Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg

  • Das Thema Gemeinschaftsschule ist für uns in Baden-Württemberg ja recht spannend.


    Kennt jemand Links zu interessanten Statements und Umsetzungsvorschlägen
    im Netz - außer den offiziellen von der Kumi-Seite und dem ganzen
    Zeitungsblabla?




    Umgesetzt wird/wurde das ja wohl auch in anderen Bundesländern. Gibt es
    da Erfahrungsberichte wie das gelingen kann - und unter welchen
    Bedingungen?


    Gefunden habe ich bislang
    http://www.gew-bw.de/Page3998.html Das Positionspapier der GEW
    http://www.kultusportal-bw.de/…8/index.html?ROOT=1146607 Die Infoseite der Kultusverwaltung Ba-Wü
    http://www.laenger-gemeinsam-lernen-bw.de Statements des Vereins "Länger gemeinsam Lernen"

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Ich bin wirklich sehr gespannt wie das realisiert wird. Unsere Schule soll ebenfalls zur Gemeinschaftsschule umgebaut werden und das nach "offiziellen" Angaben schon zum kommenden Schuljahr. Demgegenüber steht die Tatsache, das offenbar noch nicht alle Stellen grünes Licht gegeben haben und bislang unklar ist, wie entsprechende Konzepte im Detail aussehen sollen. Es verspricht ein spannendes Jahr zu werden ... :rolleyes:

  • Bisher ist meines Wissens nur wenig Inoffizielles dazu bekannt. Es sollen ca. 30 Schulen ab 2012/13 damit beginnen. Diese Schulen dürfen nach offizieller Darstellung aber nur einen Antrag stellen, wenn sie ein "ausgereiftes, gut durchdachtes Konzept" vorlegen (sinngemäße Wiedergabe).


    Bei den Livestream-Mitschnitten, die auf der Kumi-Homepage zu sehen sind, lohnt es sich, auch mal zwischen den Zeilen zu hören. Zum Beispiel bei der Aussage von Herrn Zoller, dass "der Erfolg der Gemeinschaftsschule nicht nur von der Ausstattung, sondern auch vom Engagement der Lehrer abhängt" (sinngemäße Wiedergabe). Ein Schelm, wer Böses dabei denkt...


    Trotzdem finde ich das ein spannendes Thema und verfolge das mit großem Interesse. Vielleicht tut sich ja was im System.


    Hier sind die Videos von der Auftaktveranstaltung in Ludwigsburg zu sehen:


    http://www.kultusportal-bw.de/…7/index.html?ROOT=1146607

  • Trotzdem finde ich das ein spannendes Thema und verfolge das mit großem Interesse. Vielleicht tut sich ja was im System.

    Es wird sich definitiv was tun im System: Baden-Württemberg wird in den Vergleichstests weiter ins bundesdeutsche Mittelmaß sinken; die zu Gemeinschaftsschulen gewandelten Realschulen werden massive Schülerrückgänge verzeichnen und die Gymnasien werden von den Eltern und Schülern überrannt werden. Diese Abwärtsspirale wird noch beschleunigt, wenn es keine verbindlichen Notengrenzen für den Übertritt mehr gibt, sondern alleine der Elternwille zählen soll:


    http://www.spiegel.de/schulspiegel/0,1518,794803,00.html


    Und am Ende werden dann - wie heute schon in Berlin - die Plätze am Gymnasium verlost. Gerecht ist es eben nach Ansicht der Linken dann, wenn alle gleich sind. In diesem Fall eben gleich schlecht.


    Bei der Gelegenheit: Wer facebook nutzt: Sucht mal nach "Initiative pro Realschule". Unterstützenswertes Anliegen das.

  • Spannend in diesem Zusammenhang, dass unser Nachbar Österreich derweil an uns vorbeizieht. Während Deutschland sich mit seinen Reformen in einzelnen Bundesländern mal wieder verstolpert, diese halbherzig und natürlich kostenneutral umsetzt, legt Österreich mit den neuen Mittelschulen flächendeckend los. Mich wundert es, dass man davon hier wenig mitbekommt.


