Schüler ist total unterfordert?

  • Wir haben heute mit dem kleinen 1x1 begonnen.

    Ich habe in der Klasse einen Schüler der total unterfordert ist. Er kann bereits das ganze 1x1 und auch schon geteilt rechnen. Ihm muss unmöglich langweilig sein und fängt an sich auffällig zu verhalten, ist laut, tut blöd usw. Verdteht die ganze zeit die Augen und kommentiert alles mit Babyleicht und langweilig.

    Wie gehe ich damit um? Ich kann ihm ja schlecht jede Stunde etwas anderes geben und mit ihm alleine den Stoff bis zur 3. Klasse weitermachen? Wie soll ich das handlen? Habe eine Klasse mit 20 kinder und ungefähr der Hälfte kann es nicht langsam genug gehen.... :angst: Hilfeee

  • Wenn er das wirklich alles schon gut kann und sich langweilt, kannst du ihn doch weitermachen lassen. Wenn er es so weit relativ selbstständig schafft, warum nicht? Wenn er die ganze Zeit nur herummeckert, ist auch niemandem geholfen.

    Beim Einmaleins kann es aber auch sein, dass er es bloß auswendig kann und die Zusammenhänge nicht sieht.

  • Oh wie fein, ein Kind das schon viel kann :top:


    Was kann er noch alles? Müsstest du Zeit fürs Erklären der nächsten Unterrichtsinhalte investieren oder kriegt er das auch alleine gebacken?

    Ich würde mich wahrscheinlich (mit Kind und) Eltern hinsetzen und einen Plan schmieden. Dass du z.B. erläuterst, wie lang die Klasse für den 1x1-Block noch braucht und dass er für diese x Wochen ein eigenes Knobelheft bekommt oder/und Aufgaben zum kommenden Stoff.


    Unterfordert zu sein ist genauso schlimm, wie überfordert zu sein, also kein schlechtes Gewissen, wenn er ein extra Aufgabenpaket erhält. Es sollte aber so sein, dass er den Überblick behält, wie viel er wann machen muss, etwas in einem Übersichtsplan abhaken kann o.ä., denn wenn man nur "irgendwas hinlegt" wird er vermutlich bald keinen Bock mehr auf Extraaufgaben haben...

  • vll gibt es schwierigere Anwendungsaufgaben, Rätsel, Spiele, Kniffliges, das zum Thema passt und das er bearbeiten könnte. Unbedingt mit Zeitplan, wie bereits beschrieben wurde.

  • evioessi: Ich war selbst in der Grundschule in Mathematik sehr fit und konnte den Stoff bereits im Vorfeld bzw. lernte ihn sehr schnell. Was ich damals toll fand, war eine Lernkartei, die bearbeitet werden konnte, wenn man mit den Pflichtaufgaben fertig war. Wer eine Karteisammlung fertig hatte, bekam von der Lehrerin eine Urkunde :) . Aus einem Unterrichtsbesuch in einer Englisch 5 habe ich mal mitgenommen, dass eine leistungsstarke Schülerin nach Bearbeitung der Pflichtaufgaben in einem story book eigene Geschichten schreiben durfte. Für manche Schüler ist es durchaus auch motivierend, in einem extra angeschafften Arbeitsheft einfach weiterzuarbeiten. Ansonsten besteht noch die Möglichkeit der Differenzierung nach oben durch Fermiaufgaben, Rätsel oder offene Aufgaben a la "Schreibe alle quadratischen Zahlen auf, die du kennst! Welche ist die Höchste?". Gerade bei Fragen wie der letzten kannst du schauen, wie weit das Kind schon ist und bis zu welchem Zahlenraum es rechnen kann.


    Mit freundlichen Grüßen

  • Ich hatte mal einen unterforderten Asperger Autisten, den ich in der 4. Klasse mit dem Mathebuch Klasse 5 Gymnasium ruhiggestellt habe. Aber er hat auch immer wieder am Klassenunterricht teilnehmen müssen. Das ging ganz gut so.


    Das Arbeitsheft hatte er auch, das mochte er gerne.

  • Zunächst würde ich mir einen Überblick darüber verschaffen, ob dem wirklich so ist und was der Schüler wirklich kann,

    das geht z.B. ganz einfach mit einem Rechenblatt aus dem Rechnblatt-Programm von Pabst,

    da wäre es ja einfach möglich, 1x1 und 1:1 querbeet abzutesten UND auch Aufgaben mit Lücken einzusetzen.


    Die Überlegung, ihm für die kommenden Wochen dann anderes Material zu geben, finde ich gut.

    Entweder sind es Aufgaben, bei denen das 1x1 anzuwenden ist (weitere Aufgabenformate oder auch Sachsituationen),

    oder du gibst ihm Aufgaben zum großen 1x1 (das wäre jedoch auch "nur" Rechnen)

    oder es gibt Knobelaufgaben

    oder Aufgaben aus ganz anderen Bereichen der Mathematik, an denen er möglichst selbstständig arbeiten kann.


