Frustration vor Studienabschluss wegen Fächerkombination

  • Hallo zusammen,


    ich werde mein Studium wahrscheinlich im Sommer abschließen, befinde mich also in der "heißen Phase" und absolviere darüber hinaus noch das letzte Praktiktum, dass in der Schule vorgesehen ist. Ich habe schon ein Jahr als Deutschlektor im Ausland gearbeitet und auch jetzt das Praktiktum in Italienisch finde ich wundervoll. Ich kann mich aktiv im Unterricht meiner Kollegin einbringen, gestalte viele neue Materialien und Spiele. Leider empfinde ich diesen Enthusiasmus nicht für mein anderes Fach, die Mathematik. Ich finde sie zwar so ganz interessant, d.h. ich setze mich mit mathematischen Fragestellungen auch gerne mal Stunden auseinander, aber die ganze Fachdidaktik und das Nachdenken über das Wie des Mathematikunterrichts finde ich im Vergleich mit meinen Sprachenfächern langweilig und unbefriedigend.


    Insbesondere deshalb, weil ich in Mathematik einfach nicht den Enthusiasmus vermitteln kann, wie es im Fremdsprachenunterricht der Fall ist.


    Ich weiß jedoch, dass ich mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine volle Lehrverpflichtung in Mathematik bekommen werde, da diese ein absolutes Mangelfach ist.


    Ich wollte deshalb fragen, ob es hier ähnliche Erfahrungen gibt und wie ihr damit umgegangen seid. Ich habe Angst, einfach nicht gut genug zu sein bzw. frustriert zu werden.


    LG

  • Hallo Josh,


    mir geht es ganz ähnlich, nur andersherum: Das Fach, für das ich brenne, ist die Mathematik, mein zweites Fach läuft (und lief schon immer) eher nebenher. Hab jetzt gerade das Ref begonnen und ich merke schon: Die Vorbereitung für Mathe fällt mir deutlich leichter und macht auch deutlich mehr Spaß.


    ABER: Es geht ja nicht darum, ständig Materialien zu basteln und Spiele zu kreieren, nur dass die Schülerschaft bespaßt wird. Wenn du soliden Mathematikunterricht halten kannst (und der gibt halt ganz oft nur wenig für Spielereien her, vor allem in den höheren Jahrgangsstufen), dann ist das m.E. völlig ausreichend. Je nach Seminarlehrer kann es dir sogar passieren, dass Spiele etc. gar nicht erwünscht sind (bei meinem zum Beispiel). Bei uns wird vor allem Wert darauf gelegt, dass wir alltagsfähige Stunden halten - sprich: Problemstellung, Erarbeitung, Hefteintrag, Übungen dazu.


    Oh, und ich kann nur für die Realschule sprechen, aber Mangelfach ist Mathe hier schon lange nicht mehr...


    Mach dir vor dem Examen nicht allzu viele Gedanken, in einem Praktikum für Zeit im Unterricht dabei zu sein und plötzlich selbst 10 Stunden pro Woche eigenverantwortlich halten (und vor allem vorbereiten!) zu müssen sind zwei Paar Stiefel, das erleb ich grade am eigenen Leib ;)

  • möchte nur kurz einwerfen, dass mathe auch ein dankbares korrekturfach ist. :)


    deine bedenken kann ich verstehen, auch wenn es mir eher so geht wie alice-im-wunderland. für mathe kann ich mich total begeistern, das andere....naja.....macht man halt so gut es eben geht. ich denke nicht, dass du auf ewig an die mathematik genagelt sein wirst, von daher würde ich dir raten, das einfach auf dich zukommen zu lassen. :)

  • Ich kann deine Bedenken auch verstehen, aber sie sind im Moment völlig unangebracht. Du hast vermutlich gerade so eine Art Endzeitstimmung und bist anfällig für depressive Gedanken und Selbstzweifel.


    Mach dein Studium zu Ende und dann wirst du schon sehen. Das kommt dann doch anders.


    Und ja: Mathe ist ein dankbares Korrekturfach. Wenn ich die kritzeligen Arbeiten der Deutsch- und Englischlehrer sehe, kriege ich schon beim Draufgucken einen Schlafanfall. Mathearbeiten korrigieren ist zwar auch öde, aber es geht meistens ziemlich schnell. Vielleicht ist das ein kleiner Trost :)


    Und man muss auch nicht ständig über das Was und Wie des Matheunterrichts nachdenken. Meinen Schülern ist es offenbar am liebsten, wenn ich viel erkläre und sie viele Übungsmöglichkeiten haben. Zuviele Spielchen nerven die nur.