    Neue Mittelschule Österreich

  • In ein paar Wochen starten die ersten Gemeinschaftsschulen in Baden-Württemberg mit ihrer Arbeit. Ich bin auf Rückmeldungen gespannt. Gibt es jemand, der aus der Vorbereitungsphase berichten kann?

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Was soll schon grossartig passieren?


    So spannend ist das Experiment auch nicht, da können Baden und Schwaben in so ziemlich alle anderen Bundesländer schauen.

    Mit meinem Verhältnis zur Realität ist alles in Ordnung. Ich lasse es alle 14 Tage vorschriftsgemäß warten.

  • Das stimmt nicht ganz, weil das Konzept in Baden-Württemberg kein Abbild der Gesamtschule anderer Länder darstellt.
    Die Gemeinschaftsschule Baden-Württemberg soll mit Kompetenzlehrplänen und zieldifferentem Unterricht sowie individualisiertem Lernen und starker individueller Förderung neue Wege gehen. Dazu sind neue Tagesabläufe und Raumkonzepte notwendig. Viele Abläufe wie Wochenplanarbeit und Freiarbeit sind ja bereits aus der Grundschule bekannt, die schon immer "Gemeinschaftsschule" war. Manches lässt sich jedoch nicht so reibungslos 1:1 auf die Sek I übertragen. Daher bin ich auf Erfahrungsberichte gespannt.Hier gibt es mittlerweile eine recht umfangreiche Linksammlung zur individuellen Förderung und Gemeinschaftsschule:
    http://autenrieths.de/links/gemeinschaftsschule.htm


    Die dort verlinkten Videos vom Institut Beatenberg machen ja schon neugierig, ob diese Art von selbstgesteuertem Unterricht auch außerhalb einer Privatschule im stinknormalen staatlichen Schulsystem erfolgreich praktiziert werden kann.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Schau dir doch mal die Homepage der Starterschulen an. Da bekommt man manchmal Einblicke darüber, wie die Konzepte zum individualisierten Lernen umgesetzt werden.




    Karte der Starterschulen:


    http://www.kultusportal-bw.de/…ndorte_Starterschulen.pdf




    Beispielschulen (zufällige Auswahl):


    http://www.gks-wuestenrot.de/gemeinschaftsschule.html


    http://10069.qmh.qzs.de/10590.html


    http://www.alemannenschule-wutoeschingen.de


    http://www.wsi-tuebingen.de/


    Empfehlenswert ist auch die Dokumentation "Individualisierung" von Reinhard Kahl.
    dort werden einige Schulen aller Art vorgestellt, die Individualisierung bereits
    als Konzept erfolgreich umsetzen.

  • Aus aktuellem Anlass - siehe GEW-Diskussion - hole ich diesen Thread nach oben.
    Leider sind viele Kollegen - besonders aus der Realschul- und Gymnasial-Fraktion - nicht darüber informiert, welches Konzept die Gemeinschaftsschule In Ba-Wü eigentlich verfolgt - und polemisieren in ihrer Uninformiertheit munter drauflos und dagegen...

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Ich habe das Wahlprogramm der Grünen vor der Wahl in BaWü genauestens studiert. Und bin der Meinung, dass deren Schulprogramm nicht funktionieren kann. Gibts noch aktuellere Informationen?

  • Ich habe das Wahlprogramm der Grünen vor der Wahl in BaWü genauestens studiert. Und bin der Meinung, dass deren Schulprogramm nicht funktionieren kann. Gibts noch aktuellere Informationen?


    Die Wahl war im März 2011 - das Programm stammt aus dem Jahr 2010. Was soll daran noch aktuell sein - von der Absichtserklärung abgesehen?


    Mittlerweile sind 40 Schulen in Ba-Wü Gemeinschaftsschulen, weitere 120 haben Anträge auf Einrichtung gestellt:
    http://www.kultusportal-bw.de/servlet/PB/menu/1366184/


    Beispiele der Umsetzung und der neuen Lernkultur:
    http://www.kultusportal-bw.de/…e_Gemeinschaftsschule.pdf

