Zusammenhang Referendariat - Lehrer

  • Hallo zusammen,


    ich frage mich gegenwärtig, wie stark der "Zusammenhang" zwischen Referendariat und dem eigentlichen Lehrberuf eigentlich ist und hoffe, ihr könnt mir dabei vielleicht ein wenig Aufschluss geben.


    Hintergrund der Frage ist, dass ich (nachdem ich ja letzten Herbst einmal durch das Zweite Examen gefallen bin) jetzt so langsam echt ans Ende meiner Kräfte komme und darüber nachdenke, eine Therapie zu machen - keine Ahnung, ob mir das wirklich was helfen wird, ich habe halt nur das Gefühl, alleine nicht mehr klar zu kommen.
    Habe mich jetzt natürlich durchs Internet gelesen und bin dabei u.a. mehrfach auf die Meinung gestoßen, dass, wenn man aus Gründen des Referendariats eine Therapie macht, doch einmal ernsthaft drüber nachdenken solle, ob der Beruf dann wirklich etwas für einen ist... Das Ganze bringt mich halt schon etwas ins Grübeln.
    Bei mir ist es so, dass eigentlich alle der Meinung sind, dass ich gut in die Schule passe und den Beruf gut ausüben kann (solche Aussagen kommen von Kollegen, Schulleiter, aber auch von den Fachleitern).


    Die Frage, die ich mir also eigentlich stelle, lautet, sagt mein Gefühl der Überforderung, des Nicht-Mehr-Könnens nach über zwei Jahren Referendariat, einem nicht bestandenenen Zweiten Examen und der schlechten Erfahrung mit Fachleitern, die mich massiv verunsichert haben (wobei es hier weder um Mobbing noch um sachlich völlig falsche Kritik geht - eher um die Schwerpunktsetzung und vor allem die Art und Weise der Kritik) aus, dass ich für den Beruf des Lehrers nicht geeignet bin?
    Oder sind die Anforderungen im Ref mit dem eigentlichen Beruf nicht so sehr zu vergleichen?


    Ich weiß, dass ihr mir diese Frage nicht wirklich beantworten könnt, da ihr mich nicht kennt - aber eine allgemeine Einschätzung oder andere Erfahrungsberichte würden mir vielleicht auch schon helfen.


    Danke fürs "Zuhören"!


    Katta

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • Ich denke, ob du im "normalen" Lehreralltag besser zurecht kommst als im Ref, hängt v.a. davon ab, WARUM du durchgefallen bist bzw. dich am Ende deiner Kräfte fühlst. Liegt es an Umständen, die speziell mit dem Ref zu tun haben (z.B. Prüfungsdruck/-angst) oder an solchen, die den Beruf an sich betreffen (z.B. Probleme in der Klassenführung)?


    Wieso bist du denn durchgefallen, wenn Folgendes der Fall ist:


    Zitat

    (Original von katta) Bei mir ist es so, dass eigentlich alle der Meinung sind, dass ich gut in die Schule passe und den Beruf gut ausüben kann (solche Aussagen kommen von Kollegen, Schulleiter, aber auch von den Fachleitern).


    ?

  • Hallo katta,


    die Frage ist, was dich genau am Ref so fertig macht. Ist es das ständige kontrolliert werden von Fachleitern (und auch Ausbildunglehrern, denn da steht man ja auch unter Dauerbeobachtung) und die von außen aufgedrückten Vorstellungen von gutem Unterricht? Das geht nach dem Ref ganz schnell vorbei, man muss dann nur noch den Fachleiter in sich drin besiegen (die kleine Stimme im Hinterkopf, die einem mitten im Unterricht sagt: Das war jetzt aber kein guter Impuls, den hättest du dir vorher besser überlegen sollen...). Wenn es der Unterricht an sich ist, das Vorbereiten zu Hause und der Umgang mit den Schülern, wäre das natürlich ein Problem, denn das ist ja der Alltag im Lehrerberuf. Aber es klingt aus deinem Posting eher nach der ersten Sorte Problem, und das geht definitiv nach dem Ref vorbei!! Da kommen dann eher andere Probleme auf einen zu, wie 26 Stunden in der Woche ordentlich, aber eben nicht mehr so penibel wie im Ref vorzubereiten. Vielleicht magst du noch ein bißchen genauer schreiben, was dich im Moment so fertig macht.


