Nur digitaler Unterricht ist guter Unterricht?

  • Mal so ganz allgemein gefragt: Was ist eurer Meinung die Aufgabe von Schule? Soll sie explizit Realität abbilden und konkret auf das "Danach" vorbereiten? Kann man natürlich so sehen, aber dann müsste man wirklich so konsequent sein und Steuererklärungen statt Gedichtinterpretationen unterrichten - dann wären wir bei dem inzwischen schon ein paar Jahre alten Schülerzitat.

    Es ist meine reine subjektive Sicht der Dinge, aber für mich ist Schule eine vergleichsweise kurze Zeit (9-13 Jahre verglichen mit einer Lebenserwartung von 80-90 Jahren) und bietet einfach mal die Möglichkeit, Inhalte aus allen möglichen Bereichen zu lernen, auch mal einfach so ohne Alltagsbezug, einfach um den kognitiven Horizont zu erweitern. Viele werden nach der Schulzeit nie wieder binomische Formeln berechnen oder sich mit Frankophonie auseinandersetzen, aber einmal sollen sie wenigstens reingeschnuppert haben, um zu wissen, dass es sowas auch gibt und die Menschheitsgeschichte nicht mit Netflix und Tik Tok anfing.


    Ich muss ja sagen, ich bin überrascht, dass überhaupt noch über ChatGPT gesprochen wird. Ich dachte, dass das ein 5-Minuten-Hype wäre, aber selbst bei sehr langsamen Uhren dürften wir inzwischen bei Minute 6 angekommen sein.

  • Du siehst ChatGPT als 5-Minuten-Hype? Sorry, da bist du aber wirklich VERWIRRT!

    Naja, eher als Spielerei analog zu diesem Spiel, wo man mehrere Fragen beantworten musste und der Algorithmus ermittelte, an welche Person man dabei dachte. Kennst du das Spiel noch? War damals ganz lustig, aber geriet schnell wieder in Vergessenheit. So ähnlich wie Fidget Spinner, Pokemon Go und so.

  • Akinator hieß das und nein, dieser Vergleich ist völlig absurd!


    Eine Spielerei zu vergleichen mit einer KI, die so mächtig ist, dass sie die Art wie im Internet gesucht wird, wie man Texte formuliert, wie Schule funktioniert(!) umwerfen kann (und es ist ja nur die erste ihrer Art) mit Akinator zu vergleichen, ist einfach nur lächerlich.

  • Bestimmte (Teil-)Aufgabenformate kann man bei Zugang zum Internet natürlich nicht mehr stellen

    Bei einer Abschlussprüfung kann man das doch problemlos regulieren, wenn man es für notwendig hält. Einen Teil mit freiem Zugang zu allem, einen Teil ohne Hilfsmittel. Das machen wir wie erwähnt in der Mathe immer schon so. Abgesehen davon zwingt uns der Lauf der Dinge ohnehin unsere Prüfungskultur zu überdenken. Wird Thema unserer nächsten schulinternen Weiterbildung sein. Digitale Medien und Hilfsmittel erweitern das Portfolio an Möglichkeiten, kein Mensch sagt, dass dem alles andere weichen muss. Die pädagogische Freiheit der einzelnen Lehrperson ist an meiner Schule ein hohes Gut. Die einzige Vorgabe, die wir in Bezug auf digitale Medien haben, ist, dass wir den Schülern das Unterrichtsmaterial digital zugänglich machen müssen. Das kann dann auch ein pdf auf der Dateiablage sein und im Unterricht kannst du mit dem Meissel auf Steinplatten schreiben, wenn du Freude dran hast

  • Bei einer Abschlussprüfung kann man das doch problemlos regulieren, wenn man es für notwendig hält. Einen Teil mit freiem Zugang zu allem, einen Teil ohne Hilfsmittel.

    Dafür müsste man zumindest in Bayern das Grundgerüst einer Deutschklausur über Board werfen. Sinn einer solchen ist, dass die Schüler einen Gesamtaufsatz verfassen, wenn auch in meist zwei Fragestellungen aufgeteilt.

