Eltern wollen, dass ihre Tochter die Schule wechselt...

  • Ich habe in "meiner" achten Klasse (Gesamtschule) ein Mächen, dass zum Schuljahreswechsel auf die benachbarte Realschule wechseln soll. Allerdings ist das nicht der Wunsch des Kindes, sondern der der Eltern.
    Die Schülerin ist gut in der Klasse integriert, hat Freundinnen und schreibt recht gute Noten. Bei uns wird sie aller Voraussicht nach einen guten Realschulabschluss und vielleicht sogar den Sprung in die Oberstufe schaffen. Auf der Realschule wird sie Notenmäßig garantiert abrutschen und ich frage mich ganz ernsthaft, was die Eltern damit bezwecken wollen. Ihre Tochter ist unglücklich mit der Entscheidung und für ihren Abschluss ist die Entscheidung auch sehr wahrscheinlich eher negativ.
    Was kann ich denn jetzt machen? Die Eltern haben schon mit dem Klassenlehrer geredet, (der das mit dem Abrutschen der Noten übrigens genauso sieht wie ich) und sind nicht wirklich von ihrem Plan abzubringen.
    Klar kann ich mir sagen, das ist deren Sache und mich geht das nichts an, aber ich mag die Schülerin und mir tut sie echt leid.
    Habt ihr auch schonmal so einen Fall gehabt? Wenn ja, wie seid ihr damit umgegangen? Was könnte ich tun?

  • Am letzten Elternsprechtag haben die Elteren es so verkauft, als wolle auch das Mädchen den Schulwechsel. Heute hat sie mir jedoch deutlich gesagt, dass dies nicht der Fall ist.


    Ja, wir haben in NRW zentrale Abschlussprüfungen. Trotzdem weiß ich, dass das Anspruchsniveau auf der Realschule deutlich höher ist als bei uns. Zu uns kommen 95% der SuS mit einer Hauptschulempfehlung und wir haben einen sehr hohen Anteil an Kindern mit Migrationshintergrund....

  • Also primär ist das wohl die Aufgabe des Klassenlehrers, vielleicht kannst du dich ja mit ihm zusammentun und die Eltern zum Gespräch bitten. Als Gesprächsanlass nimmst du die Äußerung des Mädchens.


    Dann gilt es im Gespräch die Motive der Eltern für den Wechsel herauszufinden, vielleicht steckt ja etwas dahinter, was du bisher nicht bedacht hast, z.B. Freunde, Zukunftsaussichten, keine Ahnung was.
    Und möglicherweise hat sich das Kind seinen Eltern gegenüber noch gar nicht klar geäußert, also würde ich mir als Option bereithalten das Mädchen im zweiten Teil des Gesprächs dazu zu bitten.


    Grundsätzlich kannst du die Eltern aber nicht abhalten, wenn sie den Wechsel wollen. Und wenn sie sich dafür entscheiden, hast du dein Möglichstes für das Kind getan.

    There is a difference between knowing the path and walking the path. (Matrix)

  • Hallo Finchen,
    wenn ich jetzt mal zwischen den Zeilen lese klingt es für mich so:


    In eurer Schule sind viele Ausländer, das Leistungsniveau ist eher niedrig, die guten Noten kommen daher, dass viele eher nur auf Hauptschulniveau sind.


    Wäre ich jetzt Mutter, ich würde mein Kind vermutlich auch wechseln lassen, denn ggf. haben sie die Hoffnung, dass das Kind auf einer Realschule mehr gefordert wird, das soziale Umfeld besser ist, der Noteneinbruch in der 11 nicht zu massiv ist und Bewerbungen nicht dadurch erschwert werden, dass es heisst: Ach, die kommt von DER Schule...



