Wie ist das denn so, am Gymnasium?

  • Die Lehrerinnen meines Kindes betonen gerne, "dass das so ist, wenn man aufs Gymnasium will". Abgesehen davon, dass nicht jeder aufs Gymi will, kann oder darf, würde ich gerne mal wissen, ob das wirklich bei euch in Klasse 5/6 zutrifft.
    Bsp. Mathe:
    - Es wird erwartet, dass Kinder prinzipiell alle Aufgaben im Kopf lösen, Nebenrechnungen sind ausdrücklich verboten
    - in einer Klassenarbeit stehen mehr Aufgaben auf dem Blatt, als Platz vorhanden, z.B. Rechts am Blattrand von oben nach unten senkrecht eine Aufgabe neben den anderen
    - etwa die Hälfte der Aufgaben verlangen Transferleistungen, keine der Aufgaben wurde genau so vorher schon behandelt
    - wenn angekündigt wird, dass Thema x, y und z drankommen, wird mit Sicherheit noch ein Thema von vor 7 Monaten abgefragt
    ...
    - in Deutsch gibt es Punktabzug für "unschöne" Handschrift/ Überschrift zu sehr links, statt in der Mitte o.ä.
    - es gibt inoffiziell zentrale Klassenarbeiten. Also Arbeiten, die ein Kollege für alle vorbereitet und die wohl jahrelang im Umlauf sind (Kopienqualität), auf die aber die Kollegen nicht jeweils ihre Klasse speziell vorbereiten. Wenn Eltern dann nachfragen, woher das Kind wissen sollte, was es zu lernen hat, ist die Antwort immer: das haben wir gerade am Tag vorher genauso besprochen, stand an der Tafel.
    - umfangreiche, benotete Aufgaben werden nach Hause mitgegeben (macht mal eine Buchvorstellung nach folgenden 15 Kriterien/ legt mal ein Herbarium an, nach folgenden 15 Kriterien/ macht mal ein Plakat/ Powerpointpräsentation nach folgenden...)


    Ist das üblich?

  • kommt wohl sehr aufs bundesland an.


    ich versuche mal für bayern zu antworten und zwar für deutsch, weil ich das selbst unterrichte (fünfter durchgang in einer fünf): die äußere form kann in bayern in die bewertung mit eingehen. wir haben fachschaftsintern die absprache, die form zu bewerten. unleserliches/geschmiere kann also tatsächlich zu weniger bewertungseinheiten ("punkte" sind hier der oberstufe vorbehalten, 0-15, ihr wisst schon) führen; in den großen leistungsnachweisen (fast immer aufsätze, die einzigen angekündigten, anzahl pro schuljahr je nach wochenstundenzahl des fachs) gibt es keine punkte, sondern eine globalbewertung für die ganze arbeit mit wortgutachten ("bemerkung") am ende. auch hier muss eine bemerkung zur form dabei sein, viele lehrer bewerten das auch mit. ist aber freilich nur ein faktor unter vielen.


    dass arbeiten mehrmals geschrieben werden ist hier gewollt; es gibt vom ministerium extra einen aufgabenpool dafür, auf den nur die fachbetreuungen zugriff haben. mehrmals dasselbe an derselben schule - kann schon mal vorkommen, eher unüblich.


    umfangreiche, benotete aufgaben für zuhause: ja, oft und öfter. von buchvorstellung bis vorbereitung einer fotostory, kommt oft vor. bei uns besuchen aber sehr viele schüler den offenen ganztag, so dass sich dergleichen für die studierzeit dort fast schon anbietet, weil eh alle aufeinander hocken. und ja, sowas wird oft nicht genügend im unterricht vorbereitet, sodass dann meist mama/papa-produkte vorgestellt werden (und nachher wütende eltern vor einem sitzen, die sich beschweren, dass "sie den vortrag eigentlich ganz gut fanden", und warum "wir" denn nur eine drei bekommen hätten...). als lehrer lernt man daraus und denkt sich dann halt andere aufgabenformate aus/thematisiert das auf elternabenden mehrmals.


