Eliten unter sich ... Schulreform Hamburg

  • Panorama berichtete über die Hamburger Schulreformgegner.


    http://daserste.ndr.de/panorama/media/panorama408.html


    schauen, genießen, k*****


    Wie seht Ihr das? Ich hätte nicht gedacht, das sowas noch möglich ist ...


    (Aber vielleicht bin ich als Kind einer Arbeiterfamilie auch einfach nur naiv und blöd :) )

  • Ich habe nach der Anmodaration weggeclickt. Wenn die Borschaft "Jeder der das dreigliedrige Schulsystem befürwortet ist ein elitärer rechtsaußen, der nur seine eigenen Kinder vor Kontakt mit Arbeiter- und Ausländerkinder bewahren will." schon in den ersten drei Sätzen so platt und unverhüllt rübergrebracht wird, erwarte ich einen objektiven Inhalt, mit dem eine konstruktive Auseinandersetzung lohnt.


    Grüße,
    Moebius

  • den bericht habe ich auch gesehen...


    und wenn ich mich in einer sportgruppe meines sohnes so umschaue, halte ich ein derart elitäres gehabe inkl. einflussnahme durchaus für möglich.


    grässlich!

  • Danke für den Link!
    Ich finds auch echt unglaublich, was das für Machenschaften sind.


    Einiges an bereits geflossenem Hirnschmalz wäre komplett für die Tonne, wenn die Schulreform nun doch nicht kommt. Zumal wäre nicht nur die Primarschule, sondern auch die Stadtteilschule gekippt, wenn die mit ihrem Volksentscheid durchkämen.


    Rotti

  • Zitat

    Ich habe nach der Anmodaration weggeclickt. Wenn die Borschaft "Jeder der das dreigliedrige Schulsystem befürwortet ist ein elitärer rechtsaußen, der nur seine eigenen Kinder vor Kontakt mit Arbeiter- und Ausländerkinder bewahren will."


    sorry, ich habe mir die anmoderation noch mal angehört, aber höre genau das gegenteil dessen, was du hörst. es SOLLTE eine sachorientierte diskussion sein - sie hat sich aber zusehens verschoben. von "rechtsaußen" ist nie die rede, wohl aber von "erzkonservativ". spätestens nach den o-tönen dieses berichtes kann man das nun wirklich nicht leugnen (allein die BILD aktion spricht doch klare worte).


    mir geht es hier nicht um pro und contra 3-gliedriges schulsystem (das ist ein anderer schnack) - mich überraschte, mich welcher offenheit hier ein ständesystem propagiert wird (und die angeführten gründen waren nun wirklich nicht sachlich begründet). ich fhüle mich jedenfalls persönlich angesprochen, schließlich entstamme ich einer ganz normalen arbeiter/kauffrau-familie und kann heute mit stolz behaupten, dass ich meinen job gut mache. es ist traurig zu hören, dass mich wohl einige menschen in hamburg lieber an einer edekakasse oder vw-fließband gesehen hätten.... aber vielleicht können das auch nur solche nachvollziehen, die das selber erlebt haben.


    ich bleibe dabei: bin entsetzt!

  • zumal diese forderungen ja auch pädagogisch gar nicht haltbar sind... ein blick über den tellerrand in richtung skandinavien würde zum beispiel zeigen, dass es durchaus möglichkeiten gibt, alle kinder mit den unterschiedlichsten lernausgangslagen und förderbefürfnissen gemeinsam zu unterrichten. stichwort inklusion.
    und oh wunder... schneiden diese länder im internationalen vergleich viel besser ab als wir.


    dieser bericht hat mich so wütend gemacht... vor allem auch mit welcher selbstverständlichkeit da diese selektion gefordert wird.


    na ja, so erhält man sich das system, in dem man sich so profiliert hat :rolleyes:

  • Irgendwie finde es so schlimm, dass da ganz viele Meinungen herrschen ohne dass man sich mal intensiv informiert hat.
    Ich glaube als Lehrer hat man dazu wohl eine andere Meinung...

  • Richtig ist, dass wir hier nicht die Diskussion über ein dreigliedriges Schulsystem aufwärmen sollten.


    Auch ich bin entsetzt, allerdings anders als schlauby... Natürlich mag es solche Leute geben, denen Mileugeklüngel und Abschottung wichtig sind.
    Aber ganz deutlich ist doch hier, dass das ein geschickt geschnittener Film ist, um die Öffentlichkeit gegen die BI Wir wollen lernen aufzuhetzen.
    Ich bin da zwar nicht drin und habe kein Insiderwissen, aber dass in jeder Organisation Geld beschafft werden muss und dass es in jeder Organisation auch doofe/hochnäsige/ arrogante... Leute gibt, finde ich ziemlich normal. Ich persönlich halte mich an andere Menschen, wenn ich auf solche stoße.


