Inklusion : Ich kann es nicht !

  • Susannea, du solltest in deiner Masterarbeit auf keinen Fall von "Behinderten" schreiben. Das war schon zu meinen Studienzeiten vor 12 Jahren verpönt, es heißt, wenn man es denn überhaupt erwähnt, weil der Fokus dann ja so sehr auf dem Defizit liegt, Mensch mit Behinderung.
    Ich denke, ein Schulsystem, in dem ausschließlich und nur die Eltern entscheiden, welche Schule ihr Kind besucht, würde das deutsche System der Schulabschlüsse völlig ad absurdum führen. Da besucht dann der Schüler mit der (beispielsweise) Hauptschulempfehlung das Gymnasium. Erwartungsgemäß wird's schwierig, das Kind ist nicht in der Lage, den Unterrichtsinhalten zu folgen, wiederholt vielleicht eine Klasse, packt es aber wieder nicht. Die Eltern bestehen aber darauf, dass das Kind an eben genau der Schule bleibt und dort z.B. den Hauptschulabschluss macht. Das müsste dann auch möglich gemacht werden. Damit wird das gymnasium dann tatsächlich eher zu einer Gesamtschule, an der alles möglich ist. Dafür fehlen aber die Ressourcen, das wird nicht so funktionieren, ohne ein gescheite Konzept VORHER ausgearbeitet zu haben.
    Inklusion kann meiner Einschätzung nach nicht kostenneutral umgesetzt werden, selbst wenn die Förderschulen aufgelöst werden und die Lehrer und das vohandene Material dann an die Regelschulen verteilt wird. Die Schulen müssen räumlich angepasst weden, (Aufzüge, Rampen, Toilettenräume, Wickelräume, Snozzleräume, was weiß ich noch), und zwar jede Schule, weil ja jedes Kind jede Schule besuchen darf. Es werden nicht weniger, sondern mehr Sonderpädagogen gebraucht (zumindest dann, wenn die Fördeung aller Schüler qualitativ mindestens gleich gut bleiben soll), weil eben die Kinder sich viel weiter verteilen und auch ein Sonderpädagoge sich nicht vierteilen kann. Außerdem, und das ist eine konkrete Erfahrung von mir, benötigen VIEL mehr Kinder mit hohem Förderbedarf im Gemeinsamen Unterricht einen Integrationshelfer. Viele Kinder, die an der Förderschule problemlos integriert (und ich schreibe dieses Wort hier sehr bewusst) werden können, brauchen an der Regelschule einen erwachsenen Menschen an ihrer Seite, der ihnen hilft, sich zurecht zu finden, den sie an der Förderschule nicht benötigen würden! Zudem, Material, das vielleicht für eine ganze Klasse an der Förderschule angeschafft wurde, wird dann für jeden Schüler angeschafft werden müssen, weil sie nicht mehr in einer einzigen Klasse sind, sondern in 15 verschiedenen an 8 Schulen. Nicht zu vergessen vielleicht die Kosten, die vielleicht für die therapeutische Behandlung der Kinder aufkommen, weil sie Depressionen und Ängste entwickeln, weil sie immer wieder merken, ich kann nicht das, was alle anderen Kinder können, ich bin immer der schlechteste (ja, ich weiß, das ist reine Spekulation und Schwarzmalerei und ich kann das nicht wissen, weil es sind ja dann alle total nett zu den Kindern, weil alle über eine gute soziale Kompetenz verfügen, aber auch solche Auswirkungen auf das Selbstbewusstsein der Kinder habe ich schon mehrfach mit erlebt, nicht nur bei dem Mädchen, das sich eingekotet hat).
    nein, ich glaube nicht an eine kostenneutrale Umsetzung bei gleichbleibender Qualität, beim besten Willen nicht.

  • ich glaube nicht an eine kostenneutrale Umsetzung bei gleichbleibender Qualität, beim besten Willen nicht.