    transferleistungen in prüfungen: vorgabe ist 30/40/30 für die anforderunsgbereiche I (reproduktion), II (reorganisation, also anwendung und transfer) und III (problemlösendes denken). die meisten prüfungen halten das ein, wobei gerade bei den kleinen I und II ab und an etwas überwiegen, weil einfach die inhalte bei den minis noch nicht soooo weltbewegend komplex sind. dafür ist dann der notenschlüssel meist strenger, da ja test sehr einfach. prüfungen sind hier - außer den erwähnten schulaufgaben - normalerweise unangekündigt (d.h. jede stunde muss das kind die inhalte der letzten und vorletzten stunde parat haben) und erfolgt auch in jeder stunde mündlich (meistens klassisch: einzelabfrage an der tafel mit denselben anforderungsbereichen; geht aber auch ohne, ich mache das z.b. fast gar nicht mehr/frage im plenum gezielt einzelne, gibt ein ähnlich gutes leistungsbild) oder schriftlich (mindestens 1x im halbjahr).


    anforderungen sonst: hohe selbstständigkeit der kinder, hohes arbeitstempo (auch feinmotorisch), hohe konzentrationsfähigkeit, gewisse robstheit kann nicht schaden. aber die braucht man vermutlich an allen weiterführenden schulen. oder noch anders: wir haben zum üben wenig bis keine zeit. das muss zuhause erledigt werden, wenn das kind das braucht. ich tendiere mittlerweile dazu, bei kindern, die viel üben müssen, zu sagen, dass sie am gymnasium falsch sind, zumindest im moment. abitur kann man auch später noch machen, wenn sich doch noch begabungen in die richtung zeigen. wir haben übertrittsquoten von 90%, nicht geschönt. ist für viele kinder sehr übel, da sie permanent an und über der leistungsgrenze sind und kaum was verstehen, nachdem sie schon die dritte und vierte klasse dank ehrgeiz-geld-eltern mit nachhilfe und noch mehr nachhilfe bewältigt haben.


    ein guter nachhilfelehrer kann hier für klasse vier vor dem übertritt durchaus von seiner tätigkeit leben, und das noch nicht mal schlecht.

    2 Mal editiert, zuletzt von kecks ()

  • Hängt evtl. auch vom Bundesland ab. Transferleistungen sind ausdrücklich Anspruch am Gymnasium ... nicht nur in Mathe. Einer meiner früheren Fachbetreuer in Geschichte war der Ansicht, dass ein Schüler in der Mittelstufe mit "nur perfekt gelernt" maximal eine 3 bekommen könne sollte (nicht meine Meinung, aber ja, für eine 1 braucht es Anwendung des Wissens, Beurteilung und Transfer).
    Thema von vor 7 Monaten: Grundwissen bzw. etwas, was nächstes Jahr wieder gebraucht wird, weil man darauf aufbaut? Natürlich brauchen Schüler in Englisch auch die Grammatik und Vokabeln, die vor 7 Monaten besprochen wurden und in der Zwischenzeit nicht dauernd geübt wurden.
    In Bayern heißt es ausdrücklich (und zwar nicht nur für Deutsch): "Die äußere Form (Schrift, Sauberkeit etc) kann in die Beurteilung einfließen (muss aber deutlich gemacht werden).

  • in einer Klassenarbeit stehen mehr Aufgaben auf dem Blatt, als Platz vorhanden, z.B. Rechts am Blattrand von oben nach unten senkrecht eine Aufgabe neben den anderen

    Das hat der Lehrer sicherlich nur gemacht, um Platz zu sparen bzw. um Kopierkosten zu sparen, wenn er noch eine weitere Kopie benötigt hätte. Prinzipiell gibt es keine "Formvorschriften" für das Erstellen von Klassenarbeiten.


    es gibt inoffiziell zentrale Klassenarbeiten. Also Arbeiten, die ein Kollege für alle vorbereitet und die wohl jahrelang im Umlauf sind (Kopienqualität), auf die aber die Kollegen nicht jeweils ihre Klasse speziell vorbereiten. Wenn Eltern dann nachfragen, woher das Kind wissen sollte, was es zu lernen hat, ist die Antwort immer: das haben wir gerade am Tag vorher genauso besprochen, stand an der Tafel.

