Was tun mit "bockenden" Kindern?

  • Hallo zusammen,


    eigentlich habe ich jetzt seit zwei Stunden Ferien, aber die letzten Schultage haben mich fast wahnsinnig gemacht, daher meine Frage...


    Die Überschrift klingt vielleicht etwas komisch, aber in meiner aktuellen Klasse stehe ich regelmäßig vor einem Problem, mit dem ich nicht so recht umgehen kann. Ich habe mehrere Kinder, die regelmäßig "bocken", also steif stehen- oder sitzenbleiben, Arme verschränken und mit einem todbeleidigten Gesichtsausdruck dastehen, wenn ihnen etwas nicht passt. Irgendwie wie das typische Trotzalter-Verhalten - nur dass die Kinder 7-8 Jahre alt sind...


    Sowas kommt häufig vor, wenn ich sie ermahnt habe (dann ist es meist nicht so schlimm, dann lass ich sie schmollen, irgendwann kriegen sie sich schon wieder ein). Problematisch ist das Verhalten aber, wenn ich sie z. B. auffordere, sich woanders hinzusetzen (weil sie mit dem Banknachbarn die ganze Zeit Quatsch machen oder diesen ärgern) oder sie aus dem Sitzkreis wegschicke oder auch auffordere, irgendwohin zu gehen - und sie stehen da "bockend" und bewegen sich nicht. Oder wir sind irgendwo unterwegs und einer fängt an zu bocken und läuft nicht mehr mit, sondern bleibt wie angewurzelt stehen.


    Was tut man da am besten?
    Ich kannte sowas nicht in dem Maße, wie es in der Klasse ist. Die Klasse ist vom Verhalten her auch extrem problematisch.
    Aber ich kann die Kinder doch schlecht mit Gewalt irgendwohin verfrachten, wenn sie sich selber nicht bewegen. Aber ignorieren kann ich das Ganze auch nicht, weil sie sich einfach meinen Anweisungen widersetzen. Das kann ich ihnen ja auch nicht einfach so durchgehen lassen...


    Hat jemand einen tollen Tipp?


    LG und schöne Feiertage!

  • Einen wirklichen Rat kann ich dir leider auch nicht geben. Aber ich kann das sehr gut nachvollziehen. Die beiden bockenden Jungs in meiner Klasse sind allerdings 11 Jahre alt. Die machen dann gar nichts mehr. Verlassen auch nicht den Raum.
    Bei dem einen habe ich die Mutter angerufen. Diese war innerhalb von 10 Minuten da und hat den Sohn selbst rausgeholt. Nach dem folgenden Gespräch lief es mit dem Jungen etwas besser.
    Das klappt natürlich nicht immer. Der Vater des anderen kann nicht mal eben kommen.
    Eine schöne Lösung weiß ich leider auch nicht.

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

  • Solche Kinder hat meine Tochter in der Klasse, es werden dann die Eltern angerufen, denn bisher konnten weder die Lehrer, noch der Schulleiter noch die Sozialarbeiterin diese Kinder dann bewegen, ganz im Gegenteil, wenn man ihnen zu nah kam haben sie um sich geschlagen und getreten und diese Kinder waren bis zu 10 Jahre alt ;)


    Die Mutter ist total genervt, da sie aber auch nicht wirklich mitarbeitet, weil die Lehrer "schuld sind!". muss sie damit leben ständig ihr Kind abholen zu müssen. Zum Schwimmunterricht durfte dieses Kind z.B. nur noch in Begleitung der Mutter mit (Schulhelfer haben die Eltern abgelehnt, so etwas braucht ihr Kind doch nicht!), weil es manchmal einfach auf dem Weg zum oder vom Schwimmbad stehen geblieben ist. Einfach dort stehen lassen kann man das Kind ja auch nicht, zudem der Weg am See vorbei führt, also noch eine zusätzlich Gefährdung vorliegt.

