Wie mit Ablehnungsbescheid der weiterführenden Schule umgehen?

  • Vielleicht zähle ich einfach mal so die Gedanken auf, die mir im Kopf rumschwirren, auf das mein „Problem“ etwas nachvollziehbar wird.

    • Das Gymnasium greift mit 5 Zügen die besten 150 Schüler ab.
    • Die Realschulen greifen mit zusammen 4 Zügen die mittelguten 120 Schüler ab.
    • Die restlichen ca. 150 Schüler des Jahrgangs landen an der Gesamtschule. Alle Schüler mit Hauptschulempfehlung und fast alle Förderschüler, die Förderschule wurde geschlossen, werden da reingedrückt und die Gesamtschule muss sie alle nehmen.
    • Entsprechend ist auch der Sozialindex der Gesamtschule schlechter als der der anderen Schulen. Da kann die Schule selber zwar auch nichts für, aber will man sein Kind dorthin schicken?
    • Bei uns am Berufskolleg bekommen wir regelmäßig von gewissen Gesamtschulen Schüler mit attestierter Fachoberschulreife mit und ohne Q-Vermerk (= Realschulabschluss, Mittlere Reife), die Analphabeten sind. Da fragen wir uns immer wer denen auf welcher Basis so einen Abschluss bescheinigt hat. Die Zeugnisse dieser Schulen sind entsprechend kaum etwas Wert, wohingegen eine Note 4 von anderen Schulen schon fast eine Qualitätsaussage ist. Aufgrund der Tatsache, das bei uns vor Ort die besten Schüler zum Gymnasium und zu den Realschulen gehen, die Gesamtschule die Schüler bekommt, die übrig bleiben, aber trotzdem eine Oberstufe anbietet, schlussfolgere ich daraus, dass die Abschlüsse der hiesigen Gesamtschule ebenfalls weniger „Wert“ sein dürften als die des Gymnasiums und der Realschulen und vor allem, dass alle Berufskollegs und Ausbildungsbetriebe dies wissen.

    Zusammenfassend für die Gesamtschule:

    • Die Schulleitung und die dortigen Kollegen muss ich persönlich bedauern. Sie bekommen alles vor die Füße geworfen und müssen den Laden dann irgendwie am Laufen halten.
    • Der Schule als solcher kann ich keinen Vorwurf machen. Sie tut sicher was sie kann. Aber die Bedingungen sind halt deutlich schlechter als bei den anderen Schulformen.
    • In der Schulpolitik bei mir am Ort sehe ich das Hauptproblem. Hier ist seit dem 2. Weltkrieg praktisch durchgehend die SPD am Ruder, ich wähle seit 25 Jahren bei den Kommunalwahlen durchweg die Opposition (nein, nicht die blaue Alternative!), aber bevor hier die SPD abdankt, fällt die CSU in Bayern unter die 5% Hürde.
    • Die Gesamtschule am Ort ist in meinen Augen DAS Symbol dieser total falschen Schulpolitik. Entweder ich will eine Gesamtschule, dann muss ich aber auch das Gymnasium schließen oder ich will ein viergliedriges Schulsystem (Gymnasium, Real-, Haupt- und Förderschulen), dann darf ich aber keine Gesamtschule im Einzugsgebiet installieren. Entsprechend habe ich auch mit den Gesamtschulen in den Nachbarorten keine Probleme, eben weil es dort so ländlich ist, dass es nur zwei bzw. drei Grundschulen im Einzugsgebiet gibt und dann eben alle zu dieser Gesamtschule gehen und nicht bloß das untere Drittel der Schüler (sortiert nach Leistungsfähigkeit).
  • Oder man stattet die Gesamtschule entsprechend der Aufgaben aus, sorgt an allen Schulen für genügend Schulplätze und bietet über die Gesamtschule einen gelungenen Weg, auch nach der 4. Klasse gemeinsames Lernen und gute Förderung wie Herausforderung zu ermöglichen.

  • 2020 haben die Eltern einer Mitschülerin meines Sohnes Widerspruch gegen die Ablehnung eingelegt und haben dann doch den Schulplatz für ihr Kind bekommen (ebenfalls in NRW). Argumentiert haben sie mit dem kurzen/kürzeren Weg, der gewünschten Schulform und den aufgenommenen Freundinnen. Das solltet ihr auf jeden Fall ausprobieren!


    Ich kann deine Argumentation 1000%ig nachvollziehen und würde eine solche Gesamtschule ebenso wenig für meine Kinder wollen. Viele Erfolg!

  • 2020 haben die Eltern einer Mitschülerin meines Sohnes Widerspruch gegen die Ablehnung eingelegt und haben dann doch den Schulplatz für ihr Kind bekommen (ebenfalls in NRW). Argumentiert haben sie mit dem kurzen/kürzeren Weg, der gewünschten Schulform und den aufgenommenen Freundinnen. Das solltet ihr auf jeden Fall ausprobieren!


    Ich kann deine Argumentation 1000%ig nachvollziehen und würde eine solche Gesamtschule ebenso wenig für meine Kinder wollen. Viele Erfolg!

    Alternativ oder parallel mit anderen Eltern abgelehnter Kinder auf eine dritte Klasse an der Wunschschule drängen. Die Räume müssen ja vorhanden sein, wenn drei 10. Klassen gehen. Und der Bedarf für eine weitere Realschulklasse ist nach dem, was du schreibst, ja auch da.


