Berufsaussichten mit Informatik als Erweiterungsfach

  • Liebe Lehrerforen.de Community,


    nach langem Hin- und Her habe ich mich trotz voraussichtlich schlechter Berufsprognosen ( bitte korrigieren Sie mich gerne, falls nötig) entschlossen, nach meinen persönlichen Neigungen zu gehen und die Fächer Deutsch und Erdkunde ( Gymnasiales Lehramt ) zu studieren. Meine Talente liegen leider eher im gesellschaftlichen oder sprachlichen Bereich und wie ich es auch zu drehen versuche, ein begabter Mathematiker oder Physiker werde ich wohl niemals sein.


    Nun habe ich mir allerdings überlegt, ob es vielleicht meinen späteren Berufsaussichten entsprechend sinnvoll wäre, Informatik als Erweiterungsfach zu studieren.Ich kann allerdings nicht einschätzen, ob sich mit Informatik als Drittfach meine Einstellungschancen besonders verbessern dürften, oder ob ein Erweiterungsfach wenig bringt. Auch bin ich wie bereits erwähnt wenig mathematisch begabt, habe aber in der Schule ganz gute Erfahrungen gesammelt, was das Fach Informatik angeht ( Privat programmiere ich auch rein aus Interesse ein wenig mit Java - mir ist allerdings bewusst, dass dies für mein Talent im Studium wenig aussagt ).


    Ich hätte gerne die Einschätzung eines Informatikers (Idealerweise jemand, der das Fach als Erweiterungsfach studiert oder studiert hat), wie schwierig das Studium als Drittfach im Vergleich zum normalen Hauptfach ist und ob sich damit meine rein statistisch betrachteten Berufschancen bessern dürften.


    Schlussendlich noch eine Frage an alle erfahrenen und unerfahrenen ;) Lehrkräfte: Wie schätzen Sie meine Chancen ein mit der Fächerkombination Deutsch/Erdkunde eine Stelle als Lehrkraft zu finden? Ich bin was das Bundesland und sogar die Schulform ( würde notfalls auch auf einer Real- oder Hauptschule unterrichten ) komplett flexibel und bin bereit meine persönlichen Präferenzen für eine Erstanstellung und Einstieg in den Beruf komplett zurückzuschrauben. Ich bin nach Vollendung des Studiums bereits 38 Jahre alt (ich habe mich nach langer Ausübung meines Berufes als Reiseverkehrskaufmann spät dazu entschlossen auf dem zweiten Bildungsweg mein Abitur nachzuholen, was mir nun auch gelungen ist); kann das negative Auswirkungen bezüglich möglicher Verbeamtung oder Einstellungschancen haben?


    Vielen lieben Dank bereits im Voraus.

  • Hallo!


    vorab: ich bin keine Informatikerin und habe diesbezüglich auch gar keine Begabung.


    Ich sage dir das, was ich jedem sage oder sagen möchte, der Latein / Physik / Informatik als Drittfach nimmt, weil es - tatsächlich! - die Einstellungschancen erhöht.


    Nicht umsonst hattest du Info nicht in deiner Grundkombi dabei. Nicht umsonst hattest du zwei komplett andere Fächer dabei.
    Überlege also nicht (nur), wie schwer das Studium sein könnte, sondern, ob du dir vorstellen könntest 16 Stunden /25,5 (NRW) Informatik zu unterrichten.


    Eine Kollegin mit zwei "Mangefächern", bzw. Fächern, die an unserer Schule überhaupt nicht überfüllt sind, hat sich bei ihrer Einstellung bereit erklärt, den Zertifikatskurs in Informatik zu machen. Sie unterrichtet mittlerweile mehr als die Hälfte (von Vollzeit) Informatik. Eins ihrer Fächer hat sie im 2. Jahr nacheinander nur eine Klasse und muss quasi dafür kämpfen.
    Solche "Schicksale" kenne ich übrigens von vielen (Erweiterungsfach / Zertifikatskurs-Leute für Latein oder Physik).


    In deinem Kopf denkst du dir "cool, ich kriege eine Stelle und dann werde ich 1-2 Kurse Info unterrichten und den Rest meine tollen grundlegenden Fächer".
    Denkfehler.
    Die Schulleitung setzt dich, wie sie will, ein.
    Ich habe mehr als 2 Fächer und alle Fächer aus reiner Neigung studiert (kaum eins davon ist ein Mangelfach, sie sind nur interessant, weil ich eben soviele Fächer habe und deswegen hin- und herschiebbar bin). Eins meiner Fächer habe ich aus "weniger" Liebe studiert (zumindest mit weniger Liebe in dem Plan, das Fach zu unterrichten). Tja, wenn die Hälfte meines Stundenplans aus diesem Fach besteht, ist es halt so. (und es ist halt so).


