"Tod" thematisieren in Klasse 1

  • Hallo !
    Ich habe ein Kind in meiner ersten Klasse, dessen Mutter vor einigen Jahren verstorben ist. Der Verlust ist immer noch präsent und immer wieder Thema. Das Kind hat außerdem viele Probleme, v.a.D. im Sozialverhalten. Neben Dingen zur Gewaltprävention (Beratungslehrer, Gespräche und die gesamte Palette) bin ich die ganze Zeit schon am Überlegen, ob ich "Tod" mal thematisiere im Unterricht. Gibt ja einige Materialien, Bücher…..


    Die Frage ist: Ist das sinnvoll? Ob es wohl den anderen hilft zu verstehen, wie es dem Kind geht? Ist es zu früh, das zu thematisieren? Bringt es dem Kind etwas ganz konkret??


    Was ist eure Meinung dazu….????


    Ratlose Grüße :autsch:
    Panama

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

  • Finde ich nicht zu früh. Dieses Thema interessiert Kinder generell, sie stellen doch auch spontan Fragen zu "Leben nach dem Tod", schnappen irgendwas auf, wie vom Opa der nun auf einer Wolke im Himmel sitzt etc.
    Dem betreffenden Kind bringt es möglicherweise sehr viel, da der andere Elternteil wahrscheinlich sehr in seine eigenen Gefühle und Probleme verstrickt ist, dass er sich nicht angemessen um die emotionalen Bedürfnisse des Kindes kümmern kann.


    Ein Elternteil von mir ist verstorben, als ich ein Kind war und ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn Erwachsene nicht angemessen reagieren können und man völlig allein gelassen wird. Ein paar angemessene Worte des Lehrers hätten mir sicher besser getan, als Stillschweigen und Panik, was Falsches zu sagen. Ich kann dir kein passendes Buch empfehlen aber um das Thema Tod Kindern nahe zu bringen gibts sicher einiges aus dem man schöpfen kann. Kinder brauchen genauso wie Erwachsene, dass ihnen jemand hilft, ihre Ängste und Trauer und Erinnerungen und Hilflosigkeit in Worte zu fassen. Viel Erfolg!

  • Ich würde das in diesem Fall vorher mit dem Kind besprechen. Ansonsten ist es dazu m.M. nie zu früh. Nahezu alle Kinder haben Erfahrungen mit dem Tod: Oma, Opa, Hamster, Katze..... Ich kann mir auch vorstellen, dass es dem Kind etwas bringt weil es merkt "hey, ich bin damit gar nicht alleine - andere hatten schon mal ähnliche Gefühle...".

  • Das Thema "Tod - Abschied" begegnet den Kindern auch schon als 6 oder 7jährige. Der Tod eines Haustieres kann sehr schmerzhaft sein, und in meiner aktuellen 1. Klasse waren schon drei Kinder mit zur Beerdigung von Uroma / Uropa.
    Ich würde mit einer Geschichte oder einem Bilderbuch arbeiten, also eine nicht reale Geschichte nutzen. Geeignet wäre zum Beispiel: Leb wohl lieber Dachs.
    Tootsie

  • Danke, dass macht mir Mut. Jetzt muss ich nur schauen, wo ich das im Lehrplan bawü verankern kann. Eigentlich gehört es ja eher in den Religionsunterricht. Aber in MNK kann ich es doch auch machen, oder?
    Wir bearbeiten gerade das Thema "Ich und die anderen" - kann man das im weitesten Sinne dazu zählen….?
    Panama

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

  • ich habe mal eine ganz wunderbare "willi wills wissen"-folge gesehen, titel: Wie ist das mit dem Tod?
    die kinder-doku ist preisgekrönt worden. nicht, dass du die folge zeigen sollst (man sieht dort einen echten toten menschen), aber vielleicht gibt dir die sendung ein paar ideen. ich habe die folge mit meinen kindern geschaut, als diese 6 und 8 waren. ich fand das thema perfekt für dieses alter aufbereitet.

