Eltern verstehen Unterrichtsinhalte nicht, verlangen Erläuterungen vom Lehrer

  • Ist es bei euch schon mal vorgekommen, dass Eltern Inhalte erklärt haben wollten, weil sie sie selbst nicht verstehen bzw. etwas anderes unter bestimmten Inhalten verstehen, dann die Bewertung in einem Kurztest als falsch erachten und die Punkte einfordern?


    Nehmen wir mal als Beispiel, dass wir eigentlich gar keine Verfassung hätten, das ist vielleicht am plakativsten.


    Eltern sind also der Meinung, wir hätten keine Verfassung, ich hätte etwas Falsches gelehrt. Söhnchen gibt im Test an, dass wir KEINE Verfassung hätten, ich werte dies als falsch. Eltern meinen, dass dies doch richtig sei und fordern von mir eine Begründung dafür ein.
    Da ich grundsätzlich der Meinung bin, nicht die Eltern, sondern die Kinder zu unterrichten, frage ich also meinen Schüler genau das Gleiche. Schüler hat seinen Fehler erkannt, erklärt mir das richtige Ergebnis. Ich trage dem Schüler auf, dies zu Hause so zu erläutern.


    Den Eltern reicht diese Begründung nicht, da das Netz dazu etwas anderes sagt (!) und der Inhalt gar nicht gelehrt werden dürfe in dieser Klassenstufe. Das sagten auch die Bekannten der Eltern, die Lehrer im gleichen BL seien.


    Wie ginge man mit derartigem Verhalten um? ich kann mir vorstellen, dass man die Eltern mal zum Gespräch einlädt, ihnen den Rahmenlehrplan sowie die konkret umgesetzten Stunden inkl. Lernerträge mal erläutert und sich ansonsten nicht auf Diskussionen einlässt?


    Könnte man derartiges Verhalten auch einfach ignorieren, weil man eben nicht Eltern, sondern Schüler unterrichtet und der es ja nun verstanden hat?

  • Bisher hatte ich sowas noch nicht.
    Auf Diskussionen würde ich mich auf keinen Fall einlassen, die würden aber mit Sicherheit kommen, wenn die Eltern die Existenz einer Verfassung abstreiten, weil sie der Reichsbürgerbewegung o.ä. angehören. Wenn "das Netz" als Autorität dient, liegt das Problem wohl nicht nur darin, dass unsere Verfassung "Grundgesetz" und nicht "Verfassung" heißt.


    Ich würde kurz und knapp schriftlich antworten und den entsprechenden Lehrplan in Auszügen kopieren. Mehr erstmal nicht.

  • Da geht es bei euch ja fast schon philosophisch zu. Ich müsste einigen Eltern bei mir die Division erklären....Habe Ihnen dann gesagt, wo sie das ggf. nochmal nachschlagen können. Aber bei solchen Sachen cool zu bleiben ist echt..Trainingssache.

  • Na das hört sich aber so an, als wenn das nicht so ein klares Beispiel wie die Verfassung ist, oder? Ist das Thema denn wirklich strittig?

  • Äh es geht definitiv NICHT um die Verfassung, das habe ich wirklich nur als Beispiel genannt. Bitte werft kurz einen Blick auf meinen Necknamen, dann wisst ihr, auf welchem Level wir uns hier rein kognitiv bewegen. ;)


    Das Thema ist nicht strittig. Da die Eltern ja gerne als offiziellen Rahmenlehrplan das Lehrbuch ansehen, könnte ich das sogar mit dem Buch legitimieren. Ich habe sogar mal im Ref dieses Thema im UB gehabt und zwar nicht diesen Test dazu geschrieben, sehr wohl aber das Problem unterrichtet. Die Reihendarlegung samt Erklärungen dazu im Entwurf wurden so von meiner Fachleiterin abgenickt und das heißt bei dieser Fachleiterin schon was. Das könnte ich alles erneut runterbeten, aber mir geht es in diesem speziellen Fall ums Prinzip.


    Besagte Problemstellung wurde nicht nur kognitiv erarbeitet sondern auch praktisch angewandt. Ich tippe bei betroffenem Schüler einfach auf Blackout, denn er wusste es vorher und auch hinterher wieder. Ich weiß nicht, was die Eltern nun von mir wollen. Vielleicht hubschrapp-schrappt es auch einfach bei den Eltern. ;)


    Seht es mir nach, wenn ich das konkrete Beispiel nicht erkläre, denn wenn ich jetzt schon weiß, dass im Netz nachgeschaut wird... .

  • Wie gesagt: Kurz schriftlich darstellen mit offiziellem Beleg. Und dann gerne noch schreiben, dass der Junge vor und anch dem test keine Schwierigkeiten hatte.


    Wenn die Eltern unbedingt wollen, können sie den Lehrern im Bekanntenkreis, wenn es sie gibt, dann ja den Lehrplan zeigen...

