LRS: Nachteilsausgleich

  • Hallo zusammen,

    ich habe aktuell eine 3.Klasse, Ba-Wü. Eines der Kinder hat LRS in sehr ausgeprägter Form. Das Kind bringt bereits einen Nachteilsausgleich aus Klasse 2 mit, der aber in der Klassenkonferenz damals nicht genauer spezifiziert wurde. Es wurde also nicht geklärt ob bei der Notengebung ein Bereich zurückhaltend gewichtet wird oder das Kind bei Lernzielkontrollen andere Aufgabenformate o.ä. bekommt.

    Nun habe ich die Klasse neu übernommen und weiß nicht so richtig damit umzugehen, denn das Kind hat in allen Bereichen erhebliche Schwierigkeiten. Rechtschreiben, Lesen, Grammatik, Ausdruck... Es nützt also irgendwie nichts, dass ich einen Bereich geringer gewichte.

    Helferlein unterschiedlicher Art stehen natürlich zur Verfügung, helfen ihm aber aktuell nur bedingt weiter.

    Vielleicht hat jemand von euch eine Idee, wie ich diesem Kind gerecht werden kann, um möglichst auch den Spaß an Sprache wieder zu wecken. Es ist mir auch wichtig, die Eltern hierzu gut zu beraten und möglichst auch formal keine Fehler zu machen.

    Für ein paar Tipps und Impulse wäre ich dankbar.

  • Keine Rechtsberatung, nur was ich jetzt hier rauslese:

    Wichtig ist, dass die Klassenkonferenz unter Vorsitz der Schulleitung die Entscheidungen trifft.

    https://www.landesrecht-bw.de/bsbw/document/VVBW-VVBW000003010

    Wenn ihr etwas anders gewichten wollt, etwa Rechtschreibung und Lesen weniger stark, muss dies im Zeugnis vermerkt werden. Dies sollte (muss?) mit den Eltern abgesprochen werden.

    Wenn ihr lediglich Nachteilsausgleich gewähren wollt, ohne die Anforderungen zu senken (mehr Zeit, Audioaufnahmen, die beliebig oft abgespielt werden können o.ä.) darf das nicht im Zeugnis vermerkt werden.

    Dokumentation zum individuellen Fortschritt immer sinnvoll.

    Einige spezielle Entscheidungen z.B. bzgl. Prüfungen betreffen erst höhere Klassen.

    Fördermaßnahmen zu LRS findest du u.a. in den "Leitlinien" des Bundesverbandes, leider zu groß zum Anhängen:

    https://www.bvl-legasthenie.de/legasthenie/foerderprogramme.html

  • ich habe aktuell eine 3.Klasse, Ba-Wü. Eines der Kinder hat LRS in sehr ausgeprägter Form. Das Kind bringt bereits einen Nachteilsausgleich aus Klasse 2 mit, der aber in der Klassenkonferenz damals nicht genauer spezifiziert wurde. Es wurde also nicht geklärt ob bei der Notengebung ein Bereich zurückhaltend gewichtet wird oder das Kind bei Lernzielkontrollen andere Aufgabenformate o.ä. bekommt.

    Hallo,

    der Versuch einer ganz formalen Antwort:
    Ein Nachteilsausgleich vom Vorjahr wird nicht automatisch ins neue Schuljahr übertragen, sondern Bedarf einer erneuten Klassenkonferenz.
    Eine genauere Spezifikation eines Nachteilsausgleichs ist nicht erforderlich, sondern es obliegt dann den einzelnen Lehrkräften, den Nachteilsausgleich zu gewährleisten. Es wird also vor allem das "Ob" und nicht zwangsläufig das "Wie" entschieden, da dies auch von Fach zu Fach unterschiedlich sein kann.

    Wenn ihr etwas anders gewichten wollt, etwa Rechtschreibung und Lesen weniger stark, muss dies im Zeugnis vermerkt werden. Dies sollte (muss?) mit den Eltern abgesprochen werden.

    Maßnahmen des Nachteilsausgleich werden nicht im Zeugnis vermerkt. Wenn die Umgewichtung keine Absenkung des Anforderungsprofils darstellt, dann kann diese eine geeignete Form des Nachteilsausgleichs darstellen (ohne Zeugniseintrag).
    Dies ist allerdings nicht immer einfach von Maßnahmen des "Notenschutzes" abzugrenzen, bei denen Rechtschreib- und Leseleistungen zurückhaltend gewichtet werden.

