Nun brennt es an allen Ecken und Enden

  • Was sagen denn die Eltern und anderen Schüler?

    Die Eltern sagen bislang noch nicht sehr viel, weil sie - wie Referendarin richtig schrieb- zu wenig mitbekommen. Mein Problem ist dabei immer, den Gesamtzustand deutlich zu beschreiben, ohne einzelne Kinder zu benennen oder deren Verhalten genauer zu beschreiben. Das letzte was ich will, ist ein Hetzjagd gegen diese Kinder. Also bleiben auch meine Schilderungen eher allgemein, wobei die Situation beim letzten Elternabend (bei dem nebenbei gesagt eh nur 10 Eltern anwesend waren) auch noch nicht so dramatisch war, wie sie es jetzt ist. Das ist auch ein Punkt über den ich mir gerade Gedanken mache: wie kann ich die Eltern über die Zustände aufklären und zur Mithilfe auffordern (beides habe ich mir vorgenommen) ohne die Persönlichkeitsrechte der betreffenden Kinder zu verletzen?
    Und die anderen Kinder? Reagieren unterschiedlich: die, die gerne lernen wollen, reagieren genervt, sagen auch mal dass "XY weg soll", beschweren sich, dass es zu laut ist oder versuchen -meist vergeblich- selbst ihre Mitschüler zur Ruhe zu bringen...manchmal klagen sie über Kopfweh...
    Und dann sind da noch die vielen anderen, die selbst zu Störungen neigen, die man aber unter "normalen" Umständen durchaus lenken kann und die dann bereitwillig anfangen mitzumischen. Die merken, dass ich sie nicht mehr im Blick habe, weil meine Aufmerksamkeit bei den anderen ist, oder die sogar eine gewisse Bewunderung entwickeln ("was der sich alles traut...") und anfangen bestimmte Verhaltensweisen nachzuahmen. Ach ja, und dann noch die, die bislang unauffällig waren und plötzlich auch anfangen zu stören, weil sie auch mal wieder meine Aufmerksamkeit wollen. Und selbst die ganz lieben geduldigen Kinder können nicht endlos warten, die fangen dann auch irgendwann an, was anderes zu machen.... es ist eine Spirale, gegen die ich alleine nicht mehr ankomme. Ich habe dann tatsächlich manchmal die Situation, dass die drei em-soz. Kinder nach langem Kampf endlich ruhig sind, dann aber der Rest der Klasse so aufgedreht ist, dass es da nahtlos weitergeht...

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

    Einmal editiert, zuletzt von icke ()

  • In einigen Bundesländern haben die Eltern, ggf. auch nur die Elternvertreter, ein Recht auf Hospitation des Unterrichts. Dies wäre ein Ansatzpunkt, die "Mauer des Schweigens" zu brechen.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Wird bei uns gerne und oft wahrgenommen. (Bisweilen auch unangekündigt.)
    Bloß dass wir mit unserem Inklusionkonzept tatsächlich noch vorzeigbar arbeiten können.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • An meiner Schule sind im Zweifel sowieso immer die Lehrer schuld. Zu oft krank, wieso kriegen die das nicht hin. Kann doch nicht so schwer sein...

  • Wird bei uns gerne und oft wahrgenommen. (Bisweilen auch unangekündigt.)
    Bloß dass wir mit unserem Inklusionkonzept tatsächlich noch vorzeigbar arbeiten können.


    Hallo,


    dieses Konzept würde ich, falls öffentlich zugänglich, gerne einmal lesen. Hast du vielleicht einen Link für mich? Evtl. auch per PN :)

    Schöne Grüße,
    dzeneriffa



    Am Ende wird alles gut! Wenn´s noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende =)

  • " Bei diesen Förderbedarfen (Lernen, Sprache, em.Soz) ist in der Regel eine zusätzliche sächliche oder personelle Ausstattung nicht vonnöten."


    Ich fass es nicht. Wieso dürfen die so einen Müll von sich geben ????? Ich möchte diejenigen wirklich mal sehen (es müssen ja irgendwelche real existierenden Personen sein, die das so formuliert haben) .... was haben diese Menschen gelernt, aufgrund von welchen Erkenntnissen und Erfahrungen glauben sie, sich so eine Aussage anmaßen zu dürfen!!!????
    Man möchte echt schreien! Und man möchte ihnen alle diese Kinder (sowohl die mit Förderbedarf, als auch die, die das Ganze mit erleiden müsssen) in ihr Büro setzen und ihnen sagen: hier, dafür seid ihr verantwortlich! Persönlich! ...

