Streik der angestellten Lehrkräfte am 4.5.2010 in NRW

  • Guten Abend,


    ich wundere mich gerade, dass es zu diesem Thema noch keinen Thread gibt.
    Hier ist er nun ;)


    Da ich (angestellter Grundschullehrer & GEW-Mitglied) mir seit Tagen und unzähligen Gesprächen nicht sicher bin, ob ich streiken sollte, versuche ich hiermit mal ein Meinungsbild zu erhalten.


    Da wir ein sehr kleines Kollegium sind, eine Kollegin am 4.5.2010 zum Delfin-Test nicht in der Schule sondern im Kindergarten ist und außerdem an besagtem Tag die Vergleichsarbeiten in Klasse 3 geschrieben werden, würde ich mit einem unguten Gefühl in den Streik gehen.


    Andererseits ist es schon frustrierend, wenn meine Frau (HS-Lehrerin A12) und ich unsere Lohnabrechnungen nebeneinander legen (bei jeweils Steuerklasse 4).


    Hinzu kommt noch, dass wir zur Zeit der vielen Erzieherinnen-Streikrunden 2009 unmittelbar betroffen waren (wir haben zwei ganz kleine Kinder) - aber dennoch Verständnis für den Streik hatten.



    Ein hin- und hergerissener Mathias, der sehr gespannt ist auf die Antworten und allen einen schönen Start in die neue Schulwoche wünscht.

  • Zitat

    Original von Prusselise
    Ich kann mich irren, aber sollen Streiks nicht u.a. darauf aufmerksam machen, dass "man fehlt", dass es eine üble Lücke hinterlässt ?


    Meine Meinung! Oder warum streikt die Lufthansa zu Beginn der Sommerferien???


    Vergleichsarbeiten schreiben lassen ist außerdem für jede Lehrkraft möglicih! Korrigieren wirst Du sie ja selbst.


    Jeder Depp streikt, nur die Lehrer, die angestellt sind, sollen nicht???
    Nee nee (war auch mal angestellt und kenne das Gefühl für die gleiche Arbeit viel weniger Geld zu bekommen!)


    Gruß
    Anna

  • Und falls es dich beruhigt: Ich würde jeden meiner Kollegen vertreten um ihn bei sowas zu unterstützen - weil ich in dieser Situation ja selbst schon war.
    Ich finde das total legitim.
    Ehrlich!

  • Ich denke auch, dass es legitim ist und dass ein Streik schließlich ein Zeichen setzen soll. Wenn es problemlos möglich ist, streikende Menschen zu ersetzen, ist der Streik ja wirkungslos. Es soll doch gerade gezeigt werden, dass man gebraucht wird und gute Arbeit macht - und deshalb die Bedingungen stimmen sollten!
    Ich bin übel krankgeschrieben und weiß, dass morgen zwei Kollegen auf Wandertag sind (mit einer Klasse) und ab morgen noch eine Kollegin fehlt. Morgen kümmern sich nun 4 Lehrer um 7 Klassen. Ich hab auch ein schlechtes Gefühl, aber so ist das eben, bei einer dünnen Personaldecke. Das schlechte Gefühl hab ich aber noch mehr wegen der zwei, die morgen trotzdem auf Wandertag zusammen gehen (eine ist die SL) - und die Notwendigkeit nicht sehen, die Org zu ändern und vielleicht eher eine Mutter mitzunehmen und Vertretung zu machen. So ist die Einstellung dazu ... da musst du wirklich kein übles Gefühl haben, für eine wirklich wichtige Sache zu fehlen!

  • Auf freiwilliger Basis können Beamte natürlich als Streikbrecher fungieren (auf Anweisung der Schulleitung gegen ihren Willen - dann wirds schwierig).


    Naja brauchts Deinen verbeamteten Kollegen ja nur zu sagen, dass Du auch für sie streikst.


    Die gleiche Bezahlung der Lehrkräfte aller Schulstufen wäre für die verbeamteten Kollegen der Grundschule natürlich eine tolle Sache. Und falls die Gewerkschaften da auch nur im Angestelltenbereich ansatzweise erfolgreich sein sollten, käme natürlich sofort eine Übertragung auf den Beamtenbereich auf die Tagesordnung.