    Man hat in dem Bericht aber nicht diejenigen der BI zu Wort kommen lassen, die eben gemäßigter sind und pädagogisch argumentieren können!!


    Man darf doch nicht alles 1:1 glauben, was da gesagt und gezeigt wird!


    Übrigens stamme ich auch nicht aus dem akademischen Milieu, sondern aus einer "Angestelltenfamilie". Und ganz viele Leute, die ich aus dem Verwandten- und Bekanntenkreis kenne, sind ebenfalls nicht für ein Gesamtschulsystem, geschweige denn für so einen merkwürdigen Einheitsbrei mit sechsjähriger Grundschule etc wie in Hamburg geplant. Also auch bitte Vorsicht in dieser Hinsicht.


    Hamilkar

    • Offizieller Beitrag

    Ich halte alle bishergen deutschen Versuche für Augenwischerei und bin gegen eine Billiggesamtschule . Bin aber sehr für grundlegende Änderungen in fast allen Bereichen. Und misstraue denen, die für einen Erhalt des bisherigen dysfunktionalen Systems sind.

  • Zitat

    Aber ganz deutlich ist doch hier, dass das ein geschickt geschnittener Film ist, um die Öffentlichkeit gegen die BI Wir wollen lernen aufzuhetzen.


    ich weiß sehr wohl über manipulativen bildschnitt und auch die stoßrichtung von "panorama" ist mir nicht fremd. allerdings ist der "bildartikel" real, die abmahnungen real ... und beide sind nicht vom kleinen dummen mitläufer organsisiert worden. vielleicht bin ich ja zu mediengläubig (zumindest was diese sendung angeht), aber meine persönlichen erfahrungen am eigenen schulort stützen sehrwohl dieses bild einer vetternwirtschaft der elite. ich erlebe zur zeit mit erschrekcen, mit welchen subtilen (aber auch plumpen) mitteln ein ständesystem befeuert wird - selbst in der grundschule. es ist einzig und allein unserem pädagogischen bemühen und einsatz zu verdanken, dass der elternwille hier in seine schranken verwiesen wird.


    degenhardts alter schlagen "spiel nicht mit den schmuddelkind" hat anscheinend nie an brisanz verloren ...


    dann ist mir die ehrlichkeit der interviewten doch lieber als scheinheilige pädagogische argumente anzuführen, wenn es doch letztlich um den natürlichen elterlichen trieb geht, seinen nachwuchs in gutes fahrwasser zu bringen. das ist verständlich und kann keiner mutter/keinem vater vorgeworfen werden - wenn es aber zum gesellschaftlichen selbstverständnis wird, ist die grenze für mich überschritten.


    mal gut, dass ich bislang keiner kommunistischen partei angehört habe ;) wobei ...

  • Zitat

    ...scheinheilige pädagogische argumente anzuführen...


    Auch ich habe in der vorhergegangenen Diskussion über die verlängerte gemeinsame Grundschule die gegenteilige Meinung vertreten und dafür "pädagogische Argumente" angeführt - die ich immer noch für nicht scheinheilig halte (immer noch halte ich eine Förderung auf unterschiedlichen, angepassten "Niveaus" für praktikabler als den großen Eintopf - bei gleichem Lehrer/Schüler-Verhältnis, wohlgemerkt).
    Für ganz fatal halte ich die Durchmischung von gesellschaftlichen und sachlichen Argumenten - und Realität und Politik.


    Wenn in den folgenden Punkten für Euch ein Fehler steckt, widersprecht mir bitte....


    - Es gibt "von Natur aus" (angeborenerweise) Kinder (Menschen), die schneller/besser denken können als andere
    (bei entsprechender Motivation kann ein Manko dabei bis zu einem gewissen Grad durch "Zeitaufwand"/Arbeit aufgefangen werden).


    - Ein zweiter Faktor für einen "geistigen Vorsprung" mancher Kinder ist eine frühe Kindheit, in der eine liebevolle und zeitaufwändige "Förderung" stattgefunden hat (damit ist ausdrücklich nicht eine Art "Vorschule" gemeint).


    Diese beiden Faktoren "potenzieren" sich quasi gegenseitig.


    Statistisch (!) ist das Zusammentreffen beider Faktoren wahrscheinlich häufiger in Familien, deren Elternteile auch schon eine überdurchschnittliche Bildung erhalten haben. Auch ist in diesen Familien die Wertschätzung von Bildung eventuell höher - auch dies ist natürlich nur wieder eine Tendenz.