  • Ich würde die Eltern jeweils einladen und zuerst sie fragen, wie sie mit dem Verhalten umgehen, dann gibts kein Ausweichen à la "zu Hause ist immer alles toll". Dann gemeinsam überlegen, wie in der Klasse damit umgegangen wird (z.B. länger bleiben, um Stoff nachzuholen) und auf Ausflügen (Eltern holen Kind ab).
    Und ggf. Vertrag mit den Kindern, je nach Problemstellung. Immer wenn das und das ist, fragst du um Hilfe/ nimmst dir eine 5-min.-Sanduhr-Auszeit o.ä. Wenn das eine Woche lang klappt, darfst du mit zum Ausflug (darfst aus der Schatzkiste einen Aufkleber aussuchen...) wenn es nicht klappt, darfst du nicht mit zum Ausflug. Klassisches Token also.
    Alternativ: härter Durchgreifen. Wenn einer sich nicht mehr vom Fleck bewegt und gefährdet sich, nehme ich ihn auch energisch an die Hand...

  • Ich erlebe ein solches Verhalten auch noch in den Klassenstufen 7-11... Da ich auf diese Machtspiele (denn es ist nichts anderes) keine Lust mehr habe und mir zunehmend die Kraft und Geduld während des Unterrichts fehlt, mich um diese Kinder/Jugendlichen zu kümmern, sage ich ihnen in der Situation, dass ich nach der Stunde mit ihnen sprechen will, danach ignoriere ich sie genauso wie sie mich und der Unterricht geht mit denen normal weiter, die sich nicht wie Dreijährige benehmen.


    Nach der Stunde sage ich ihnen, was ich zu sagen habe - Diskussionen verbitte ich mir von vornherein, denn ein solches Verhalten ist völlig indiskutabel -, die Nachricht über ihr Verhalten geht an den Tutor sowie an den Stufenleiter und kommt das nochmals vor, geht's in der großen Pause direkt zum Stufenleiter.


    Natürlich ist mir bewusst, dass dies in einer Grundschule schlecht umsetzbar ist und eine Patentlösung für stehenbleibende Schüler auf einem Wandertag habe ich auch nicht, außer dass dann wohl immer ein Elternteil anwesend sein muss (muss halt vorher abgeklärt werden; darauf haben wahrscheinlich weder die Eltern noch die Kinder Lust, was dieses Verhalten rasch eindämmen könnte).


    Aber ja, vielleicht ist pure Ignoranz in der Unterrichtssituation hilfreich, da die Kinder ja Aufmerksamkeit provozieren möchten und sie ihnen mit dem Verhalten auch gewiss ist. So lange das Kind demnach nur schmollend rumsitzt/steht und die Arme verschränkt, dann bleibt es halt so sitzen, darf dann aber halt auch im Sitzkreis selbst nichts mehr tun. Wird ihm schnell langweilig werden... und die anderen Kinder merken dennoch, dass das bockige Kind mit dem Verhalten nicht durchkommt. Danach kann man immer noch mit dem Kind reden, doch so, wie ich diese Situationen kenne, kriegt das Kind den Mund dann immer noch nicht auf und man selbst redet sich den Mund fusselig.
    Also hilft wohl wirklich nur, ständig die Eltern einzuschalten oder das Kind zur Stufen- oder Schulleitung zu schicken bzw. es von einem anderen Lehrer abholen zu lassen, um aus der Situation rauszukommen.


    @Schantalle: Bekommst Du keinen Ärger, wenn Du das Kind anpackst? Ich vermeide jeglichen Körperkontakt wo es nur geht, insbesondere in einer Situation, in der ich verärgert bin bzw. das Kind es ist. Bei Kollegen kamen da schon unfassbar unschöne Elterngespräche zustande.

    I wonder which mistake I'm going to try to learn from today.