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Viele Kommunen sind hoch verschuldet, da hat man für "Inklusion" einfach kein Geld. Und den Ländern geht es in der Regel auch nicht besser. Solche Entscheidungen werden von Politikern getroffen, die wirklich etwas zu sagen haben, Finanzpolitiker zum Beispiel.


    Und ist doch klar: Man setzt darauf, dass es genug idealistische Lehrkräfte gibt, die versuchen den Karren auf eigene Kosten (und Knochen) aus dem Dreck zu ziehen, "der Kinder wegen, denn die können ja nichts dafür". Bis zum Burnout, wenn sie nicht vorher die Notbremse ziehen, indem sie z.B. auf Teilzeit gehen und damit auf große Teile ihres Gehalts verzichten, um ihren verqueren Vorstellungen von "gutem Unterricht" zu genügen.


    Das einzige was hilft, ist "professionelles" Verhalten: Es wird nur das gemacht, was das bezahlte Zeitbudget hergibt. Nicht mehr. Eben weil es nicht bezahlt wird.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • da hat man für "Inklusion" einfach kein Geld


    schon klar, aber dann sollte man es doch vielleicht einfach mal lassen....

    um ihren verqueren Vorstellungen von "gutem Unterricht" zu genügen.

    ich persönlich wäre froh, wenn ich zur Zeit überhaupt irgendeine Art von regulärem Unterricht veranstalten könnte und vielen meiner Kollegen geht es ähnlich

    Es wird nur das gemacht, was das bezahlte Zeitbudget hergibt.


    Dass das allein nichts nutzt (den Unterricht muss ich trotzdem halten und der ist kaum noch erträglich) habe ich schonmal ausführlich beschrieben....

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Hast du die Erlaubnis der Eltern im Unterricht zu filmen? Wenn ja, vielleicht wäre es sinnvoll, mal zu filmen und jede Wochen gibt es eine Videostunde. Anfangs zeigst du nur 3 kurze (Max 1min) Sequenzen von gutem Verhalten und Anstrengung. Und das besprecht ihr. Und immer und immer wieder zeigen. Das muss so richtig festhaken im Kopf. Was läuft gut? Woran sieht man das? Und loben bis Anschlag. Vielleicht bringt es etwas in Bewegung. Eine Lösung ist das nicht, vielleicht 3 Tropfen auf komplett überhitztem Stein.

  • Oh Danke, das ist ja lieb, dass du dir Gedanken machst. Das Witzige dabei ist, dass das mit dem Filmen sogar mal ein Vorschlag im Referendariat war (war bei den Schülern meiner Ausbildungsklasse allerdings nicht nötig....). Das hatte ich tatsächlich komplett vergessen. Loben und positives Verhalten hervorheben, tue ich ja ohnehin schon ständig, aber ein Grundproblem ist wirklich, dass viele Schüler bei uns gar keinen Maßstab mehr haben, was angemessenes Verhalten überhaupt ist. Da könnte es tatsächlich helfen, wenn man Ihnen das zeigt. Schön, dass du mich an diese Möglichkeit erinnert hast!

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

  • Richtig, die Schüler (bei mir wären es wohl 5) werden in die Rgelklasse
    gesetzt. Meiner Meinung nach SOLL gar kein Lehrer gefunden werden!!!

    Tja, wenn dann ist es auch nur Stückwerk. Wir hier im Kreis haben eine sogenannte mobile DaZ-Reserve für Seiteneinsteiger, die dann -wenn ihre Kapazität es erlaubt- einmal die Woche bis zu 0,5 Stunden pro Kind an die Schulen mit solchen Schülern fährt und diese im oder außerhalb des Unterrichtes fördert sowie die Kollegen berät. Für die Kollegen heißt das unter anderem, dass z.B. eine erste Klasse vier Nullsprachler bekommen hat, zusätzlich zu allen anderen schwierigen Schülern, ich zwei Stunden die Woche dort aufschlage und fördere- ein Tropfen auf dem heißen Stein und ich als mobile Kraft bin nur am Rasen, drei Schulen am Tag teils mit vielen KM dazwischen, Stress ohne Ende, jede Menge Material im Schlepptau, keine Zeit für Pausen, immer unter Zeitdruck usw. Kein Wunder, dass kein Lehrer das machen möchte, ich bin jetzt im dritten Jahr on Tour und gehe am Stock, danke auch wenn das die Lösung sein soll. Es ist ein Versuchsprojekt, das dann vielleicht ausgeweitet werden soll, auf dem Rücken von Kollegen und Kindern, nett die Idee an sich auch ist, aber wenn eine Kraft mit 20 mobilen Stunden bis zu 9 Schulen betreuen soll und 32 Kinder, kann das nur Stückwerk bleiben. Besser als nichts, aber wollen wir denn solche mangelhaften Defizitlösungen?


    Gruß Jenny

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