Mit halbem Bein im Lehramt, aber...

  • Hallo,


    Ich hoffe es ist ok, dass ich mich hier angemeldet habe, denn ich stehe bereits mit einem Fuß im Lehramtsstudium, habe aber Zweifel und brauche deshalb Hilfe von einigen erfahrenen Lehrern und Studenten.
    Ich studiere schon eines meiner Fächer momentan, möchte aber komplett zum Lehramt wechseln. Jetzt überkommt mich aber ein leicht ängstliches Gefühl. Ich wollte schon immer Lehrer werden, seitdem ich denken kann. Natürlich war mir schon immer bewusst, was dort für Schwierigkeiten oder wie ich es gerne nennen, Herausforderungen auf einen zukommen. Ich hatte nie viel Kontakt zu meinen Mitschülern, war eher ein Außenseiter. Natürlich ging es mir etwas nahe als eine Mitschülerin mal zu mir sagte, dass ich wohl die schlechteste Lehrerin der Welt werden würde. Ich versuchte das wegzustecken, aber irgendwie schoss diese Aussage wieder in meinen Kopf kurz vor der Bewerbung. Ich sitze mit vielen Lehramtsstudenten in einigen Kursen zusammen und ein Großteil schafft es nicht einmal richtig vorzutragen, sondern liest nur alles ab. Teilweise sind sehr viele Schüchterne dabei, aber ich würde mir niemals ein Urteil darüber erlauben, wie fähig sie für das Lehramt wären.


    Zugestehen muss ich mir aber, dass ich Angst habe tatsächlich ein schlechter Lehrer werden zu können. Ich mag die beiden Fächer unheimlich gerne und gerade Chemie ist so eine Herzensangelegenheit, die ich gerne meinen zukünftigen Schülerin vermitteln würde. Ebenfalls kann ich mich gut in die Lage von Schülern versetzen, das sage ich auch nicht nur so, sondern ich finde gerade an Mimik und Gestik kann ein Lehrer so viel aus einem Schüler lesen, wenn er nur wollte.


    Ich bin etwas unentschlossen, denn der Großteil meint, dass Lehramt eh nur faule Leute machen, dass ich eh dazu zu schüchtern wäre, psychisch labil, da ich selber mal gemobbt worden bin und ich somit auch so ein "blöder" Lehrer werden würde. Auf der anderen Seite bekam ich Zuspruch von zwei älteren Lehramtsstudenten, die meinten, dass ich den Kopf nicht hängen lassen solle und sie mich immer sehr überzeugend und selbstbewusst bei Vorträgen und menschlich fanden.


    Mein Wunsch wäre auch gewesen zusätzlich einige Kurse zu belegen für das Stimmtraining etc. einfach um mich zu verbessern und an mir zu arbeiten, trotzdem kann ich selber nicht beurteilen, ob die anderen vielleicht Recht haben und ich wirklich eine schlechte Lehrerin sein werde. Ich weiß, mein Text klingt etwas schüchtern, aber ich brauche einfach euren Rat oder Tipps.


    Übrigens bin ich 25 und weiblich.

  • Hallo Blitzi,
    wie wäre es wenn du mal ein Praktikum an einer Schule machst, um reinzuschnuppern?
    Gruß

  • Hey :),


    Das hab ich sogar schon gemacht und es hat viel Spaß gebracht. Habe auch eine Nachhilfestunde geleitet am Nachmittag. Ich bin ein sehr geduldiger Mensch, da hatten Schüler teilweise sehr starke Defizite bei einigen Sachen, aber das erinnert mich irgendwie immer an meinen kleinen Bruder, dem musste ich da auch immer helfen. Die Schüler waren auch sehr nett, aber ich denke das lag daran, weil ich eben "neu" war. Ich konnte aber schon beobachten, dass die Lehrerin manchmal mit einigen Sachen zu kämpfen hatte, aber positiv aufgefallen ist mir, wie sie es geschafft hat, die Schüler vor allem mit einer ruhigen Sprechart zu beruhigen. Sie hat das in einem Kurs gelernt, weshalb ich mich auch mit sowas gerne verbessern würde.


    Mich zieht leider immer so runter, dass eben andere Menschen, die mich kaum kennen sagen, dass ich für den Lehrerberuf nicht geeignet sei. Begründung: Ich schaue zu oft auf den Boden-.-.

    • Offizieller Beitrag

    Ich bin etwas unentschlossen, denn der Großteil meint, dass Lehramt eh nur faule Leute machen,

    Das sagt doch schon viel aus über die Leute, die so etwas sagen. :hammer: Auf solche Leute solltest du keinesfalls hören. Allerdings solltest du dir ein dickes Fell zulegen, wenn du wirklich Lehrer werden willst und musst unbedingt über Bemerkungen von Leuten stehen, die denken, sie wüssten alles besser, aber keine Ahnung haben.


    Ich schlage dir auch vor, ein Praktikum zu machen und Jugendarbeit zu machen (Jugendgruppen leiten, Jugendfreizeiten, Sportgruppen o.ä.). Auch wenn die Situation dort anders ist als in der Schule, kannst du dort gut feststellen, ob du dich bei Gruppen von Jugendlichen durchsetzen kannst oder ob dies nicht unbedingt dein Fall ist.