    Klassenarbeitspools gibt es an jeder Schule. Das geht die Eltern gar nichts an, woher die Klassenarbeit stammt. Natürlich muss die Klassenarbeit den Vorgaben des Lehrplans entsprechen. Und in Englisch lauten bei uns die Vorgaben, dass es um die Kompetenzen geht und nicht um das "Thema". Die Kompetenzen Schreiben, Lesen und Hören müssen abgefragt werden und nicht das Thema "Schools in Britain". Wenn aber das "Oberthema" der letzten Wochen/ Monate "Schools in Britain" war, dann sollte natürlich keine Klassenarbeit drankommen, in der es um "Animals of Australia" geht. Wäre aber auch theoretisch möglich, wenn der Lehrer die Kompetenz "Hören" bewerten will und den SChülern ein Hörtext vorgespielt wird und diesen mit ihren bisherigen (aus allen Schuljahren umfassenden) Wortschatz bearbeiten können sollen.


    umfangreiche, benotete Aufgaben werden nach Hause mitgegeben (macht mal eine Buchvorstellung nach folgenden 15 Kriterien/ legt mal ein Herbarium an, nach folgenden 15 Kriterien/ macht mal ein Plakat/ Powerpointpräsentation nach folgenden...)

    Alles üblich und so gewollt. Natürlich keine Powerpointpräsentationen in Klasse 5, aber spätestens wenn man Powerpoint in Informatik oder einen anderen Fach mal gemacht hat.
    Herbarien sind schon immer üblich. Schon seit vielen vielen Jahren. Und bereits in Klasse 5 und später und umfangreicher in der Kursstufe.

    • Offizieller Beitrag

    - Es wird erwartet, dass Kinder prinzipiell alle Aufgaben im Kopf lösen, Nebenrechnungen sind ausdrücklich verboten

    Hab ich noch nie gehört. Eher gibt es Punktabzug, wenn man die Rechenschritte nicht aufschreibt, so dass der Lehrer nicht nachvollziehen kann, ob man das selber gerechnet oder abgespickt hat.

    - in einer Klassenarbeit stehen mehr Aufgaben auf dem Blatt, als Platz vorhanden, z.B. Rechts am Blattrand von oben nach unten senkrecht eine Aufgabe neben den anderen

    Könnte mit dem Kopierkontingent zusammen hängen. Manche Schulen haben eins, da zahlst du ab Kopie Xzig selber - da kommt dann sowas bei raus.

    - etwa die Hälfte der Aufgaben verlangen Transferleistungen, keine der Aufgaben wurde genau so vorher schon behandelt

    Ja, kann schon passieren. Nicht am Anfang der 5 und auch nicht so, dass der Transfer nicht "begleitet" wäre (also die Technik eingeübt, wie man überträgt, selber erfindet, umdenkt, eigene Lösungswege anwendet usw), aber doch... reine Reproduktion ist eher unüblich. Bringt ja auf Dauer auch nix.

    - wenn angekündigt wird, dass Thema x, y und z drankommen, wird mit Sicherheit noch ein Thema von vor 7 Monaten abgefragt

    Kann man so machen, ich kenne viele, die es aus Selbstschutzgründen (Frustrationsgefühle wie viel noch da ist ;) ) nicht tun. Aber ja, die Idee ist, langsam dahin zu kommen, nicht mehr nur punktuell zu lernen und dann alles in die geistige Tonne zu kloppen. Eine Zusatzaufgabe mit altem Stoff ist da nicht verkehrt. Versaut dir nicht die ganze Arbeit, kann aber ein Anreiz sein, kein bulimisches Lernen zu praktizieren.


    Zitat

    in Deutsch gibt es Punktabzug für "unschöne" Handschrift/ Überschrift zu sehr links, statt in der Mitte o.ä. - es gibt inoffiziell zentrale Klassenarbeiten. Also Arbeiten, die einKollege für alle vorbereitet und die wohl jahrelang im Umlauf sind(Kopienqualität), auf die aber die Kollegen nicht jeweils ihre Klasse speziell vorbereiten. Wenn Eltern dann nachfragen, woher das Kind wissen sollte, was es zu lernen hat, ist die Antwort immer: das haben wirgerade am Tag vorher genauso besprochen, stand an der Tafel.