    Ich auch nicht. Wer ber eine langjährige Erfahrung in Schuldienst verfügt, wer schon erlebet hat, wie die Bildungspolitik mit Schulen verfährt, wer sich nicht von den schön geredeten Konzepten einwickeln lässt, der weiß, dass unter dem Deckmäntelchen der willkommenen UN Konvention zur Inklusion ( steht eigentlich kein Wort von Auflösung der Förderschulen drin, sondern vom Zugang zur Bildung),der demographisch bedingte Rückgang der Schülerzahlen zu Einsparungen im Bildungssystem führen soll. Ich denke das die Sonderpädagogen eine aussterbende teuer Species sind, deren Ausbildung immer mehr zurückgefahren wird, weil sie teuer sind. Die paar Behinderten werden wie schon zu meiner Schulzeit irgendwie mitgezogen und fallen halt durchs Netz oder werden eben wie früher wieder ausgeschult. Hauptsachen billig.

  • willkommenen UN Konvention zur Inklusion ( steht eigentlich kein Wort von Auflösung der Förderschulen drin, sondern vom Zugang zur Bildung),


    Aber genau dies schreibe ich doch schon ewig, dass die gar nicht abgeschafft werden dürfen, weil jeder die Wahl haben muss, wohin er sein Kind gibt, auch auf eine Förderschule!

    • Offizieller Beitrag

    Mehr brauchte Elternschreck ja auch nicht schreiben, da das passende Argument schon von Ixca geliefert wurde (und Elternschreck es in diversen Threads auch schon diverse Male gesagt hatte). Es muss ein inklusives Bildungssystem (inklusive education system, so steht es in der UN-Konvention) geben, aber keine inklusive Schule.


    kl. gr. frosch

  • Mehr brauchte Elternschreck ja auch nicht schreiben, da das passende Argument schon von Ixca geliefert wurde (und Elternschreck es in diversen Threads auch schon diverse Male gesagt hatte). Es muss ein inklusives Bildungssystem (inklusive education system, so steht es in der UN-Konvention) geben, aber keine inklusive Schule.


    kl. gr. frosch


    Kannst du mir den Unterschied für dich erläutern? Ich sehe nämlich keinen.


    Achso und klar müsste man dann wenigstens den Hinweis darauf geben, wonach nicht, aber das wäre einfach nciht sein Stil! *kopfschüttel*

  • Susannea, du solltest in deiner Masterarbeit auf keinen Fall von "Behinderten" schreiben. Das war schon zu meinen Studienzeiten vor 12 Jahren verpönt, es heißt, wenn man es denn überhaupt erwähnt, weil der Fokus dann ja so sehr auf dem Defizit liegt, Mensch mit Behinderung.


    DAnke für den Hinweis, aber ich finde beides sehr abwertend und wollte deshalb auf Menschen mit Beeiträchtigung umschwänken. Also Behindert entsprechend definieren und sagen, dass es in der Arbeit aber anders genannt wird.
    Werde aber auch dies noch einmal abklären.

    • Offizieller Beitrag

    Schule = eine Schule
    Bildungssystem = das komplette System, welches für die Bildung verantwortlich ist


    D.h.:
    "inklusive Schule": jede Schule müss für Förderschüler offen stehen
    "inklusives Bildungssystem": das Bildungssystem muss für die Förderschüler offen stehen


    kl. gr. frosch

  • D.h.:
    "inklusive Schule": jede Schule müss für Förderschüler offen stehen
    "inklusives Bildungssystem": das Bildungssystem muss für die Förderschüler offen stehen


    Gut, wenn du es so siehst, ist aber die Übersetzung klar eine andere, denn es steht drin (zumindest so die offizielle Übersetzung), dass das Regelschulsystem für alle Schüler offen stehen muss. UNd somit auch jede Schule, dass sie die freie Wahl haben, welche Schule sie wählen.

  • Susannea, wärest du so nett und würdest die Behauptung bezüglich der Verpflichtung zur einführung der inklusiven Schule durch das entsprechende Zitat belegen? Ich lese das sowohl aus dem englischen Originaltext, als auch aus der Übersetzung nicht heraus.


    http://www.un.org/Depts/german…nkommen/ar61106-dbgbl.pdf


    Die Möglichkeit zum Zugang zu Bildung, ja. Inklusive Bildung entgegen jeglicher Vernunft, nein.


    Ich hoffe da aber einfach auf die selbstregulation. Fast alle BL werden Förderschulen erhalten und die Eltern werden sie nutzen, weil es in der Regelschule aus den unzähligen genannten Gründen nicht läuft.


