So kann es für mich wohl nicht weitergehen... - Welche Alternativen?

  • Hallo,



    ich bin eine 39-jährige verbeamtete Realschullehrerin mit den Fächern Sport/Eng und unterrichte an einer neu eingerichteten Gemeinschaftsschule in SH in Teilzeit (ich habe zwei Kindergartenkinder zuhause). Vorher waren wir zwei Jahre Regionalschule! Und davor eine gut funktionierende Realschule.


    Ich bin sehr gerne Lehrerin und mir hat der Umgang mit den Kindern immer großen Spass gemacht, doch seit der Umstrukturierung in SH und der damit verbundenen Schülertypenänderung (komisches Wort, gibt es wahrscheinlich gar nicht), habe ich sehr große Schwierigkeiten bekommen. Hinzu kommen noch die immer größer werdenden Klassen.


    Mir macht der Beruf immer weniger Spass und die die schlaflosen Nächte, sowie die Unlust morgens zur Arbeit zu fahren häufen sich...


    Ich glaube ich bin einfach nicht der Typ, um mit den doch sehr viel schwierigeren S (nunmehr auch viele Haupt- und Förderschüler) zu arbeiten. Meist arbeiten wir L nur noch gegen sie an! Der Unterricht besteht zum größten Teil aus Ermahnungen, Maßregelungen, etc. Das macht mir überhaupt keine Freude mehr und die Unterrichtsvorbereitung besteht eigentlich nur noch aus einer Überlegung heraus: Wie plane ich den Unterricht, dass er mir nicht aus dem Ruder läuft und die Kids nicht völlig durchdrehen. Und das kann es doch wirklich nicht sein, oder? Ein Großteil unsere S haben mitlerweile nicht mal mehr eine schlechte Arbeitshaltung, sondern gar keine... Und die S, die potentiell mitarbeiten würden, lassen sich natürlich von den Rabauken mitziehen.


    Vielleicht müsste ich auch einfach mal, wie es anscheinend andere L tun, richtig auf den Tisch hauen und die Kinder anschreien? Aber da bin ich einfach nicht der Typ für. Musste ich ja in Realschulzeiten früher auch nie machen. Da hat ein böser Blick, mdl. Ermahnung, Rausschmeißen oder im schlimmsten Fall mal ein Elterntelefonat gereicht.


    Aber mit dieser unglaublichen Gleichgültigkeit, Respektlosigkeit und den Widerwillen, kann ich einfach nicht besonders gut umgehen. So kann ich auf jeden Fall nicht mehr lange unterrichten. Meine Gedanken drehen sich tagsüber eigentlich nur noch um die nächsten Schulstunden und die Entwürdigungen, die man dann 45 min. lang ertragen muss. So kann es für mich nicht weitergehen. Auch meine Familie leidet darunter.


    Nun meine Frage: Welche anderen Möglichkeiten hätte ich denn, ohne meinen Beamtenstatus zu verlieren, irgendwo zu arbeiten? Am liebsten natürlich weiterhin als Lehrerin, aber als Realschullehrerin werde ich in SH in Zukunft ja immer an Gemeinschaftsschulen eingesetzt und werde immer auf dasselbe Klientel treffen. Auf keinen Fall möchte ich mich in irgendeiner Form beurlauben, krank-oder berufsunfähig schreiben lassen und möchte auf jeden Fall weiterarbeiten.


    Gibt es für mich evtl. die Möglichkeit im Ministerium, Schulamt oder dem IQSH Arbeit zu finden?


    Oder hätte sonst jemand eine Idee wo ich mich mal bewerben könnte, bzw. wo Stellen für mich in Frage kämen? Kennt ihr jemanden, dem es ähnlich ergangen ist?


    Gymnasien nehmen wohl nur ausgebildete Gymnasiallehrkräfte und an beispielsweise Waldorfschulen würde ich wohl meinen Beamtenstatus verlieren, oder?


    Über jeden ernstgemeinten Hinweis wäre ich euch/ihnen sehr dankbar.