    Kenne ich so nicht. Es gibt verbindliche Vergleichsarbeiten, die per Konferenz festgelegt werden, die Vorbereitung soll dann aber auch abgesprochen werden. Ob was an der Tafel stand oder nicht - tja: da stimmen die Kinderaussagen oft genauso wenig wie die Erinnerung der Kollegen ("Frau Meikeeee, das haben wir niehieeee gemacht!" "Warte, lass mich im elektronischen Klassenbuch nachgucken: am 18., 19, und 23. und 24. Oktober haben wir Folgendes getan ...." "Okayokayokayyyy"... ). Zur Handschrift: Ja, es kann Punktabzüge für die Form geben. Das sollte aber auch in der Fachkonferenz festgelegt werden, wie das genau aussieht. Bei uns galt immer: wenn das Wort überhaupt nicht mehr zu erkennen ist, wird es als Fehler angetrichen. Strengere Kollegen versuchen dann einmal es zu lesen, andere wie ich damals, starren 5 Minuten verzweifelt auf das Wort und murmeln wie ein Erstklässler vor sich hin "miehdertee.." "weiherderteee" "hmmmm... wieherteterden - verdammt!" - das verlängert die Korrekturen natürlich. Position der Überschrift - naja, wenn es eine abgesprochene Technik war - klar kann man alles, was man als Technik eingeführt hat, auch werten, wenn sich nicht dran gehalten wird. Ist wie im Sport. Ob ichs nötig finde? Nö.


    - umfangreiche, benotete Aufgaben werden nach Hause mitgegeben (macht mal eine Buchvorstellung nach folgenden 15 Kriterien/ legt mal ein Herbarium an, nach folgenden 15 Kriterien/ macht mal ein Plakat/ Powerpointpräsentation nach folgenden...)

    Seit die Kinder regelmäßig Nachmittagsunterricht haben, wird das bei vielen Kollegen zunehmend weniger. Ich (und viele mit denen ich zusammen arbeite) geben fast nur noch optionale Hausaufgaben auf "Wer das noch nicht ganz drauf hatte beim Kurztest, der sollte X und Y oder zusätzlich Z machen". In der 5 klappt das mit der Selbsteinschätzung nicht so, da gab ich aber auch nie HA von einem zum nächsten Tag auf, weil ich keinen Überblick hatte, wie viel die noch so hatten. In der OS gebe ich fast keine Pflichtaufgaben mehr, außer ggf. mal Recherche oder Vokabeln. Umfangreiche Aufgaben wie Lesetagebuch, Buchvorstellungen oder so können schon vorkommen, das sind einfach Techniken, die zu viel Unterrichtszeit wegnehmen wo jeder still vor sich hinpuzzeln muss und vpr allem auch in seinem eigenen Tempo arbeiten soll/muss (der eine liest ja 10 Mal so schenll wie der andere, geht ja nur zu Haus). Find ich in Ordnung. Ich finde nichts in Ordnung, was Geld kostet - wenn das Herbarium vom Material her nicht draußen wächst, wäre es bedenklich.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Hallo,


    meine jüngste Tochter ist im Sommer zum Gymnasium gekommen und ich staune auch über den Anspruch. (Sie ist auch mein erstes Kind, das zum Gymnasium geht.)
    Bei ihr werden aber immer Tests oder Klassenarbeiten vorher angekündigt. Es wird auch gesagt, was die Kinder lernen sollen. (Ich hoffe das bleibt in der 5. erstmal so)
    Gleiche Klassenarbeiten zu schreiben finde ich wegen der Vergleichbarkeit ganz gut. Bei meiner Tochter passten die Arbeiten auch immer gut zum vorangegeangenen Thema.
    Gerade in Deutsch wird die Benotung auch sehr transparent gemacht. Ich meine es gibt eine inhaltliche Bewertung und die Darstellungsleistung wird bewertet. Mathe ist sehr anspruchsvoll. Bei der letzten Arbeit wurde die Gesamtpunktanzahl gekürzt, weil der Lehrer zu viele Aufgaben gestellt hat und niemand fertig geworden ist. Nebenrechnungen sind erlaubt.
    Am Schwierigsten sind für meine Tochter das fruhe Aufstehen, die vielen Hausaufgaben und die vielen Wochenstunden, obwohl es nur ein Nachmittag und 30 Wochenstunden sind.
    Ich hoffe meine Tochter gewöhnt sich bald ein und wird wieder fröhlicher.
    LG