    LG, Thalia

  • Zitat

    ich frage mich gegenwärtig, wie stark der "Zusammenhang" zwischen Referendariat und dem eigentlichen Lehrberuf eigentlich ist und hoffe, ihr könnt mir dabei vielleicht ein wenig Aufschluss geben.


    Guten Morgen,
    nachdem ich das Ref seit einer Weile hinter mir habe, sehe ich, dass es eine solide Grundlage für mich geschaffen hat. Der eigentliche Inhalt des Refs waren i.O. nur die äußeren Bedingungen haben für den richtigen Stress gesorgt.


    Zitat


    Hintergrund der Frage ist, dass ich (nachdem ich ja letzten Herbst einmal durch das Zweite Examen gefallen bin) jetzt so langsam echt ans Ende meiner Kräfte komme und darüber nachdenke, eine Therapie zu machen - keine Ahnung, ob mir das wirklich was helfen wird, ich habe halt nur das Gefühl, alleine nicht mehr klar zu kommen.


    Natürlich bist du "am Ende". Das ist ein echter Kraftakt. Du musst tausend Dinge zu einem bestimmten Termin leisten, stehst immer unter Druck und unterliegst einem permanenten Rollenwechsel, in der Schule stehst du deine "Frau" und im Seminar bist du wieder in der Schülerrolle, das nagt!





    Zitat


    Ich weiß, dass ihr mir diese Frage nicht wirklich beantworten könnt, da ihr mich nicht kennt - aber eine allgemeine Einschätzung oder andere Erfahrungsberichte würden mir vielleicht auch schon helfen.


    Danke fürs "Zuhören"!


    Katta



    Stehst du denn jetzt direkt vor deiner nächsten Prüfung? Hast du Kollegen und Freunde die dich in deinen Vorbereitungen unterstützen, Entwürfe gegenlesen u.s.w.?


    Ein volle Stelle nach dem Ref ist kein Zuckerschlecken aber ein ganz anderes Gefühl als im Ref. Sobald der Druck der Ausbildung weg ist, sieht einiges anders aus. Es wird nicht weniger Arbeit, aber der Blickwinkel und die Anforderungen verändern sich!.



    Liebe Grüße
    Isa

  • Zitat

    Original von katta
    Bei mir ist es so, dass eigentlich alle der Meinung sind, dass ich gut in die Schule passe und den Beruf gut ausüben kann (solche Aussagen kommen von Kollegen, Schulleiter, aber auch von den Fachleitern).


    Aber bist DU dieser Meinung? Es ist recht unerheblich, ob jemand meinst, dass du etwas kannst, wenn du das nicht meinst! (Gab ja schon häufig Anwärter, denen gesagt wurde, dass alles ok ist, die aber von sich aus gesagt haben: Leute, das klappt zwar alles, aber ich will es nicht weitermachen, es ist nicht mein Ding!).
    Es geht darum, dass DU unterrichten willst, dass DU Spaß daran hast und sagst: Das will ich zumindest noch einen guten Teil meines Lebens lang machen.
    Ob das jemand anders findet, sollte keinen Druck auf dich ausüben.


    Ich denke auch: Du solltest uns näher erläutern, was dich überfordert. Denn hat es "nur" mit der Prüfungssituation und der Angst davor zu tun, kann man ganz klar sagen: Die geht vorbei.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Katta,


