Fragen zur Förderung von Inklusionskindern

  • Hallo! :-)


    Ich bin Student der Sonderpädagogik und habe leider bisher nur Erfahrung an Förderschulen machen dürfen. Beschäftigung mit der Inklusion oder sogar Praktikumseinsätze in dem Zusammenhang? Fehlanzeige! Deshalb möchte ich hier versuchen, ein paar Eindrücke zu bekommen.


    Konkret interessieren mich diese Fragen:


    1. Wie viele Förderstunden bekommt ein Kind bei Euch (evtl. nach Förderbedarf)?


    2. Um wie viele Kinder wird sich parallel in einer Unterrichtsstunde gekümmert?


    3. In welcher Form wird gefördert? Werden die Kinder aus dem Unterricht genommen? Team-Teaching? Oder spezielle Förderklassen?


    4. Wie sieht die Förderung konkret aus? Wird die Unterrichtsstunde wiederholt oder wird eher an Grundkompetenzen, Verhalten etc. gearbeitet?


    5. Seid Ihr nur für diese Schule zuständig oder seid Ihr an mehreren Schulen im Einsatz?


    Auch wenn es sicherlich je nach Bundesland und Schule große Unterschiede gibt, bin ich sehr auf Antworten gespannt.


    Liebe Grüße!

  • Hallo Weltaal,
    ich studiere auch Lehramt (aber für das Regelschulgymnasium) und bin blind. Ich wurde selbst bis zur achten Klasse inklusiv beschult und kann dir aus meiner Erfahrung sagen, dass man dir das leider nicht so beantworten kann :D


    Ich versuche trotzdem mal auf deine Fragen näher einzugehen.
    1. So weit ich weiß, hängen die Förderstunden von der Behinderung und dem Grad der Behinderung ab. Autistischen Kindern stehen z.B. ca. 4 wöchentliche Stunden zu, in denen sie von einem Förderschullehrer begleitet werden. Als ich inklusiv beschult wurde, hatte ich auch eine "Blindenlehrerin". Die kam aber leider nur einmal in drei Monaten, um in ihr Fach zu gucken. So viel dazu... also man muss da schon Glück haben.


    2. Meist wird der Unterricht einfach so durchgezogen, wie in einer Klasse ohne behindertes Kind auch. Das Kind hat dann oft noch eine Schulassistenz, die ihm helfen kann. Die Förderschullehrkraft kann ebenfalls helfen. Oft ist es aber so, dass man höchstens eine Schulassistenz hat und den Unterricht so gestalten muss, dass möglichst alle (sowohl nicht-behinderte als auch behinderte Schüler) daran möglichst gleichwertig teilhaben können. Dazu solltest du dir bei deiner Unterrichtsplanung vorher genau überlegen, welche Materialien und Methoden du verwenden möchtest.


    4. Wie gesagt, normalerweise werden alle zusammen unterrichtet. Sonst wäre es ja auch eigentlich keine Inklusion mehr, wenn die Schüler dann doch im Endeffekt aus dem Unterricht rausgenommen würden. Viele haben aber z.B. Nachteilsausgleiche, sodass oft andere Maßstäbe bei der Aufgabenbewältigung herrschen.


    5. Ich nehme an, diese Frage richtet sich an andere Förderschullehrer. Ich kann sie dir somit leider nicht beantworten. Ich habe aber von anderen Studenten und Förderschullehrern schon gehört, dass diese oft an mehreren Schulen eingesetzt werden, was ja auch irgendwie sinnvoll ist, weil man ja ansonsten arbeitslos werden würde. So hoch ist der Anteil von inklusiv zu beschulenden Kindern ja schließlich nicht. Meist sind es nur 2 oder 3 Schüler pro Schule, die 4 oder 5 Stunden lang in der Woche von einem Förderschullehrer betreut werden, wenn sie Glück haben.


    Ich hoffe, ich konnte dir etwas weiterhelfen.


    Liebe Grüße,
    Isabel

  • 1. Wie viele Förderstunden bekommt ein Kind bei Euch (evtl. nach Förderbedarf)?
    em-soz, Sprache, LE theoretisch 2; GE theoretisch 8, Rest ändert sich ständig, ich glaube, körp-mot wurde von 5 auf 2 runtergesetzt?