  • Liebe Blitzi,


    ich kann dir Mut machen. Ich bin ein ähnlicher Typ wie du, habe mich aus Schüchternheit vom Lehramtsstudium abgewandt, fast zwanzig Jahre was Anderes gemacht (dabei aber nebenbei jahrelang Nachhilfe erteilt und an der VHS unterrichtet - das gab mir die Gewissheit, dass Lehrerinsein eben DOCH was für mich ist) und nun bin ich über den Umweg "Quereinstieg" im Lehramt gelandet. Habe mit 40 Jahren das Referendariat erfolgreich abgeschlossen und bin jetzt "endlich" Lehrerin. :D


    Praktika / Nachhilfe würde ich dir aber auch empfehlen. Sicherheitshalber...

  • Hallo Blitzi, schau doch nicht so auf deine vermeintlichen Schwächen wie ein Kaninchen auf die Schlange! Du denkst über dich nach und zweifelst - das ist erst mal nichts Schlechtes. Nur scheinst du dir selbst ein bisschen im Weg zu stehen.


    Kein Mensch wird als Lehrer geboren, auch wenn das manche so darstellen. Du kannst dich entwickeln. Wenn du im Praktikum klargekommen bist, ist das doch schon ein gutes Zeichen. Ein Stimmtraining ist ohnehin angebracht, und ein Rhetorikkurs auch, da bekommst du auch ein kompetentes Feedback.


    Wäre es nicht fürchterlich, wenn alle Lehrer extrovertierte, überfröhliche Haudraufs wären? Manche sind so, und manche sind dabei sehr erfrischend (manche aber auch nervig auf Dauer), aber es ist doch gut, dass es auch andere gibt, die etwas leiser sind.


    Aus der Ferne ist natürlich nicht zu sagen, ob das Lehramt für dich das Richtige ist. Aber auf Leute zu hören, die dich kaum kennen, ist selbstzerstörerisch.


    ... deshalb ist mit Rat aus Foren natürlich auch immer Vorsicht angebracht ...

  • Wenn du jetzt schon Angst und Zweifel in Bezug auf deine Berufswahl hast, dann ist das nicht der richtige Job für dich. Entweder gehst du mit Elan an die Angelegenheit heran oder du lässt es lieber. Ohne Selbstbewusstsein und mit einen Rucksack voller Selbstzweifel wirst du langfristig im Berufsalltag keine Chance haben, den Job 30 Jahre gut zu machen und gleichzeitig emotional gesund dabei zu bleiben.


    Und Praktika in Jugendgruppen u.ä. ist eine gute Sache, aber Lehrer ist immer etwas anderes als Betreuer oder freiwilliger Helfer. Deswegen werden Betreuer, Sozialpädagogen, Praktikanten usw. von den Kindern geliebt, weil sie eben nicht der "böse" Lehrer sind, der ihre Leistungen beurteilen und benoten muss.


    Welche Fächer in welcher Schulform willst du denn studieren?

  • Hallo,



    Erst einmal ganz lieben Dank für all die Antworten :). Es stimmt, ich sollte aufhören mich immer von anderen leiten zu lassen, vielleicht wäre das ein Schritt in die richtige Richtung zum Lehrer. Also rein von den Fächern her möchte ich es und auch vom Umgang mit den Schülern her. Sollte ich den Wechsel erfolgreich durchziehen können, dann würde ich auch gerne mein Bachelor Praktikum in einer Schule in einem Brennpunkt machen, weil soweit ich das weiß, kann man als Lehrer ja überall hinkommen oder? Also man darf sich ja keine Schule einfach so aussuchen, wenn ich das richtig verstanden habe. Dort würde ich gerne Erfahrungen sammeln, vor allem mit Schülern aus anderen Kulturen, weil ich auch recht viel mit dem Islam in meinem momentanen Studium zu tun habe.

  • Wenn du jetzt schon Angst und Zweifel in Bezug auf deine Berufswahl hast, dann ist das nicht der richtige Job für dich. Entweder gehst du mit Elan an die Angelegenheit heran oder du lässt es lieber. Ohne Selbstbewusstsein und mit einen Rucksack voller Selbstzweifel wirst du langfristig im Berufsalltag keine Chance haben, den Job 30 Jahre gut zu machen und gleichzeitig emotional gesund dabei zu bleiben.


    Und Praktika in Jugendgruppen u.ä. ist eine gute Sache, aber Lehrer ist immer etwas anderes als Betreuer oder freiwilliger Helfer. Deswegen werden Betreuer, Sozialpädagogen, Praktikanten usw. von den Kindern geliebt, weil sie eben nicht der "böse" Lehrer sind, der ihre Leistungen beurteilen und benoten muss.


    Welche Fächer in welcher Schulform willst du denn studieren?

  • Sorry, das Zitieren hat nicht so geklappt. Hier meine Antwort:


    Zweifel wegen der Berufswahl habe ich eher weniger, aber leider bekomme ich oft diese Stimmen von einigen Leuten nicht aus dem Kopf, aber vielleicht wenn ich gerade das schaffe, wer es ja ein erster Schritt in die richtige Richtung. Ich möchte gerne LAPS studieren mit den Fächern evangelische Theologie und Chemie.