    Lg
    Sunny


  • Gut, wenn du es so siehst, ist aber die Übersetzung klar eine andere, denn es steht drin (zumindest so die offizielle Übersetzung), dass das Regelschulsystem für alle Schüler offen stehen muss. UNd somit auch jede Schule, dass sie die freie Wahl haben, welche Schule sie wählen.

    Dann darf also jeder hauptschüler an das Gymnasium wechseln. Oder dürfen nicht beeinträchtigte Personen gegenüber beeinträchtigten benachteiligt werden?
    Wir drehen uns hier im Kreis ...


    Lg
    Sunny

  • Die Übersetzung ist ja auch falsch.


    Kl gr Frosch


    Tja, aber amtlich und anerkannt und damit bindend!


    Susannea, wärest du so nett und würdest die Behauptung bezüglich der Verpflichtung zur einführung der inklusiven Schule durch das entsprechende Zitat belegen?


    http://www.behindertenbeauftra…df?__blob=publicationFile Artikel 24 ist da doch recht eindeutig in der amtlichen Übersetzung.

  • Zufall? Gewollt? Sinngerecht?


    Das wird ja an vielen Stellen angemerkt und deshalb gibts ja auch noch iene sogenannte "Schattenübersetzung" zur amtlichen. Das hat eben was mit der Verwendung des Begriffes im englischen zu tun. Das der Begriff im Engslischen wohl eine andere Bedeutung hat, als in den deutschsprachigen Ländern.

  • Dort steht doch aber etwas von Teilhabe an der Bildung. Und so wie ein hauptschüler kein Gymnasium besucht und trotzdem an Bildung teilhaben darf, kann ein Förderschüler kein Gymnasium besuchen und trotzdem an Bildung teilhaben.
    Wo genau steht, dass für ein Kind mit einer geistigen Behinderung eine beschulung am Gymnasium ermöglicht werden muss? Einen link auf eine mehrseitige Broschüre halte ich da für wenig sinnvoll. Du steckst doch gerade gut in der Theorie drin und hast das mit Sicherheit schnell bei der hand ... Wenn es diese Aussage wirklich irgendwo geben sollte.


    Danke!


    Lg
    Sunny

  • Einen link auf eine mehrseitige Broschüre halte ich da für wenig sinnvoll.


    ICh halte einen Link mit der Angabe eines Artikels mit 5 UNterpunkten, die dies alle zusammen sagen schon sehr sinnvoll, evtl. hilft vollständiges Lesen.


    Dort steht doch aber etwas von Teilhabe an der Bildung.


    Da steht, dass er am allgemeinen Bildungssystem (dazu gehört die Förderschule nicht) teilnehmen können muss .


    Und so wie ein hauptschüler kein Gymnasium besucht und trotzdem an Bildung teilhaben darf, kann ein Förderschüler kein Gymnasium besuchen und trotzdem an Bildung teilhaben.


    Nein, nicht nur den Zugang zum Gymnasium, sondern sogar zur Universität musst du sicherstellen:

    Zitat

    Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass Menschen mit Behinderungen ohne Diskriminierung und gleichberechtigt mit anderen Zugang zu allgemeiner Hochschulbildung, Berufsausbildung, Erwachsenenbildung und lebenslangemLernen haben. Zu diesem Zweckstellen die Vertragsstaaten sicher,dass für Menschen mit Behinderun-gen angemessene Vorkehrungengetroffen werden.

  • Susannea, und zu welchem Zweck? Einen Abschluss muss er dann doch hoffentlich nicht noch garantiert bekommen? Oder würdest du dein Kind von einem Arzt behandeln lassen, der aufgrund seiner kognitiven Fähigkeiten zwar nicht schreiben kann, aber dank der Gesetzeslage super inkludiert zum hochschulabschluss geführt wurde?
    Ich weiß nicht ... Bist du wirklich so fern der Realität oder willst du nur provozieren?



    Sunny

  • Nach ein paar Tagen Forumsabstinenz habe ich gerade die letzten 7 Seiten dieses Threads durchgelesen. Interessante Diskussion. Allerdings:

    Susanne, merkst du was? Dein Auftreten erinnert mich zunehmend an den alten Witz: Ein Geisterfahrer? - Hunderte!!

    Und genau aus diesem Grunde habe ich jetzt auch zum ersten Mal die Ignorier-Funktion dieses Forums aktiviert. Manche Teilnehmer hier lernen es nie......


    Grüße
    Raket-O-Katz

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