    wie sieht es denn im Moment aus? Signalisieren dir die Fachleiter, dass du die Wiederholungsprüfung schaffst? Oder wird dir - ganz subtil wahrscheinlich - suggeriert, dass du eine Therapie brauchst oder gar aufhören solltest?
    Deinen Zeilen entnehme ich zwar, dass dem nicht so ist, aber ich habe ja Ähnliches erlebt und kenne die Vorgehensweise mancher Fachleiter *räusper*.
    Wenn du gerne unterrichtest und dir die Arbeit mit den Schülern Freude macht, solltest du nicht an dir zweifeln. Du bist jetzt einem großen Druck ausgesetzt, weil du die nächste Prüfung bestehen musst. Ich hatte mir damals einen Plan B zurechtgelegt und mir genau überlegt, was ich mache, falls ich nochmal durchfallen sollte. Das hat mich beruhigt.
    Zu deiner Hauptfrage: für mich hat das Leben als 'normaler' Lehrer nichts mehr gemeinsam mit dem Ref. Zwar habe ich von meinen Ausbildungslehrern viel gelernt und auch übernommen, aber diese Gängelei im Ref hat mich am meisten genervt und es war sehr sehr angenehm plötzlich ernst genommen zu werden. Die Umstellung auf 28 Stunden Unterricht, der vorbereitet und nachbereitet werden muss ist heftig und es zeigt sich dann, ob man organisieren kann, aber es ist auf jeden Fall eine Herausfordeurng, ein wenig Befreiung und kann viel Freude bringen, wenn du deine erste eigene Klasse hast. Es ist ein anderer Stress und nicht zu vergleichen mit dem Ref.


    Lass den Kopf nicht hängen.
    LG Talida

  • Wer eine Therapie braucht, der sollte sich in eine begeben; sie hilft vielen, und in Deutschland werden Therapien trotzdem noch zu wenig angenommen, soweit ich weiß.


    Einen ungeliebten oder unpassenden Beruf macht die Therapie aber nicht schöner. Ich denke, die Therapie kann dir dabei helfen, herauszufinden, was nicht stimmt, oder wie du mit Problemen umgehst. Ob gerade dieser Beruf dein Problem ist, weiß ich nicht.


    Eine wichtige Frage ist wohl, ob dir das Unterrichten Spaß macht, ob du dich wohl dabei fühlst. (Also, meistens. "Immer" geht schwer.)


    Zur eigentlichen Frage: Stress gibt's auch nach dem Referendariat. Aber weitgehend anderen.

    Seit 2004 unter dem gleichen Namen im Forum, weitgehend ohne ad hominem.

  • Zitat

    Original von Herr Rau
    Wer eine Therapie braucht, der sollte sich in eine begeben; sie hilft vielen, und in Deutschland werden Therapien trotzdem noch zu wenig angenommen, soweit ich weiß.


    Damit würde sie aber auch mit großer Wahrscheinlichkeit ihre Verbeamtung "verschenken", denn wer in Psychotherapie ist oder in der näheren Vergangenheit war, hat kaum eine Chance auf die Verbeamtung.

  • Hallo katta,


    das Ref war für mich die Hölle. Ich war chronisch übernächtigt, habe mir von meinen Seminarlehrern nur Mist einreden lassen und hätte ohne die Unterstützung meiner Eltern und meines Freundes bestimmt alles hingeworfen.


    Kommt die Idee mit der Therapie von dir selbst oder hat dir das jemand im Seminar eingeredet? Ich frage das, weil einer meiner Seminarlehrer ein "Küchenpsychologe" war, der jegliches Handeln der Referendare in einem absolut unprofessionellen Blickwinkel betrachtet hat. Mir hat er z.B. eingeredet, dass ich viel zu distanziert sei, im Unterricht zu kalt agiere und keine Beziehung zu den Schülern hätte. Schließlich hätte ich auch immer so kalte Hände X( Deswegen empfahl er mir einen Job in einem Verlag!



    Heute liebe ich meinen Beruf, ich bin eher zu temperamentvoll in meinem Unterricht =) und habe einen wirklich guten Draht zu meinen Schülern.
    Aber Albträume, in denen der unsägliche Seminarlehrer vorkommt, habe ich immer noch ...


    Du schreibst leider nicht, wie du mit den Schülern zurecht kommst. Trotz aller Probleme hatte ich immer das Gefühl, dass die Beziehung zu den Schülern stimmt, was mich auch bestärkt hat. Falls das einigermaßen klappt, meine Empfehlung: ZIEH DAS DING DURCH!!! Das Lehrerdasein danach hat meiner Erfahrung nach nichts mehr mit dem Ref zu tun.