  • oder noch anders: wir haben zum üben wenig bis keine zeit. das muss zuhause erledigt werden, wenn das kind das braucht.

    Oh ja!
    Das Gymnasium erfordert die Fähigkeit, abstrakt denken zu können - und das ganze bitte schnell. Das sind die Anforderungen.
    Ich habe hin und wieder mal Realschüler bei uns in der Oberstufe, die erzählen schon immer wieder, dass das Vorgehen auf dem Gymnasium extrem anders ist, die Realschule arbeitet kleinschnittiger, der Gymnasiast muss sehr schnell recht große Sprünge schaffen.
    Man bemüht sich als Lehrer, den Kindern zu helfen, aber gerade in der 5/6, wenn die Kinder doch sehr unterschiedlich schnell reifen, haben die noch verspielteren echt Stress, bauen schnell Lücken auf, die sich dann mitunter sehr gnadenlos rächen, weil die Basis schlicht nicht da ist. Und das ist dann einfach insbesondere für das Kind totaler Mist, wenn es sich abmüht, aber immer wieder scheitert - und dazu sieht, dass andere das aber sehr wohl hinkriegen. Da kann es sich ja fast nur zu dumm fühlen - auch wenn es oft, aus meiner Sicht, viel eher das Tempo ist, dass für diese Kinder an dieser Stelle noch zu schnell ist (auch wenn es natürlich Kinder gibt, die den Abstraktionsgrad schlicht nicht oder nur eingeschränkt erreichen).


    Gymnasiallehrer haben i.d.R. recht wenig Erfahrungen im Binnendifferenzieren. Und auch oft keinen Raum - und schon gar keine Zeit, das alles zu kontrollieren. Und meine Erfahrung ist inzwischen, dass gerade die Leistungsschwächeren mit eigenständigem (Er)Arbeiten massiv überfordert sind.


    Das System krankt meiner Meinung nach an G8, das falsch umgesetzt wurde - und dem Prinzip, dass Gymnasium ohne Unterstützung durch die Eltern deutlich schwieriger ist, was die sogenannten bildungsfernen Schichten oft nicht leisten können... aber das ist ein ganz anderes Thema...

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • Und daran dads Hinz und Kunz ihr Kind am Gymnasium anmelden können. Kein Wunder dass zu Zeiten von Grün Rot die Durchfallquote in der Orientierungsstufe erheblich angestiegen ist.


    Meine Sorge ist nicht das fallende Niveau durch die Lehrer. Da vertrau ich auf meine Kollegen. Ich befürchte eher eine schleichende Entwertung durch die Vorgabe inwieweit z.B. formale Kriterien wie Rechtschreibung, Grammatik usw. in die Gesamtnote zählen dürfen. Oder im Rahmen des Lehrplans Inhalte herausgenommen werden oder durch Laberthemen ersetzt werden.

  • Und daran dads Hinz und Kunz ihr Kind am Gymnasium anmelden können. Kein Wunder dass zu Zeiten von Grün Rot die Durchfallquote in der Orientierungsstufe erheblich angestiegen ist.


    Meine Sorge ist nicht das fallende Niveau durch die Lehrer. Da vertrau ich auf meine Kollegen. Ich befürchte eher eine schleichende Entwertung durch die Vorgabe inwieweit z.B. formale Kriterien wie Rechtschreibung, Grammatik usw. in die Gesamtnote zählen dürfen. Oder im Rahmen des Lehrplans Inhalte herausgenommen werden oder durch Laberthemen ersetzt werden.