    Dafür kann man z.B. auf Forderhefte oder Geometrie-Hefte o.a. zurückgreifen.

    Wir nutzen an unserer Schule das Mathe-Pirat-Programm, da kann man auch zielgenau Sachaufgaben wählen, diese anzeigen lassen und sogar ausdrucken.

    Außerdem habe ich Unterrichtshilfen im Schrank mit Knobelaufgaben, von denen es auch recht offene gibt - wie oben beschrieben, sodass der Zahlenraum vom Kind selbstständig erweitert werden kann.

  • Ist der Schüler in den anderen Bereichen genauso "fit"? Wenn ja, würde ich empfehlen, ihn mal testen zu lassen. Vor allem dieses "Augenverdrehen" - andere Kinder sind ihm viel zu "doof" - spricht durchaus dafür, stellt er ggf auch noch "kreativen Unsinn" an?

    Unterforderung frustriert gewaltig. Wenn er wirklich hochbegabt ist, hat er - quasi zurecht - das Gefühl, von Idioten umgeben zu sein, die er maximal als Klotz am Bein wahrnimmt.

    Bei entsprechendem Testergebnis mag es Sinn machen, ein Schuljahr zu übrspringen. Und ironischerweise je früher desto besser.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • In meiner alten Schule hatte ich PCs im Klassenzimmer. Da hätte ich solche Schüler an die Mathelernwerkstatt mit Selbstkontrolle gesetzt. Gibt es aber nicht überall. Wenn du das nicht hast, geht vllt. auch ein Laptop.

  • Jein. Man muss halt sehr auf die Anzeichen achten - tatsächlich ist ein Springen in der Grundschule "einfacher" zu verarbeiten als später (da das, was Hochbegabte explizit anödet, ja die "ewigen Wiederholungen" sind).

    Ich kenns ja von mir selbst... gut, ich hab "doof" Geburtstag, was Einschulung angeht... Eltern hatten testen lassen, ob ich auf Antrag mit noch grade 5 dürfte statt mit viertel vor 7 - Antwort der Tester war "Ginge, aber die hat noch keine Lust, lieber noch n Jahr spielen, und wenns dann sehr gut läuft springen lassen". So kams dann auch - kurz vor einem schon angedachten Termin beim Psychologen (ich hab so viel Scheisse gebaut wie nur was aus Langeweile) kam dann der Rektor auf den Trichter quasi zum Halbjahr zu springen - also von 2-1 nach 3-2. Hat super geklappt.


    Anzeichen, die auch dem Laien auffallen:

    - Interesse an Dingen, die "eigentlich nix für kleine Kinder sind"

    - Dauernd bei älteren Kindern oder auch gleich Erwachsenen "dabeiseinwollen", weil gleichaltrige "doof" sind

    - gegenüber Gleichaltrigen "langsameren" teilweise fürchterliches Sozialverhalten, bestenfalls Ignoranz derer

    - teilweise autodidaktisches Lernen schon im Vorschulalter, teilweise über penetrantes Fragen ("wie heißt das Wort?")

    - Ablehnung "zu einfacher" Aufgaben, insbesondere Wiederholungen ("kann ich doch eh schon" - und das stimmt...)

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  • Man darf nicht unterschätzen, dass 1 Jahr überspringen auch eine gewisse mentale Reife voraussetzen sollte. Ich finde, dass 1 Jahr im Grundschulalter sehr viel ausmacht.

    ja, die Springerei ist umstritten. Der Klassenverband und die Klassenlehrerin spielen noch eine große Rolle, der soziale Wechsel ist nicht immer einfach, ein Schuljahr höher ist für einen Hochbegabten im Zweifel sowieso immer noch langweilig. Allerdings ist Springen in höheren Klassen tatsächlich noch übler.


    Aber gut auf alle Fälle, dass du das Kind im Blick hast :top:

  • Das tut mir Leid, aber diese Anzeichen für Hochbegabung sind falsch, verzerren das Bild und können teilweise schaden (ähnliche haben das auch).


    Prof. Detlef Rost aus Marburg hat in seiner langen Studie gezeigt, dass Hochbegabte sich bestens einfügen, mithin kaum durch Lehrer zu identifizieren sind. Wirkliche Abhilfe bringt nur ein Test. Und Überspringen muss man sehr sehr differenziert betrachten. Damit verschiebt man die Problematik nur, nach ein paar Jahren ist auch die höhere Klasse zu leicht. Was aber dann bleibt ist der Entwicklungsfortschritt der Klassenkameraden (was bei dir anscheinend nicht war aufgrund des späten Geburtstag). Der ist dann bei frühen Springern meistens das härtere Argument. Letztlich hilft nur innere Differenzierung wirklich.