    Die obigen Punkte würden eine gewisse "gesellschaftliche Ungleichverteilung" von Kindern am Gymnasium erklären, ohne dass irgendein Kind aufgrund seiner "Herkunft" vorgezogen wurde.


    Genau dieses muss natürlich unbedingt vermieden werden - und ich glaube, darin sind wir eigentlich schon gar nicht so schlecht. Kaum ein Lehrer in der Grundschule macht seine Beurteilung der Schülerleistungen von so was abhängig, glaube ich zuversichtlich.


    Schlechtere Chancen, die auch eventuell sehr intelligente/interessierte Kinder ohne ausreichende Förderung haben, müssen mMn auf einem sehr viel früheren Level (Kindergarten, Vorschule) ausgeglichen werden - und vollständig wird das wahrscheinlich nie möglich sein.





    -

    • Offizieller Beitrag

    :D


    ich habe vorgespult und zwei sachen sind mir im gehör geblieben:


    "Heranzüchtung eines akademischen Proletariats..."


    Und



    "Wir sind Eltern, Großeltern, Lehrer, Schulleiter...Menschen wirklich aus allen Bevölkerungskreisen...."

  • Wenn man sich die Hamburg-Spezifika anschaut, dann werden sie die guten Ideen vom längeren gemeinsamen Lernen auch nach der Schulreform wahrscheinlich nicht positiv auswirken. Es gibt in Hamburg gar nicht so viele gemischte Stadteile, in denen Familien aus allen Bevölkerungsgruppen leben. So wird die soziale Abgrenzung noch um zwei Jahre mit der Primarschule verlängert, denn in den homogenen Stadtteilen ("Elite" wie mit hohem Migrantenanteil) bleiben die Kinder weiter unter sich, denn ein Buspendelverkehr um den sozialen Austausch zu fördern ist nicht geplant (Ironie off).
    52 % der diesjährigen Viertklässler wurden von ihren Eltern auf dem Gymnasium angemeldet, ein überwältigender Anteil, der zeigt, was die Eltern wollen, nämlich Aufstiegschancen über das Gymnasium, was in Hamburg auch ohne Schulreform durchaus realisiert wurde. Daneben gibt es sogenannte Aufbaugymnasium, die Kinder nach der 7. oder 10. Klasse aufnehmen und mit einem etwas veränderten Lehrplan ebenfalls zum Abitur führen.
    31 % der Eltern haben sich für ihre Kinder die Gesamtschule ausgesucht, die in Hamburg ebenfalls alle über ein Oberstufe und damit den Weg zum Abitur eröffnet.
    Ich wage mal zu behaupten, dass die Schulstruktur in Hamburg ohnehin auf vielen Wegen auch ohne Schulreform zum Abitur führt. (Im Gegensatz zu der Frau im Fernsehbeitrag sehe ich das überhaupt nicht als Mangel.) Ich meine, dass schließlich ca 28 % eines Jahrgangs in Hamburg Abitur machen, damit steht Hamburg hinter Berlin auf dem 2. Platz. Ich kann hier nicht sehen, wie hier "Elitenzüchtung" betrieben wird.
    Dennoch gibt es noch nicht gelöste Probleme im Rahmen der Schulreform:
    1. Zukünftige Primarschulen sollen mindestens dreizügig sein, viele jetzige Grundschulen haben gar nicht die Raumkapazitäten dazu. Das bedeutet, dass etliche Primarschulen sich auf zwei Standorte verteilen müssen.
    2. Zukünftige Primarschulen verfügen nicht in der Regel über Fachräume. Die müssen alle nachgerüstet werden. (Das kostet Geld!)
    3. Die zweite Fremdsprache soll in der Primarschule eingeführt werden. Wie jedem Schüler dann aber die freie Schulwahl für eine weiterfrührende Schule gewährt werden soll, wenn er sich für eine andere Fremdsprache entschieden hat als seine Wunschschule, ist mir unklar. De facto sollen die Gymnasien dann ab 7. Klasse jedem Schüler eine Aufnahmemöglichkeit gewähren. Die 2. Fremdpsprache wird damit z.T. zumindest in die 7. Klasse verschoben. Wie die Verzahnung zwischen Primarschule und weiterführenden Schulen verlaufen soll, ist ebenfalls noch unklar. Primarschüler werden dann aber ebenfalls Nachmittagsunterricht für schulübergreifende Sprachkurse für exotische Sprachen haben.
    4. Kollegen werden erheblich mehr pendeln, weil Schulen auf mehrere Standorte verteilt werden (Bei meinem Mann werden es drei sein, Stadtteilschule!). Kollegen werden versetzt und umgesetzt, was nicht gerade zur guten Stimmung beiträgt.
    Diese Reform kostet viel Geld, wobei ich wunderbar finde, dass die Politik soviel Geld in Bildung investieren will. Aber warum nicht einfach in Dinge, die man in Hamburg im Bildungssektor wirklich braucht? Nämlich Ressourcenkonzentration in den Stadtteilen mit hohem Ausländeranteil, kleinere Klassen, mehr Lehrer, Sozialpädagogen und Psychologen.
    Dann schneiden wir vielleicht bei Pisa auch mal besser ab!