    Herzlich Willkommen bei uns... genau das passiert hier, Englisch ist bei uns das eigentliche Laberfach geworden, wirklich was wissen/können muss man nicht... wer halbwegs ordentlich Englisch kann, sich halbwegs strukturieren kann, halbwegs mit Texten umgehen kann, der sollte eigentlich recht problemlos eine 3 schaffen können, aber mindestens ein Ausreichend...
    Ich bin definitiv kein Freund des reinen Paukens (selber schon als Schüler zu faul für gewesen ;-P), aber das die Kompetenzorientierung so völlig zulasten des Wissens ging - zumindest in der Oberstufe... na ja... In der SI kann man an den grammatischen Inhalten ja recht wenig ändern (aber wenn man sich mal die Aufgaben des Lernstandsvergleichs in der Klasse 8 anguckt, da staunen wir immer wieder: Das, was da abgefragt wird, hat mit dem Deutschunterricht des Gymnasiums herzlich wenig zu tun...Englisch ist für unsere Schüler meistens auch totaler pipifax und oft wird die Rechtschreibung ja auch gar nicht bewertet, wenn die Schreibung so ist, dass man das Wort erkennen kann und es inhaltlich richtig war: volle Punktzahl...) *seufz*


    Edit: Aber dafür muss man natürlich erst mal bis in die Oberstufe kommen - wobei das immer wieder erstaunlich vielen gelingt... was meine EF im Moment zum Beispiel abliefert... ich kann mir nicht erklären, wie die bis in diese Stufe gekommen sind. Ich hatte in beiden Klausuren einen Schnitt von 4,0 bzw. 4,1! Das passiert in dem Fach eigentlich nicht! I.d.R. (dank der schwammigen Bewertungsmaßstäbe des Zentralabiturs) habe ich Schnitte zwischen 2,1 und 3,2, wenn es mal schlechter läuft...

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

    Einmal editiert, zuletzt von katta ()

  • Vielen Dank für eure zahlreichen Antworten. Dass ein Siebtklässler eine PowerPoint erstellen soll, wenns ihm der Info-Lehrer vorher gezeigt hat, ist ja normal. Aber ich rede von den Erwartungshaltungen an die neuen Fünfer. Also Herbarien, Powerpoint etc. in Klasse 3 bedeutet: die Mutti wirds schon machen. Das führt dann dazu, dass "bemühte Elternhäuser" die Zweien sammeln (bei Schönschrift des Nachwuchses Einsen) und Kinder, die auf sich gestellt sind, nicht die Gymnasialempfehlung bekommen.
    Effekt, wie von kecks beschrieben: "Das haben wir doch schön gemacht"- aus der nicht unbegründeten Angst, die Note des eigenen Kindes sinkt, wenn alle anderen Aerztekinder die Aufgaben von den Eltern erledigt bekommen.

  • ALs Mutter einer Viertklässlerin (auf der Suche nach der richtigen Schule) und Grundschullehrerin habe ich da aber auch so meine Fragezeichen. Angeblich machen doch 60% das Abitur. Können die alle, oder die Mehrheit wirklich, dass was ihr hier fordert?

  • nein. daher ja auch der stress mit deren eltern und der große stress für die betreffenden kinder. ich habe in der oberstufe einige schüler, die vor weihnachten in den letzten drei wochen im schnitt vier stunden geschlafen haben. sie schicken nachts um halb drei ihre handouts an mich oder andere kollegen ab, nachdem sie endlich fertig sind mit der referatsvorbereitung. grund: sie müssen extrem viel arbeiten, weil sie ihre 05 punkte überall - mit glück mal 08 oder in sport und kunst oder bei einem netten relikollegen mal zweistellig - nur mit ewig und noch längerem auswendiglernen gebacken bekommen. das kostet extrem viel zeit *und* ist frustrierend, weil sie eben nichts verstehen. grund: abstraktionsvermögen fehlt oder zu große lücken im grundwissen, da zuviel zuschnell auf einmal (also verarbeitungstempo einfach zu langsam, meist v.a. bei abstrakten sachen und/oder konzentrationsvermögen zu klein und/oder diszplin gleich null).