  • Die Kinder scheinen gelernt zu haben, dass sie auf diesem Weg bisher ihren Willen durchsetzen konnten. Das muss aufgebrochen werden, indem es eben nicht mehr funktioniert.
    Ich habe auch an Verhaltensvertrag und Token gedacht, Timeout für 5 min und bei Beginn klar ansagen, was passiert, wenn in 5 min nicht das passiert ist, was passieren sollte. Das Kind kommt nicht sofort und kann nicht sofort einlenken, nach einigen Minuten Bedenkzeit aber schon. Vor allem, wenn es nicht mehr unter Beobachtung steht (das ist ja oft das Problem in dem Moment, alle Blicke sind auf den Bock gerichtet, der kann ja gar nicht mehr anders, als im Bock hängenzubleiben, alles andere bedeutet Gesichtsverlust), wenn man nach kurzer Ansage die Aufmerksamkeit der Klasse auf anderes lenkt, rutscht solch ein Kind oft unauffällig wieder in die Lücke...)
    Von Wandertagen kann man einzelne Schüler auch genau aus solch einem Boykottgrund ausschließen und natürlich die Eltern mit in die Pflicht nehmen. Ich würde mich mit der Gruppe auch vom bockenden Kind entfernen ... ( unsere Aufsichtspflicht besagt, dass sie nicht gilt, wenn sich ein Kind unerlaubt entfernt, das lege ich für mich so aus). Ich kann mich ja nicht zerteilen. Sollte das Kind nicht mitgehen, ist es beim nächsten Ausflug nicht dabei, mit Sicherheit. Außerdem ist man doch zu zweit mit der Gruppe, dann bleibt eben einer neben dem Kind sitzen ... Aufmerksamkeit entziehen... Zuschauer weg, langweilig ...
    Der Punkt ist, dass man ganz klar, streng und konsequent erstmal ohne Ausnahme und Augenzudrücken die Maßnahmen eine Zeitlang durchziehen muss.
    Das ist anstrengend, aber der einzige Weg, dem Kind die Egozentrik auszutreiben.
    Ich hab einige Jahren an einer Förderschule für L und E gearbeitet, da lernt man viel Brauchbares für den allgemeinen Schulalltag, was einem kein Studium beibringt.

  • @Schantalle: Bekommst Du keinen Ärger, wenn Du das Kind anpackst? Ich vermeide jeglichen Körperkontakt wo es nur geht, insbesondere in einer Situation, in der ich verärgert bin bzw. das Kind es ist. Bei Kollegen kamen da schon unfassbar unschöne Elterngespräche zustande.

    Ich musste das Kind von der vielbefahrenen Straße wegbringen, was hätte ich tun sollen?...


    Du hast natürlich Recht, anfassen ist immer ungünstig, kein guter Rat. Wenn Kinder sich oder andere gefährden, ist es manchmal nicht zu vermeiden.

  • Natürlich ist mir bewusst, dass dies in einer Grundschule schlecht umsetzbar ist und eine Patentlösung für stehenbleibende Schüler auf einem Wandertag habe ich auch nicht, außer dass dann wohl immer ein Elternteil anwesend sein muss (muss halt vorher abgeklärt werden; darauf haben wahrscheinlich weder die Eltern noch die Kinder Lust, was dieses Verhalten rasch eindämmen könnte).

    Bei den Kindern, die ich kenne läuft das so seit 3 Schuljahren und das trotz Therapie usw. Dem Kind scheint es egal zu sein und die Eltern sehen ja die Schuld bei den Lehrern und machen keine Ansage.


    Außerdem ist man doch zu zweit mit der Gruppe, dann bleibt eben einer neben dem Kind sitzen ... Aufmerksamkeit entziehen... Zuschauer weg, langweilig ...

    Naja, den Kindern wird es oft weder langweilig noch sonstwas und auch zu zweit kann einer nicht einfach dableiben, zumindest wir gehen nicht mit mehr als 20 Kindern alleine weiter außer in einem absoluten Notfall. Und auf dem Hinweg zum Schwimmen z.B. geht das nicht, denn welchen fünf sechs Schülern erklärst du denn, das sie deshalb heute leider nicht schwimmen dürfen, denn mit einem Schwimmlehrer dürfen maximal 15 Kinder ins Wasser, die Klassen haben aber eigentlich alle mindestens 20 Schüler.

  • Naja, den Kindern wird es oft weder langweilig noch sonstwas und auch zu zweit kann einer nicht einfach dableiben, zumindest wir gehen nicht mit mehr als 20 Kindern alleine weiter außer in einem absoluten Notfall.