    Zum Thema Ref noch ein interessanter Link im aktuellen SPIEGEL:
    http://www.spiegel.de/unispieg…f/0,1518,608092-3,00.html

  • Zitat

    Original von Finchen


    Damit würde sie aber auch mit großer Wahrscheinlichkeit ihre Verbeamtung "verschenken", denn wer in Psychotherapie ist oder in der näheren Vergangenheit war, hat kaum eine Chance auf die Verbeamtung.


    Hallo Finchen,


    woher hast Du diese Info? Dieses Gerücht habe ich schon öfters gehört, aber ich kenne einige, bei denen die Verbeamtung trotz Psychotherapie absolut kein Problem war. Aber ich kenne niemanden, der genau deswegen nicht verbeamtet wurde. Von "kaum einer Chance" kann man da also nicht sprechen. Oder vielleicht ist es ja nur in NRW so?!

    • Offizieller Beitrag

    Finchen


    Mit solchen Behauptungen wäre ich vorsichtig.


    Ich kenne aktuell mehrere Fälle, in denen eine Therapie während des Refs. kein Hindernisgrund für eine Verbeamtung war.


    Ich kenne Fälle, in denen das ein Hindernisgrund war, aber nur dann, wenn der Referendar aufgrund einer psychischen Erkrankung oder aufgrund von entsprechenden Problemen während des Refs über einen Zeitraum deswegen auch krank war bzw. dienstunfähig war.


    Dass Letzteres natürlich den Argwohn von Amtsärzten weckt, dürfte nachvollziehbar sein.


    Es stimmt nicht, dass jemand, der vor oder während des Refs eine Therapie gemacht hat, per se seine Verbeamtung aufs Spiel setzt.


    Gruß
    Bolzbold

  • Ich kenne einen sochen Fall: Grundschullehrerin hat während des Refs (in NRW) eine Psychotherapie gemacht und ist dann nicht verbeamtet worden, weil sie "nicht belastbar genug" sei und man ein frühes "Burnout" fürchtete...

  • Liebe Katta,


    das Referendariat ist - behaupte ich einfach mal - für 95% aller zukünftigen Lehrer eine emotional zermürbende und die Grenzen der Belastbarkeit sprengende Erfahrung. (Diejenigen, die meinen, jetzt die Wonnen der eigenen Ref-Zeit aufzählen zu müssen, weil bei ihnen ja alles so super prima lief, wie alles in ihrem Leben.... Herzlichen Glückwunsch! Ihr seid toll und etwas ganz Besonderes!)


    Trotz der besonderen Anforderungen während des Refs, wären dir deine jetzigen Gefühle vermutlich auch in einer anderen Berufsausbildung nicht "erspart" geblieben.

    Zitat

    und der schlechten Erfahrung mit Fachleitern, die mich massiv verunsichert haben (wobei es hier weder um Mobbing noch um sachlich völlig falsche Kritik geht - eher um die Schwerpunktsetzung und vor allem die Art und Weise der Kritik)


    Diese Situationen gibt es in jedem anderen Beruf auch. Der eigene Umgang mit Kritik ist ja v.a. in der Ausbildung ganz wichtig, vielleicht v.a. bei den Lehrern, denn in diesem Beruf kannst du es nie allen recht machen.


    Überlege mal, ob es schon vor deiner Ausbildung Situationen in deinem Leben gab, in denen dein Selbstwertgefühl schnell eingeknickt ist, weil die für dich nötige Bestätigung von außen, die Anerkennung durch andere, nicht gegeben war. Prüfungsängste, etc. Resultat: depressionsartige Erschöpfung.


    All das ließe sich in einer Therapie klären und bearbeiten. Du würdest damit nicht nur dir sondern auch zukünftigen Arbeitgebern einen Riesengefallen tun, denn du arbeitest quasi präventiv und längerfristig an deiner Gesundheitsvorsorge.