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Den hiesigen Befürwortern der Gemeinschaftsschule ist es immer noch nicht klargeworden, dass die Grün-Roten in BW neben ihrem Bildungskommunismus damit ausschließlich finanzielle Einsparungsziele verfolgen, die im Scheine gesellschaftlich hehrer Ziele mit moralisch erhobenem Zeigefinger verpackt werden. 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Alias, voll cool. 28 Schüler in einer Lerngruppe (im Wahlprogramm warens wenigstens noch 25...), und dann kriegt jeder einen individuellen Förderplan. Schön. Aber wie oft bitte hat der Lehrer Hilfe von jemand anders? Was ist, wenn ein Kind richtig gut in einem Fach ist - wo bekommt es Partner her, mit denen es sich verbessern kann? Wenn ein einziges Kind in einer Lerngruppe auf Gymnasialniveau ist, dann kann das in Mathe etc. ganz gut funktionieren - was tut das Kind in Fremdsprachen? Mit wem kommuniziert es auf seinem Niveau?

  • Alias, voll cool. 28 Schüler in einer Lerngruppe (im Wahlprogramm warens wenigstens noch 25...), und dann kriegt jeder einen individuellen Förderplan.


    Ah ja, so einfach ist das. Natürlich völlig kostenneutral. Wird von den Unterrichtsbeamten so nebenbei mit erledigt. Der Tag hat ja immerhin 24 Stunden, von denen als Präsenzzeit in der präferierten Ganztags-Einheitsschule höchstens 8 draufgehen. Bleiben immerhin noch 16 Stunden. Wer das nicht hinbekommt in der Zeit, kann ja immer noch auf Teilzeit gehen. So ein halbbezahlter Lehrer, der trotzdem für eine volle Stelle arbeitet... das freut auch jeden grün-roten Finanzpolitiker.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Beispiele der Umsetzung und der neuen Lernkultur:
    http://www.kultusportal-bw.de/…e_Gemeinschaftsschule.pdf


    Meine Vermutung vom "Teilzeitlehrer" als Regelfall in der neuen Lernkultur scheint sich zu bestätigen. Ich gehe einmal von 28 Schülern pro Klasse mit 32 Wochenstunden Unterricht pro Schüler aus, bei gleichzeitiger Lehrverpflichtung von 25 Unterrichtsstunden pro Woche für eine Vollzeitlehrkraft.


    Aus der verlinkten Broschüre:

    Zitat

    Johann-Friedrich-Mayer-Schule,
    Kupferzell
    Anzahl der Schüler: 307
    Anzahl der Lehrer: 23
    Gegründet: 1967
    Stand: 8/2012

    --> Bedarf an 14,0 Vollzeitlehrkräften (307 / 28 * 32 / 25), d.h. die durchschnittliche Lehrkraft an dieser Schule hat eine 61%-Stelle (14/23) und wird auch so bezahlt.


    Zitat

    Elsenztalschule,
    Bammental
    Anzahl der Schüler: 423
    Anzahl der Lehrer: 40
    Gegründet: 1955
    Stand: 8/2012

    --> Bedarf an 19,3 Vollzeitlehrkräften, d.h. eine 48,3%-Stelle im Durchschnitt.


    Zitat

    Bickebergschule,
    Villingen-Schwenningen
    Anzahl der Schüler: 550
    Anzahl der Lehrer: 48
    Gegründet: 1969
    Stand: 8/2012

    --> Bedarf an 25,1 Vollzeitlehrkräften, d.h. 52,3%-Stelle für jede Lehrkraft im Durchschnitt.


    Zitat

    Geschwister-Scholl-Schule,
    Tübingen
    Anzahl der Schüler: 1.600
    Anzahl der Lehrer: 150
    Gegründet: 1971
    Stand: 8/2012

    --> Bedarf an 73,1 Vollzeitlehrkräften, d.h. 48,8%-Stelle ür jede Lehrkraft im Durchschnitt.


