Zwischen Jobfrust und Referendariat – wie weiter?

  • Vielen Dank. Ich werde mich hier mal informieren. Soweit ich weiß, gibt es in meiner Stadt dazu sogar ein Quereinsteiger-Programm. Scheinbar will man den Fachkräftemangel damit ausgleichen. Von 300 Bewerbungen wurden im letzten Jahr jedoch nur 15 genommen.

    Fachkräftemangel bedeutet nicht, dass jede: r, der/ die sich berufen fühlt Job X machen kann. Wer komplett ungeeignet ist wird - glücklicherweise - weiterhin ausgesiebt.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Mein Eindruck ist der von Moebius: Eigentlich willst du gar nicht Lehrer werden. Du hörst dich eher so an, als solltest du noch ein bisschen herumschauen.

    A propo umschauen. Du kannst Dich natürlich auch mal in eine Vertretungsstelle begeben und die ein oder andere Schulform auszutesten. Dann hast Du vielleicht einen besseren Überblick, was Dich im und nach dem Ref. erwartet?

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • Ich suche nun seit etwa vier Monaten und habe auf rund 40 Bewerbungen bisher nur Absagen erhalten. Mein Profil hat sich in dieser Zeit jedoch durch Weiterqualifizierungen deutlich verbessert. Mir ist wichtig, dass meine Qualifikationen und Fähigkeiten auch als solche anerkannt werden und dass ich nicht immer wieder bei null anfangen muss. Selbst in den Zertifizierungen merke ich oft, dass mir viele Inhalte bereits vertraut sind.

    Meine Mutter kann den Job nicht empfehlen, gleichzeitig bezweifle ich aber auch, dass sie woanders zufriedener gewesen wäre. Sie meint jedenfalls, dass man irgendwann ankommen muss und ich notfalls ja auch das Ref abbrechen kann.

    Mein Problem ist, dass ich schon seit 10 Jahren auf Findung bin und das nicht ewig weitergehen kann.

    Ich werde mich einfach mal um eine Vertretungsstelle bemühen, einfach um einen ungetrübten Einblick zu haben. Bis Mitte November können Bewerbungen schließlich noch zurückgenommen werden.

    Liebe Grüße und einen schönen Tag wünsche ich

    Hast du dein Studium der Sozialwissenschaften abgeschlossen? Und auf was hast du Lehramt studiert? Hattest du keine Praxisphase? Noch nie in die Schule reingeschnuppert?

    Hast du deine Bewerbungen noch mal überprüft/überprüfen lassen?

    Ich meinte weniger, ob deine Mutter den Job empfiehlt, sondern ob sie glaubt, dass er zu dir passt. Ich habe so ein bisschen den Eindruck, du versuchst irgendjemandes Erwartungen zu erfüllen statt zu überlegen, was dir wirklich liegt. Wieso meinst du, 10 Jahre "auf Findung" zu sein - du hast studiert und dies und jenes gemacht, das klingt durchaus sinnvoll. Es ist nur die Frage: Warum waren deine Bewerbungen nicht erfolgreich?

    Liebst du deine Fächer? Magst du junge Leute? Für mich war Lehrerin nie der Traumberuf, aber meine Fächer sind nach wie vor meine Leidenschaft (neben anderen Interessen, aber eben so, dass mein Herz einfach dafür schlägt und ich nie denke, das hätte ich nicht studieren sollen) - und den Umgang mit jungen Menschen finde ich einfach auch schön, abwechslungsreich und bereichernd - und sinnvoll. Anders könnte ich das nicht machen.

    Vielleicht ist das mit der Vertretungsstelle eine gute Option. Ich würde dir trotzdem etwas mehr Fokussierung auf das, was du eigentlich willst, wünschen. Manche Leute wissen schon mit 12, was sie wollen. Bei anderen dauert es etwas länger und manche wissen es nie so wirklich. Aber natürlich findet man das auch eigentlich erst beim Tun heraus. Viel Erfolg!

  • Ich werde mich einfach mal um eine Vertretungsstelle bemühen, einfach um einen ungetrübten Einblick zu haben.

    Das würde ich nicht machen. Wenn du eine tendenziell negative Einstellung zum Schuldienst hast, wirst du höchstwahrscheinlich alle deine Vorurteile erleben, wenn du ohne Handwerkszeug und Unterstützung voll in den Unterricht geworfen wirst. Die Schüler merken das auch sofort und haben da keine Nachsicht.