    Eine Therapie ist / sollte heutzutage deshalb kein "Tabuthema" mehr sein. Viele Arbeitgeber schätzen als aktiven Schritt auf dem Wege der Persönlichkeitsentwicklung. Du arbeitest schließlich an dir und zeigst generell Veränderungsbereitschaft.


    Du könntest dir überlegen, deine Therapie selbst zu bezahlen. Dann lässt du das Risiko der "unmöglichen Verbeamtung" außen vor. Körpertherapien, z.B., sind im Vergleich zu tiefenpsychologisch fundierten relativ günstig. Du musst ja auch nicht wöchentlich dort aufkreuzen, sondern vllt reicht ja auch jede 2. Woche.


    Meine Empfehlung: Zieh dein Ref durch und suche einen professionellen Begleiter (deine Fachleiter eignen sich anscheinend nicht dazu), der dafür Sorge trägt, dass dein Selbstwertgefühl stabil bleibt und längerfristig gestärkt wird.


    Liebe Grüße
    klöni

  • Zitat

    Original von Finchen
    Ich kenne einen sochen Fall: Grundschullehrerin hat während des Refs (in NRW) eine Psychotherapie gemacht und ist dann nicht verbeamtet worden, weil sie "nicht belastbar genug" sei und man ein frühes "Burnout" fürchtete...


    Auf einer "Burnout"-Fortbildung, die von zwei Therapeutinnen geleitet wurde, erfuhr ich, dass eigentlich JEDE/R Lehrer/in zur Vermeidung eines Burnouts eine Therapie machen sollte. Auch die Behörden erkennen so langsam, dass Prävention der Gesundheitsvorsorge bei Lehrern längerfristig Kosten einspart.


    2. Ein guter Psychotherapeut, der einen Kassenantrag schreibt, kann diesen Antrag so formulieren, dass er für den Patienten keine Nachteile erbringt. Die erstellte Diagnose ist sowieso nur etwas, was für die Krankenkassen "konstruiert" wird. Der obigen Grundschullehrerin hätte ich empfohlen, gegen die Ablehnung zu klagen.

  • Dass Referendariat und der Job danach zwei unterschiedliche Welten sind, wurde ja schon mehrfach geschrieben.
    Ich persönlich kann allerdings sagen, dass das ich im Ref weniger belastet war als jetzt in meinem 2. Jahr als Lehrerin. Nicht, weil im Ref alles so super und prima lief wie Klöni gerade ansprach ;), sondern weil die Verantwortung einfach eine ganz andere ist.
    Im Referendariat hatte man halt seine paar Stunden in verschiedenen Klassen, hat das gemacht, was man ausprobieren wollte bzw. von dem man sich größtmöglichen Erfolg bei Unterrichtsbesuchen erhofft hat.
    Jetzt, mit der konstanten und nahezu ausschließlichen Verantwortung in einer eigenen Klasse (gerade in der GS hat man fast die gesamte Stundenzahl in der eigenen Klasse) bin zumindest ich nicht weniger unter Stress als im Referendariat.
    So lange die Klasse gut "läuft", ist alles in Butter, aber sobald vermehrt verhaltensauffällige und lernschwache Kinder auftreten, kann der Job zu einer großen Belastung werden, gerade wenn man dazu neigt, an sich selbst zu zweifeln.

    Was du nicht kennst, das, meinst du, soll nicht gelten? Du meinst, daß Phantasie nicht wirklich sei? Aus ihr erwachsen künftige Welten: In dem, was wir erschaffen, sind wir frei. (Michael Ende)

    Einmal editiert, zuletzt von Steffchen79 ()

  • Hallo Katta,


    nur soviel von mir. Ich habe ein sehr gutes "Zweites Staatsexamen" gemacht und hatte im Dezember/Januar noch einmal Lehrproben im Rahmen meines Aufstiegslehrganges in den Höheren Dienst.


    Die Lehrprobe im Dezember war meine schlimmste Lehrprobe überhaupt. Der Lehrbeauftragte in diesem Fach hatte es zuvor geschafft, mich so sehr zu verunsichern, dass ich allein einen ganzen Tag nur für die 5 Seiten "Vorgelaber" in der Ausarbeitung gebraucht habe. Ich habe jedes Wort auf die Goldwaage gelegt, habe an mir und meinen Fähigkeiten gezweifelt bis zum Geht-nicht-mehr. Mir war schlecht vor der Lehrprobe, ich war unsicher nach der Stunde, da ich ein paar Minuten überzogen habe.