  • Aber die Sendung ist denke ich eher was so ab 8 Jahren…. oder?


    Religion unterrichte ich dieses Jahr leider nicht. Außerdem würde ich es gerne bewusst mit meiner ganzen Klasse machen wollen…
    Tottsie:
    Ich habe "irgendwie anders" gelesen. Und ein Ich-Buch gemacht. Was machst du so zu dem Thema??


    Panama

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

  • Es gibt auch eine "Sendung mit der Maus" zu dem Thema. Das wäre mir aber für eine erste Klasse zu viel. Zuhause mit den eigenen Kindern kann man so eine Sendung sicher auch schon sehen, wenn sie noch recht jung sind. In der Schule würde ich so einen Sachfilm erst ab dem 3. schuljahr zeigen. Da liegt mir eher eine vorsichtigere Thematisierung, z.B. mit einem Bilderbuch.


    Panama
    In meiner Unterrichtsreihe "Ich und die anderen" haben ich im Rahmen von Stationenarbeit Ich-Bücher gestaltet. Darüber hinaus haben wir "Das kleine Ich bin ich" gelesen. Im Kunstunterricht haben wir unsere Köpfe nachgestaltet, indem wir runde Pappen, mit Wasserfarben bemalt und mit Krepppapierfrisuren versehen haben. Wir haben das "Lied über mich" und das Lied "Starke Kinder" gesungen und ein Ich-Gedicht gelesen. Ach ja, da wir im Religionsunterricht gleichzeitig zum Thema Gefühle arbeiten, habe ich letzte Woche noch ein "Gefühlsthermometer" eingeführt. Dort können die Kinder ihre Klammer je nach aktuellem Befinden anklammern. Geplant ist jetzt noch, die Klassenregeln zu besprechen und mit Fingerabdrücken zu "besiegeln". Wichtig war mir die Eigenwahrnehmung, aber auch die Wahrnehmung und Respektierung der Bedürfnisse anderer.
    Das ist alles, was mir so spontan einfällt.
    Tootsie

  • Du hast nach Meinungen gefragt. Ganz ehrlich? Mein Bauchgefühl sagt mir, das ich es nicht im Unterricht thematisieren würde, da der Verlust schon Jahre zurückliegt. Da braucht das Mädchen Unterstützung durch einen Therapeuten, neben all den Dingen, die du angestoßen hast, um zu lernen besser damit umzugehen.


    Das Thema ist so tiefgreifend, dass es bei anderen Schülern eher Ängste auslösen kann.
    Ich könnte mir vorstellen, den Tod kurz zu thematisieren, wenn es von der Schülerin im Gespräch erwähnt wird und dann viel Empathie zeigen. Aber eine ganze Unterrichtsreihe wird bei der Schülerin kaum etwas bewirken, außer, dass die Anderen möglicherweise mehr Mitgefühl zeigen könnten (oder eben auch Ängste entwickeln). Aber heilen wird es sie nicht. Und ich glaube auch nicht, dass es sie voranbringt.
    Wenn sie allerdings häufig in offenen Gesprächssituationen das Thema hervorbringt und die anderen Kinder darauf anspringen und viele Nachfragen stellen, würde ich mir überlegen eine Unterrichtsreihe dazu zu machen. Wenn ich es richtig gelesen habe, ist es aber nicht der Fall, oder?


    Wenn es dir darum geht, dass du mehr Verständnis für die Schülerin erreichen möchtest, würde ich eher dazu neigen häufig Kooperationsspiele anzubieten, wo sie eingebunden wird, Erfolgserlebnisse hat und mehr in die Klassengemeinschaft wächst. Auch fand ich Tootsies Idee mit dem Gefühlsbarometer gut. Vielleicht hilft es dir ja auch, wenn sie dir signalisiert, wie es ihr heute geht.


