Online Lernplattform - Verdacht auf Datenmanipulation

  • Es handelt sich um zwei Gruppen, die den Wohnort eben nicht gemeinsam haben, sondern einander genau dadurch unterscheiden.


    Danke für die Grammatikstunde, die zeigt Wirkung.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • In 90% der Kontexte ist egal, welches Geschlecht Grundschullehrer haben. Aber auch, wo sie wohnen, welche Lieblingsfarbe sie haben, an welchen Gott sie glauben.

    Du würdest, so wie ich es verstanden habe, in 90% aller Fälle alle möglichen Optionen aufzählen, nur um sie dann in den 10%, in denen eine Option tatsächlich wichtig ist, wegzulassen. Ich lasse es einfach in 90% weg und ergänze es nur in den 10%, in denen es für das sprachliche Verständnis notwendig ist.

    Du hast in dem Punkt recht. Allerdings überholst du dich dabei gewissermaßen selbst: Zurzeit geht es auf breiter Ebene um die Gleichstellung von Männern und Frauen. Du vertrittst die Haltung, dass generische Maskulinum spiele dabei keine Rolle, andere sind anderer Meinung. OK.


    Tatsächlich ist aber absehbar, dass wir in zwanzig, dreißig Jahren nicht über die Gleichstellung von Mann und Frau diskutieren, sondern über die Abschaffung des binären Denkens entweder männlich oder weiblich. Wir teilen ja unser Gegenüber nicht andauernd in Brillenträger vs. Nicht-Brillenträger etc. ein. Analog dazu wird hinterfragt, warum wir uns überhaupt dauernd das Geschlecht unseres Gegenübers bewusst machen, und zwar auch dann, wenn es nicht gerade um Fortpflanzung geht.* Wo Judith Butler oder Kate Bornstein gelesen und darüber diskutiert wird, ist das längst Thema. Zurzeit ist das allerdings vorwiegend in philosophischen Seminaren und im Feuilleton der Fall.


    Es passt sehr gut zu deinen Überlegungen, ich bin mir nur nicht sicher, ob du in diese Richtung argumentieren wolltest? ;)


    * Eine andere Frage ist dann nochmal, ob es das so überhaupt gibt, entweder männlich oder weiblich.

  • Ich glaube, dass ich tatsächlich in diese Richtung argumentiere, zumindest wenn ich dich da richtig verstehe.

  • Nein, AFAIR hat die Richtigschreibung von Namen noch nicht zu Kontroversen geführt.

    Zumindest das nicht, würde mich aber nicht wundern, wenn das auch noch kommt ^^.


    Aus rein sprachlicher Sicht sind für mich Geschlecht genauso wie alle anderen Eigenschaften, die eine Person näher charakterisieren, gleichgestellt.


    Fallen Angel: Ich erfinde ja keine neuen Worte ("Lehrperson" ist in Deutschland, im Gegensatz zur Schweiz, nicht gängig.), ich nehme die, die schon da sind und mache es mir einfach, da ich die Spezifierung nur dann dazu schreibe, wenn es für den Kontext nützlich oder gar essentiell ist. Und das kommt ziemlich selten vor.

    Du vergleichst "weiblicher Lehrer" mit "Lehrerin". Ich vergleiche es mit "ostdeutscher Lehrer", "1,80m großer Lehrer" oder "jüdischer Lehrer".

  • warum wir uns überhaupt dauernd das Geschlecht unseres Gegenübers bewusst machen,

    Und warum das Gegenstand behördlicher Betrachtungen sein soll. Warum muss das Geschlecht im Ausweis stehen?

    wenn es nicht gerade um Fortpflanzung geht.*

    Auch das ist nur ’ne Frage der Zeit. Ich habe da volles Vertrauen in die Biotechnologie.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Und warum das Gegenstand behördlicher Betrachtungen sein soll. Warum muss das Geschlecht im Ausweis stehen?

    Die Augenfarbe übrigens auch. Vlt. sollten wir mal statt (m/w/d), (b/b/g/g) für "blau-, braun-, grau-, grünäugig" schreiben ;) .

  • "Lehrperson" ist in Deutschland, im Gegensatz zur Schweiz, nicht gängig.

    Du nutzt also lieber ein geradezu paradoxes Konstrukt („weiblicher Lehrer“) als einen Begriff („Lehrperson“), der angeblich nicht gängig, aber eindeutig und verständlich ist?

  • Du nutzt also lieber ein geradezu paradoxes Konstrukt („weiblicher Lehrer“) als einen Begriff („Lehrperson“), der angeblich nicht gängig, aber eindeutig und verständlich ist?

    Ich sehe daran kein paradoxes Konstrukt. Der Begriff "Lehrer" ist geschlechtsneutral, ich spezifiere das Geschlecht, indem ich ein Adjektiv davorsetze. Und das mache ich nicht dauernd, sondern nur dann, wenn ich unbedingt auf einen Unterschied zwischen Frauen und Männern hinauswill. Kommt sehr selten vor. Wir verwenden in unserem Alltag dauernd Adjektive, um Personengruppen näher zu spezifieren, aber beim Thema "Geschlecht" soll das auf einmal ein großes Problem sein? Sorry, aber da passe ich.

  • Ich gendere nur in den Fällen, in denen es zum Verständnis notwendig ist durch Ergänzung des passenden Adjektivs. Da ist nichts skuril dran.

