödsinn. Studien und Metastudien (Hattiestudie) haben ergeben, dass keine der Unterrichtsformen gegenüber der anderen einen meßbaren Vorteil bieten. Es gibt andere wichtige Faktoren, wie z.B. die Unterrichtsfähigkeit der Lehrkraft, die zum Erfolg der einen oder anderen Unterrichtsform führen.

  • So weit ich weiß bzw. es im Ref. lerne, beinhaltet Frontalunterricht lehrerzentrierte Formen des Unterrichts wie Lehrervortrag, fragend-entwickelte Unrichtsgespräch etc. und Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit ja gerade nicht.


    Zitat

    Ich meine auch festzustellen, dass für unsere inzwischen sehr schwachen und ADHS-geplagten Schüler viel Struktur und Führung besser ist als zu lange freie Phasen - da entgleiten einfach zu viele.

    Ich denke, um so länger die "freien" Arbeitsphasen sind, um so genauer müssen die Instruktionen sein. Aber gerade für lernschwache Kinder können diese Phasen eine Chance sein, da sie beim schnellen Frage-Antwort-Spiel zwischen Lehrer und Schülern im frontalen Unterricht oft nicht mithalten können. Aber das hängt ja auch sehr vom Thema und der Lerngruppe ab und vlt. auch daran, was mir besonders gut liegt. Einige LehrerInnen können sehr spannend erzählen und so anschaulich erklären, dass längere Phasen des Frontalunterrichts gut klappen. Andererseits bereiten einige Lehrer so schlechte Arbeitsbögen vor oder kopieren für eine heterogene Lerngrupp die gleichen Aufgaben aus irgendnem Gymnasialchulbuch, so dass die leistungsschwachen Schüler die Aufgaben nicht verstehen und verständlicherweise nur die Leistungsstarken von der Erarbeitungsphase profitieren. Dann kann man sich natürlich im Nachhinein einreden, dass Erarbeitungsphasen - gerade für die Schwächeren - keinen Nutzen haben.

  • Zitat

    Ich finde, das ist auch ein Problem der Begriffsabgrenzung. Wenn für dich, Cambria, frontal = Lehrervortrag bedeutet, dann ist der Artikel daneben.


    Gemeint ist "lecture-style teaching", also Lehrervortrag, abgegrenzt von "problemorientierten Methoden". Dass das heißt, dass der Artikel "daneben" sei, ist natürlich klar, schließlich gilt:


    Zitat

    ach gottchen, die eine Studie zeigt das, die andere das.


    Wen es interessiert, der findet alles Wissenswerte hier:


    http://educationnext.org/sage-on-the-stage/


    Gearbeitet wurde mit TIMSS-Daten aus der achten Klasse in Mathematik und den naturwissenschaftlichen Fächern in den USA. Dadurch sind die Ergebnisse natürlich weniger allgemein (und plakativ) als im FAZ-Artikel dargestellt.


    Zitat

    Das ist mit Verlaub Blödsinn. Studien und Metastudien (Hattiestudie) haben ergeben, dass keine der Unterrichtsformen gegenüber der anderen einen meßbaren Vorteil bieten.


    Das stimmt natürlich mit Blick auf Sozialformen, also strenggenommen mit Blick auch auf den Frontalunterricht. Bezüglich der Unterichtsmethodik insgesamt stimmt es wenigstens mit Blick auf Hattie nicht. Da bestimmte Unterichtsmethoden mit bestimmten Sozialformen oft korreliert sind, finde ich es etwas irreführend. Was das Gewicht des Lehrers angeht, hat mindestens die Hattie-Studie ein recht klares Bild vom "guten" Lehrer - auch mit deutlichem methodischen Einschlag.

  • Zitat

    Ich denke, um so länger die "freien" Arbeitsphasen sind, um so genauer müssen die Instruktionen sein.


    Jepp, und dann stellt sich mir die Frage - und ich habe leider keine Gymnasiasten - wie ich die Instruktionen über einen langen Zeitraum so deutlich mache, dass es klappt, da ich mit zwei Problemen kämpfe:


    - meine Schüler können Informationen schlecht erlesen


    - sie haben eine kurze Konzentrationsspanne und eine hohe Ablenkbarkeit


    Also gehe ich kleinschrittig vor, muss viel überprüfen und immer wieder zum Thema zurückführen. Einfach mal Material vorbereiten und dann machen lassen ist einfach nicht. Momentan versuche ich Stationentraining mit Selbstkontrolle einzuüben. Fakt ist aber im Moment , dass das nur wenige schaffen, viele schlampern vor sich hin oder holen sich erst das Ergebnis und versuchen dann, irgendeine Rechnung drumherum zu basteln. Das Regelheft zur Hilfe rauszuholen fällt zu schwer. :autsch:


    Also kann ich diese Phasen nur kurz halten und muss immer wieder eingreifen und besprechen. Und ich habe jetzt nur einen einzigen Kandidaten, der offen nichts tut und versucht, sich in der "Menge" zu verstecken. Im Grunde kommt mehr bei rum, wenn ich Aufgabe für Aufgabe rechnen lasse und dann an der Tafel vorrechnen lasse.