    Denk also wirklich wirklich daran: Bist du dazu bereit? Wenn eine Schule dich für Info einstellt (es wäre mit 90%iger Wahrscheinlichkeit der Grund deiner Einstellung), kann es gut sein, dass du mehrere Jahre gar kein Erdkunde unterrichtest, zum Beispiel.


    chili

  • Ich kann nur für die Situation in Berlin reden, wo es im deutschen Sprachraum gerade den größten Lehrermangel gibt:


    Erdkunde ist eine ganz schlechte Idee. Auch Geschichte und Sozialkunde.


    Man hat alle Lehrämter und Fächer prinzipiell für Quereinsteiger geöffnet, bis auf diese 3 Fächer, da man selbst in Zeiten größter Not einen klaren Überschuß in diesem Bereich hat. Zudem wird gerade Erkunde/Sozialkunde gern fachfremd erteilt - bei uns an der Schule (nur Sekundarstufe II) macht das praktische jeder fachfremd, vom Chemielehrer über Deutschlehrer bis zur Kunstlehrerin.


    Erdkunde solltest du also ganz aus der Fächerkombination streichen, fast niemand stellt dich dafür ein - das kostet nur Zeit, die du zum Bestehen von Informatik benötigst. Zumal du erst in einigen Jahren auf dem Markt bist und der aktuelle Mangel im Osten dann nicht mehr dermaßen prävalent ist.

  • Erst einmal vielen Dank für die Antworten :-).


    Ohne Erdkunde hätte ich aber immer noch Deutsch und Informatik! Ich muss ja 2 Fächer nehmen, und Deutsch / Informatik schließe ich aus, da es mit Sicherheit unüberwindbar schwierig für mich wird, Informatik als Vollfach zu studieren. Ich ziehe Informatik ja auch nur in Betracht, wenn es als Erweiterungsfach nicht so anspruchsvoll wie das Vollfach und auch für einen weniger begabten mathematischen Menschen mit Mühe zu bewältigen ist ( Das weiß ich eben nicht, weswegen ich mir hier Rat suche ). Wenn Erdkunde wirklich so aussichtslos ist, vielleicht mal anders gefragt: Welches Fach außer Mathe, Physik, Bio ( mit 1,6 in meiner Uni vom NC für mich nicht machbar ), Chemie, Latein, Musik, Kunst und Informatik würde meine Chancen erhöhen? - Ich denke mal dass es in den anderen Fächern wie PoWi, Geschichte etc. ebenfalls schlecht aussieht.


    Erdkunde ist außerdem eine Herzensangelegenheit von mir, das ich schon aus rein persönlichen Interesse sehr gerne studieren möchte.

  • Nachdem du alle Fächer "ausschließt", die einigermaßen von Interesse sind, bleib lieber bei Erdkunde.


    1) Ergänze deine Grundkombi auf jeden Fall um mindestens ein Erweiterungsfach!
    2) du musst aber damit leben können, dass du erstmals / dauerhaft nicht die drei Fächer unterrichtest, sondern eventuell nur eins oder zwei Fächer.
    3) Selbst, wenn das Studium abgespeckt ist, haben die Schüler natürlich den selben Anspruch an dich und erwarten auch Niveau.


    chili

  • Latein und Biologie sind in NRW keine echten Mangelfächer mehr.
    (Ja, es gab zwischen 2000 und 2011 eine Lateinmangelsituation, die wirklich gravierend war. Aber weil währenddessen jeder Studienberater zu Latein als Einstellungsgaratiefach geraten hat und eben diese vielen Lateinstudenten inzwischen das 1. und inzwischen auch das 2. StEx haben, die Stellen aber mit Zertifikatsinhabern und Quereinsteigern besetzt wurden, hat sich die Situation fast schon umgekehrt.)