    Der Prüfer "fuhr" meinem Lehrbeauftragten über's "M...." und meinte, dass er das alles nicht so sieht und mir deshalb eine 1,0 gibt.


    Lass dich nicht verunsichern. Wenn dir der Job Spaß macht, zieh's durch. Wenn dir eine Therapie hilft, mach sie. Aber glaub an dich und deine Stärken.
    Warst du nicht in Südafrika? Dazu gehört auch schon eine Menge Mut.


    Kopf hoch.


    Liebe Grüße
    Super-Lion

  • Hallo zusammen,


    erst mal vielen lieben Dank für die vielen Meinungen, Aufmunterungen und Denkanstöße!!!


    Nachdem ich mich gestern erst einmal zu einer Freundin verzogen und über vieles gesprochen habe, bin ich heute auch wieder etwas ruhiger.


    Als ich den thread geschrieben habe, war mein - sonst eigentlich immer vorhandenes - Gefühl, dass ich diesen Beruf sehr gerne mache, tatsächlich überdeckt (was mir etwas Angst gemacht hatte, weil dieser Aspekt davor eigentlich immer präsent war).
    Aber ja, ich mache diesen Beruf gerne, habe da sehr viel Spaß dran - und meine Freundin erinnerte mich gestern auch noch mal daran, dass das bei mir eigentlich kein Problem ist, so begeistert wie ich sonst immer von Klassen, einzelnen Schülern, Unterrichtsstunden oder sonstigen Episoden aus dem Schulalltag erzähle.
    Auch als ich letzten Herbst durchgefallen war, gab es nicht eine Sekunde den Zweifel, ob ich weitermachen möchte - das stand einfach gar nicht zur Debatte.


    Und dass ich einen guten Draht zu den Schülern und zu Klassen habe, sehr lebendig und offen/freundlich/zugänglich bin, wurde mir bislang auch immer von allen Seiten (inkl. Fachleiter, Schulleiter etc.) bestätigt und als positiv hervorgehoben.


    Das ich damals durch das Examen gefallen bin, war für viele ein Schock und eine Überraschung (wobei meine Vornoten durchaus Gefahr signalisierten - ich war kein 1er Kandidat, der auf einmal eine schlechte Prüfung erwischt hat) - eben weil ich anscheinend einfach den Eindruck vermittel, an einer Schule richtig aufgehoben zu sein.


    Was genau mein Problem ist, weshalb ich tatsächlich durchgefallen bin, fällt mir immer noch schwer, genau zu verstehen - trotz vieler Gespräche und versuchten Lösungen...Ich arbeite weiter daran.


    Ich habe im Laufe des Referendariats einfach jedes Vertrauen in mich selber, in mein Gefühl, meine Instinkte/Ideen verloren. Das muss ich wieder gewinnen - denn eigentlich sind die nicht falsch.


    Ich glaube, ein Grund, warum mich das Ganze gerade so hart trifft, ist auch der, dass ich früher eben nie Probleme mit so etwas hatte - keinerlei Prüfungsanst, weder beim Latinum, noch beim Ersten Staatsexamen. Immer lediglich eine ganz leichte Anspannung vorher, aber NIEMALS richtige Ängste.
    Warum sich das im Referendariat so gewandelt hat, ist mir auch noch nicht ganz klar - ich vermute, weil die Leistungen hier schwerer von mir als Mensch zu trennen sind? Also wenn ich eine Klausur verhaue, dann habe ich halt nicht genug gelernt - aber ich bin deswegen nicht unfähig.
    Und dieses Selbstbewusstsein im Referendariat zu behalten habe ich aus irgendeinem Grund nicht geschafft. Und muss es mir jetzt mühsam wieder zurück erkämpfen - denn ich bin bestimmt nicht der beste Lehrer, der auf Erden wandelt ;) , aber wirklich schlecht bin ich eigentlich auch nicht.