    Also: eigentlich streikst Du für Deine Frau (die würde als Beamtin monetär netto viel stärker profitieren ;) )


    mathias 2001 schreibt:

    Zitat

    Andererseits ist es schon frustrierend, wenn meine Frau (HS-Lehrerin A12) und ich unsere Lohnabrechnungen nebeneinander legen (bei jeweils Steuerklasse 4)


    Nö. darum gehts gar nicht. Die Gewerkschaften stört viel mehr, dass ein angestellter TVL 13er so um die 100-200€ netto mehr verdienst als Du. Da wird primär die Ungerechtigkeit gesehen.

    • Offizieller Beitrag

    Ich wollte diesmal auch mitstreiken. Beim letzten Mal waren schon drei Kollegen krank ... Nun hab ich mir das Merkblatt vom VBE durchgelesen und bin im Zweifel. Dort ist von Eintragen in Listen und Streikgeld die Rede und dass ich mit Gehaltskürzung rechnen muss. Wie erfährt denn das LBV, ob ich streike oder nicht? Muss ich zu der Kundgebung und mich in die Liste eintragen? Kann ich nicht auch still für mich zu Hause streiken? (blöde Frage, ich weiß ...)

    • Offizieller Beitrag

    Wie sieht der Streik denn eigentlich in der Praxis aus?


    Man nehme an:
    Klasse 1a:
    1. Std: Klassenlehrer, verbeamtet ==> normaler Unterricht
    2. Std: klassenlehrer, verbeamtet ==> normaler Unterricht
    3. Std: Klassenlehrer, verbeamtet ==> normaler Unterricht
    4. Std: Sport, angestellter Lehrer ==> Unterricht fällt aus*
    5. Std: Klassenlehrer, verbeamtet ==> normaler Unterricht.


    * Verbeamtete Lehrer dürfen nicht zwangsweise eingesetzt werden, also bleibt die Klasse in der Stunde unbeaufsichtigt, da angeordnete Vertretung ein "Streikbrechen" wäre.
    Klasse 1a tobt also im Klassenraum rum. Ein Kind klettert auf einen Tisch, fällt runter, bricht sich das Bein.
    Wer ist verantwortlich? Rechtlich? Moralisch?


    Sorry, ich habe ja nichts Prinzipielles gegen Streiks, aber wenn ein Streik einer angestellten Lehrkraft so aussieht / aussehen kann, sollte man dreimal drüber nachdenken.
    Ohne mich verbrennen zu wollen, ginge da mein Veranwortungsbewusstsein vor. Sorry.


    Grüße,


    kl. gr. Frosch

  • Man kann ja auch eine Aufsicht einsetzen, die sich aber auf die Aufsicht beschränkt und keinen Vertretungsunterricht macht.

    • Offizieller Beitrag

    Also ich verstehe es auch so, dass keine normale Vertretung laufen soll. Ich bereite also keinen Unterricht vor, den dann eine verbeamtete Kollegin für mich hält. Praktisch sähe das bei uns so aus: 1. bis 4. Stunde Aufteilung meiner Klasse/Fachklasse, ab 4. Stunde Ausfall des Unterrichts.
    Ich finde den Termin am Dienstag allerdings sehr kurzfristig, denn ich muss ja zumindest die Eltern darüber informieren, dass sie ihre Kinder evtl. früher abholen müssen. Den schwarzen Peter schiebe ich also morgen doch wieder meiner Schulleitung und den Kollegen zu, die dann am Dienstag kontrollieren müssen, wer nach Hause darf und wer in den Hort. Ich sehe dann schon die LAA's die Arbeit machen, was ich absolut nicht will!

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Den schwarzen Peter schiebe ich also morgen doch wieder meiner Schulleitung und den Kollegen zu, die dann am Dienstag kontrollieren müssen, wer nach Hause darf und wer in den Hort. Ich sehe dann schon die LAA's die Arbeit machen, was ich absolut nicht will!


    Und damit wären zwei weitere Gruppen Opfer des Streiks, die als "Kolateralschaden" anzusehen sind, neben den Kindern und den Eltern. :(


    kl. gr. Frosch

  • Mann, mann,
    es ist schon übel, wie viele Auswirkungen auf "Unschuldige" der Streik hat.
    Aber, wenn die Bahnangestellten streiken, haben die Reisenden und die Berufstätigen nebst betroffenen Arbeitgebern etc. auch unschuldig ein Riesenproblem.