    Fiktives Beispiel:
    Ein Kind hat eine Lesebeeinträchtigung aufgrund einer Sehbehinderung. Lesebasierte Leistungen können ohne Zeugniseintrag bei diesem Kind zurückhaltend gewichtet werden.
    Ein anderes Kind hat eine Lesebeeinträchtigung (umgangssprachlich "LRS"), hier kann es durch den in der Verwaltungsvorschrift beschriebenen Automatismus (zusätzlich oder alternativ) zum "Notenschutz" und damit zu einer Absenkung der Leistungsanforderung kommen. Dieser Notenschutz wird im Zeugnis eingetragen.

    Bei Maßnahmen des Nachteilsausgleichs werden die Schüler und Eltern in die Entscheidungsfindung einbezogen. Bei Notenschutz im Bereich Lesen- und Rechtschreibung bis Klasse 6 handelt es sich um einen Automatismus, damit ist auch die Einbindung der Eltern in die Entscheidungsfindung hinfällig (aber begleitende Kommunikation im Prozess sicherlich sinnvoll und die Eltern können wünschen, dass der Notenschutz NICHT gewährt wird).

  • Sagte ich eigentlich, Nachteilsausgleich, der Anforderungen nicht senkt, wird nicht vermerkt, veränderte Leistungsanforderungen werden vermerkt.

    So ist richtig. Das oben zitierte war aus meiner Sicht missverständlich, da eine Gewichtungsänderung ohne Senkung der Leistungsanforderung als Form des Nachteilsausgleich denkbar ist (auch wenn sehr unüblich).

  • Nun habe ich die Klasse neu übernommen und weiß nicht so richtig damit umzugehen, denn das Kind hat in allen Bereichen erhebliche Schwierigkeiten. Rechtschreiben, Lesen, Grammatik, Ausdruck... Es nützt also irgendwie nichts, dass ich einen Bereich geringer gewichte.

    Das ist dann aber auch keine Teilleistungsschwäche.

    Zunächst mal wäre (mit Hilfe entsprechender Gutachten) zu klären, welche der genannten Probleme auf die LRS zurück zu führen sind, in den übrigen Bereichen kann das Kind auch einfach so leistungsschwach sein und dann wären die Leistungen dort halt entsprechend zu bewerten.

  • Ein Kind mit Nachteilsausgleich (LRS) hat nun bei mir das beste Diktat geschrieben. Es hat das Diktat als Schleichdiktat geschrieben, den anderen wurde es diktiert.... Bei der Hamburger Schreibprobe waren einige Kinder schlechter, die keinen Nachteilsausgleich haben. Die Diagnose wurde privat von einer Psychologin erstellt und die Eltern beharren auf ihrem Recht und der Empfehlung der Psychologin. Wenn ich richtig damit umgehe, wird die Rechtschreibnote nur zurückhaltend gewertet und ihre 1-2 ist nicht viel wert. Sehe ich das richtig? In den anderen Deutschbereichen ist sie eher 2 oder 2-3.

    Wir werden uns in der Schule demnächst im Kollegium damit auf meine Anfrage hin auch auseinandersetzen.

    Das heißt, die ganzen privat gestellten Diagnosen können auch nach hinten losgehen.

    Ich habe alle Berichte vorliegen mit Zertifikat und Empfehlungen. Bei meinen anderen LRS-Kindern sind die Ergebnisse viel schlechter.

  • Disclaimer für alles aus Nicht-BW: Ich gehe davon aus, dass wir hier ein internes BW-Thema haben...

    Ein Kind mit Nachteilsausgleich (LRS) hat nun bei mir das beste Diktat geschrieben. [...]Die Diagnose wurde privat von einer Psychologin erstellt und die Eltern beharren auf ihrem Recht und der Empfehlung der Psychologin. Wenn ich richtig damit umgehe, wird die Rechtschreibnote nur zurückhaltend gewertet und ihre 1-2 ist nicht viel wert. Sehe ich das richtig?


    Ein Kind hat nur dann einen Nachteilsausgleich, wenn die Klassenkonferenz dies beschlossen hat. Zur Entscheidungsfindung können externe Gutachten genutzt werden, diesen muss aber nicht entsprochen werden.

    Wenn das Kind einen Nachteilsausgleich hat (darum gab es ja anscheinend die abweichende Prüfungsform), gibt es nicht zwingend auch eine zurückhaltende Gewichtung der Rechtschreibnote.

    Bitte immer sorgsam zwischen Nachteilsausgleich und Notenschutz unterscheiden. Beides kann, muss aber nicht gleichzeitig vorliegen.

    Edit: Einem Kind, das einen Notenschutz hat, eine erfreuliche Note zurückhaltend zu gewichten, halte ich für grob gegen den Sinn und Zweck der Norm. Hier ist aus meiner Sicht eher zu überlegen, ob die tatsächliche Ausgestaltung des Nachteilsausgleichs nicht doch versehentlich die Anforderung deutlich herabgesetzt hat.