    Die Böcke in meiner dritten Klasse hatten seit Schuljahresbeginn auch ein Auge dafür, wann dieses Verhaltenmuster am meisten Erfolg verspricht. Da wurde teils gezielt drauf gewartet bis ich oder Kollegen im Stress waren und die Situation ausführliche Konfliktlösungen nicht zulies. Es gibt halt so Momente, wo jeder einzelne der Klasse einfach nur zu spuren hat.


    Wenn du zb. in 2er Reihen auf nem Unterrichtsgang bist und stehst gerade an der roten Ampel einer vielbefahrenen Stadtkreuzung, wo die Autos nur so um dich rum düsen im Berufsverkehr, kann ich einen bockigen Trotzkopf dem die Farbe der Jacke seines Partnerkindes gerade nicht gefällt sowas von überhaupt nicht gebrauchen.


    Wenn sich jemand wie ein Dreijähriger verhalten möchte, dann wird er auch so behandelt. In dieser Situation gehen Kindergartenkinder an der Hand des Erziehers und wenn ich sie über den Fußgängerüberweg zerren muss, an allen wartenden Autos vorbei. Meine haben ganz schnell geschnallt, dass deren Bühne auch ganz schnell meine Bühne werden kann. Ab da war zunehmend Ruhe im Karton. Sie dürfen gerne beleidigt und sauer sein auf mich, oder auf die ungerechte Welt, oder ihren Erzfeind daneben. Aber basale Anweisungen werden nicht diskutiert oder gar boykottiert.

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

  • Die Böcke in meiner dritten Klasse hatten seit Schuljahresbeginn auch ein Auge dafür, wann dieses Verhaltenmuster am meisten Erfolg verspricht. Da wurde teils gezielt drauf gewartet bis ich oder Kollegen im Stress waren und die Situation ausführliche Konfliktlösungen nicht zulies. Es gibt halt so Momente, wo jeder einzelne der Klasse einfach nur zu spuren hat.
    Wenn du zb. in 2er Reihen auf nem Unterrichtsgang bist und stehst gerade an der roten Ampel einer vielbefahrenen Stadtkreuzung, wo die Autos nur so um dich rum düsen im Berufsverkehr, kann ich einen bockigen Trotzkopf dem die Farbe der Jacke seines Partnerkindes gerade nicht gefällt sowas von überhaupt nicht gebrauchen.


    Wenn sich jemand wie ein Dreijähriger verhalten möchte, dann wird er auch so behandelt. In dieser Situation gehen Kindergartenkinder an der Hand des Erziehers und wenn ich sie über den Fußgängerüberweg zerren muss, an allen wartenden Autos vorbei. Meine haben ganz schnell geschnallt, dass deren Bühne auch ganz schnell meine Bühne werden kann. Ab da war zunehmend Ruhe im Karton. Sie dürfen gerne beleidigt und sauer sein auf mich, oder auf die ungerechte Welt, oder ihren Erzfeind daneben. Aber basale Anweisungen werden nicht diskutiert oder gar boykottiert.

    Das trifft es exakt. Solange Erwachsene sich von Kindern vorführen lassen, kann das nicht besser werden. Passiert mir das einmal mit dem Kind, z.B. beim Schwimmen, wird die Mutter informiert, dass sie entweder begleitet oder das Kind vom Schwimmen ausgeschlossen ist, und stattdessen in der anderen Klasse den Unterricht besucht... Wo bitte steht, dass Eltern und Kinder derart herrschen dürfen und die Welt sich um sie dreht?

  • Naja, den Kindern wird es oft weder langweilig noch sonstwas und auch zu zweit kann einer nicht einfach dableiben, zumindest wir gehen nicht mit mehr als 20 Kindern alleine weiter außer in einem absoluten Notfall. Und auf dem Hinweg zum Schwimmen z.B. geht das nicht, denn welchen fünf sechs Schülern erklärst du denn, das sie deshalb heute leider nicht schwimmen dürfen, denn mit einem Schwimmlehrer dürfen maximal 15 Kinder ins Wasser, die Klassen haben aber eigentlich alle mindestens 20 Schüler.