    die machen alle abitur, sind aber auch mit aller mühe der welt - von ihnen selbst und von außen - vermutlich eher nicht studierfähig. nicht falsch verstehen, das sind ganz tolle junge leute. und das meine ich wirklich so. es tut mir immer weh, die so strampeln zu sehen, und ich bin kurz davor, mir aufkleber mit "fos/bos - auch eine tolle schule" oder so drucken zu lassen.


    und wir haben hier noch einen übertritt nur mit 2.33 in den hauptfächern. das kann man aber schaffen, wenn man genug geld und zu wenig skrupel dem eigenen kind gegenüber hat. 1.5 jahre jeden nachmittag zwei stunden nachhilfe bei erfahrenem kollegen - und schon klappt das. wenn man das so nennen will.


    die 'echten' gymnasiasten haben dagegen durchaus freizeit, da ja kein gebundener ganztag, d.h. die machen leistungssport, spielen ein instrument oder haben einfach zeit zum langweilen. aber das sind halt eher zwanzig bis dreißig prozent des jahrgangs, nicht neunzig (unser übertritt hier vor ort) und auch nicht die sechzig prozent, die wir zum abitur bringen. aber das ist meines wissens die quote von fachabi + allgemeines abi. fachabi ist zumindest hier sehr, sehr, sehr viel einfacher.

  • Vielen Dank für eure zahlreichen Antworten. Dass ein Siebtklässler eine PowerPoint erstellen soll, wenns ihm der Info-Lehrer vorher gezeigt hat, ist ja normal. Aber ich rede von den Erwartungshaltungen an die neuen Fünfer. Also Herbarien, Powerpoint etc. in Klasse 3 bedeutet: die Mutti wirds schon machen. Das führt dann dazu, dass "bemühte Elternhäuser" die Zweien sammeln (bei Schönschrift des Nachwuchses Einsen) und Kinder, die auf sich gestellt sind, nicht die Gymnasialempfehlung bekommen.
    Effekt, wie von kecks beschrieben: "Das haben wir doch schön gemacht"- aus der nicht unbegründeten Angst, die Note des eigenen Kindes sinkt, wenn alle anderen Aerztekinder die Aufgaben von den Eltern erledigt bekommen.

    Was zum Teil auch schon in der Grundschule an Referaten für ein tamtam gemacht wird ist auch nicht feierlich. Da helfen einige Eltern ganz schön mit.


    Ich sag meinem Kleinen dann immer, er soll sich da nicht so reinsteigern. Er wird schon ein Gefühl dafür über die Jahre gewinnen. Ich bin zufrieden, wenn er richtig schreibt, korrekt rechnet, sein Interesse an seinen Abenteuerbüchern behält und ab und an beim Papa in die FAZ schaut.

  • Kecks, danke für deine Antwort.


    Bei uns gibt es ja keine Notengrenzen. Meine Tochter hat alles zweien und eine Drei, mal in Mathe oder Deutsch. Der Lehrer sagt, dass sie intelligenzmäßig auf Gymnasialniveau ist, vom Arbeitsverhalten eher nicht. Daher haben wir uns für die Bewerbung auf der Gesamtschule entschieden.


    Aber ich schlucke immer wieder wenn ich die Anforderungen so lese. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass so viele um 05 Punkte krebsen. Die Abiturquoten sprechen da ja eher eine andere Sprache....

  • wenn das Herbarium vom Material her nicht draußen wächst, wäre es bedenklich

    Ja, nachdem ich die fünf auf mein nicht ordentlich bestücktes Herbarium kassiert hatte, waren da plötzlich massenhaft Buschwindröschen. Überall. Echt, ich seh die jetzt seit dreißig Jahren ständig. Nur vorher halt nicht...

    „Think of how stupid the average person is, and realize half of them are stupider than this.“ - George Carlin

  • @kecks, würdest du behaupten, dass du mit Sicherheit im fünften Schuljahr erkennen kannst, wer ein/e "echte/er GymnasiastIn" ist? Oder ändert sich diese Einschätzung in Klasse 5-10 nochmal bei einigen?