    Praktische Einblicke erhielt ich während meiner zweijährigen Tätigkeit in einer Ratsfraktion, wo ich Verwaltungs- und Gremienarbeit unmittelbar miterlebt habe

    Da hättest du deinen Einstieg. Lass dich durch deine politischen Kontakte auf einen zunächst kleinen Verwaltungsposten einstellen, der Aufstiegschancen birgt. Irgendwas mit niedriger Einstiegsvoraussetzung und geringen harten Anforderungen während der Tätigkeit, sodass du durch die Kontakte befördert werden kannst. Irgendwann hast du dir dann idealerweise auch die 'harte' Kompetenz erarbeitet.

    Auch Bewerbungen auf Stellen in Richtung Scrum sowie Product Owner blieben trotz konsequenter Weiterqualifizierung (u. a. UX, PMI, KI, Data Analytics) ohne Erfolg.

    Lass dich von dem Zertifizierungskram nicht blenden. Letzt dient der nur dazu Berufserfahrung mit einer Papierqualifikationsspur zu versehen. Ohne die entsprechende Berufserfahrung nützten dir die Zertifikate und Weiterbildungen nichts, außer du steigst ganz unten bei den wirklichen Einsteigerjobs ein. Da sind sie dann vermutlich aber ebenfalls zweitrangig. ;)

    Umgekehrt kannst du dir daraus natürlich eine Strategie bauen, indem du bei der Bewerbung konkrete Projekte, die du umgesetzt hast, benennst und Beispiele mitbringst.

    Du musst bei Bewerbungen auf mittlere und höhere Positionen zwei Typen von Leuten bedienen: einmal die HR-Droiden und ihre Sortiercomputerprogramme, die im wesentlichen von nix ne Ahnung haben und dich nur nach formalen Kriterien (aus)sortieren und im zweiten Schritt danach dann den Entscheider, bei dem du eben mehr zeigen musst als genau nur diese 08/15-Formalia, um nicht der 106. Kandidat zu sein. Für die erstere brauchst du die Zertifizierungen zusammen mit einer irgendwie formale Berufserfahrung und für die zweitere dann deine Projektbeispiele.

  • Hast du dein Studium der Sozialwissenschaften abgeschlossen? Und auf was hast du Lehramt studiert? Hattest du keine Praxisphase? Noch nie in die Schule reingeschnuppert?

    Hast du deine Bewerbungen noch mal überprüft/überprüfen lassen?

    Ich meinte weniger, ob deine Mutter den Job empfiehlt, sondern ob sie glaubt, dass er zu dir passt. Ich habe so ein bisschen den Eindruck, du versuchst irgendjemandes Erwartungen zu erfüllen statt zu überlegen, was dir wirklich liegt. Wieso meinst du, 10 Jahre "auf Findung" zu sein - du hast studiert und dies und jenes gemacht, das klingt durchaus sinnvoll. Es ist nur die Frage: Warum waren deine Bewerbungen nicht erfolgreich?

    Liebst du deine Fächer? Magst du junge Leute? Für mich war Lehrerin nie der Traumberuf, aber meine Fächer sind nach wie vor meine Leidenschaft (neben anderen Interessen, aber eben so, dass mein Herz einfach dafür schlägt und ich nie denke, das hätte ich nicht studieren sollen) - und den Umgang mit jungen Menschen finde ich einfach auch schön, abwechslungsreich und bereichernd - und sinnvoll. Anders könnte ich das nicht machen.

    Vielleicht ist das mit der Vertretungsstelle eine gute Option. Ich würde dir trotzdem etwas mehr Fokussierung auf das, was du eigentlich willst, wünschen. Manche Leute wissen schon mit 12, was sie wollen. Bei anderen dauert es etwas länger und manche wissen es nie so wirklich. Aber natürlich findet man das auch eigentlich erst beim Tun heraus. Viel Erfolg!

    Entschuldige die späte Antwort.
    Das Studium der Sozialwissenschaften habe ich mit einem B.A. abgeschlossen. Damit erfülle ich grundsätzlich die Mindestanforderungen für einige Verwaltungsstellen. Für höherwertige Positionen wird jedoch häufig ein Master verlangt – den kann ich in diesem Fach zwar nicht nachweisen, habe aber insgesamt durchaus vergleichbare Kompetenzen.

    Während meines Lehramtsstudiums hatte ich drei Praxisphasen: eine Hospitation zu Beginn und zwei längere Praktika. Leider waren diese sehr durchwachsen. Beim zweiten Praktikum hatte ich kaum Betreuung, beim dritten habe ich selbst gemerkt, dass ich zu verschlossen war – vielleicht auch, weil ich durch mein Elternhaus eher negativ geprägt war. Es war zudem eine Brennpunktschule, was mich teilweise überfordert hat, auch wenn es dort durchaus positive Momente gab.