    An (nicht nur) unserer Schule (IGS) aktuell händeringend gesucht: Informatik, Technik, Hauswirtschaft, Chemie. An mind. zwei mir bekannten Schulen wird Kunst sehr gesucht. Aber wer weiß: Vielleicht belegen diese Fächer aus diesem Grund jetzt auch wieder viele Studienanfänger, so dass das in 4-5 Jahren schon wieder ganz anders aussehen kann. (vulgo: Schweinezyklus)


    Aber D/Ek oder D/Ge sind m.E. definitiv Todeskombis.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

    Einmal editiert, zuletzt von Jule13 ()

  • Ich denke, die breitesten Perspektiven eröffnest du dir, wenn du den Aspekt "Geld verdienen" (außerhalb von Schule) mit deinen persönliche Präferenzen in der Fachrichtung zusammenbringst.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :_o_P


    8_o_)Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

  • Ich ziehe Informatik ja auch nur in Betracht, wenn es als Erweiterungsfach nicht so anspruchsvoll wie das Vollfach und auch für einen weniger begabten mathematischen Menschen mit Mühe zu bewältigen ist ( Das weiß ich eben nicht, weswegen ich mir hier Rat suche ).


    Ich melde mich hier, weil ich Informatik als Erweiterungsfach berufsbegleitend studiert habe.Ich weiß zwar nicht, wie sich woanders die Erweiterungsfächer vom Vollfach unterscheiden, aber in Niedersachsen werden alle Inhalte eines üblichen Informatiklehrerstudiums abgedeckt. Ein Problem sehe ich bei dir noch darin, dass du bisher mit Mathe wenig am Hut hattest und haben möchtest. Kurz gesagt: Informatik ist Mathe und etwas Technik. Aber vor allem Mathe! Oft ist ein Mathestudium oder das Studium einer Naturwissenschaft (wo auch Mathevorlesungen besucht werden müssen) sogar Voraussetzung für Informatik. Also wenn dir Mathe nicht liegt, würde ich auch von Informatik eher abraten.


    À+

  • Ich denke, die breitesten Perspektiven eröffnest du dir, wenn du den Aspekt "Geld verdienen" (außerhalb von Schule) mit deinen persönliche Präferenzen in der Fachrichtung zusammenbringst.

    Also ein normales Geographiestudium mit geschickten Spezialisierungen wie z.B. Öffentliches Recht.

  • Oder du denkst mal in Richtung berufsbildende Schulen, für die du mit deiner Berufserfahrung ja gute Voraussetzungen mitbringst.

  • Wenn es unüberwindbar schwierig wäre, das als Vollfach zu studieren, du dich selbst für mathematisch weniger begabt hältst, dann klingt das nicht so, als würden Schüler großartig von dir als zukünftiger Informatiklehrkraft profitieren :/ Das ist absolut nicht böse oder überheblich gemeint, aber Informatiklehrer (oder eben generell Lehrer), die die Begeisterung für ihr Fach so gar nicht mitbringen, machen es den Schülern vermutlich auch auch nicht besonders leicht, selbst Begeisterung dafür zu entwickeln. Gerade das finde ich persönlich aber angesichts der Wenigen, die ein Informatikstudium oder Ähnliches anfangen und durchziehen, besonders wichtig.


    Auch, weil Informatik rein konzeptionell auch "irgendwie anders" gelagert ist als viele andere Fächer, finde ich so eine halbherzige Entscheidung schwierig. Es ist eben am ehesten noch mit Mathe vergleichbar, aber im Matheunterricht führt man Algorithmen (nachdem man das Problem erkannt hat) häufig überwiegend aus, während es in der Informatik aus meiner Sicht besonders wichtig ist, ganz eigene Algorithmen entwickeln zu können bzw. das teilweise mühsam zu lernen, Kreativität und Formalismen zu vereinen, komplexe Aufgaben gedanklich "aufzubröseln", sinnvoll zu unterteilen und dann Schritt für Schritt Lösungen zu finden, die so evtl. nie in einem Mathe- oder Informatikbuch standen. Häufig eignen sich mathematische Probleme auch sehr, um Prinzipien zu verdeutlichen. Sei es, wenn man einfach mal den größten gemeinsamen Teiler, einfache oder auch komplexere Folgen oder in der Oberstufe auch Fraktale (trifft die Themen komplexe Zahlen, Kovergenz/Divergenz, ...) als Beispiele nutzt. Auch für Komplexitätsbetrachtungen beispielsweise (wie lange braucht ein Algorithmus, wenn die Eingabe so und so groß ist) ist Lust auf Mathematik ganz vorteilhaft.


    Da ich selbst aber Informatik (nicht auf Lehramt, ich mache den Quereinstieg) im Master studiert habe, sehe ich das möglicherweise viel enger als andere :-) Außerdem beginnt mein Ref am 1.09. erst, sodass meine Beispiele erstmal nur aus der Luft gegriffen sind.


    Viele Grüße

Werbung