    Schon hat der Störer gewonnen, hol die Kinder ins Boot ... die verstehen das dann schon, wenn es sie nicht immer trifft.
    Aufm Wandertag schonmal wirklich probiert? Ich hab mit meinen Kollegen oder Helfern schon manches durchprobiert ... Ihr müsst den längeren Atem haben. EINMAL nur ...
    Wenn in der Gruppe soviele auffällige sind, dann eben nur noch zu dritt ... Oder Ausschluss derjenigen. Es geht alles, du musst es nur durchziehen ...

  • Schon hat der Störer gewonnen, hol die Kinder ins Boot ... die verstehen das dann schon, wenn es sie nicht immer trifft.Aufm Wandertag schonmal wirklich probiert? Ich hab mit meinen Kollegen oder Helfern schon manches durchprobiert ... Ihr müsst den längeren Atem haben. EINMAL nur ...
    Wenn in der Gruppe soviele auffällige sind, dann eben nur noch zu dritt ... Oder Ausschluss derjenigen. Es geht alles, du musst es nur durchziehen ...

    Wie gesagt, da wurde dann von unterwegs die Mutter angerufen, die hatte umgehend zu erscheinen und dann konnte der Rest schwimmen gehen (die Kinder waren schon vor gegangen mit einem Kollegen) ;)


    Und nein, in der Klasse verstehen es weder die Kinder noch die anderen Eltern, die hätten gleich an der Schnur gehangen bzw. haben es, als der Schwimmunterricht deshalb ausfiel.


    Also wo genau hat der Störer gewonnen, aber es zeigt wieder, es geht eben nicht ohne das man z.B. die Eltern holt.
    Und ja, da ist schon eingies probiert worden, inklusive die Polizei hat das Kind eingesammelt, weil es aus der Schule abgehauen ist, die Eltern haben dies aber auch der Schule zur Last gelegt.

  • Also wo genau hat der Störer gewonnen, aber es zeigt wieder, es geht eben nicht ohne das man z.B. die Eltern holt.
    Und ja, da ist schon eingies probiert worden, inklusive die Polizei hat das Kind eingesammelt, weil es aus der Schule abgehauen ist, die Eltern haben dies aber auch der Schule zur Last gelegt.

    Damit stehen sie allerdings auf verlorenem Posten, denn nichts Anderes ist praktikabel und vom Gesetzgeber vorgesehen.
    Du kannst deine Klasse nicht im Stich lassen, um einem "Spinner" nachzulaufen. Dann geht er eben, und die Polizei macht sich auf die Suche.

  • VV Aufsichtspflicht Brandenburg


    (3) Die Verpflichtung zur Aufsicht besteht nicht, wenn

    • sich die Schülerin oder der Schüler unerlaubt entfernt oder


    Also, Susannea, da kann man sich jetzt über den Schüler und dessen unverschämte Eltern aufregen oder eben auch nicht.

  • Interessant - wir haben auch so einen Fall in der 3. - sein "Bocken" bezieht sich aber darauf, dass er einfach gar nicht arbeitet...nachdem ich nicht erledigte Aufgaben an Anfang noch mit nach Hause geschickt habe, unterlasse ich dies nun, da sich die Mutter beschwert hat, sie würde am Nachmittag stundenlang sitzen um diese (Schul)Aufgaben zu erledigen. Außerdem wäre es unsere Aufgabe ihn zum Arbeiten zu bringen - wir wären ja die Pädagogen *lach*.
    Inzwischen schicke ich nix mehr mit nach Hause, notiere mir auf was nicht gemacht wurde und die leeren Seiten im Arbeitsbuch häufen sich eben....aber eine Dauerlösung ist da auch nicht....


    lg shopi

  • Die Frage ist eben, wie lange man sich als Lehrer/Pädagoge dafür verantwortlich fühlen muss.
    Wie lange man "kämpfen" sollte und wann man die möglichen Maßnahmen durchzieht, ohne schlechtes Gewissen.
    Ich hab gelernt, dass ich niemanden zwingen/retten kann, der nicht will. Ich bettle nicht mehr und hab auch kein schlechtes Gewissen mehr. Insofern find ich es richtig, was du tust. Information und Beratung darf natürlich als Angebot nicht fehlen, aber für alles andere sind wir bei solchem Widerstand von Kind und/oder Eltern nicht mehr zuständig. Wer wird die Rechnung auf Dauer zahlen?

