Geldstrafe für Beschimpfungen?

  • Liebes Forum,


    meine 5. Klasse ist ja nicht gerade zimperlich, was das Beschimpfen ihrer Mitschüler betrifft. Viele stört es aber auch und so war der Umgang mit Beleidigungen letzte Woche Thema im Klassenrat. Ein Schüler hat vorgeschlagen, man solle pro Beschimpfung im Unterricht 20 Cent in die Klassenkasse zahlen. Stieß auf ziemliche Zustimmung, ist zwar noch nicht entschieden (Abstimmung erst nächste Woche) wurde aber in der Woche schon oft eingefordert. Nun frage ich mich (mal abgesehen davon, wie ich es finden soll, das unsere Schüler - Zitat eines Kollegen - "nur die Sprache des Geldes verstehen"), ob das so rechtens ist, es lässt sich ja bei Verweigerung auch nicht wirklich durchsetzen. Hat jemand mit solchen "Beschlüssen" Erfahrungen und den ein oder anderen Hinweis, den ich vor der Abstimmung noch mal zu Bedenken geben könnte?
    Ich erinnere mich nur, dass mein Englischlehrer 10 Pfennig von denjenigen eingesammelt hat, die LONDON nicht englisch genug ausgesprochen haben. Für die ca. 20 DM, die da zusammen kamen, gab es am Ende des Schuljahres englische Süßigkeiten. War eigentlich ganz lustig, ist mir im Kopf geblieben und ich spreche London nie wieder deutsch aus... Ist aber halt das Prinzip Strafe statt Einsicht.


    Danke für Hilfe und
    schöne Grüße
    FrauLehrerin


    P.S. Nur als Hinweis: Übungen zu konstruktiver Kritik, einem angenehmen Umgehen miteinander, Höflichkeit etc. führen wir schon durch, fruchten aber nur langsam und nicht bei allen...

  • Hm, ich weiß nicht... wenn ich das bei uns durchsetzen würde, hätten wir ganz schnell die nächste KLassenfahrt finanziert ;)


    Nein, im Ernst, find ich nciht so günstig, das über Geld zu regeln. Was hat das denn mit dem eigentlichen Beschimpfen inhaltlich zu tun? Gar nichts.
    Bei uns sind Beschimpfungen an der Tagesordnung - die Schüler müssen dann eine Entschuldigung malen oder schreiben und sich auch vernünftig bei dem anderen entschuldigen. Wenn es richtig heftig aus dem Ruder gelaufen ist, darf sich das andere Kind etwas wünschen, z.B. dass der andere eine Hausaufgabe erledigt oder sie Spotstunden tauschen. Funktioniert natürlich nur, wenn die Kinder in unterschiedlichen Klassen sind. Wenn es sehr heftig war, informiere ich auch immer die Eltern.
    Ansonsten haben wir Verstärkerpläne und bemühen uns, das positive Verhalten in den Vordergrund zu rücken. Die Kinder haben Detektivpläne mit einem festen Vorsatz. Z.B. ich rede freundlich mit meinen Mitschülern. Nach jeder Stunde tragen sie sich einen Smilie ein, je nachdem wie es geklappt hat. Die Smilies können dann eingelöst werden gegen hausaufgabenfrei, ein Spiel, einen Besuch beim Spielplatz etc.

  • Hallo,


    ich halte Geldstrafen sowohl für sinnlos, als auch für unangemessen.
    Der Ursache wird damit in keinster Weise entgegen gewirkt. Mal ganz davon abgesehen, dass ich es als Mutter befremdlich fände, wenn meine Kinder schulischerseits Geldstrafen zu zahlen hätten.


    Ich sehe keine Bezug zur Sache an sich.
    Meiner Meinung nach sollte eine Strafe wann immer möglich (und nötig) im unmittelbaren Bezug zur Sache stehen.


    Kinder die andere beschimpfen machen das Klassenklima madig.
    Wenn Strafe, dann sollten diese Kinder etwas machen, das einem positiven Klassenklima entgegenwirkt.


