• Dass die Art und Weise, wie das Äußere gestaltet wird, und dazu gehört sicher auch die Kleidung, Wirkung auf die innere Befindlichkeit der Menschen in einem sozialen Raum hat, ist ziemlich offensichtlich.


    Doch die Vorstellung, dass ausgerechnet in der völlig versifften Bruchbude, die der Schulträger seit 30 Jahren verfallen lässt, in der die Wandfarbe älter als die Schüler im Klassenraum ist, und die vom hygienischen Anspruch her hinter das durchschnittliche Bahnhofsklos zurückfällt, ein Moralboost auftritt, wenn der Lehrer im Dreiteiler aus gutem Zwirn auftaucht - diese Vorstellung macht mich lachen... :tongue:


    Nele


    [Kommafehler]

    Einmal editiert, zuletzt von neleabels ()

  • *zustimmend mitlacht* :D


    Davon abgesehen denke ich, dass das Lernklima im Endeffekt aber doch entscheidend durch ganz andere Bereiche bestimmt wird. Sicherlich trägt auch die Kleidung dazu bei, wie ich auf Schüler wirke, aber inwieweit die Lehrperson akzeptiert wird und inwiefern es ihr gelingt das Lernumfeld für die Schüler günstig zu gestalten, das hängt doch entscheidend von anderen Faktoren ab. Ein guter Zwirn macht halt noch längst keinen guten Pädagogen, sondern ist in meinen Augen lediglich das I-Tüpfelchen einer guten Lehre.


    LG
    Mia

    Man soll denken lehren, nicht Gedachtes.
    (Cornelius Gustav Gurlitt)

  • mal ehrlich, angemessene kleidung - die darf ja ruhig auch sportlich sein - zeugt doch aber auch von respekt den schülern und auch der eigenen rolle gegenüber, oder? ich kann mich durchaus daran erinnern, wie wir selbst als schüler die kleidung von lehrern beurteilt haben. manchmal frage ich mich schon, warum jede sekretärin besser angezogen ist als so mancher kollege....

  • Es ist ja kaum zu glauben, dass das Thema Kleidung bei Lehrpersonen thematisiert wird! Das ist für mich ein Zeichen, dass die 68er endlich in das Pensionsalter vorrücken und die Lufthoheit verloren haben! Hier wie anderswo: Bravo, Bravissimo! Leute, macht euch nichts vor: Kleidung ist suuuuperwichtig bei den meisten Kids und ihr werdet daran gemessen, so lieb euch euer LehrerInnenschal auch ist, die lieben Treter und die ausgebeulten Cordhosen auch sind! Natürlich wird auch manchmal der kauzige Einstein akzeptiert, aber doch als Unikum eingeordnet. Um wieviel lieber akzeptiert man die stylische Referendarin, die neben Kompetenz auch Sinn für Mode an den Tag legt! Wenn ihr das nicht erkennt, habt ihr den Anschluss verloren!

  • Naja...



    Kleidung ist suuuuperwichtig bei den meisten Kids und ihr werdet daran gemessen


    Unsere Schüler mögen z. B. nicht Kids genannt werden. Was unsere Schüler stört, sind Lehrer, die meinen, sich im "jugendlichen Stil" zu präsentieren, obwohl sie altersmäßig nicht mehr dazu gehören.


    Unsere Schüler bemerken, wenn ich ein neues Kleidungsstück habe, sie interessiert es aber keinesfalls, welche Marken ich trage oder ob ich gerade den "letzten Schrei" trage.


    Ja, ich gebe dir Recht: Unsere Ref. hat z. T. bei den Schülern "gute Karten", sie ist sehr jung, modisch gut drauf, es passt bei ihr alles zusammen.


    Aber für die Schüler (so zumindest an unserer Schule) ist es wesentlich wichtiger, wie die Lehrer mit den Schülern sprechen können, ob sie zuhören können, ob sie angemessen tolerant sein können, und vor allem: Sie sollen den Spaß an ihrem Beruf und ihren Fächern "rüberbringen" können durch gute Erklärungen und interessanten Unterricht. Meinen Schülern ist das gute Klima immer wichtiger als "Sinn für Mode".


    Ich selbst achte bei meiner Kleidung auf:
    - Sauberkeit,
    - Abwechslung
    - soll zum Körper passen (bin nunmal ein klein wenig kräftiger)
    - soll zu meinem Typ passen (bin keine Disco-Queen)
    - nie bauchfrei (s. o.)
    - sportlich
    - keine Kleidung, die gerade bei Jugendlichen so angesagt ist (diese Anbiederei ist mir selbst sehr zuwider - wurde ja bisher von keinem hier im Forum so gewünscht :D)


    die neben Kompetenz auch Sinn für Mode an den Tag legt! Wenn ihr das nicht erkennt, habt ihr den Anschluss verloren!