  • Im Grunde kommt mehr bei rum, wenn ich Aufgabe für Aufgabe rechnen lasse und dann an der Tafel vorrechnen lasse.


    Wenn dem so ist, dann wäre eine pädagogisch sinnvolle Entscheidung das auch so zu tun.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :_o_P


    8_o_) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

  • Grundsätzlich sehe ich Selbstständigkeit und eigenverantwortliches Arbeiten schon als wünschenswertes Ziel. Meine Schüler sind aber noch nicht so weit. Das wird immer ein bisschen übersehen, wie lang der Weg für manche sein kann, bis sie wirklich "frei" arbeiten können. Wenn ich jetzt also auf Biegen und Brechen einen "freien" Unterricht gestalte haben wir Lärm und keinen Wissenszuwachs, da auch noch die, die grundsätzlich könnten, nicht die passende Arbeitsathmosphäre haben. Ich arbeite dran - aber momentan kommt noch in stark gebundenen Phasen eindeutig mehr raus - und das wird sich wohl auch nicht von heute auf morgen ändern. ;)

  • Wenn ich jetzt also auf Biegen und Brechen einen "freien" Unterricht gestalte haben wir Lärm und keinen Wissenszuwachs, ...


    Spätestens nach den ersten sorgsam erarbeiteten Lernstationen, die in einem absoluten Chaos auseinandergepflückt wurden und in schreienden Schülerknoten endeten, ist das doch wohl klar. So geht es wohl fast jedem mal, der sich beschwingt und motiviert daran macht, seinen ersten "offenen" Unterricht zu planen. Aber wie heißt es so schön: Offenheit mit Sicherheit. Schüler langsam an selbstständiges Arbeiten gewöhnen.


    Meine Meinung ist ebenfalls: Lieber mal einen gut struktutierten Frontalunterricht machen, als Schüler mit dem Material allein zu lassen. Aber das ist eben nicht das, was ich unter offenem Unterricht verstehe. Außerdem möchte ich mich nicht zurücklehnen und denken: Klappt sowieso alles nicht, also nur noch Frontal und Einzelarbeit. Denn die allermeisten Schüler profitieren davon, wenn sie sich Inhalte möglichst selbstständig aneigenen können und nicht alle immer zur gleichen Zeit an denselben Dingen arbeiten.

    • Offizieller Beitrag

    Spätestens an der Uni müssen sie's halt können. Und da kann mann dann schlecht mit der Ausrede "mein Lehrer hat mich aber auch immer kleinschrittigst fragend da heran geführt" um die Ecke kommen...

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Im Arbeitsleben, in der Ausbildung und - mag ironisch klingen - beim Ausfüllen des Hartz IV Antrags brauchen sie's auch...

  • Ja, da brauchen sie "es" wohl auch - aber "es" ergibt sich bei manchen Kindern halt nicht von selbst bzw. "es" ging bis jetzt an ihnen vorbei, so das sie "es" halt einüben müssen und bevor sie "es" zumindest zeitweise beherrschen müssen sie so lange es nötig ist ohne "es" lernen.


    In der Ausbildung wird "es" wohl erwartet, aber auch Grundlagen in Mathematik und Deutsch und eine gewisse Allgemeinbildung, die bis Mitte neunter Klasse sitzen müssen und die ich nicht völlig außer Acht lassen kann, nur weil "es" so wichtig ist. :teufel:

  • Offene Unterrichtsmethoden, damit die Kinder später Hartz-IV-Anträge ausfüllen können. Ein Gedanke, der so brillant noch nicht formuliert wurde. Da kapituliert die empirische Bildungsforschung.

  • naja, ich seh schon, auf eine diskussion nöchtest du, unter uns, dich nicht einlassen...


    die kompetenz selbstständig denken und arbeiten zu können (= "es") brauchen schüler/menschen für und in allen lebenssituationen: im studium, in der ausbildung - und ja auch im falle der erwerbslosigkeit. (wer noch nie hartz iv bezonge hat, mag das nicht verstehen, aber tatsächlich ist auch in diesem falle die o.g. kompetenz von vorteil.)


    selbstständiges denken und arbeiten zu fördern ist - neben der vermittlung von kulturtechniken und allgemeinbildung - aufgabe der schule. diese kompetenz KANN u.a. durch offene unterrichtsformen vermittelt und trainiert werden. natürlich steht es jeder/jedem lehrer(in) frei, die unterrichtsformen und -methoden der lerngruppe anzupassen.


    ich habe das gefühl, dass sich einige kollegInnen auf den schlips getreten fühlen, sobald ihr althergebrachter und seit jahrzehnten (evt. durchaus erfolgreich) praktizierter frontal- oder lehrgangsunterricht infrage gestellt wird.