    Ich denke, die Angst vor dem sozialen Abrutschen der Tochter spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle.
    Grundsätzlich würde ich mich aber wirklich raushalten. Esi st nicht dein Kind, du kannst sie höchstens ermutigen, ihre Sorgen/Wünsche klar vor den eigenen Eltern zu formulieren.
    Ob die Eltern darauf eingehen ist dann deren Sache.

  • Hi,


    da kann ich Annie nur zustimmen. Auch wenn sie bei euch aufgrund des geringeren Anspruchniveaus vielleicht "offiziell" einen recht guten Realschulabschluss schafft, wäre es mir als Mutter lieber, mein Kind würde auf einer anderen Schule mehr Stoff mitbekommen (und auch auf einem höheren Niveau) - auch wenn dann die Noten etwas in den Keller gehen.


    Was ich nicht verstehe: Das Prinzip "Gesamtschule" beruht doch darauf, dass ca. ein Drittel Kinder mit HS-Empfehlung, ein Drittel mit RS-Empfehlung und ein Drittel mit Gym-Empfehlung genommen werden? Selbst wenn sich viele, viele Kinder mit HS-Empfehlung bewerben- es werden davon doch nur einige genommen, da auch noch "Platz" für die anderen Kinder sein muss.


    LG


    Sina

  • hallo,


    sina: das ginge ja auch theoretisch auf, wenn genug gymnasiasten auf die gesamtschule gingen. es ist weniger eine frage des "platz-frei-haltens" als eine frage der bewerber von anderen schulformen außer hs und rs.


    mein eindruck ist, dass kinder mit gymnasiastenempfehlung eher aufs gym geschickt werden, während diejenigen eltern, die nicht "einsehen", dass ihr kind "nur" eine rs/hs-empfehlung hat, die gesamtschule wählen.


    aber vielleicht ändert sich jetzt ja etwas, da viele eltern aus angst vor g8 die kinder lieber auf eine g9 gesamtschule schicken.


    lg Sunrise

    • Offizieller Beitrag

    ich muss noch mal auf meine vorherige Frage zurückkommen:
    ich dachte, in Zeiten zentraler Abschlussprüfungen sei die Wahl der Schule relativ egal ? Dass dadurch solche Sprüchewie "ach, die kommt von DER Schule" einfach überflüssig werden.


    Macht sich denn durch das G 8 ein Trend zur Gesamtschule bemerkbar ?

  • Zitat

    Original von Friesin
    ich muss noch mal auf meine vorherige Frage zurückkommen:
    ich dachte, in Zeiten zentraler Abschlussprüfungen sei die Wahl der Schule relativ egal ? Dass dadurch solche Sprüchewie "ach, die kommt von DER Schule" einfach überflüssig werden.


    Macht sich denn durch das G 8 ein Trend zur Gesamtschule bemerkbar ?


    Du lernst ja in der Schule nicht nur reines Fachwissen, sondern auch eine Arbeitshaltung, persönliche Grundeinstellung, gewisse soziale Umgangsformen...


    Stell dir doch mal Schülerin X auf einer katholischen Mädchenrealschule vor und im Gegenzug Schülerin y an einer gemischten Innenstadt-Gesamtschule.


    Ich kann mich nur wiederholen: Wäre es meine Tochter, ich würde sie eher wie Schülerin X aufwachsen lassen wollen als ggf. wie Schülerin y, die dann mit 18, während X gerade ihr Abi macht, Kind Nummer 2 erwartet, weil im 8. Schuljahr vielleicht alle Freundinnen schon Sex hatten und Party machten, weil Lernen für die Schule was für die Langweilerinnen von der Mädchenrealschule ist... (ist jetzt sehr überspitzt, aber ich hoffe, du verstehst wie ich es meine).

  • Ich sehe das genau wie Annie111.
    Außerdem kann Unterrichtszeit an einer "katholischen Mädchenrealschule" viel effektiver genutzt werden. Ich hatte den Vergleich in der Grundschule. In der Brennpunktschule hat es an so vielen Ecken gebrannt, dass normaler Unterricht an manchen Tagen wirklich schwierig zu verwirklichen war. Im Vergleich dazu konnte ich an der ruhigen Vorortgrundschule auf einem ganz anderen Niveau unterrichten. Davon profitieren auch die Schüler. Letztendlich kann ich die Eltern verstehen.