    Tschüss

    • Offizieller Beitrag

    Du kannst dich mehrere Jahre unbezahlt beurlauben lassen und in der Zeit zB verschiedene Privatschultypen ausprobieren und gucken ob das auf Dauer was für dich ist. An einigen wird auch mit Beamtenstatus gearbeitet. Stellst du fest, dass zB die Waldorfschule nichts für dich ist, kannst du in den normalen Schuldienst zurückkehren und dir vielleicht eine kleinere Schule in ländlicher Umgebung suchen, vielleicht ist die Lage da anders?


    Die Stellen im SSA oder KM sind meist auf einige Stunden begrenzt, bzw befristet auf 1,2 Jahre.

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  • Traurig. Aber der von Dir beschriebene Arbeitsalltag habe ich NIE anders erlebt. (Gesamt- und Hauptschulen). Ich weiß gar nicht mehr was ich machen sollte wenn die Schüler bei der ersten Ermahnung still wären. Das täte mich schon sehr verunsichern.


    Zitat

    Gibt es für mich evtl. die Möglichkeit im Ministerium, Schulamt oder dem IQSH Arbeit zu finden?


    Von diesen Leuten (Vorgesetzten) bin ich seit ich arbeite umgeben. Die also nicht mehr unterrichten und in Bürojobs geflüchtet sind.
    Ich möchte nicht sarkastisch wirken. Aber wir Lehrer leben doch in sehr unterschiedlichen Realitäten. Realschule und Gymnasium auf der einen Seite. Haupt- und Gesamtschulen auf der anderen Seite. Oft wissen Gymnasiallehrer gar nicht wovon ich rede wenn ich mal mein Leid klage.(z.B. auf Fortbildungen).


    Die Frage ist:


    Was bist Du?


    Leidenschaftliche Fachfrau/Fachmann ?
    Leidenschaftliche Pädagogin?


    Wo hängt Dein Herz?

  • Ich bin Hauptschullehrerin an einer kleinen, ländlichen Hauptschule in Niedersachsen (Ort mit 5000 Einwohnern, Ausländeranteil gering). Ich kenne die von dir geschilderten Zustände nicht - hier ist eher das Gegenteil der Fall und die Schüler absolut handzahm. Das zeigt mir, dass es nicht unbedingt ein schulformspezifisches Problem ist, sondern eine Frage des Einzugsgebietes. Und dann stellt sich die Frage: Gibt es die Möglichkeit, an einer beschaulicheren Schule zu unterrichten? Kleiner, ländlicher? Das könnte eine Verbesserung herbeiführen.


    Ich wünsche es dir. Was du schreibst, klingt furchtbar. So könnte ich auch nicht arbeiten.

    • Offizieller Beitrag

    Hmm, ich muss (aus meiner, auf einige, aber ländliche Gemeinschaftsschulen beschränkte Sicht) die obige Schilderung leider bestätigen. Ich war tatsächlich zuletzt heilfroh, mich in den Mutterschutz verabschieden zu können. Ein Jahr Päuschen von dem Ganzen...

  • Hallo nochmal,


    vielen Dank für die Anteilnahme. Ich habe mir mit ein bißchen Abstand meine Geschichte noch einmal selber durchgelesen und finde sie evtl. ein wenig zu krass formuliert. Es gibt sicherlich schlimmere Jobs und die Ferien sind ja nun auch nicht zu verachten. Allerdings empfinde ich, wie geschildert, immer weniger Lust morgens zur Schule zu gehen. Und das ist ja nun auch keine rosige Aussicht, wenn man bedenkt, dass ich diesen Job noch bis ca. 67 machen muss/werde. Ich gehe mal nicht davon aus, dass die Situation sich bei uns in SH für mich als Realschullehrerin zum positiven verändern wird. In den vergangenen drei Jahren habe ich eher das Gegenteil erlebt. Und ich denke mit fortschreitendem Alter wird es für mich sicherlich nicht leichter werden mit den immer schwieriger werdenden Kindern klar zukommen - schade...

  • Falls du an einer Stadtschule bist, gibt es ja vlt. die Möglichkeit sich an eine Landschule versetzen zu lassen...

  • Hallo strolch,
    eine Alternative wäre vllt. auch das Schulverlagswesen oder Private Schulen. Das würde natürlich den Wechsel in eine andere Branche bedeuten und somit auch den Verlust des Beamtenstatus ...