    2. Um wie viele Kinder wird sich parallel in einer Unterrichtsstunde gekümmert?
    GE: 1, alle anderen manchmal 1, manchmal 2 oder 3, da die Stunden "gedeckelt" sind, d.h. die Schule bekommt eine Maximalzahl von Stunden. Trotzdem müssen wir alle Förderschüler im Wohngebiet aufnehmen und die Stunden reichen dann i.d.R. nicht für alle. Die Stunden werden irgendwie gerecht verteilt, also z.B. wird mein LE-Kind zusammen mit einem anderen LE-Kind 2 Stunden rausgenommen, obwohl jedem 2 Stunden alleine (oder eben dann 4 Stunden als Paar) zustünden, die aber nicht vorhanden sind. Mein ES-Kind bekommt eine Stunde zu zweit und eine in einer 3er-Gruppe. Meist finden die Stunden aber nicht statt, da die Kollegin regelmäßig zur Vertretung eingesetzt wird, etwa 1/3 der Stunden finden statt. GE-Kinder werden meist mit etwas mehr Stunden bedacht.


    3. In welcher Form wird gefördert? Werden die Kinder aus dem Unterricht genommen? Team-Teaching? Oder spezielle Förderklassen?
    aus dem Unterricht, da sich die Gruppen aus mehreren Klassen zusammensetzen.


    4. Wie sieht die Förderung konkret aus? Wird die Unterrichtsstunde gearbeitet?
    wiederholt oder wird eher an Grundkompetenzen, Verhalten etc.
    Grundkompetenzen, Verhalten; in Absprache mit der Kollegin auch mal an Inhalten der parallel stattfindenden Stunde, das ist aber selten. Ich (Grundschullehrerin) erhalte kein unterstützendes Material durch die Sonderpädagogin für den Unterricht, ich muss mir also auch die differenzierten Tests und Klassenarbeiten alleine ausdenken.


    5. Seid Ihr nur für diese Schule zuständig oder seid Ihr an mehreren Schulen im Einsatz?
    Wir haben 2 SoPäd an der Schule, die nur für unsere Schule zuständig sind und deren Stunden nicht ausreichend sind, daher müssen auch Grundschullehrkräfte ohne Zusatzausbildung sopäd. Förderung leisten.
    Ich als Grundschullehrerin bin alleine ohne sonderpädagogische Unterstützung in meiner Klasse.

    SCHOKOEIS!


    Ich lese und schreibe nach dem Paretoprinzip.

  • Hallo,


    ich arbeite zurzeit an 2 Grundschulen (NRW)


    zu 1)
    Für LES (Lernen, ES und SQ) gibt es mittlerweile ein Budget, das bedeutet, dass hier nicht die Kinder gezählt werden, sondern der Schule ein bestimmtes Stundendeputat an Sopäd Stunden zusteht. Für die anderen Förderkinder kommen zusätzliche Stunden dazu.
    praktisch ist es so, dass ich an meiner Abordnungsschule mit 14 Stunden in einer Klasse bin mit 4 Förderschülern (2 Stunden werde ich anderweitig eingesetzt) und an meiner Stammschule bin ich mit 12 Stunden in 4 Klassen. In den Klassen habe ich insgesamt 13 Förderschüler. Daran sieht man bereits, wie unterschiedlich es bereits in einer Stadt aussehen kann. Allerdings muss ich dazu sagen, dass ich an der Abordnungsschule 5 Stunden der 14 Stunden eher als Grundschullehrkraft tätig bin.


    zu 2)
    sehr unterschiedlich. Soziales Lernen unterrichte ich in den Klassen mit allen Kindern. Dort unterstützen mich teilweise die Klassenlehrer oder ich unterrichte es alleine (also bis zu 27 Kinder). An meiner Abordnungsschule unterrichte ich auch Kunst, Musik und Verkehrserziehung alleine. Dann unterstütze ich im Team Teaching eigentlich alle Kinder, die Unterstützung brauchen. In Kleingruppen fördere ich 2-8 Kinder. Die Kleingruppen werden auch präventiv zusammen gesetzt, d.h. dort sind nicht nur Förderkinder drin.


    zu 3)
    wie schon oben erwähnt: Ich unterrichte alleine, im Team-Teaching und in der Kleingruppe. Die Kleingruppen sind entweder angehängte Förderstunden oder sie finden parallel zum Unterricht statt (manchmal thematisch abgesprochen mit den Lehrern). Oft gebe ich Lehrern Hefte, Freiarbeitsmaterial o.ä. mit zu Unterrichtsthemen, damit die Förderkinder im Unterricht zumindest thematisch mitmachen können. Gerade an meiner Stammschule mit den 4 Klassen gelingt dies leider nicht durchgehend.


    zu 4)
    die Förderung sieht sehr unterschiedlich aus. Ich habe Gruppen zum Umgang mit Wut/ Reflexionsfähigkeit, Gruppen zur Förderung des Selbstbewusstseins, Konzentrationstraining, Mathe, Deutsch und Sprachtraining. Im Team-Teaching bin ich auch mal im Sachunterricht oder Sport mit dabei.


    zu 5)
    s.o.