  • Dann solltest du unbedingt viele Praktika und Hospitationen in den Schulen machen. Vor allem in Brennpunkten, da man nie weiß, wo man hinterher als Lehrer eingesetzt wird. Meine Meinung sollte man als Lehrer an sich den Anspruch stellen, dass man die Kinder an erster Stelle unterrichten und erziehen will. Ich sehe immer Kollegen, die den Kindern an erster Stelle helfen wollen. Wenn man ein ausgeprägtes Helfersyndrom hat, dann wird man in der Schule als Lehrer schnell an seine Grenzen kommen, da die seelische Gesundheit leidet. Man kann eben nicht jedem und immer "helfen".


    Ich kenne auch einige, die Lehramt evangelische Theologie machen und einen sehr sozialen Ansatz in ihrer Persönlichkeit haben und dann in der Schule oft zweifeln, weil ja die Kinder im Unterricht ganz anders sind, als ob man nachmittags Christenlehre oder Konfirmandenunterricht macht.

  • Auf die Aussagen "nachmittags frei", "12 Wochen Urlaub" und "überbezahlt" antworte ich im Gespräch eigentlich nur mit "Neidisch? Hättest Du doch auch machen können!", oder etwas vergleichbaren. Merkwürdigerweise kommt dann immer ein "Nee - mit den Kindern/Jugendlichen und so... das wäre zu viel Stress gewesen."


    Ignorieren.

    Bei "selbst schuld" wird nicht gepustet!

  • (ui, mein erster richtiger beitrag ;) )


    zu allererst muss ich mal sagen, dass ich es gut finde, dass du dich selbst hinterfragst, kritisch bist.....eine wichtige eigenschaft für einen lehrer, wenn man nicht nach dem referendariat ein lehrer sein will, der sich selbst für den besten und perfekten hält, der seinen unterricht nicht hinterfragt (so nach dem motto: die schüler sind so unruhig und irgendwie lernen die auch nicht so richtig....woran liegt das bloß? was haben die? also an mir liegt das bestimmt nicht....). denn nur wenn man bereit ist, sich auch selbst zu hinterfragen und das eigene vorgehen zu überdenken kann man etwas ändern.
    aber ich kann mich auch meinen vorrednern nur anschließen, lass die zweifel nicht überhang nehmen. ein gesundes "ich schaffe das!" brauchst du, um dich nicht schon zu beginn in deinen zweifeln zu verlieren. gerade als lehrer (auch schon im ref) stehst du häufig in der kritik. die schüler meckern rum, da du zu streng, lasch, laut, leise, langsam, schnell (liste beliebig fortsetzen) bist. eltern üben vielleicht kritik, wenn sie denken, dass du ihre goldstücke nicht genau so behandelst, wie sie das für richtig halten (dass da evtl. auch noch 29 andere kinder sitzen ist ihnen in dem moment meist egal). aber es gibt auch immer wieder kollegen, denen du vielleicht zu engagiert, faul, angepasst, ..... bist.
    du brauchst auf jeden fall ein gesundes selbstbewusstsein, um dann nicht abends mit selbstzweifeln im bett zu liegen. auf dauer würde sich das auf deine gesundheit schlagen und du steckst recht schnell in einem teufelskreis.
    aber ich will dir keine angst machen. im gegenteil. ich selbst war früher auch sehr schüchtern, habe neben dem studium viel nachhilfe gegeben und bin so allmählich in meine rolle als lehrerin hineingewachsen. du schreibst auch, dass man als lehrer soviel aus den schülern herauslesen kann.....darum schätze ich dich als einen sehr feinfühligen menschen ein. und das ist gut. :) wichtig wäre dann nur, dass du lernst, grenzen zu ziehen, nicht alle probleme mit nach hause zu nehmen und nicht jedem helfen zu wollen. (da gibt es ja auch so einen netten spruch....je mehr man hilft, umso hilfloser werden sie....und da ist was dran!) aber da du dich, wie bereits erwähnt, ja auch selbst hinterfragst, denke ich schon, dass du das schaffen wirst. :)
    ich drücke dir auf jeden fall die daumen. :aufgepasst:

  • also ich arbeite jetzt seit über drei Jahren neben dem Studium als Vertretungslehrerin. Meine Eltern, manche Freunde und sogar mein Chef beschreiben mich als ruhig, zurückhaltend und vielleicht sogar etwas passiv. Von meinen Eltern weiß ich, dass sie mir den Beruf "Lehrer" (und dann auch noch an einer BBS mit zum Teil schwierigen Schülerinnen und Schülern) nicht unbedingt zutrauen. . .
    Aber aus meiner Erfahrung kann ich sagen: das heißt erst mal gar nichts! Ich kann dich nur ermutigen weitere Prakitka zu machen und dich auszuprobieren, um dann zu merken ob das was für dich ist oder nicht. Man wächst ja schließlich auch mit seinen Aufgaben! ;)


    Viel Erfolg! :top:

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