    Vielleicht wäre auch wie von Meike empfohlen tatsächlich ersteinmal eine Beurlaubung sinnvoll für dich, um erst einmal Abstand zu bekommen nach einer Alternative zu suchen und in Ruhe zu reflektieren.


    Alles Gute für Dich!
    Novizin

    • Offizieller Beitrag

    Das würde natürlich den Wechsel in eine andere Branche bedeuten und somit auch den Verlust des Beamtenstatus ...


    Nicht unbedingt, deshalb erwähnte ich ja die Beurlaubung. Als Beamter kannst du dich auf mehrere Jahre (in manchen BL 6, in manchen bis zu 12 Jahren) unbezahlt beurlauben lassen und in der Zeit natürlich auch anderen bezahlten Tätigkeiten nachgehen. Stellt man dann fest, dass diese Tätigkeit nix für einen ist, kann man in den staatlichen Schuldiensten zurückkehren. Das ist ein gutes Sichherheitsnetz und entspannt die Suche nach Alternativen etwas. Für Schleswig-Holstein sind es 6 Jahre - laut Antrag: http://www.schleswig-holstein.…_blob=publicationFile.pdf

  • Zitat

    Als Beamter kannst du dich auf mehrere Jahre (in manchen BL 6, in manchen bis zu 12 Jahren) unbezahlt beurlauben lassen und in der Zeit natürlich anderen bezahlten Tätigkeiten nachgehen.


    Könnte aber schwierig werden. Das Antragsformular weist ausdrücklich daraufhin, dass Nebentätigkeiten während der Beurlaubung i. d. R. nur in dem Umfang erlaubt sind, wie sie dies für vollzeitbeschäftigte Kollegen sind. Dies sind laut LBG SW (§ 73, meine ich) ca. acht Stunden pro Woche.


    Ausnahmen sind möglich, wenn sie "dem Sinn der Beurlaubung nicht entgegenstehen".


    Ich weiß nicht, wie großzügig die Bürokratie in SW ist, aber in BW wäre es - nach meiner Erfahrung - schwer vorstellbar, dass jemand beurlaubt wird, um anderswo Voll- oder Teilzeit zu arbeiten. Möglicherweise gibt es aber mit Blick auf Privatschulen eine Ausnahme (obwohl es nicht sehr überzeugend klingt: Ich lasse mich vom Unterricht beurlauben, um zu unterichten?)

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe zwei Fälle gesamtpersonalrätlich betreut, wo genau das geklappt hat - es ging darum, 2 burnoutgefährdete Kollegen aus Brennpunkthauptschulen im Arbeitsmarkt und gesund zu halten - der eine hat Teilzeit an einer Privatschule unterrichtet und nebenher ein anderes Lehramt studiert und die andere auf Montessori umgesattelt. Muss natürlich gründlich mit dem zuständigen Dezernenten durchgesprochen werden, einfach mal den Antrag ausfüllen allein hilft da nicht weiter.


    Klar kann das auch nicht genehmigt werden. Aber üblicherweise hat der Dienstherr durchaus ein Interesse daran, die Mitarbeiter im Schuldienst und gesund zu erhalten. Auf jeden Fall kann es einen Versuch wert sein. Und bevor man den Beamtenstatus ganz hinschmeißt und es vielleicht ein paar Jahre später bereut...

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    Einmal editiert, zuletzt von Meike. ()

  • Hast du es mal Supervision probiert? Wir haben das mal gemacht und ich fand es für meine "seelische" Gesundheit wichtig, sich die Enttäuschung von der Seele zu reden. Und in der Supervision geht es nicht darum, den Schülern zu helfen, sondern sich selbst als Lehrer. Und mit den Anforderungen des Alltags in der Schule gerecht zu werden. Versuch doch mal, regelmäßige Supervision. So viel ich weiss, kann man das auch privat organisieren. Bei uns lief mal in der Stadt etwas über die VHS mit jede Menge Leute aus verschiedenen Berufen. Und da man bei Supervision vereinbart, nicht über die Fälle zu reden (Schweigepflicht), braucht man auch keine Angst haben, dass etwas herumgetrascht wird.

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