    Es klingt wirklich so, als ob die Kinder jetzt die Fehlplanungen im Bildungsbereich ausbaden sollen. Wenn die Kinder eine Empfehlung für Realschule oder Gesamtschule bekommen, dann sollten die Eltern auch selbst zwischen diesen beiden Schulformen wählen können.


    In BW kenne ich das so, dass die Eltern gleich einen Zweitwunsch auf dem Anmeldebogen bei der gewünschten weiterführenden Schule notieren. Da wurden dann auch schon ganze Klassen verschoben, aber eben zur Zweitwunschschule. Bei euch ist das ein eher, bei uns ist alles voll, Plätze gibt es nur noch an der einen Schule, die aus welchen Gründen auch immer kaum jemand besuchen möchte. Bei dem Verfahren bei euch hat man doch keine Chance selbst eine zweitbeste Schule auszuwählen.

  • Im Prinzip wurde es ja schon benannt. Bei uns gehen relativ wenig Widersprüche wegen Nichtaufnahme in einen Bildungsgang ein. In aller Regel wird denen abgeholfen, d. h. wir nehmen dann halt einen Menschen mehr auf. Für den einen nicht wackelnden Stuhl im Lager zu finden, ist halt weniger Aufwand, als sich mit einem Widerspruch 'rumzuschlagen.


    Aber eben nur, wenn es sehr wenige sind. Im vorliegenden Fall wurde ja schon die Werbetrommel für Widersprüche gerührt, so dass wohl mehr kommen werden. Eine weitere Klasse einzurichten ist natürlich mehr Aufwand, als einen weiteren Menschen unterzubringen. Ich glaube aber, dass man sich ins Gesäß beißt, wenn es eine weitere Klasse gibt und man aus formalen Gründen dann nicht dabei ist.


    So oder so vertut man sich doch nichts damit zunächst einen Widerspruch zu schreiben. Dann behält man zumindest den Fuß in der Tür.


    Was die Fahrzeit anbetrifft, so kann es insbesondere im Falle der Umsteigeverbindung schneller sein, mit dem Rad zu fahren. Ein Bisschen frische Luft schadet auch nicht. Und man ist flexibler. Wenn man wegen zwei Minuten den Bus verpasst, hat man ordentlich Braunes am Hacken. Radelt man zwei Minuten später los, kann man das bequem wieder 'rausrollen. Gerade auf dem Rückweg finde ich es attraktiver, einfach loszufahren, als sich an Haltestellen 'rumzudrücken.


    Vielleicht ergibt sich auch eine Ride & Ride-Option, also mit dem Rad zum Umsteigebahnhof o. ä.


    Habt ihr das mal geprüft?

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

    2 Mal editiert, zuletzt von O. Meier ()

  • Kann es sein, dass die Schulleitungen zu Widersprüchen raten, weil sie mehr Ressourcen brauchen und hoffen, dass die Schulträger auf diese Weise aufmerksam werden und endlich nötige Schritte unternehmen?

  • Kann es sein, dass die Schulleitungen zu Widersprüchen raten, weil sie mehr Ressourcen brauchen und hoffen, dass die Schulträger auf diese Weise aufmerksam werden und endlich nötige Schritte unternehmen?

    Auch Schulleitungen finden das System des Übergangs in die S1 höchst problematisch.

    Es wird freie Wahl und Elternwille suggeriert, aber nicht erfüllt. Es spielen sich bei der Ablehnung zum Teil sehr heftige Dramen bei Eltern und Kindern ab. Bei den Kindern kommt eine Ablehnung als "Dich will keiner." an. Was das an psychischen Schäden verursacht und wie negativ diese die weitere Schullaufbahn beeinflussen können, sollte eigentlich jedem klar sein.

    Zu guter letzt enthält jede (rechtswirksame) Ablehnung auch eine Rechtsbehelfsbelehrung. Die ablehnende Schule ist also verpflichtet die Eltern über ihre Rechte aufzuklären. Der rechtlichen Anforderung ist natürlich mit dem Schreiben genüge getan..

  • (eine Gesamtschule muss eine bestimmte Anzahl an Zügen haben, also muss man andere Schulen klein halten)

    Vor allem darf eine Gesamtschule nicht in Konkurrenz zu anderen Schulformen in ihrem Einzugsgebiet stehen, die nur die besseren Schüler binden und die schwächeren dann der Gesamtschule überlassen. Das unter solchen Bedingungen (also alle Schulen müssen alle Schüler nehmen) die Gesamtschulen sehr leistungsfähig sein können, haben die Polytechnischen Oberschulen in "dem anderen Deutschland" hinlänglich bewiesen. Lassen wir mal den ideologischen Überbau weg, waren deren Absolventen in den naturwissenschaftlichen Fächern denen in der BRD überlegen.


    Bei den Kindern kommt eine Ablehnung als "Dich will keiner." an. Was das an psychischen Schäden verursacht und wie negativ diese die weitere Schullaufbahn beeinflussen können, sollte eigentlich jedem klar sein.

    Bei den Eltern, die abhängig in der Privatwirtschaft beschäftigt sind und eigentlich mit dem Staat gar nicht in Kontakt kommen, könnte die Ablehnung als Staatsversagen interpretiert werden, weil er an dieser Stelle die Daseinsfürsorge nicht gewährleisten kann, was diese dann in die Arme der extremen Parteien treibt. Dies ist einer der ganz wenigen Momente im Leben, wo man offensichtlich auf den Staat angewiesen ist, und dann funktioniert er nicht.

Werbung