    Du kannst nicht zuerst die Schüler eine Epochenzuordnung zu einem Textauszug ohne Internet vornehmen lassen und sie den Text dann mit Netzzugang erschließen lassen. Beides baut aufeinander auf, das eine folgt aus dem anderen. Aber gut, das sind Kinkerlitzchen und dürfte nur als Scheinargument dienen.

  • Im Silicon Valley schicken die CEOs der IT-Firmen ihre Kinder auf Schulen, wo es gar keinen digitalen Unterricht gibt.

  • Gymshark , bei uns steht im Schulgesetz, was schulische Bildung leisten soll:


    §1

    (1) 1Die Schule unterrichtet und erzieht junge Menschen auf der Grundlage des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland und der Verfassung des Freistaates Sachsen. 2Eltern und Schule wirken bei der Verwirklichung des Erziehungs- und Bildungsauftrags partnerschaftlich zusammen.

    (2) Der Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schule wird bestimmt durch das Recht eines jeden jungen Menschen auf eine seinen Fähigkeiten und Neigungen entsprechende Erziehung und Bildung ohne Rücksicht auf Herkunft oder wirtschaftliche Lage.

    (3) 1Die schulische Bildung soll zur Entfaltung der Persönlichkeit der Schüler in der Gemeinschaft beitragen. 2Diesen Auftrag erfüllt die Schule, indem sie den Schülern insbesondere anknüpfend an die christliche Tradition im europäischen Kulturkreis Werte wie Ehrfurcht vor allem Lebendigen, Nächstenliebe, Frieden und Erhaltung der Umwelt, Heimatliebe, sittliches und politisches Verantwortungsbewusstsein, Gerechtigkeit und Achtung vor der Überzeugung des anderen, berufliches Können, soziales Handeln und freiheitliche demokratische Haltung vermittelt, die zur Lebensorientierung und Persönlichkeitsentwicklung sinnstiftend beitragen.

    (4) 1Die Schule fördert die Lernfreude der Schüler. 2Mit der Vermittlung von Alltags- und Lebenskompetenz und durch Berufs- und Studienorientierung bereitet sie die Schüler auf ein selbstbestimmtes Leben vor. 3Für alle Schularten und Schulstufen sollen in angemessenem Umfang Ressourcen der Schulsozialarbeit im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe nach dem Achten Buch Sozialgesetzbuch – Kinder- und Jugendhilfe – in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl. I S. 2022), das durch Artikel 9 des Gesetzes vom 23. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3234) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, zur Verfügung stehen. 4Der Freistaat Sachsen und die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe arbeiten gemeinsam an der Finanzierung und Umsetzung dieser Aufgabe und wirken hierbei mit den Schulträgern zusammen.

    (5) Die Schüler sollen insbesondere lernen,

    1.selbstständig, eigenverantwortlich und in sozialer Gemeinschaft zu handeln,2.für sich und gemeinsam mit anderen zu lernen und Leistungen zu erbringen,3.eigene Meinungen zu entwickeln und Entscheidungen zu treffen, diese zu vertreten und den Meinungen und Entscheidungen anderer Verständnis und Achtung entgegenzubringen,4.allen Menschen vorurteilsfrei zu begegnen, unabhängig von ihrer ethnischen und kulturellen Herkunft, äußeren Erscheinung, ihren religiösen und weltanschaulichen Ansichten und ihrer sexuellen Orientierung sowie für ein diskriminierungsfreies Miteinander einzutreten,5.Freude an der Bewegung und am gemeinsamen Sport und Spiel zu entwickeln, sich verantwortungsvoll im Straßenverkehr zu verhalten, sich gesund zu ernähren und gesund zu leben,6.die eigene Wahrnehmungs-, Empfindungs- und Ausdrucksfähigkeit zu entfalten, kommunikative Kompetenz und Konfliktfähigkeit zu erwerben, musisch-künstlerische Fähigkeiten zu entwickeln,7.angemessen, selbstbestimmt, kompetent und sozial verantwortlich in einer durch Medien geprägten Welt zu handeln sowie Medien entsprechend für Kommunikation und Information einzusetzen, zu gestalten, für das kreative Lösen von Problemen und das selbstbestimmte Lernen zu nutzen sowie sich mit Medien kritisch auseinander zu setzen und8.Ursachen und Gefahren der Ideologie des Nationalsozialismus sowie anderer totalitärer und autoritärer Regime zu erkennen und ihnen entgegenzuwirken.