    Bibo

  • Uiii, jetzt habe ich ja eine Diskussion losgetreten...


    Es ist tatsächlich so, dass sich einfach nicht mehr Kinder mit Realschul- bzw. Gymnasialempfehlung bei uns anmelden. Da können wir nichts machen.


    Anni hat wohl Recht mit dem, was sie schreibt, wobei das Sozialverhalten der meisten unserer SuS nicht so schlimm ist, wie man vielleicht meinen mag.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Daher wundert es mich, dass mit dem G8 der Trend zur Gesamtschule sich verstärkt.


    Mich wundert es nicht. Warum soll man das Abi in 8 Jahren machen, wenn man auch 9 Jahre Zeit hätte.


    Zu der Diskussion: Ich kann es schon verstehen, dass das Mädchen zur Realschule soll, denn wie oben schon beschrieben, ist das Niveau an der Gesamtschule in der Regel niedriger. Es liegt irgendwo zwischen Haupt- und Realschule. Und das wissen auch die Arbeitgeber, die sich im Zweifelsfall (möchte ich nicht ausschließen) daher eher für einen Realschüler entscheiden.


    Aber:
    wir haben bei uns an der Realschule schon diverse Gesamtschüler erhalten. Die .. Ergebnisse sind in der Regel katastrophal. Meines Wissens hat bisher noch kein Gesamtschüler, den wir in den letzten Jahren bekommen haben, die ersten 2 Jahre bei uns Extrarundenfrei überstanden. Sprich: sie wird bestimmt einen Leistungsabfall hinnehmen müssen, ggf. einen extremen Leistungsabfall. Das ist dann aber nicht "Schuld" der Realschule, sondern eher ...(Nein, ich finde das Wort "Schuld" in diesem Falle ziemlich bekloppt. Und ich zögere auch davor, diese "Vorwürfe" auszusprechen.) .


    Naja, ist ja egal, wessen Schuld es ist und wodran es liegt. Auf jeden Fall wäre es für die Psyche der Schülerin bestimmt nicht gut, wenn sie zur Realschule wechselt und von der Rolle einer "guten" Schülerin in die Rolle einer eher weniger guten Schülerin wechselt. (Damit kann man ggf. leben. Beim Wechsel von der RS zum Gymnasium oder von der HS zur RS passiert das ja auch. Aber dort WEIß man es vorher. Beim Wechsel von der Gesamtschule zur RS gehen die Schüler / Eltern davon aus, dass ihr Kind gut genug ist (zeigen ja die Noten) um die Leistung zu halten.)


    Und was ich nun als Lehrer machen würde? Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich gar nichts, weil ich im Endeffekt keinen Einfluss auf die Entscheidung der Eltern haben werde. *schulterzuck*


    kl. gr. Frosch


    P.S.: Nein, auch wenn es so aussieht, ich bin kein Gegner der Gesamtschule. Auch wenn ich mich (mit anderen Schülern zusammen) vor 25 Jahren dagegen gewehrt habe, dass unsere gutlaufende RS zu einer Gesamtschule umgebaut werden sollte.
    Aber ... ich verfolge halt einige Spielereien mit Skepsis. ;)

  • Zitat

    Original von Friesin
    Ich kann die Eltern auch verstehen.
    Meine eigenen Kinder hätte ich auch nicht Gesamtschulen gegeben.


    Wie ist denn nun der Stand der Dinge bei der 8-Klässlerin ?


    Na ja, sie kam nach der vierten Klasse mit einer Hauptschulempfehlung zu uns - da waren wir den Eltern anscheinend noch gut geug...