    Hilfreich ist sicherlich auch, wenn du ihr ein offenes Ohr signalisierst und eventuell in der Pause für ein Gespräch bereitstehst.


    Die beiden oben genannten Sendungen habe ich mit halben Auge und Ohr verfolgt und fand sie beide sehr, sehr gut gemacht. Trotzdem haben sie mich sehr betroffen gemacht, da ich vor einigen Jahren ebenfalls ein Elternteil verloren habe ... und ich bin erwachsen.



    Anders wäre die Situation, wenn plötzlich ein Elternteil verstirbt. Das würde ich vermutlich, nach Absprache mit dem Kind und der Familie, thematisieren.


    (Info noch am Rande, wie es anderswo gehandhabt wird: In der 2. Klasse meiner Tochter wurde in der Freizeit neulich der König der Löwen angeschaut, da weinte ein Mädchen auch bitterlich, das vor mehreren Jahren den Papa verlor. Das Thema wurde nicht im Unterricht aufgegriffen. Zu Hause haben wir auch darüber gesprochen, wie schlimm das ist. Und aktuell habe ich in meiner kleinen Förderklasse 2 Schüler, die Halbwaisen sind und 3, die von einem Elternteil verlassen wurden... da sind aber jeweils Therapeuten und -manchmal zusätzliche- Psychologen dran)

  • Ich habe meine 1. Examensarbeit über das Thema Tod im Bilderbuch geschrieben und kann dir ein paar schöne Bilderbücher zu dem Thema empfehlen:


    z.B. Leb wohl, lieber Dachs wurde ja bereits genannt.


    Ist Omi jetzt ein Engel? Handelt wie der Titel bereits vermuten lässt vom Tod der Oma.


    Adieu, Herr Muffin. Ein sehr süßes Buch für Kinder und auch Erwachsene. Das handelt vom Tod eines alten Meerschweinchens.


    Tschüss, kleiner Piepsi. In dem Buch findet eine Kindergartengruppe einen toten Vogel. Gemeinsam wird dann in der Gruppe besprochen, was die Kinder schon alles vom Tod wissen und da kommen ganz unterschiedliche Vorerfahrungen bei rum u.a. auch christliche und muslimische. Gemeinsam beschließen die Kinder dann am Ende dem Vogel ein schönes Begräbnis mit christlichen udn muslimischen Ritualen zu bereiten.


    Die Bücher handeln allerdings eher vom Tod im Alter, da das Kind ja die Mutter verloren hat, weiß ich nicht ob es Sinn macht. Sind aber auf jeden Fall schöne Bücher, um das Thema generell zu behandeln.

  • Die Bücher handeln allerdings eher vom Tod im Alter, da das Kind ja die Mutter verloren hat, weiß ich nicht ob es Sinn macht. Sind aber auf jeden Fall schöne Bücher, um das Thema generell zu behandeln.


    Relativ neu gibt es dazu auch noch "Ein Himmel für Oma", das hat meinen Kindern (damals 2 und 4) ganz gut geholfen. Da ist vor allem auch so ein bisschen eben die Beerdigung mit drin (wenn meiner Meinung nach auch immer noch zu wenig).

  • Vielen Dank für eure ganzen Antworten :)
    Jetzt bin ich doch etwas verunsichert…. der Tod des Elternteils liegt tatsächlich einige Zeit zurück. Es wird immer mal wieder vom Kind thematisiert : "Meine Mama ist ja tot".
    Die Kinder an sich gehen relativ locker damit um. Deshalb stellt sich mir die Frage, ob es sinnvoll ist, oder ob ich damit unnötig etwas aufwühle…..
    Das problematische Verhalten des Kindes liegt unter anderem an diesem Verlust. Daher war meine Idee, es einfach mal zum Thema zu machen…...
    Danke auch Tootsie für deine Ideen. "Starke Kinder" habe ich auch gerade gesungen mit den Kindern :)


    Panama

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

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