    Doch, schon skurril, denn:

    ...Ich vergleiche es mit "ostdeutscher Lehrer", "1,80m großer Lehrer" oder "jüdischer Lehrer".

    Die Eigenschaft in einem der 16 Bundesländer zu wohnen oder eine bestimmte Körpergröße zu haben nicht sprachlich durch eine Endung ausgedrückt werden kann. 'Lehrer' meint nur männliche Personen, (die als Beruf Lehramt studiert haben). 'Lehrer' meint aber zu keiner Zeit automatisch jemanden aus Brandenburg oder eine Person, die 180 cm groß ist und Lehramt studiert hat.


    Es ist also eine Frechheit, wenn du von weiblichen Lehrern sprichst, denn es gibt den Begriff Lehrerinnen und damit sind Frauen gemeint.


    Oder gibt es in deinem Sprachgebrauch und Weltbild auch nur Männer und weibliche Männer aber keine Frauen? Und warum wäre dem so, weil der liebe Gott einst zuerst Adam knetete und dann aus der Rippe sowas ähnliches wie einen Mann gebastelt hat, halt nur ohne Schniepel?

  • Richtig, der Begriff „Lehrer“ wird geschlechtsneutral verwendet. Die „Gruppe der Lehrer“ kann männliche und weibliche Personen beinhalten.

    Es gibt keine Ausdrücke für große oder braunhaarige Lehrpersonen, für weibliche aber schon. Und deswegen ist es paradox, eine weibliche Einzelperson oder die Gruppe der weiblichen Lehrpersonen als „Lehrer“ zu bezeichnen.

  • Ich würde Bauchschmerzen kriegen, wenn ich so tätee, alsglaubte ich, dass du Aufsatzerziehung in der Grundschule betreibst.

    Aufsatzerziehung ist nicht mehr so en vogue in der Deutschdidaktik. Die Kinder schreiben aber natürlich Geschichten und sie lernen auch verschiedenen Formate kennen. Wenn wir Adjektive in der 2. Klasse einführen, nehme ich natürlich andere Beispiele als Grundschullehrer und Studien, ist doch klar ;) .


    @karuna: Die Begriffe Junge, Mädchen, Mann, Frau, Herr und Dame sind primär durch ihr Geschlecht definiert, da muss ich kein zusätzliches Adjektiv anhängen, um noch einmal das Geschlecht zu betonen. Der Begriff Lehrer ist nicht durch das Geschlecht definiert, es ist eine Berufsbezeichnung.

  • Der Begriff "Lehrer" ist geschlechtsneutral, ich spezifiere das Geschlecht, indem ich ein Adjektiv davorsetze.

    Schreibst und sagst du eigentlich auch "weiblicher Arzt", "weiblicher Kollege", "weiblicher Prinz", "weiblicher Cousin" o. ä. oder - um das mal weiterzuspinnen - "weiblicher Neffe" oder "weiblicher Onkel"?

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Richtig, der Begriff „Lehrer“ wird geschlechtsneutral verwendet.

    Sprache entwickelt sich. Immer.

    Ich würde so weit gehen und behaupten, dass der Begriff "Lehrer", der mit dem generischen Maskulinum geschlechtsneutral die Gruppe der Lehrkräfte bezeichnet hat, durch entsprechende Sprachentwicklung durch den Begriff "Lehrkraft" ersetzt wurde, der geschlechtsneutraler wahrgenommen wird.

    Das hat übrigens mit dem Artikel, der davor steht, nur wenig zu tun.

    • Offizieller Beitrag

    Aufsatzerziehung ist nicht mehr so en vogue in der Deutschdidaktik. Die Kinder schreiben aber natürlich Geschichten und sie lernen auch verschiedenen Formate kennen. Wenn wir Adjektive in der 2. Klasse einführen, nehme ich natürlich andere Beispiele als Grundschullehrer und Studien, ist doch klar ;) .

    meine nächste Nachfrage, danke Humblebee für die Gleichzeitigkeit unserer Gedanken:

    Schreibst und sagst du eigentlich auch "weiblicher Arzt", "weiblicher Kollege", "weiblicher Prinz", "weiblicher Cousin" o. ä. oder - um das mal weiterzuspinnen - "weiblicher Neffe" oder "weiblicher Onkel"?

    Würdest du Anna in ihrem Aufsatz "weiblicher Arzt" schreiben lassen? würdest du es ihr vielleicht so empfehlen?

  • Die Frage finde ich wiederum gut, denn darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Ich versuche schon konsequent das zu handhaben, aber mich daran zu orientieren, was sich im praktischen Sprachgebrauch "normal anhört". Das Ziel ist ja einerseits Verständlichkeit, andererseits Sprachvereinfachung. Beim Arzt und dem Kollegen gehe ich mit. Beim Prinzen wiederum... Da denkt man halt wirklich direkt an einen Mann. Ich würde im Alltag vermutlich wirklich "Prinzessin" sagen. Verwandtschaftsgrade sind per Definition gegendert, da würde ich direkt "die Tante" sagen, nicht "der weibliche Onkel". Ich wüsste auch gar nicht, ob es einen geschlechtsneutralen Begriff für die Geschwister meiner Eltern gibt.


    Wie alt ist Anna? In Klasse 2 würde ich "weiblicher Arzt" definitiv durchgehen lassen. Ist halt nur ein Adjektiv, das von Kindern in dem Alter eher selten gebraucht wird. Ich glaube aber auch, dass Kinder gar nicht so ein Bohei um Gender machen wie wir Erwachsenen.

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