    Liebe Grüße
    strubbelsuse

  • Hallo,


    davon abgesehen ist es ein Mordsaufwand. Die Kinder werden ihr Geld nicht dabei haben, du musst dann notieren und hinterherlaufen, wissend, dass man die Kinder eigentlich nicht zur Zahlung verpflichten kann.


    Kinder werden sich weigern, die Strafe zu zahlen weil "der andere ja auch...". Dann musst du die Situation doch pädagogisch klären.


    Ich find´s kein gutes System.


    LG
    Tina

    Ein Hund denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, sie müssen Götter sein!" Eine Katze denkt: "Sie kümmern sich um mich, sie versorgen mich, ich muss ein Gott sein!"

  • Die Probleme sehe ich auch. Ich würde es auch nicht nachhalten, da es eine Klassenratsentscheidung ist und die Beschlüsse führen die Kinder selber durch. Und hier ist auch mein eigentliches Problem. Ich bin davon ja selber nicht überzeugt, aber die Schüler waren sehr begeistert. Andererseits ist die Grundidee unseres Klassenrates, dass die Schüler bei Konflikten Lösungen suchen, Mehrheitsentscheide treffen und sie selber durchführen. In diesem Sinne bin ich geneigt, sie es mal auszuprobieren zu lassen und die Schwierigkeiten zu erkennen, anstatt dass ich sie ihnen jetzt schon voraussage.


    Immer noch mit Fragezeichen
    FrauLehrerin

  • Geldstrafen treffen arme Schüler härter! Gibt es nichts in der Schule, was getan werden muss? Falls doch, dann erscheinen mir 15 Minuten gemeinnütziger Arbeit in der Schule fairer. Jeder hat gleich viel Kapital, es trifft also alle gleich hart und fair. Und wäre es nicht erzieherisch hilfreich, wenn die Streithähne dann gemeinsam z.B. dem Hausmeister helfen?


    Gruß,
    Remus

    Die Wälder wären sehr still, wenn nur die begabtesten Vögel sängen - HEnRy vAn dyKe

  • Najaaaaa, pädagogisch oder nicht - es wird ja keiner gezwungen, mit Schimpfwörtern um sich zu werfen; so gesehen kann ja jeder damit umgehen wie er möchte. Ob arm oder nicht - DIE Chancengleichheit gibt es eh nie in der Schule, und wie ich rede, kann ja ich selber beeinflussen :D .


    Es wird zur Folge haben, dass es den Schülern bewusst wird, DASS sie so reden, und WIE OFT das geschieht. Und die Beschimpfungen werden deutlich abnehmen! Ob das jetzt die Ursache bekämpft oder nicht, ist in dem Fall egal, find ich - noch dazu, wo ihr eh auch andere Maßnahmen ergreift.
    Und da das Geld ja allen zu Gute kommt ...


    Also MEINE Kinder würden es vermutlich ok. finden (muss ich mal fragen, wenn sie wieder zu Hause sind *g*).


    Ich würde einen Vertrag aufsetzen in dem drinnen steht, für welche Wörter oder Redewendungen zu zahlen ist, denn sonst diskutiert ihr bei jedem Wort neu aus, ob das unter Beschimpfung fällt. Und wenn jeder damit einverstanden ist (unterschreiben lassen!), wäre es zumindest einen Versuch wert, finde ich.


    Was ich mir schwieriger vorstelle, ist das Überprüfen, wer tatsächlich bezahlt hat. Allerdings könnte man das auch halbwegs locker handhaben - im Prinzip geht es ja um's Bewusstmachen, also selbt wenn jemand mal nicht bezahlt, dann weiß er trotzdem, dass er so nicht reden soll.
    Für Vielzahler sollte man sich dann vielleicht ein anderes Modell überlegen: Für jeden Tag ohne Schimpfwort ein Punkt, bei zehn Punkten, was weiß ich was als positive Verstärkung).