    Viel Erfolg in der Schlussphase!

  • Ich kann dich insofern beruhigen, als dass es nicht üblich ist, dass du nur ein einziges Fach unterrichtest.
    Zumindest ist das bei keinem meiner Bekannten der Fall, egal wie groß der Lehrermangel in den jeweiligen Fächern ist.


    Mathematik ist hinterher ein sehr angenehme zu unterrichtendes Fach. Es hat bei Schülern und Eltern einen hohen Stellenwert.
    Die Vorgaben und Anforderungen sind sehr klar und transparent. Die Leistungsbewertung ist deutlich leichter objektivierbar als in anderen Fächern und den Schülern auch leichter transparent zu machen.
    Du hast fächerübergreifende Anknüpfungspunkte zu praktisch jedem anderen Fach. Da Mathematik außerdem an der Grenze zwischen Geistes- und Naturwissenschaft steht, kannst du relativ leicht aus dem Methodenfundus beider Richtungen schöpfen.


    Zum Spaß an der Didaktik kann ich nur sagen, dass didaktisch methodische Überlegungen und Entscheidungen an der Uni doch ziemlich anders sind als in der Schulpraxis.
    In der Praxis stützt man sich deutlich mehr auf Erfahrungen und bewährte Methoden und Arbeitsweisen. In der Praxis ist letztlich der Lernerfolg deiner Schüler das Maß aller Dinge, nicht DIE didaktische Schule, DIE Methode oder ähnlicher Kram, den man manchmal an der Uni erlebt.


    Von daher lass dich nicht entmutigen.
    Du wirst beide Fächer unterrichten. Fast jeder ist hinterher froh über diese Abwechslung. Mathe hat Qualitäten, die du sicher im Schulalltag zu schätzen lernen wirst.

  • Zitat

    Ich kann dich insofern beruhigen, als dass es nicht üblich ist, dass du nur ein einziges Fach unterrichtest.
    Zumindest ist das bei keinem meiner Bekannten der Fall, egal wie groß der Lehrermangel in den jeweiligen Fächern ist.


    Dem würde ich direkt widersprechen! Es gibt bei uns allein 3 Kollegen in der Abteilung, die nur das eine Fach unterrichten. Da ist der Mangel so groß, dass man lieber auf z.B. Sport verzichtet und stattdessen nur noch Metalltechnik oder Wirtschaftslehre unterrichtet.


    Ansonsten kann ich die Bedenken verstehen, aber meist kommt es sowieso anders als man denkt ;) Von daher würde ich das erstmal gelassen auf mich zukommen lassen.
    Viel Erfolg. Und ich wünsche Dir, dass Du Dich bald genauso für Mathe begeistern kannst. Ich finde auch, dass es ein Fach mit vielen Qualitäten auf zig Ebenen ist.

  • Mir geht es ähnlich, ich finde Mathe zu unterrichten auch nicht so prickelnd. Aber ich empfinde das als absoluten Vorteil! Ist das ein Widerspruch? Nein, absolut nicht:


    in meinen Herzensfächern bin ich mit aller Liebe dabei, ich hänge mich da rein, ich bin da kreativ, und versuche vor allem die Schüler auch für diese Fächer zu begeistern. Das geht meistens schief, denn nicht alle Schüler teilen meine Liebe dafür. ich reagiere dann schnell enttäuscht, wenn die Schüler diese tollen und wunderbaren Fächer nicht kapieren oder lustlos agieren. Das heißt, ich bin dann unentspannt oder leicht gereizt, weil ich doch unbedingt die Faszination der Fächer rüberbringen will. Ich habe daher in diesen Fächern gerade bei schlechten Schülern einen furchterregenden Ruf.


    Und in Mathe? Da bin ich völlig entspannt, da ich ja verstehen kann, dass man das Fach auch mal nicht so prickelnd finden kann. Ich bin dort ruhig und gelassen und wenn jemand was nicht kapiert, lächle ich das weg und erkläre es halt nochmal. ich habe in Mathe keinerlei Sendungsbewusstsein, die Schüler sollen die bestmögliche Prüfung schreiben, aber sie müssen Mathe nicht lieben, ich liebe es schließlich auch nicht. Und diese Lockerheit überträgt sich auf den Untericht und die Schüler, so dass ich meinen Abstand zu Mathe mittlerweile als Vorteil sehe.


    Meine Ansicht...

    »...Aus Mettwurst machste kein Marzipan! «
    Bernd Stromberg

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