  • Handelt es sich bei einer Situation um akute Eigen- oder Fremdgefährdung? Dann greife ich im Notfall auch physisch ein, trenne Streithähne, halte fest um Verletzungen zu vermeiden (ohne allzu fest zuzupacken, zu zerren oder anderweitig selbst zu verletzen), sorge auch physisch für Abstand wenn notwendig.


    Mit ein bisschen Abstand betrachtet befinden sich Schüler in einer Klasse ja oft in einer sehr anstrengenden Situation: zu wenig Raum, um sich gegenseitig bei Konflikten aus dem Weg zu gehen oder Emotionen auszuagieren, je nach Klassenlehrer wird ihnen mehr oder weniger vorgegeben, was zu tun ist, obwohl subjektiv betrachtet für das Kind gerade ganz andere Themen relevant sind. So viele Bedürfnisse von so vielen Menschen, und da stellt sich jemand hin (ein Lehrer oder eine Lehrerin) und nimmt in Anspruch, die Klasse gut zu führen.


    Es gibt mindestens zwei Extremformen, jemand anderen dazu zu bringen zu tun, was ich von ihm will: ich kann ihn mit Druck dazu bringen oder er ordnet sich mir vertrauensvoll unter. Wenn Kinder neu in die Schule kommen hat ihr Lehrer üblicherweise eine Art Vertrauensvorschuss weil Eltern dem Kind erzählen dass der Lehrer ein guter sei und sie sich bei Schwierigkeiten an ihn wenden können. Mit der Zeit wird dieser Vorschuss dann eben von der erlebten Realität entweder bestätigt oder verblasst. Die Voraussetzung, dass ich jemand vertrauensvoll und freiwillig unter den Willen eines anderen unterordnen wird, ist die Gewissheit, dass der Führende die eigenen Bedürfnisse im Idealfall erfüllt oder zumindest achtet. Niemand (auch ein Erwachsener nicht) folgt auf Dauer freiwillig jemandem, dem die eigenen Bedürfnisse egal sind.


    Nun ist es natürlich als Lehrer extrem schwierig, die Bedürfnisse aller Schüler unter einen Hut zu bringen oder teilweise auch zu erraten, aber das akzeptieren Schüler in meiner bisherigen Erfahrung auch, solange sie das Gefühl haben dass ihre Bedürfnisse an sich respektiert werden (selbst wenn sie aus Unwissen oder den Notwendigkeiten der Situation gerade nicht erfüllt werden). Es macht für einen Schüler einen riesigen Unterschied ob ich ihm sage er solle jetzt gefälligst seine Aufgabe erledigen oder ob ich ihm das Gefüh gebe, ich verstehe seine Situation (Bedürfnisse), nur sei hier und jetzt leider (!) nicht der passende Ort dafür, und man versucht gemeinsam eine Perspektive für ihn zu finden, seinen Bedürfnissen zu einem geeigneten Zeitpunkt und Ort nachzukommen. Auch von den eigenen Bedürfnissen zu erzählen hilft, weil dadurch (nach meiner Erfahrung auch bei Grundschulkindern und noch Jüngeren) eine Art "größerer Zusammenhang" für sie verständlich wird und sie die Konsequenzen des eigenen Verhaltens erkennen können.


    Wenn ein oder mehrere Schüler für sich unbewusst fühlt, dass seine Bedürfnisse von der Führung des Lehrers nicht anerkannt werden, wird er als ersten Schritt üblicherweise versuchen, sich die Bedürfnisse ohne andere zu stören selbst zu erfüllen (etwa das Bedürfnis nach Bewegung über Wippen mit den Füßen). Gelingt dies nicht, wird er - wenn er ein Rest-Grundvertrauen in den Lehrer hat - versuchen, den Gruppen-Führer auf seine Bedürfnisse aufmerksam zu machen. Gelingt dies ebensowenig, stellt er die Autorität der Gruppenführung (in dem Fall des Lehrers) auch offen in Frage, es passieren Machtkämpfe usw. Wenn die Situation einmal soweit gediehen ist, wird es langfristig neben der Wiederherstellung der eigenen Autorität wichtig sein, die unerfüllten Bedürfnisse der "Agitoren" unter den Schülern herauszufinden. Oft geht es überhaupt nicht um den Lehrer an sich sondern um Konfliktsituationen in Familie usw., die zwar offiziell vielleicht "nicht Aufgabe des Lehrers sind" - nur Kinder haben oft (gefühlt) niemanden, an den sie sich wenden können, und wenn Bedürfnisse drücken dann drücken sie eben, vor allem wenn man noch zu klein und unerfahren ist, das Ausagieren ein wenig kontrollierter zu machen.