    Beim "Stand der Dinge" hat sich nichts verändert. Die Eltern wollen, die Schülerin will nicht, ist total unglücklich mit der Entscheidung, traut sich aber nicht, sich gegen die Eltern aufzulehnen.
    Ich kann wohl wirklich nichts machen...

  • Ich muss jetzt noch mal ganz naiv nachfragen: Wenn sich nicht genug Kinder mit RS- oder Gym-Empfehlung bewerben, wie bekommt ihr denn dann die entsprechenden Kurse voll? Steckt ihr da einfach die besseren HS-Schüler rein? Ich habe immer gedacht, es muss z.B. grundsätzlich einen Gym-Mathekurs, einen RS-Mathekurs und einen HS-Mathekurs geben (dass die Bezeichnung nicht stimmt, ist mir klar).


    LG


    Sina

  • hallo,


    soviel ich weiß, gibt es nur grund- und erweiterungskurse. die werden eben entsprechend befüllt. eine befreundete lehrerin, die ihr ref an einer gesamtschule gemacht hat, hat mal erzählt, dass in der 10 noch mal schnell ein paar leute in die e-kurse gesteckt wurden, damit die oberstufe groß genug war. sie meinte auch, dass der trend beim zentralabitur (wir haben alleine im d-lk 8 abweichungsprüfungen, weil zu gut) auch durch die gs entstehen, d.h. die aufgaben sind leichter, damit auch die gs-schüler eine chance haben. ob das stimmt, weiß ich nicht. da sich jedoch die abweichungsprüfungen häufen und ich mir nicht vorstellen kann, dass alle lehrer an meiner schule viel zu streng sind, spricht doch schon einiges für die these.


    lg Sunrise

  • Wenn Du schlau bist und willst Medizin studieren: Klasse 5 bis 10 am Gymnasium. Dann an die Gesamtschule für die Oberstufe. Der Numerus Clausus ist Dir sicher.

  • Zitat

    Original von Sunrise1982
    hallo,


    soviel ich weiß, gibt es nur grund- und erweiterungskurse. die werden eben entsprechend befüllt. eine befreundete lehrerin, die ihr ref an einer gesamtschule gemacht hat, hat mal erzählt, dass in der 10 noch mal schnell ein paar leute in die e-kurse gesteckt wurden, damit die oberstufe groß genug war. sie meinte auch, dass der trend beim zentralabitur (wir haben alleine im d-lk 8 abweichungsprüfungen, weil zu gut) auch durch die gs entstehen, d.h. die aufgaben sind leichter, damit auch die gs-schüler eine chance haben. ob das stimmt, weiß ich nicht. da sich jedoch die abweichungsprüfungen häufen und ich mir nicht vorstellen kann, dass alle lehrer an meiner schule viel zu streng sind, spricht doch schon einiges für die these.


    lg Sunrise


    Die Korrekturen der an meiner Schule angelangten GS-Klausuren zur Zweitkorrektur waren erschreckend schlecht, weil so gut nicht vorhanden (sowohl sprachlicher als auch inhaltlicher Art) ... Die Kollegen haben sich mächtig geärgert.

  • Ich wollte mit meinem Beitrag keine Diskussion über die Leistungsfähigkeit der Gesamtschüler vom Zaun brechen! Vor allem hat die Schülerin mit der Oerstufe überhaupt niichts zu tun...

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Original von Finchen
    Ich wollte mit meinem Beitrag keine Diskussion über die Leistungsfähigkeit der Gesamtschüler vom Zaun brechen! Vor allem hat die Schülerin mit der Oerstufe überhaupt niichts zu tun...


    Ich kann ja mal einen neuen Thread aufmachen, damit sich das hier im Thread nicht alles zu sehr verzettelt.


    So, hier könnt ihr weiter über das Thema "Gesamtschule" diskutieren: Gesamtschule - Fortsetzung der Diskussion aus dem anderen Thread

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