    Ich habe nicht den Eindruck, dass ich den Anschluss verpasst habe. Ja, was Schuhmode angeht - vielleicht? Aber ich liebe meine Füße - irgendetwas mit hohen Absätzen oder etwas für Quetschzehen - ne, mit mir nicht! Und - ja, das akzeptieren meine Schüler - sie sehen nämlich (clevere Leute eben) die Vorteile.

    • Offizieller Beitrag

    Als ich meine neue Stelle als stellvertretender Schulleiter in einer Grundschule auf nem konservativen Dorf angetreten habe, musste wohl einige der Eltern und Ältere dort schlucken.
    Schulterlanges Haar, irgendwelche Hemden, Jeanshose ... ich war bestimmt nicht der "Traumschwiegersohn". Aber ... who cares. Damit muss ich leben und damit müssen sie leben.
    Ich will mich nicht mit meiner Kleidung bei Eltern und Schülern anbiedern (indem ich jugendlich aussehen möchte), ich will ihnen aber auch nicht gefallen müssen.


    Inzwischen wurde mir von mehreren unbeteilgten Seiten auch gesagt, dass ich wohl den ersten Eindruck wettgemacht habe. Denn darauf kommt es an, wie man im Endeffekt ist. Sorry.


    Im Anzug und mit Krawatte wird man mich in der Schule nie sehen. Keine Chance. ;)


    kl. gr. Frosch

  • Zitat

    Original von kleiner gruener frosch


    Im Anzug und mit Krawatte wird man mich in der Schule nie sehen. Keine Chance. ;)


    Dem schließe ich mich an!


    Ich denke, es geht im Endeffekt nicht um die Frage "modisch oder altmodisch". Viel wichtiger ist ein geplegtes Äußeres und Autentizität. Ich halte nichts von Uniformierung und glaube auch, dass die Schüler bezüglich ihrer Sozialkompetenzen mehr lernen können, wenn sie sich auf Individuen einstellen müssen, die diese Individualität eben auch in ihrem Kleidungsstil spiegeln. Schule lebt doch gerade von dieser Vielfallt!


    Das Kleidung eine Wirkung hat, ist aber nicht von der Hand zu weisen. Dessen sollte man sich als Lehrer schon bewusst sein.

  • Ich habe überhaupt nichts gegen formellere Kleidung.


    Der Gedanke, dass die verdreckten Bruchbuden, die die meisten Schulen nuneinmal sind, dadurch aufgewertet werden, dass Lehrer und Lehrerinnen im Anzug und im Kostüm rumlaufen, ist einfach nur bizarr...


    Nele

  • Mir ist noch was durch den Kopf gegangen.


    Ich glaube, dass der Gedanke, dass Lehrer prinzipiell im Anzug vor der Klasse zu stehen haben, einem Schulmodell aus der Vergangenheit angehört. Früher stand nach allgemeinem Verständnis der Unterricht im Vordergrund. Heute haben wir eindeutig auch einen Erziehungsauftrag.


    Erziehung kann meiner Meinung nach nur funktionieren, wenn man eine (professionelle!) Beziehung zu den Jugendlichen aufbaut. Dabei geht es - um es ganz deutlich zu sagen - nicht um eine freundschaftliche Annäherung. Ich brauche aber "Zugangskanäle", Schnittmengen...


    Ein Streetworker wird niemals auf die Idee kommen, seine Klienten in Anzug und Krawatte aufzusuchen. Da verbaut er sich nämlich einen der möglichen Zugänge. Er wird sich aber auch nicht wie ein Stadtstreicher kleiden - auch wenn das seine "Kunden" sind. Schließlich will er sich ja nicht anbiedern und autentisch wäre er dann auch nicht mehr.


    Übertragen auf unseren Job denke ich eben, dass der Kleidungsstil Zugänge zu Schülern erleichtern oder erschweren kann. Es ist nur ein Baustein von vielen, aber er wirkt. Deshalb halte ich auch die Vielfallt für so sinnvoll. Kollegen, die einen eher formalen Kleidungsstil pflegen, sprechen auf dieser Ebene eben andere Schüler an, als die eher leger gekleideten.

  • Eine immer wiederkehrende Debatte :D


    Ich erinnere mich an mein erstes Praktikum an einer Hauptschule im Studium, mein Kleidungsstil gefiel einer Kollegin nicht, war ihr zu jugendlich (ich war damals 22), also zog ich biedere Sachen an.


    Besagte Kollegin war über 50, trug Jeans und modische Oberteile und zigtausend Armreifen, so dass man ihr Kommen schon durch das Klimpern der Reifen hörte. Der Kleidungsstil war meiner Meinung für ihr Alter zu jugendlich.