    Da Prof Rost in Hessen forscht und Projekte startet, bietet Hessen da recht gute Informationen:

    (Vgl. Downloads unten auf der Seite)

  • Danke, Rets, für diesen Beitrag! Ich kann aus Lehrerinnenperspektive noch wenig zur Diskussion beitragen, weil ich als Seiteneinsteigerin noch keine eigene Klasse habe, kann dafür aber als Mutter nur noch einmal unterstreichen, dass auch hochbegabte Kinder ganz "normal" sind. Meine Kids haben z.B. eine blitzschnelle Auffassungsgabe, einen Wahnsinnswortschatz, etc., was ich wirklich toll finde, gleichzeitig bin ich aber auch froh, dass sie gleichaltrige Freunde haben, gut in der Klasse integriert sind und sich eben auch für Dinge interessieren, wofür sich die anderen Kinder in ihrem Alter auch begeistern.

    Meine Kinder wissen, dass sie überdurchschnittlich schlau sind (die Zahl aus dem Test kennen sie aber nicht), ich erwarte aber von Ihnen, dass sie da keine Überheblichkeit entwickeln, und den schulischen Stoff oder die Art und Weise der Vermittlung nicht lauthals als "Babykram" bezeichnen, auch wenn es für sie oftmals tatsächlich so ist. Wenn ein Kind sich so verhält, würde ich das als Lehrerin sofort unterbinden, und da auch die Eltern mit ins Boot holen. Ich finde es einfach nicht in Ordnung, egal ob das Kind nun hochbegabt ist, oder nicht, die langsameren Kinder runterzumachen. Auf der anderen Seite ist es natürlich auch extrem wichtig, das Kind auf kognitiver Ebene zu füttern, da kamen weiter oben ja schon einige Vorschläge, was die Differenzierung angeht. Schule kann wirklich zur Qual werden, wenn man z.B. bei Schuleintritt schon ganze Bücher liest und dann aber beim Lesen bei 0 angefangen wird. Die Lehrerinnen meiner Kinder bekommen das aber zum Glück ganz gut hin. "Trotz" Hochbegabung gehen beide recht gerne zur Schule :)

    Und ja, Klasse überspringen sehe ich auch kritisch. Sobald das Kind den Stoff nachgeholt hat, langweilt es sich wieder...

  • Es wurden seitens der/des TE geschrieben, dass sich der Junge langweilt und Blödsinn macht. Er ist scheinbar im Unterricht unterfordert.

    Meine Frage an die/den TE (nachdem jetzt über Umgang mit Hochbegabung diskutiert wird): Ist das Kind denn hochbegabt? Nur, dass man einen Teilbereich (mehr wissen wir über das Kind ja nicht) besonders gut ist, heißt ja nicht automatisch, dass es hochbegabt ist.


    Wir wissen nichts über seine sonstiges Leistungs- und Arbeitsvermögen.

    Freundlichkeit ist kostenlos, aber niemals umsonst.

  • Ob das Kind hochbegabt ist, weiß natürlich niemand, im Moment wissen wir bloß, dass es bis 100 multiplizieren und dividieren kann. Wenn es 13 Jahre alt ist, würde auch das nicht viel bedeuten :zahnluecke:


    Aber Hochbegabung ist ein weites Feld und betrifft weder nur "Bücherlesen vor der Einschulung" noch fallen die Kinder alle dadurch auf, dass sie super Noten schrieben oder sozial besonders (in-)kompetent wären. Da ist halt jeder Mensch anders. Interessant fand ich in diesem Zusammenhang die Doku zum Hochbegabteninternat in Meißen. Was diesen Jugendlichen dort tatsächlich gemein zu sein scheint, ist ein Unverstandensein. Erschreckend, wie viele von ihnen jahrelang gelitten haben?(

  • Das ist aber wirklich so, und für Außenstehende schwer zu verstehen. Du hast u.U. wirklich das Gefühl, von Idioten umgeben zu sein, und die, von denen man dir gesagt hat, sie könnten was, scheinen das nicht zu merken und wollen nicht auf dich hören...

    Stell dir als "Normalo" vllt vor, du würdest laufend nur mit Leuten konfrontiert, wo du dich dauernd fragst, wo die den aufrechten Gang gelernt haben... so drastisch kann das sein.


    Das blöde ist... ein Kind sagt ja gerne mal, dass es etwas oder jemanden "doof" findet. Dass das aber wortwörtlich so gemeint ist, das musst du eben heraushören...


    Was das Kind aus dem Thread angeht, wissen wir ja leider noch nicht mehr...

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • ...Du hast u.U. wirklich das Gefühl, von Idioten umgeben zu sein, ...

    ja, das ist aber nicht der einzige Punkt. Zwischen "pfiffig" und "hochbegabt" liegen nochmal 20-30 IQ-Punkte und offenbar eine andere Art, an das Lernen heranzugehen, Inselbegabungen oder -interessen etc. und vermutlich auch häufig genug das Problem, unter Gleichaltrigen Gleichgesinnte zu finden.


    War da nicht neulich was von diesem Kind zu lesen...?


    https://www.n-tv.de/panorama/N…m-ab-article21449921.html


    ...der hat's sicher auch nicht leicht im Leben :gruebel:

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