    (6) Die Schule ermutigt die Schüler, sich mit Fragen des gesellschaftlichen Zusammenlebens, mit Politik, Wirtschaft, Umwelt und Kultur auseinanderzusetzen, befähigt sie zu zukunftsfähigem Denken und weckt ihre Bereitschaft zu sozialem und nachhaltigem Handeln.

    (7) 1Die Schule fördert die vorurteilsfreie Begegnung von Menschen mit und ohne Behinderungen. 2Inklusion ist ein Ziel der Schulentwicklung aller Schulen.

    (8) 1Die Schule fördert Schüler, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, durch zusätzliche Angebote zum Erwerb der deutschen Sprache. 2Sie sollen gemeinsam mit allen anderen Schülern unterrichtet werden und aktiv am gemeinsamen Schulalltag teilnehmen.

    (9) Bei der Gestaltung der Lernprozesse werden die unterschiedliche Lern- und Leistungsfähigkeit der Schüler inhaltlich und didaktisch-methodisch berücksichtigt sowie geschlechterspezifische Unterschiede beachtet.

    (10) In Erfüllung des Erziehungs- und Bildungsauftrags pflegt die Schule eine gute Zusammenarbeit mit anderen öffentlichen Institutionen und gesellschaftlichen Partnern.

  • Das klingt immer so nett, würde mich aber nicht wundern, wenn es ein ähnlicher urban Hoax wäre wie der Frosch im kochenden Wasser.

    Zumindest ist es kein "urban hoax", dass die Leistungen unserer Schüler zurückgehen. Jeder, der seit Jahrzehnten im deutschen Schulsystem unterrichtet, erlebt das hautnah.

    Ob das mit der Digitalisierung zusammenhängt? Mein Meinung nach: Ja, absolut!

  • Und ich die Klimaerwärmung, Kollege Z die steigende Zahl an Hauskatzen und Kollegin Y die abnehmende Zahl an hautfarbenen Unterhosen.

    Das bringt uns nur bedingt weiter und hauptsächlich Klischees und Vorbehalte auf den Tisch.

  • Und ich die Klimaerwärmung, Kollege Z die steigende Zahl an Hauskatzen und Kollegin Y die abnehmende Zahl an hautfarbenen Unterhosen.

    Das bringt uns nur bedingt weiter und hauptsächlich Klischees und Vorbehalte auf den Tisch.

    Klischees? Vorbehalte?


    Es gibt genügend seriöse Forschung zu dem Thema. Sie wird nur geflissentlich ignoriert. Passt nicht zum Zeitgeist, wo es nur noch um Konsumismus und Kommerz geht.

  • Dafür mache ich nicht die Digitalisierung sondern die „Kompetenz“orientierung verantwortlich.

    Ich finde Kompetenzorientierung sinnvoll ;)

    Warum? Weil ich so immer hinterfrage, welche Handlungen meine SuS an einem Unterrichtsgegenstand durchführen sollen und welche Kompetenzen damit gefördert werden.

  • Als Einstieg in die Materie brauchbar:


    Die Lüge der digitalen Bildung [Anzeige]

    Warum "unsere" Kinder nicht (mehr) lernen können? Weil es ihnen niemand beibringt. Zusammenfassungen schreiben und diese mehrfach lesen ist nicht lernen. Diese "Lerntechnik" ist einer der Gründe, aus denen sich der Unterricht nach den Sommerferien nach Tabula Rasa anfühlt.

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