    Aber eben dieser immense Druck, den ich mir, denke ich, hauptsächlich selber auferlege und den ich das erste Mal im Ref wirklich ständig verspüre, und das mangelnde Vertrauen in meine eigenen Fähigkeiten, was dazu führt, dass ich jede Kritik, jeden Änderungsvorschlag, jede andere Idee sofort aufnehme, obwohl mir eigentlich ein Gefühl sagt, dass das vielleicht nichts für mich ist - das macht es gerade einfach extrem schwer für mich.


    Die Idee zur Therapie kam von mir selber - als ich - direkt nach dem nicht bestandenen Examen - im Gespräch mit der Seminarleitung fragte, ob die irgendwelche Stellen zur Supervision o.ä. kennen würden, um mit der Situation besser umgehen zu können, wussten die nichts und waren auch eher der Meinung, dass so etwas eh nichts bringe - sprich: sie waren überhaupt nicht hilfreich in der Beziehung.
    Ich möchte es halt gerne machen, weil ich mir phasenweise selber Angst mache, weil ich eben das Gefühl habe, nicht alleine damit klar zu kommen - und vielleicht hilft es langfristig auch, das Risiko, dass ich jede Kritik sofort übernehme, zu verkleinern.
    Denn es wird mir ja jetzt kurzfristig für die nächsten Lehrproben nicht bringen - dabei geht es um langfristiges (und vielleicht noch rechtzeitig vor der Wiederholungsprüfung).


    Und wenn ich dann evtl. tatschlich nicht verbeamtet werden sollte - so be it... da ist mir meine Psyche dann jetzt doch wichtiger, so ärgerlich das dann vielleicht sein wird.
    Habe da aber auch durchaus positivere Ansichten gehört, dass das Problem hauptsächlich ist, wenn man wegen psychischer Probleme unterbrochen hat oder gerade in Therapie ist (und eben auch gesagt bekommen, das die Therapeuten das in das Gutachten dann auch "positiv" formulieren können).


    Zu den anderen aufgeworfenen Fragen:
    Bislang signalisieren mir die Fachleiter nicht, dass ich es nicht schaffen könnte. In Deutsch komme ich halt von der 4 nicht weg, habe aber durchaus ein Feedback bekommen, mit dem ich - hoffentlich - etwas anfangen kann.


    Ich glaube, das Hauptproblem ist einfach echt die extreme Verunsicherung und daraus folgend das fehlende Vertrauen in mich selbst, weshalb ich dann halt zum einen ständig Ideen und Vorschläge einfach übernehme, weil die Argumentation/Begründungen der anderen immer so logisch klingen und ich meinem Gefühl/Überlegungen nicht mehr traue und zum anderen bzw. damit zusammenhängend eine ziemliche Blockade vor allem vor den UBs - "das muss jetzt einfach besser werden, du darfst das nicht verkacken..." und dann sitze ich vor gefühlten tausend verschiedenen thematischen Möglichkeiten, die auf gefühlten zigtausend verschiedenen Wegen und Materialien bearbeitet werden, was mich dann massiv überfordert und ich einfach nicht in der Lage bin, eine Entscheidung zu treffen.


    So, das war jetzt, glaube ich, erst mal lang genug... :D


    Vielen lieben Dank noch einmal!!!!


    Einen schönen Sonntag noch und an alle, die morgen wieder ran müssen: Einen schönen Start!


    Katta


    Nachtrag: Ja, ich war nach dem Examen in Südafrika und während der Schulzeit ein Jahr in Kanada (deswegen bin ich ja vermutlich auch so unbedarft und recht entspannt ins Referendariat gegangen und dann um so massiver umgehauen worden...)