  • Der Hamburger Senat will ja im Zuge der Einführung der 6-jährigen Primarschule 250 Gymnasiallehrerstellen einsparen...


    Klar, wenn dann in der 5. und 6. Klasse die Schwachen die Starken mitziehen, braucht man die logischerweise nicht mehr...hmmm...oder sollte nicht vielmehr die Starken die Schwachen mitziehen, oder wie oder was??? Irgendwas habe ich da offensichtlich noch nicht verstanden...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Der Bericht veranschlaulicht "wunderbar", warum in Deutschland unser Bildungssystem langsamer vorankommt, als es möglich wäre: Die ideologischen Gräben werden besetzt und der Gegner wird verunglimpft. Erzkonservativ sind die, die am alten Bildungssystem festhalten. Erzkonservativ ist natürlich "bäh", das geht mal gar nicht. Auch keine Rede davon, dass sich zahlreiche "Arbeiter" und Angestellte abstrampeln, dass ihr Kind aufs Gymi kommt und gerade deswegen diese Schulform als Chance sehen.
    Auf der anderen Seite wird alles diffamiert, was Reformen fordert, böses linkes Denken, die haben mit ihrer antiautoritären Attitude ja schon unser wunderbares Schulsystem unterminiert.


    Vielleicht sollten wir dazwischen mal daran denken, dass wir in einer Demokratie leben. Dass es eben nicht den Generalsheilplan gibt, sondern Demokratie eine Kompromiss- und Konsensangelegenheit ist. Wenn man einfach mal einen Schritt aus den ideologischen Gräben machen würde, kämen wir richtig voran. Alle, die sich für bessere Bildung einsetzen, finden doch viele Gemeinsamkeiten: Bessere personale und sachliche Ausstattung der Schulen, bessere Förderung der "Nachzügler" und (Hoch)Begabten. Familiengerechtere (Ganztages-)Schulen, mehr Durchlässigkeit und noch mehr das Prinzip kein Abschluss ohne Anschluss durchsetzen.


    Wenn wir uns in diesem Sinne die Hände reichen würden und Ergebnisse erzielen, würden wir vielleicht in zwanzig Jahren "nebenbei" ein ganz neues Schulsystem haben. Stattdessen bekommt eben jeder ein bisschen was: 6jährige Grundschule, grundständige Gymnasien, Gesamtschulen, Regionalschulen, Werkrealschulen und Privatschulen für die Elite, die sich aus dem Bildungsdilemma verabschiedet.


    Wahrscheinlich geht bei uns in Deutschland eben wegen dieser Ideologisierung der Bildungspolitik zu wenig voran. So haben eben die bösen Konservativen weiterhin Angst vor den bösen Linken. Die einen befürchten die Bildungsrevolution, die anderen trauern ihr nach, da sie in den 70igern "nur" nicht richtig umgesetzt worden ist.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    Einmal editiert, zuletzt von Timm ()

  • Ja genau, Timm bringt es auf den Punkt. So ist es - oder besser: so sollte es sein! Ein schöner Aufruf zur Überwindung ideologischer Grabenkämpfe.


    Wie mächtig wir Lehrer sind - wenn wir denn mal zusammenhalten - hat Frau Heister-Neumann im vergangenen Jahr erleben müssen, als sie die Arbeitszeitkonten nicht (bzw. sehr viel später) auszahlen wollte. Schade, dass uns das so selten gelingt ...

  • Vergesst nicht! An der Gesamtschule (später Stadtteilschule) ist den schlechten Schülern durch BINNENDIFFERENZIERUNG nicht geholfen! Alles Makulatur. Die prekäre, bildungsferne Unterschicht lernt nicht besser im Ganztag (oder am PC) und auch nicht besser in dem sie neben lernwilligen Schülern sitzen (müssen). Was wir brauchen sind (wie in Skandinavien) MEHR LEHRER, die diese Schüler rausziehen aus dem normalen Unterricht und in Kleinstgruppen auf Linie bringen. Dann dürfen sie zurück in die Großgruppe. Für mich als Gesamtschullehrer wird sich durch diese Reform nix ändern. Gruss aus HH.

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