  • ich kann mir vorstellen, dass man die Eltern mal zum Gespräch einlädt, ihnen den Rahmenlehrplan sowie die konkret umgesetzten Stunden inkl. Lernerträge mal erläutert und sich ansonsten nicht auf Diskussionen einlässt?


    Ich fände das schon zu viel an Diskussion. Ich denke auch nicht, dass du dich weiterhin rechtfertigen musst. Die haben sich im ersten Moment aufgeregt über die Note des Kindes aber jetzt wird ihnen das auch unangenehm sein.


    Wenn die Eltern es wirklich darauf anlegen sollten und weiterhin Zirkus veranstalten, dann können sie sich um einen Gesprächstermin bei dir bemühen, in dem du dann auf den Lehrplan verweisen kannst.


    Geh ansonsten nicht weiter drauf ein und schon garnichts kopieren oder schicken, das ist zu "besserwisserisch" und auch unnötig. Das nächste Mal kannst du ja dann gleich sagen, dass sie den Lehrplan gerne ergoogeln können.

  • Ich glaube, dass die schon eher hartnäckig sind. Zumindest haben sie das 2. Mal "Kontakt" aufgenommen, nachdem ich den ersten Kontaktversuch damit beantwortete, dass das Kind die Problematik nochmal erläutern sollte. Sie hätten wohl gerne eine schriftliche Antwort bekommen.

  • Formal gesehen ist unser "Grundgesetz" aber tatsächlich keine Verfassung sondern nimmt nur deren Funktion ein. Deutlich wird dies in Art 146 GG:

    Zitat

    Dieses Grundgesetz, das nach Vollendung der Einheit und Freiheit Deutschlands für das gesamte deutsche Volk gilt, verliert seine Gültigkeit an dem Tage, an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.


    Aus dem Wortlaut ergibt sich, dass eine "Verfassung" erst an dem Tage entsteht, an dem diese "von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist". Das hat aber bisher noch nicht stattgefunden.


    Materielle Auswirkungen auf die Rechtspraxis hat das aber keine (es gibt ja beispielsweise ein Bunde"verfassungs"gericht).


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Ich glaube, dass die schon eher hartnäckig sind. Zumindest haben sie das 2. Mal "Kontakt" aufgenommen, nachdem ich den ersten Kontaktversuch damit beantwortete, dass das Kind die Problematik nochmal erläutern sollte. Sie hätten wohl gerne eine schriftliche Antwort bekommen.

    Wie nehmen die den "Kontakt" auf? übers Hausaufgabenheft?
    Unsere Eltern verstehen die Unterrichtsinhalte auch nicht, aber sie streiten sich auch nicht darum. Da gehts dann um andere Themen...


    Na dann, gibts halt ne Lehrstunde zur Verfassung :lach2:

  • 1. HA- Heft mit nem simplen Eintrag ohne Anrede und MfG, reine Inhaltsfokussierung quasi. ;)
    2. elektronisch verfasster Brief, abgegeben vom Kind bei mir.

  • Soso.
    Wenn sie dich ausdrücklich um ein Gespräch bitten, dann kann das natürlich stattfinden. Aber prinzipiell und generell: wenn dir Erziehungsberechtigte wirklich hartnäckig blöd kommen sollten, kannst du auch immer die Schulleitung mit ins Gespräch bitten!

  • Erschreckend, womit sich Politiklehrer so auseinandersetzen müssen. Danke, dass ihr gegen den Unsinn angeht.

    • Offizieller Beitrag

    Zur Ausgangsfrage: Habe ich regelmäßig, ärgert oder erstaunt mich jedesmal. Ich reagiere je nach Bildungshintergrund der Eltern, je niedriger desto geduldiger und ausführlicher bin ich. Merke ich, dass es im Prinzip um etwas anderes geht (z.B. generelles Infragestellen meines Unterrichts, meiner Methoden etc.), dann gibt es ein Gespräch mit der Schulleitung. Danach habe ich meistens Ruhe.

  • Aus dem Wortlaut ergibt sich, dass eine "Verfassung" erst an dem Tage entsteht, an dem diese "von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist". Das hat aber bisher noch nicht stattgefunden.

    Völlig OT, aber vielleicht interessant: http://www.bpb.de/geschichte/d…14/warum-keine-verfassung


    - zusammengefasst: Unsere Verfassung heißt "Grundgesetz". Sie könnte auch "Basisbestimmungen", "Sachertorte" oder "Karl-Heinz" heißen und wäre dennoch eine Verfassung, denn entscheidend ist, was drin-, nicht was draufsteht.


    Sorry, das musste sein; Einlassungen des Tenors "Wir haben ja eigentlich gar keine Verfassung" kommen meist aus einer bestimmten Ecke (die sicher nicht Mikaels Ecke ist, notabene!) und verursachen mir immer spontanes Fußnagelrollen.

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

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