    Zu mir selbst: Ich habe ein starkes Sicherheitsbedürfnis und wollte Lehrer werden, weil ich gut mit jungen Leuten umgehen kann, eher extrovertiert bin und mich wohl auch unbewusst an meiner Mutter orientiert habe, die in einem ähnlichen Bereich arbeitet. Natürlich spielte auch die sichere Bezahlung und die planbare Freizeit eine Rolle. Eigentlich wollte ich Lehramt fürs Gymnasium studieren, wurde dort aber abgelehnt und bin deshalb im Sek-I-Bereich gelandet. Generell tue ich mich schwer, klare Entscheidungen zu treffen – ich möchte endlich ankommen, und das macht es umso schwieriger, den richtigen Weg zu wählen. Ansonsten: Ich studiere Sport und eine Sprache, ersteres ist also eher generalistisch.

    Mein ursprünglicher Plan war, nach dem Studium zunächst außerhalb der Schule zu arbeiten. Leider verliefen meine Bewerbungen erfolglos – oft scheiterte es daran, dass das Studium nicht exakt passte, obwohl viele Stellen inhaltlich eigentlich gut anschlussfähig gewesen wären. Parallel habe ich mich deshalb fürs Referendariat angemeldet, einfach um der Sache noch eine Chance zu geben. Der Starttermin rückt näher, und vielleicht sollte ich es einfach versuchen.

    Was mich beschäftigt, ist vor allem der Unterschied zwischen Sek I und Sek II. Am Gymnasium sehe ich mich deutlich eher und bin dort auch motivierter. Ich könnte über das Losverfahren noch fehlende Module nachholen und, wenn alles optimal läuft, bis Februar fertig sein und mich zum August fürs Gymnasial-Ref bewerben. Das setzt allerdings voraus, dass ich in alle Kurse komme und die Uni mitspielt – was ungewiss ist. Zudem kämen Semester- und Sozialgebühren hinzu. Nicht das Pensum selbst ist das Problem, sondern die Abhängigkeit von Fristen.

    Alternativ könnte ich das Referendariat jetzt wie geplant beginnen und gegebenenfalls nach Berlin wechseln. Dort würde mir ein halbes Jahr anerkannt, falls der Wechsel klappt, und ich erhielte die Sek-II-Befähigung. Das wäre eine Chance, wirklich herauszufinden, ob der Beruf zu mir passt, und ich würde endlich praktische Erfahrung sammeln. Allerdings ist nicht garantiert, dass Berlin mich übernimmt, und eine spätere Rückkehr nach Niedersachsen wäre komplizierter – vermutlich würde ich dort wieder als Sek I eingestuft werden.

    Ich bin also unentschlossen, welchen Weg ich einschlagen soll:

    1. Ref starten und ggf. nach Berlin wechseln – Risiko: keine Garantie auf Übernahme, Anerkennung bleibt evtl. bei Sek I.
    2. Über Losverfahren weiterstudieren – sehr intensiver Sprint, unklare Kursverfügbarkeit, finanziell aufwendig, aber langfristig Sek II möglich.
    3. Vertretungsstelle annehmen und parallel außerhalb der Schule bewerben.

    Ich neige dazu, alles zu zerdenken, aber im Moment fühle ich mich einfach hin- und hergerissen. Vielleicht spielt auch hinein, dass ich mich mit dem Sek-I-Abschluss etwas „unterlegen“ fühle, obwohl das Studium faktisch ebenso lang und anspruchsvoll war. Der Unterschied besteht im Grunde nur aus ein paar zusätzlichen fachwissenschaftlichen und pädagogischen Modulen – und dennoch beeinflusst er so stark, welche Türen offenstehen.

    Wie dem auch sei – ich hoffe einfach, bald eine klare Richtung zu finden.


    Natürlich gibt es auch das Szenario, dass ich mein Ref beginne und – entgegen aller Erwartungen, da IGS-Plätze hier meist für Sek-II-Lehrkräfte vorgesehen sind – an eine IGS komme, dort alle Schulformen bis Klasse 10 unterrichte und gut zurechtkomme. Das wäre natürlich auch eine tolle Entwicklung.