    Meine damalige Mentorin sagte mir dann, dass sie extra für die Schule schlichte Kleidung kaufe (Baumwollhosen, Blusen....), da sie in der Schule ihre normale Kleidung nicht trüge.


    Ich habe mich damals so unwohl gefühlt in diesen schlichten Sachen, dass ich mir vorgenommen habe, es niemals so weit kommen zu lassen, mir extra für die Schule eine Verkleidung zu zu legen.


    Meiner Meinung nach, muss man sich in seinen Sachen wohl fühlen, um authentisch zu sein. WEnn ich in einer Verkleidung vor der Klasse stehe (in meinem Fall z.B. ein Kostüm, Hose und Blazer...), wirke ich nicht authentisch und das fällt auf.


    Vor unserem Examen wurde uns gesagt, wir sollten am Examenstag Sachen tragen, in denen wir uns wohlfühlen, das sei wichtig.


    Natürlich würde ich niemals bauchfrei tragen, Miniröcke, zerrissene oder schmutzige Sachen.


    Kleidung sollte sauber sein, aber auch meinem Typ entsprechen. Wenn die Schüler einen ähnlichen Kleidungsstil haben, ist es mir egal. Ich hatte mal eine Jeans, die eine Schüler von mir (damals 10. KLasse) auch hatte, sie fand das cool, dass wir die gleichen Hose hatten. So was kommt vor, ich kaufe zum Teil in den gleichen Läden und bin nicht bereit, mich nun nur noch in der Oma-Abteilung einzudecken.


    Kleidung unterstreicht die Persönlichkeit des Trägers, wir sollen den Schülern auch beibringen, ihre eigene Persönlichkeit zu entwickeln, wie kann ich das, wenn ich meine verstecken muss?

    Wir helfen einem Menschen mehr, wenn wir ihm ein günstiges Bild seiner selbst vorhalten, als wenn wir ihn unablässig mit seinen Fehlern konfrontieren.
    A. Camus

  • Hallo Leute,


    mir ist auch noch ein Gedanke eingefallen: Dass man mit seiner Kleidung Respekt ausdrücken sollte den Schülern gegenüber und auch sich selbst gegenüber denke ich auch. Und man sollte sich gleichzeitig auch wohl fühlen. Ich trage meist Oberhemden mit einer "guten Jeans".
    In Anzug und Krawatte würde ich aber allein auch schon deshalb nicht in der Schule auftauchen, weil ich vor der Institution Schule und vor dem ganzen Behördenkram alles andere als Respekt habe. Ich drücke doch nicht Hochachtung vor alledem aus, wenn man uns Lehrer nur wie die letzten Dummköpfe behandelt. Ohne diesen Punkt weiter vertiefen zu wollen.


    (Mein Beruf macht mir Spaß, aber was mein Bild zu "denen oben" betrifft höre ich mich wahrscheinlich an wie ein frustrierter geburnouteter 55-Jähriger)


    Hamilkar

  • Also dem kann ich jetzt nicht folgen. Und zwar nicht etwa, weil ich glühender Verehrer der oberen Verwaltungsebene wäre - wobei ich da pauschal urteilende Aussagen auch problematische finde. Aber die Wirkung von Kleidung ist doch weitgehend ungerichtet. Entweder du strahlst mit deinem Stil eine bestimmte Haltung an alle in deinem Umfeld aus, oder eben nicht.

  • Also ich kann nur in Klamotten unterrichten, in denen ich mich wohl fühle. Wie ich mich fühle, ist abhängig von meiner Tagesform. Zum großen Teil aber auch von den subtilen Rückmeldungen der SuS. Die Rückmeldungen der SuS hängen wieder stark von der Jahrgangsstufe ab. An Tagen, an denen in ich der OS unterrichte, trage ich bestimmt nicht die bunte Wollstrickjacke, die die 5-Klässler toll finden.


    Letztendlich stimme ich neleabels zu. Warum sollte ich als Lehrer dazu beitragen, die maroden Zustände der Schulgebäude mit meiner eigenen "Außenwirkung" zu überspielen?


    Ach ja, die Wetterverhältnisse sind natürlich auch wichtig. Denn als Lehrer stehe ich ja nicht nur den ganzen Tag vor einer Klasse (welches Klischee da wieder sein Unwesen treibt?) sondern hetze einen nicht unwesentlichen Teil meiner Arbeitszeit zwischen teilweise hunderten Meter entfernten Gebäudeteilen hin und her. Bei dem jetzigen Schnee- und Matschwetter ist dies bei 8 Stunden Unterricht am Tag (6x Wechsel der Gebäude) nur in bequemen, robusten Wanderschuhen und Beinkleidung zu bewerkstelligen. Da ist es mir ehrlich gesagt, schei+egal, welche Wirkung mein durchnässtes, vermatschtes, durchfrorenes und atemloses Äußeres auf die SuS hat.


    klöni

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