    Ich kenne jetzt deine Schüler nicht, aber so dermaßen abgebrühte, berechnende Charaktere sitzen zumindest in meiner Klasse nicht (à la: ich red weiter so, sollen die mal anfangen kassieren, wenn sie sich trauen) - im Prinzip liegt den Kindern schon etwas an einem guten Miteinander.


    Fazit: wenn die Idee von den Schülern kam und von den allermeisten gut geheißen wird, würde ich es probieren :D .

  • Da bin ich skeptisch ...
    Ich warte eigentlich nur auf den Tag, an dem ein Schüler einen Euro in den Topf wirft und sagt: "Heute hab' ich 5 Beschimpfungen gut!"


    Gruß, Forsch

  • Ja, aber nach 5 Beschimpfungen ist dann eben Schluss - ich glaub', der Spass daran läuft sich einfach tot, die Provokation die es auslösen soll,...


    Ich würde es probieren nach dem Motto: Nutzt's nix, so hat es wenigstens die Kasse gefüllt :D .

  • Vorsicht.
    Geldstrafen sind unzulässig.
    Die Schule darf keine Geldstrafen erheben - das müsste gesetzlich geregelt sein. Inclusive Bußgeldtabelle ;)
    Geldstrafen (z.B. für Schulschwänzer) müssen über die Bußgeldstelle der Gemeinde abgewickelt werden und laufen nicht über das Sekretariat der Schule.


    Falls ein Lehrer das auf eigene Initiative einführt, gerät er mit dem Gesetz und Haushaltsrichtlinien in Konflikt (Errichtung eines Schattenhaushaltes), weil er auf eigene Kappe eine Gebührenordnung einführt.


    Falls jemand das lächerlich findet: Ein Polizeibeamter wurde disziplinarrechtlich abgestraft und erhielt ein sehr hohes Bußgeld (ich glaube 1000 €), weil er vom Diensttelefon aus private Gespräche geführt hatte. Es ging um 1,75 €.


    Als Beamte bekommen wir gewaltig eins auf den Deckel, wenn wir uns nicht an Recht und Gesetz halten.....


    z.B.: Führt ein Beamter während der Dienstzeit Privatgespräche und generiert so einen beträchtlichen Schaden, hat sich der Beamte eines schwerwiegenden Dienstvergehens schuldig gemacht und muß mit der Entfernung aus dem Dienst rechnen.


    Streng genommen darf ein Lehrer auch keine Klassenkasse führen. Diese muss von der Klassenpflegschaft (Elternvertreter) geführt werden - incl. Kassenprüfer.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

    Einmal editiert, zuletzt von alias ()

  • Ich krame mal den Thread wieder raus, habe da ein paar Fragen.


    In meinem Förderunterricht der 6. Klasse hat in der letzten Stunde ein Junge einen anderen mit einem Ausdruck betitelt und nach ihm geschlagen.
    Ich habe ihm irgendwas zugerufen, ob es ihm noch gut geht, oder sowas in der Art. Außterdem sagte ich, dass ich sowas nicht mehr hören will. Leider bin ich mit solchen Situationen nicht besonders gut vertraut.
    ?(


    Ein Mitschüler meinte dann, wer beschimpft, könne ja 10Cent zahlen.
    Wir waren im Klassenzimmer einer 5. Klasse und da hingen "Verhaltensregeln" an der Wand, wonach es bei Beschimpfen, Schlagen, etc verschiedene Geldstrafen gibt.
    Der SChüler, der beschimpft hatte, warf dann ein, dass sie ja nicht die 5. sondern die 6. Klasse seien.
    Ich sagte dann, sie könnten ja dann das Doppelte bezahlen, da sie ja schon größer seien als die 5.-Klässler und sich eigentlich anständig benehmen können müssten.
    Darauf sagte niemand mehr was.