  • Der Punkt mit der negativen Einstellung stimmt auf jeden Fall. Auf diese Weise habe ich mir auch mein letztes Schulpraktikum selbst vermasselt – unter anderem, weil ich zuvor an derselben Schule schon ein Praktikum ohne jegliche Betreuung absolviert hatte. Das war rückblickend sehr unglücklich. Ich habe die Zeit nicht als Lernphase gesehen, sondern – was mir heute wirklich unangenehm ist – eher als verlorene Zeit. Man hat mir auch angemerkt, dass ich innerlich nicht wirklich dabei war, und ich hatte deshalb später ein offenes Gespräch mit meinem Betreuer.

    Was Bewerbungen betrifft, habe ich mich fast ausschließlich auf Verwaltungsstellen beworben, meist im E13-Bereich, die mich auch wirklich interessiert haben. Viele dieser Positionen setzen geistes- oder naturwissenschaftliche Studiengänge voraus. Mit meinem Doppelstudium – also dem geisteswissenschaftlichen Bachelor plus dem Lehramtsstudium (Bachelor und Master) – erfülle ich selten exakt die formalen Voraussetzungen. Trotzdem habe ich mir über die Zeit ein recht interessantes Schnittstellenprofil aufgebaut, verwaltungsspezifische Zertifikate erworben, kleinere Projekte umgesetzt und meine Bewerbungsunterlagen immer weiter verbessert.

    Das mit den „HR-Droiden“ kann ich übrigens bestätigen. Oft wird man von Leuten aussortiert, die selbst gar nicht genau wissen, worum es bei der Stelle geht, und lieber kein Risiko eingehen, jemanden „Unpassenden“ einzuladen. Besonders im Verwaltungsbereich scheint die formale Passung oft wichtiger zu sein als tatsächliche Eignung oder Motivation. Trotzdem bleibe ich zuversichtlich.

    Wie du in meinem vorherigen Beitrag gelesen hast, steht bei mir jetzt entweder das Referendariat an – oder, falls ich mich doch noch dafür entscheide, eine weitere Studienphase. Aber angesichts meines Alters wird es Zeit, endlich wirklich anzufangen. Vielleicht sollte ich einfach ins Referendariat gehen und versuchen, dem Ganzen positiver zu begegnen. Von außen wirke ich ohnehin nicht so zurückhaltend, wie ich mich hier vielleicht beschreibe. Es wäre sicher vieles leichter, wenn ich zielstrebiger wäre – aber vielleicht ist genau jetzt der Moment, es einfach zu versuchen und dem Ganzen eine echte Chance zu geben.

  • Habe ich es richtig verstanden, dass du den Bachelor in Sozialwissenschaften hast und dann den Master in Erziehungswissenschaften? Hab ich etwas überlesen oder was ist dein 2. Fach?


    U.U. könnte darin der Grund liegen, dass du auf Stellen in der Verwaltung keine Reaktion bekommen hast. In der Verwaltung geht es strikt nach Vorgaben - und es könnte evt. sein, dass man ein Masterstudium in Sozialwissenschaften erwartet .

    Der höhere Dienst beginnt typischerweise bei Besoldungsgruppe A 13 und dafür ist in der Regel ein abgeschlossenes Hochschulstudium auf Masterniveau erforderlich. Strikt wird da nach Laufbahnregelungen gehandelt. Wenn man niedriger einsteigt, kann man sich u.U. durch Bewährung und eine "Ochsentour" hocharbeiten (hochstudieren).

    Von einer Verwandten weiß ich, wie schwer es ist mit einem Bachelor in Sozialwissenschaften eine Stelle auch im gehobenen Dienst zu bekommen. In dem mir bekannten Fall konnte sie den Master nicht machen, weil sie den NC nicht geschafft hat.

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    Von daher mein Rat:

    Suche einen professionellen Coach auf, der mit dir die Wege durchgeht. Das kostet zwar ziemlich viel, doch wirst du in schnellster Weise für dich die möglichen Konsequenzen vor Augen bekommen- schneller als in einer Therapie .

    Bewirb dich unter deinem "Niveau" und versuche dich hochzuarbeiten. Auch dort wird es dir nicht leicht sein, einen Job zu finden - denn leider ist der Arbeitskräftemangel nicht unbedingt im Bereich der Sozialwissenschaften verhaftet .

    Bewirb dich als Referendar und kämpfe dich durch das Referendariat durch - auch wenn du auf Bedingungen stößt, die dir nicht zusagen- ist es eine gute Vorbereitung, denn auch auf dem Arbeitsmarkt muss man auch viele Konzessionen machen. Mit einer abgeschlossenen Lehramtsausbildung tun sich bestimmt mehr Arbeitsfelder auf - Erwachsenenbildung, Arbeit im Verlag, in Schulungsstätten, in Behörden kannst du dann immer noch arbeiten.

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