  • naja, allein schon, dass schriftlich und mündlich eins zu eins zählen. das war vor gar nicht allzu langer zeit noch nicht so. das gleicht ganz viel aus an nicht-können - mündlich kann man sehr viel kaschieren, vor allem als kind aus akademiker-haushalt mit passendem habitus. da lassen sich viele kollegen, zusammen mit dem druck durch die eltern, einwickeln bzw. auch einschüchtern, je nach typ.


    dann noch die neufassung der lehrpläne und auch der prüfungskultur in richtung kompetenzgedöns (das nicht nur schlecht ist, aber eben nicht nur mehr kinder mitnimmt, sondern auch punkte verteilt für "sag deine meinung und schreib irgendeinen grund dazu", als ob das problemlösendes denken wäre, aber die operatoren-vorgaben sind halt so) - voila, höhere abiturquote.

  • @kecks, würdest du behaupten, dass du mit Sicherheit im fünften Schuljahr erkennen kannst, wer ein/e "echte/er GymnasiastIn" ist? Oder ändert sich diese Einschätzung in Klasse 5-10 nochmal bei einigen?

    natürlich nicht bei allen, und eine glaskugel ist man ja eh nicht. aber ich persönlich habe schon die erfahrung gemacht, dass begabung letztlich da ist (siehe korrelation iq und schulnote, r= 0.5 oder so, höchste korrelation überhaupt für iq!), oder eben nicht. und wer kognitiv begabt ist, dem fällt das gymnasium eher leicht, den sehr begabten zumindest inhaltlich extrem leicht, und dann gibt's eben auch welche, wo trotz aller mühen ab einem gewissen punkt immer ein fragezeichen erscheint, weil das kind einfach nicht folgen kann. manchmal ist es nur das tempo, aber bei manchen ist es eben nicht nur das, sondern grundlegender.


    ich weiß, sowas zu sagen ist nicht so beliebt. aber sugar coating ist ja auch keine rettung. fos/bos ist wie gesagt meiner meinung nach auch ne tolle schule und selektierendes system funktioniert nur, wenn wir auch wirklich selektieren, also versuchen, homogene gruppen zu bilden, soweit das möglich ist.


    edit: was sich ändert ist die reife bei manchen kindern. die sind in 5 oft noch überfordert, aber nicht wegen des stoffs, sondern wegen der wenig verspielten, disziplinierten schulkultur. die kann man aber abholen, wenn man das als lehrer will, und darum bemühen sich viele kollegen durchaus. und wie gut die schon denken können, wenn sie mal drei minuten dieselbe sache betrachten, das merkt man ja sofort, wenn sie sich mal für ein thema begeistern, was ja bei kleinen extrem leicht zu haben ist, mangels pubertät.

    Einmal editiert, zuletzt von kecks ()

  • und wer kognitiv begabt ist, dem fällt das gymnasium eher leicht, den sehr begabten zumindest inhaltlich extrem leicht, und dann gibt's eben auch welche, wo trotz aller mühen ab einem gewissen punkt immer ein fragezeichen erscheint,

    naja, diese Erkenntnis ist ja nicht allzu weise ;) Die Frage ist ja, wer das wann woran erkennt und festzimmeet. Der Grundschullehrer entscheidet das objektiv und natürlich unabhängig von der Klassennorm/ dem Einzugsgebiet?


    Mich ärgert, dass an unseren Grundschulen (Region hier) so ein Stress gemacht wird, mit der Einstellung: wenn wir nur genug Druck machen, die Kinder immer mal ein bisschen bloßstellen, in den Arbeiten Zeitdruck ausüben und schon Anfang dritte Klasse wissen: wer nicht schön schreibt, der ist in der Hauptschulschublade. Aber das kann man nur nachvollziehen, wenn man das mit eigenen Augen sehen muss...


    Ich poche übrigens nicht auf "Gymi für alle!" so herausragend ist die Schulformen nun auch wieder nicht. Gerade für Leistungsstarke/ Interessierte.

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