    Danach war Ruhe und ich machte mit meinem Unterricht weiter.
    Es passierte nichts weiter in dieser Art.
    Ansonsten waren sowieso alle Schüler brav und haben auch gut mitgearbeitet. Gestritten haben sie sich nur darum, wer die Aufgaben lösen darf. *g


    Zu hause habe ich dann über die Situation nachgedacht und überlegt, ob ich richtig gehandelt habe.
    Hätte ich den Schüler bestrafen müssen? Wenn ja, wie?
    Ich denke mir, ich hätte die beiden vielleicht nach der Stunde noch kurz dabehalten sollen und eine Entschuldigung des einen beim anderen verlangen sollen. Oder?
    Ich bin mir unschlüssig. Was würdet ihr machen?

  • Ich kenne so etwas als Absprachen der Klassengemeinschaft. Die darf vermutlich auch ein Sparschwein aufstellen und Bußgeld kassieren. Bei meiner Tochter wird Kuchen gebacken. Woran man sehen kann, dass Schimpfworte in ihrer Klasse eher seltene Ereignisse sind. Die Lehrer backen im Falle des Falles auch.


    Grüße Enja

  • Wenn Du selbst grundsätzlich höflich zu allen Schülern bist, geben sie Dir das zurück.
    Dazu gehören alle diese Dinge, wie Tür aufhalten, helfen, den Anderen beim Vornamen nennen, bitte, danke usw.


    Wenn Du bei KLEINSTEN Unhöflichkeiten SOFORT und für alle hörbar dazwischenfunkst, hast Du bald ein gutes Klassenklima und Deine Hinweise werden immer seltener nötig sein.
    (Bsp. für das Dazwischenfunken: "Halt! Wir wollen doch höflich bleiben!"
    NICHT: "Hallo?" oder "Na toll!" oder andere falsch zu verstehende Worte!)


    Das genügt vollkommen.

  • Zitat

    müllerin schrieb am 05.02.2006 16:09:
    Najaaaaa, pädagogisch oder nicht - es wird ja keiner gezwungen, mit Schimpfwörtern um sich zu werfen; so gesehen kann ja jeder damit umgehen wie er möchte. Ob arm oder nicht - DIE Chancengleichheit gibt es eh nie in der Schule, und wie ich rede, kann ja ich selber beeinflussen :D .


    Ich denke, dass besser situierte Schüler sich eventuell unter den Umständen, mal eher eine Beschimpfung 'leisten' werden, als Ärmere es könnten, womit die Chancengleichheit nicht gegeben wäre.
    Im Gegenteil. Reich kann sich Beschimpfung locker leisten. Arm darf aber kein Wort dazu entgegnen, da er nicht über die finanziellen Mittel verfügt.
    Das bringt in meinen Augen eher ein neues Problem, als eine Lösung des ursprünglichen.

    wer Rechtschreibfehler findet, darf sie gerne behalten.

  • Ich weise nochmals auf meinen Beitrag weiter oben hin.
    Geldstrafen sind in der Schule verboten.


    Auch bei kleinen Beträgen kann dies straf- und disziplinarrechtliche Folgen für den Lehrer haben.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Wird wohl eine Definitionssache sein.


    Wenn die Klassenkasse damit aufpoliert wird, zahlen halt die 'Reichen' mehr ein, wenn ihnen das eine Beschimpfung wert ist.


    Wobei ich mich so ganz grundsätzlich darüber wundere, warum manche eigentlich immer vom Negativfall ausgehen. Ich wäre bis gerade eben gar nicht auf die Idee gekommen, dass es Schülern so wichtig sein kann, mit Schimpfwörtern um sich zu werfen, dass sie dafür sogar gerne zahlen (weil sie ja mehr haben als andere ?( ). Wenn das tatsächlich der Fall wäre, dann bestünde eh in anderer Hinsicht Handlungsbedarf, dann stimmt nämlich was ganz gewaltig auf der Beziehungebene nicht.


    Aber vielleicht bin ich auch nur blauäugig. 8o

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