    Das Problem ist ja im Schulwesen genau das, dass es einfach zu viele "Füllungen" d.h. Ausweichmöglichkeiten gibt, die zwar qualitativ nicht gleichwertig sind, aber irgendwie doch überbrücken. Und leider ist es so, unser Personalrat sagte das mal so, spielen einfach zu viele Lehrer dieses Spiel mit Mehrarbeit undtausend Funktionen und nicht NEIN sagen - weil ja Kinder im Spiel sind - mit und deshalb läuft es so und wird weiterlaufen. Es geht ja nicht nur um gerechte Bezahlung, es krankt an 1000 Ecken.


    Wir haben mehrere Referendare an der Schule, aber nicht, um sie gut auszubilden, sondern O-Ton "als Vertretungsreserve" für die Erkältungs- und Ausfallzeiten ... Ich finds heftig. Ich denke auch als LAA kann man sich gegen Ausnutzung wehren, aber den Mut aufzubringen, scheint schwer zu sein. Hängt ja schließlich eine Menge davon ab ...

  • Find auch immer toll, dass die Angestellten sich eine Lohnerhöhung erstreiken, die dann auf die Beamten später einfach übertragen wird... :tongue:

  • Zitat

    Original von Schneemann
    Find auch immer toll, dass die Angestellten sich eine Lohnerhöhung erstreiken, die dann auf die Beamten später einfach übertragen wird... :tongue:


    Ich verstehe nicht ganz, was du damit sagen willst. ?(


    Nele

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Mann, mann, es ist schon übel, wie viele Auswirkungen auf "Unschuldige" der Streik hat. Aber, wenn die Bahnangestellten streiken, haben die Reisenden und die Berufstätigen nebst betroffenen Arbeitgebern etc. auch unschuldig ein Riesenproblem.


    Der Unterschied ist halt nur:
    bei einem Bahnstreik zielt es darauf ab, das Unternehmen mit Einnahmeausfällen "unter Druck zu setzen". Die Reisenden werden dann nur zufällig "mit einbezogen".
    Bei einem Streik in der Schule geht das nicht. Man Kann gar nicht direkt auf das Unternehmen (also das Land) zielen, da das Land bei Stundenausfall keine "Einnahmeausfälle" hat, sondern mann kann nur "Unschuldige" treffen.
    In sofern hinkt dein Vergleich ein wenig. ;)


    Viel Spaß morgen beim Streik. Bei uns an der Schule gibt es scheinbar keine Kolateralschäden. Die 4 Angestellten bleiben hier.


    kl. gr. Frosch

  • Zitat

    Original von neleabels


    Ich verstehe nicht ganz, was du damit sagen willst. ?(


    Nele


    Naja, wenn ich an die ganzen Tarifstreitigkeiten zwischen Verdi und dem ÖD denke, dann kam immer ein Kompromiss von ein paar %-Punkten raus. Und im Abschlusskommentar hieß es dann, das Ergebnis (die Erhöhung) wird ein Jahr später auch auf die Beamten angewendet. Wann war der letzte Verdi-Streik? Vor ein paar Monaten! Da waren es 2% und da war es genauso... wie schon weiter oben gesagt wurde, die Angestellten streiken für die Beamten mit... ist halt so. Keine Ahnung warum. Aber die Frage, ob das gerecht ist, stellt sich heutzutage eh nicht mehr...

  • Zitat

    Bei einem Streik in der Schule geht das nicht. Man Kann gar nicht direkt auf das Unternehmen (also das Land) zielen, da das Land bei Stundenausfall keine "Einnahmeausfälle" hat, sondern mann kann nur "Unschuldige" treffen.
    In sofern hinkt dein Vergleich ein wenig. ;)


    Da hast du völlig Recht. Und letztendlich ärgern sich viele, aber es ändert sich nichts, eben, weils dem Land einnahmetechnisch nicht wehtut. Was wären aber Alternativen? Ich meine, um zu zeigen, dass es so nicht geht. Ziviler Ungehorsam ... in welchen Facetten auch immer

Werbung