    Es macht auch einen großen Unterschied, ob man einen Schüler in eine frustrierende Situation bringt und ihn damit alleine lässt oder mit ihm seine Frustration aushält ohne an der Situation selbst etwas zu ändern. Letzteres ist natürlich nicht immer leicht umzusetzen, kann aber enormes Vertrauen aufbauen wenn es gelingt. Frusterfahrungen sind für die Entwicklung enorm wichtig, brauchen aber auch Vertrauenspersonen, die über die Frusterfahrungen begleiten, sonst wiederholt der Mensch sie oder versucht ihnen auszuweichen.


    Eine weitere wichtige Erkenntnis für mich war, dass Schüler oft räumlichen Abstand brauchen, um sich beruhigen zu können. Manche Schüler bringen sich in Situationen, in denen sie "nicht zurück können", ohne vor der Gruppe dumm dazustehen, da brauchen sie dann die Hilfe eines Erwachsenen der die Situation durchschaut und ihnen hilft, sie aufzulösen ohne das Gesicht zu verlieren.


    Ich hoffe, die Antwort hilft ein Stück beim Finden passender Handlungsalternativen :)


    Ein Bunterrichter

  • Hallo zusammen,


    vielen Dank für die zahlreichen Antworten. Eigentlich wollte ich dann zurückschreiben, es aber über die Feiertage bzw. Ferien vergessen. Morgen geht die Schule wieder los und ich melde mich auch endlich.


    Also es sind schon mal wirklich hilfreiche Gedanken dabei gewesen.


    Was ich allerdings vermutlich etwas undeutlich geschildert habe: Es sind bei mir keine extrem verhaltensauffälligen Kinder, die dauernd solche Verhaltensweisen zeigen (wo der Tipp kam, immer die Eltern mit in die Pflicht zu nehmen oder das Kind zu Ausflügen nicht mitzunehmen). Eigentlich sind sie meistens normal, aber immer wieder kommen so kleine "Bock-Situationen", aber es ist nie so schlimm, dass ich deswegen die Eltern informieren würde.


    Die Situation, dass einer bei einem Gang außerhalb der Schule nicht mitgehen wollte, hatten wir einmal (das war auch der Auslöser meiner Frage) kurz vor den Ferien. Da hatten wir den Vorteil, dass wir mit insgesamt vier Klassen unterwegs waren und somit auch vier Lehrkräfte. Da konnte ich auf den bockenden Jungen warten, weil die anderen Kollegen auch meine Kinder mit beaufsichtigen konnten. Passiert so etwas aber, wenn man alleine ist, hat man ein Problem...
    In diesem Fall habe ich übrigens auch die Erziehungsberechtigten in Kenntnis gesetzt und ich bin sicher, sie reden ein ernstes Wörtchen mit dem Kind. (Und dann klappt es auch wieder...)


    Aber mal ein "normales" Beispiel auf dem Alltag: Wir sitzen im Sitzkreis und besprechen etwas. Zwei Kinder reden permanent miteinander oder kichern oder so ähnlich (an sich ja nichts Weltbewegendes). Ich sage einem der beiden, dass er sich wegsetzen soll, um die beiden zu treffen. Dieses Kind weigert sich aber standhaft sich wegzusetzen udn sitzt bockend da. Was mache ich da? (Das ist ja keine Situation, wo man HIlfe holt oder die Eltern anruft...)
    Ich kann doch den Schülern nicht die Erkenntnis vermitteln, dass man nicht unbedingt tun muss, was ich sage, wenn man nicht mag? Aber ich kann ihn ja auch schlecht mit Gewalt woanders hinsetzen...
    Übringes: Wenn ich es ignoriere, dass er sitzenbleibt (was ich wie bereits geschrieben, ein falsches Signal finde) dann bockt er kurz und macht danach mit dem Quatsch weiter wie vor der Ermahnung. Und dann stehe ich wieder vor dem gleichen Problem...