    Fazit: Diese vier "Musterschulen" zeichnen sich dadurch aus, dass jede Lehrkraft im Durchschnitt ihre Stelle auf eine gute halbe Stelle reduziert hat und damit auf ca. die Hälfte ihres Gehaltes verzichtet. Über die Gründe darf man jetzt spekulieren...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Wir sind ab diesem Jahr Gemeinschaftsschule in BW:


    - Ganztagsschule, anschließend Konferenzen und Unterrichtsvorbereitung. Wir kommen häufig erst gegen 18 Uhr raus und sitzen dann bis 22 Uhr zu Hause am Schreibtisch.
    - keine nennenswerten Pausen für die Lehrer
    - keinen richtigen Arbeitsplatz in der Schule
    - Arbeitsblattdidaktik mit schickem Namen wie "Freiarbeit" bzw. "Wochenplan" oder "individuelle Förderung"
    - die Eltern nehmen sich immer mehr zurück, haben keine Zeit für Gespräche und sind schon genervt, wenn
    sie mit ihren Kindern zum Arzt gehen sollen
    - minimale Unterstützung von Außen
    - wir werden immer stärker zur Brennpunktschule: Kinder abgeben und keinen Ärger mehr haben


    Danke an grün-rot. Um diese Pläne umzusetzen bräuchten wir viel mehr Personal und mehr Know-How von Außen.
    Alle Schüler optimal zu fördern ist eine fantastische Idee. Aber ohne den extremen Idealismus vieler Kollegien
    würde das Konzept nicht funktionieren.

    • Offizieller Beitrag

    Och, das muss gar nicht immer Rot-Grün sein.
    Hier in SH hat Schwarz-Gelb damit geworben vor (7?8?..) Jahren: "wählt uns, wir retten das dreigliedrige Schulsystem!". Sie wurden gewählt. "Oh, prima, ihr habt uns gewählt. Dann schaffen wir jetzt mal das dreigliedrige Schulsystem ab."
    Gehopst wie gesprungen, hauptsache, man kann Geld sparen.

    Bolzbold #5

    Gutmensch und Spaß dabei (= das GG und der Diensteid sind schon 'ne gute Sache 😉)

    "Und hast du die Ausrufezeichen bemerkt? Es sind fünf. Ein sicheres Zeichen dafür, dass jemand die Unterhose auf dem Kopf trägt." (T. Pratchett)

  • Ach Mikael, von der Deputats- und Stundenverteilung an Schulen hast du nicht viel Ahnung - wobei das nicht diskutiert werden muss. Dass viele Frauen an Grundschulen einen halben Lehrauftrag bestreiten, hat mit der Gemeinschaftsschule zudem mal sowas von garnix zu tun...
    Tatsache ist, dass es in Baden-Württemberg demnächst keine Haupt- und Realschulen mehr geben wird - Kretschmann hat sich vor drei Tagen eindeutig für das 2-Säulen-Modell ausgesprochen. Das ist nun erklärtes Ziel der Landesregierung - wobei auch die CDU bei allem polemischen Geschrei der Umwandlung nicht abgeneigt ist. Durch den demografischen Wandel sind die derzeitigen Schulstrukturen nicht mehr haltbar. Das hat auch mit den Finanzen zu tun - was keineswegs abgestritten wird. Wenn man die vorhandenen Finanzmittel nun zielgerichteter und - für die Schüler - nutzbringender einsetzen kann, ist das nicht per se falsch.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Ach Mikael, von der Deputats- und Stundenverteilung an Schulen hast du nicht viel Ahnung - wobei das nicht diskutiert werden muss. Dass viele Frauen an Grundschulen einen halben Lehrauftrag bestreiten, hat mit der Gemeinschaftsschule zudem mal sowas von garnix zu tun...


    Wie war das noch einmal mit der Polemik? Aber Fakten haben Ideologen ja noch nie gestört.


    Es gibt übrigens ca. 12 Millionen Schüler in Deutschland bei ca. 800.000 Lehrkräften. Dieselbe Rechnung wie oben liefert das Ergebnis, dass jede dieser 800.000 Lehrkräfte im Durchschnitt eine 68,6%-Stelle besetzt und nicht nur ca. 50% wie bei deinen hochgelobten Muster-Gemeinschaftsschulen. Wahrscheinlich sind die 50%-Stellen in diesen Gemeinschaftsschulen so hochbefriedigend, dass die durchschnittliche Lehrkraft dort gar kein Bedürfnis hat, entsprechend des Bundesddurchschnitts zu arbeiten.


    Die Zahlen sprechen in diesem Zusammenhang eine deutliche Sprache, allen sozial-romantischen Träumereien der Bildungsideologen zum Trotz.

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

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