  • Zitat

    naja, ich seh schon, auf eine diskussion nöchtest du, unter uns, dich nicht einlassen...


    Das hängt vom Niveau ab. Schaun wir mal:


    Zitat

    ach gottchen, die eine Studie zeigt das, die andere das.


    Aha.


    Zitat

    Und wer ist denn überhaupt dieser "Vollblutpädagoge" Felte?


    Es fehlt ein "n". Abgesehen davon ist der Name für die verlinkte Untersuchung nicht zentral. Aber die Frage hat ja ohnehin keine sachliche Funktion.


    Zitat

    So weit ich weiß bzw. es im Ref. lerne, beinhaltet Frontalunterricht lehrerzentrierte Formen des Unterrichts wie Lehrervortrag, fragend-entwickelte Unrichtsgespräch etc. und Einzel-, Partner- und Gruppenarbeit ja gerade nicht.


    Basiswissen ist vorhanden. Auch wenn es nicht "fragend-entwickeltes Unterrichtsgespräch" heißt.


    Zitat

    Aber gerade für lernschwache Kinder können diese Phasen eine Chance sein, da sie beim schnellen Frage-Antwort-Spiel zwischen Lehrer und Schülern im frontalen Unterricht oft nicht mithalten können.


    Das mag in Einzelfällen so sein, entspricht insgesamt aber eher nicht empirischen Befunden. Es lässt außerdem die Frage offen, was genau diesen Kindern besser entspricht. Sich selbst die Bedeutung einer Aufgabe zu erschließen, sie zu lösen und sich dann selbständig zu kontrollieren? In vielen Fällen wohl nicht.


    Zitat

    Andererseits bereiten einige Lehrer so schlechte Arbeitsbögen vor oder kopieren für eine heterogene Lerngrupp die gleichen Aufgaben aus irgendnem Gymnasialchulbuch, so dass die leistungsschwachen Schüler die Aufgaben nicht verstehen und verständlicherweise nur die Leistungsstarken von der Erarbeitungsphase profitieren. Dann kann man sich natürlich im Nachhinein einreden, dass Erarbeitungsphasen - gerade für die Schwächeren - keinen Nutzen haben.


    These ist: Die Ergebnisse empirischer Studien sind wertlos, da sie durch die schlechten Arbeitsblätter/-materialien einzelner Lehrer, die offene Unterrichtsmethoden praktizieren, verzerrt werden. Diese Lehrer reden sich dann ein, nicht ihr schlechtes Arbeitsmaterial, sondern die verwendete (offene) Unterichtsmethodik sei Schuld an schlechten Resultaten.


    Aha.


    Zitat

    selbstständiges denken und arbeiten zu fördern ist - neben der vermittlung von kulturtechniken und allgemeinbildung - aufgabe der schule. diese kompetenz KANN u.a. durch offene unterrichtsformen vermittelt und trainiert werden. natürlich steht es jeder/jedem lehrer(in) frei, die unterrichtsformen und -methoden der lerngruppe anzupassen.


    Hier geht es zunächst um die Vermittlung von Fähigkeiten, die nicht in der Selbständigkeit selbst bestehen. Die oft vertretene These, für ihren Erwerb seien offene Unterrichtsmethoden vorzuziehen, ist zweifelhaft. Auch was die Selbständigkeit angeht, wäre aber noch zu klären, inwiefern offene Unterrichtsformen sie besonders schulen. Das ist aber natürlich schwer zu messen. Dass der Erfolg auf dem Arbeitsamt aus einem Erfolg bei der problembasierten Gruppenarbeit resultiert, wirkt auf mich trotzdem etwas weit hergeholt.


    Zitat

    ich habe das gefühl, dass sich einige kollegInnen auf den schlips getreten fühlen, sobald ihr althergebrachter und seit jahrzehnten (evt. durchaus erfolgreich) praktizierter frontal- oder lehrgangsunterricht infrage gestellt wird.


    Mag sein. Ob es besser ist, schon in der Ausbildung zu wissen, dass empirische Bildungsforschung Unsinn ist, es nichts Neues zu entdecken gibt und es sowieso irgendwie immer auf den Einzelfall ankommt, ist offen.

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