    Ähnlich ist es z. B. wenn einer permanent stört (in welcher Situation auch immer) und als Konsequenz für kurze Zeit ausgeschlossen wird, und nicht weggeht, z. B. wenn es bei einem Spiel sich stur nicht an die Regeln hält und die Klasse dadurch das Spiel nicht vernünftig spielen kann.


    Wenn ein Kind bockt und einfach nciht mitmachen will - haben wir ja auch öfter mal - dann ist es klar, da kann ich das Verhalten ignorieren. Nur leider muss es dann das Versäumte zu Hause nachholen. (Und in der Regel bocken sie ja nicht ewig lang.)


    Ich hoffe, es ist jetzt einigermaßen verständlich, was ich meine?
    Ratlos bin ich in den Situationen, wo ein Kind uns stört und als Konsequenz "weg" soll, um die Situation zu entspannen - und das Kind tut es einfach nciht. Ich habe eh schon eine Klasse (mit den entsprechenden Eltern), die meinen, sie können tun, was sie wollen und müssen nicht auf Erwachsene hören. Da will ich sie darin nicht noch bestärken.


    Liebe Grüße

    • Offizieller Beitrag

    bin nicht an der Grundschule, aber natürlich kenne ich diese Art von "Bocken" auch:


    Ich sitze das aus.
    Stehe vorne und drehe demonstrativ Däumchen.
    Gucke den Bockende stur an, warte, warte, waaaarte.
    Den direkten Blickkontakt halten die wenigsten Kinder/Jugendlichen lange aus. Sie schauen dann weg


    Ich mache weiter im Unterricht, lasse den Bockenden scheinbar links liegen, habe aber einen Augenwinkel auf ih.


    Wenn er sich unbeobachtet fühlt (ganz wichtig!), macht er das, was angekündigt war. Er (ich spreche einfach mal in der männlichen Form ;) ) muss aber das Gefühl haben, dass
    1. ich meine Forderung ernst meine und nicht erpressbar bin
    2. er das Publikum entzogen bekommt, hier, indem der Unterricht weitergeht
    3. er ohne Gesichtsverlust (quasi "heimlich", scheinbar unbemerkt) meine Forderung erfüllen kann.


    Klappt eigentlich immer :)

    • Offizieller Beitrag

    Bist du Klassenleiter oder Fachlehrer?


    Fachlehrer: Dringend mit Klassenleitung reden. Ich finde das Verhalten, zumal wenn es bei mehreren auftritt wie du schreibst, durchaus auffällig und würde schon bei weniger reagieren. Wenn du das Verhalten als "Kleinigkeiten" ansiehst, musst du bereit sein, es weiter zu tolerieren und zu ertragen.


    In meiner Klasse hat die Englischlehrerin ein Belohnungssystem eingeführt. Funktioniert wohl bei fast allen.
    Nach dem ersten Bocken der Art: Neuer Sitzplan in der nächsten Stunde, wenn möglich. Bei mir kommen die Kinder der Parallelklasse z.B. in meinen Raum, weil der Fachraum in den Fachstunden für mich nicht zur Verfügung steht. Da fange ich sie am Eingang ab und weise jedem seinen neuen Platz zu. Eventuell sogar den Bockenden zum Schluss, dann haben sie keine Chance, sich auf den "alten" Platz zu setzen. Sitzkreis: Plätze zuweisen. Kinder, die stören, sitzen beim nächsten Mal nicht mehr nebeneinander. Mitteilungsheft / Hausaufgabenheft kommt vor der nächsten Stunde bereits auf den Lehrertisch (Regel muss von Klassenleitung mitgetragen werden). Wenn es gar nicht geht, gibt es den neuen Sitzplan und keine Sitzkreise mehr.


    Wenn mehr als einmal bei den Kindern auftritt: Mitteilung an die Eltern.

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