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

    Einmal editiert, zuletzt von katta ()

  • Steffchen79:


    Mit Sicherheit sind die ersten paar Jahre auch nicht unbedingt ein Zuckerschlecken, aber zum einen sind die Anforderungen im Referendariat auch sehr unterschiedlich (ich hatte im 2. Jahr eine Klassenführung, die Verantwortung für die Klasse lag vor allem bei mir, Zeugnisse, Schullandheim, Elternarbeit, etc. mussten erledigt werden und nebenher musste man dann noch die Prüfungen schaffen) und deswegen kann man nicht pauschal sagen, dass der Stress nach den Prüfungen zunimmt. Zum anderen muss man auch sehen, welche Art von Stress einen gerade trifft. Ich schlage mich derzeit mit den Übertrittszeugnissen herum, hatte in diesem Jahr teilweise aufreibende Elterngespräche, grundsätzlich dann noch der Druck ganz allgemein durch den Übertritt, einige vielleicht etwas schwierigere Schüler hat man meistens auch mit dabei. Jetzt kommen noch einige Schulveranstaltungen auf mich zu, wieder Schullandheim, Vorbereitungen für die Verabschiedung der Viertklässler, wieder Zeugnisse schreiben, ...


    ABER das geschieht alles angstfrei! Ist vielleicht nicht ganz der richtige Begriff, habe aber schon immer ein Problem mit Prüfungen gehabt und in den zwei Jahren rutscht man ja von einer Prüfung in die andere.


    Jetzt...


    - muss ich mir keine Gedanken mehr machen, ob ich nach dem ganzen Kampf einen Job bekomme.
    - hängt von irgendeiner Beurteilung keine Note ab, die dann über mein weiteres Berufsleben entscheidet.
    - lebe ich nicht mehr am Existenzminimum und muss mir nicht mehr überlegen, ob ich nebenher noch arbeite oder doch mehr für mein Examen machen sollte.
    - habe ich nicht ständig Unterrichtsbesuche bei denen Feuerwerksstunden erwartet werden.
    - muss ich auch nicht tagelang oben genannte Stunden vorbereiten. Natürlich immer mit dem Wissen, dass dieses Arbeiten total unrealistisch ist.
    - habe ich eine feste Stelle an meinem Wunschort. Ich muss nicht mehr befürchten versetzt zu werden und eine Wochenendbeziehung zu führen.
    - habe ich schon einige Durchgänge gehabt und weiß, was ich den Kindern vermitteln muss. Ich muss mich nicht mehr ewig einlesen und alles neu erstellen. Und ich finde diese Routine äußerst wichtig und beruhigend.
    - begegne ich kritischen Eltern viel gelassener. Ich nehme mir nicht mehr alles so sehr zu Herzen wie noch im Referendariat.
    - werde ich auch nicht mehr so kritisch von den Eltern beäugt. "Eine Referendarin? Oh..."
    - zweifle ich auch nicht mehr an mir selbst, wenn ich eine schwierige Klasse oder schwierige Schüler habe. Ich bin vielleicht genervt, hinterfrage auch meine Arbeit. Aber ich weiß auch, dass meinem Tun und Wirken einfach Grenzen gesetzt sind. Ich kann keine Wunder vollbringen. Gute Arbeit muss einfach reichen!
    - wird es einfach von Jahr zu Jahr besser!


    So wie mir geht es übrigens auch meinen ehemaligen Kollegen aus meinem Seminar. Deswegen würde ich jedem Referendar raten weiter zu kämpfen, wenn ihm/ihr die Arbeit in der Schule Freude bereitet. Und damit meine ich nur die Arbeiten, denen man auch nach dem Examen begegnet! Alles andere muss man in den 2 Jahren eben hinnehmen.



    Kopf hoch! :troest:


    Bibo

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Finchen
    Ich kenne einen sochen Fall: Grundschullehrerin hat während des Refs (in NRW) eine Psychotherapie gemacht und ist dann nicht verbeamtet worden, weil sie "nicht belastbar genug" sei und man ein frühes "Burnout" fürchtete...


    Ich bezweifle, dass das so lapidar gelaufen ist wie Du es schilderst.


    Die Aussage "wenn Du während des Refs. eine Therapie machst, bist Du nicht belast bar und könntest einen Burnout kriegen und wirst deswegen nicht verbeamtet" ist nach wie vor in der allgemeinen Form falsch.


    Gruß
    Bolzbold

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