  • Hier ist aus meiner Sicht eher zu überlegen, ob die tatsächliche Ausgestaltung des Nachteilsausgleichs nicht doch versehentlich die Anforderung deutlich herabgesetzt hat.

    Die beiden anderen LRS-Kinder, die die gleiche Ausgestaltung hatten, hatten beide eine 4 (anstatt wie sonst eine 6).



  • Edit: Einem Kind, das einen Notenschutz hat, eine erfreuliche Note zurückhaltend zu gewichten, halte ich für grob gegen den Sinn und Zweck der Norm.

    Das heißt, bei guten Noten gilt der Notenschutz nicht, bei schlechten schon? Ihre Note ist aber nicht so viel wert wie die der anderen. Und sie gibt so wunderbar unschön damit an. Sonst wäre mir das wurscht.

    Um es kurz zu machen, ich finde es ungerecht. Die Kinder, die Eltern haben, die noch so kleine Gebrechen diagnostizieren lassen, werden immer bevorzugt behandelt. Geht schon beim reservierten Sitzplatz vorne Mitte los.

  • Der Nachteilsausgleich ist so umzusetzen, wie beschlossen und nicht wahlweise so, dass die bessere Note rauskommt.

    Beschlossen ist, dass die Leistung in Rechtschreiben und Lesen zurückhaltend gewichtet werden. Also werte ich die 1-2 zurückhaltend. Oder? So verstehe ich es.

  • Würde ich so sehen, ohne jetzt die genaue Rechtslage in BW zu kennen. Natürlich kann man den Eltern anbieten, unter diesen Umständen auf den Nachteilsausgleich zu verzichten, dann schreibt das Kind beim nächsten mal aber auch die normale Arbeit mit.

  • Würde ich so sehen, ohne jetzt die genaue Rechtslage in BW zu kennen. Natürlich kann man den Eltern anbieten, unter diesen Umständen auf den Nachteilsausgleich zu verzichten, dann schreibt das Kind beim nächsten mal aber auch die normale Arbeit mit.

    Wie gesagt, ich möchte es im Kollegium besprechen. Hatte ich so noch nicht.

  • Disclaimer für alles aus Nicht-BW: Ich gehe davon aus, dass wir hier ein internes BW-Thema haben...


    Ein Kind hat nur dann einen Nachteilsausgleich, wenn die Klassenkonferenz dies beschlossen hat. Zur Entscheidungsfindung können externe Gutachten genutzt werden, diesen muss aber nicht entsprochen werden.


    Dass es entweder eine andere Prüfungsform oder zurückhaltende Gewichtung gibt, den Hinweis finde ich auch wichtig. Gibt es irgendwo was Schriftliches? Wir müssen dringend feste Regelungen haben, da sonst jede das irgendwie anders auslegt. Wir sind gerade dabei, alles zu aktualisieren.

  • Um es kurz zu machen, ich finde es ungerecht. Die Kinder, die Eltern haben, die noch so kleine Gebrechen diagnostizieren lassen, werden immer bevorzugt behandelt. Geht schon beim reservierten Sitzplatz vorne Mitte los.

    Die Klassenkonferenz beschließt den Nachteilsausgleich. Diese ist der Adressat bei etwaigen Ungerechtigkeiten.

    Beschlossen ist, dass die Leistung in Rechtschreiben und Lesen zurückhaltend gewichtet werden. Also werte ich die 1-2 zurückhaltend. Oder? So verstehe ich es.

    Warum darf das Kind dann in einer abweichenden Prüfungsform mitmachen?


    Dass es entweder eine andere Prüfungsform oder zurückhaltende Gewichtung gibt, den Hinweis finde ich auch wichtig.

    Woher nimmst du, dass es entweder/oder ist? Nachteilsausgleich und Notenschutz sind zwei verschiedene Dinge, die additiv oder alternativ sein können.

    (Gemeinerweise kann eine zurückhaltende Gewichtung sowohl Maßnahme eines Nachteilsausgleichs als auch Folge des Notenschutzes sein.)

    Zitat

    Gibt es irgendwo was Schriftliches?

    Im zweiten Post ist die Verwaltungsvorschrift verlinkt.

  • Danke, ich habe es nicht gelesen, da ich dachte, dass sich Quittengelee auf ihr Bundesland beziehen würde.

    Nach dem, was in dem Link steht, sind die zurückhaltende Wertung und eine andere Prüfungsform zum Beispiel möglich, um einen Nachteilsausgleich zu gewähren. Steht nicht, dass nur eine Sache gleichzeitig gehen würde. Aber wie gesagt, das müssen wir im Kollegium abstimmen. Ich habe heute schon mit der Kollegin, die für die LRS-Förderung zuständig ist, gesprochen.

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