  • Schon an Connis Antwort sieht man, wie unterschiedlich es sogar in einem Bundesland sein kann.
    Bisher wurde nach den Schülern bemessen, zum nächsten Schuljahr gibt es zumindest bei uns im Bezirk ein Kontingent, was keinem Schüler zusteht, sondern der Schule, denn es gibt keine "Inklusionskinder", dann hätten wir ja "Integration" nur unter anderem Namen fortgeführt.



    2) Dementsprechend wird sich um die komplette Klasse gekümmert, wenn es eine Doppelsteckung gibt. Zusätzlich gibt es bei uns noch temporäre Lerngruppen, da sind 1-8 Schüler drin. Somit wären wir dann auch gleich bei 3. (und 4. entfällt damit)


    Aktuell haben wir vier Sonderpädagogen bei uns an der Schule, die sind auch nur bei uns, aber die Stundenzahl reicht bei uns (3-zügig über 6 Jahre) trotzdem nicht aus bzw. machen sie dann eben kaum noch Fachunterricht, wo sie noch viel dringender Gebraucht werden würden, es muss also jeder Kollege mit seinen Kindern alleine irgendwie klar kommen.

  • Schon an Connis Antwort sieht man, wie unterschiedlich es sogar in einem Bundesland sein kann.
    Bisher wurde nach den Schülern bemessen, zum nächsten Schuljahr gibt es zumindest bei uns im Bezirk ein Kontingent, was keinem Schüler zusteht, sondern der Schule, denn es gibt keine "Inklusionskinder", dann hätten wir ja "Integration" nur unter anderem Namen fortgeführt.

    Wir sind keine Inklusionsschule, das sind bei uns im Bezirk nur einige Modellschulen, sondern haben Integration, allerdings eben ca. 10 - 12% Kinder mit sonderpäd. Förderbedarf.
    Irgendwie schon traurig, dass man so alleine rumwuselt. Hinzu kommt ja noch, dass es auch nur unter ganz strengen Bedingungen Schulhelfer gibt und diese Stunden auch gedeckelt sind. Hinzu kommt noch der allgemeine Lehrermangel. Eine Bekannte erzählte mir, dass an der Schule ihrer Tochter (langjährige Integrationsschule) das Konzept jetzt völlig verändert wird und es keine Doppelsteckung mehr gibt. (Bisher war die Doppelsteckung wohl fast immer vorhanden, dafür sind aber auch entsprechend viele Kinder mit Förderbedarf in den Klassen.)

    SCHOKOEIS!


    Ich lese und schreibe nach dem Paretoprinzip.

  • Der Förderschüler (Lernen) in meiner Klasse hat in diesem Schuljahr die für ihn zuständige Sonderpädagogin nicht eine Minute gesehen. Auch weitere Fördermaßnahmen existieren nicht.

  • Mal kurz zu Deinen Fragen:


    • Förderstunden? Sowas gibt es bei uns nicht.
    • In jede Vollzeitklasse dürfen sie mir maximal wohl zwei Inklusionskinder stecken. in den Azubi-Klassen gibt es gar keine Inklusion, da würden uns die Betriebe und die IHK schon sagen was Sache ist. Motto: "Es kann nicht sein, daß unsere Mitarbeiter (Die Azubis werden für den Berufsschultag ja bezahlt.) darunter leiden müssen, daß der Lehrer langsamer macht, um auch noch die Inklusionierten mitzunehmen."
    • Gibt eigentlich gar keine Förderung. Ok, körperlich behinderte Schüler bekommen einen Schlüssel für den Fahrstuhl. Das wars dann aber auch.
    • Wenn es nicht anders geht, kann ich einzelne Schüler zum Sozialarbeiter schicken.
    • Bin in zwei Berufskollegs im Einsatz. In der anderen Schule ist es aber auch nicht anders.


    Generell denke ich über die Inklusion, daß sie von der ehemaligen Landesregierung nur propagiert wurde, um Kosten einzusparen. Vergleicht mal die Kosten, die ein Kind in einer Regelschule bzw. in einer Förderschule verursacht, sieht man drastische Unterschiede. Da dürfte die politische Motivation für diesen Zirkus gelegen haben.


    Und ja, ich gebe es zu, ich habe selber schon ein Inklusions-Kind mit sozialem & emotionalem Förderbedarf bei mir im Unterricht abgelehnt, weil ich mich nicht in der Lage sah dessen adäquate Aufsicht sicherzustellen. An der Berufsschule trainieren die Schüler halt schon an Maschinen und elektrischen Schaltungen (230V!, nicht Kleinspannung). Gewisse Fehler macht man da auch als Schüler nur einmal, dann bekommt man einen evtl. tödlichen Stromschlag oder die Drehbank reißt einem die Hand ab. Das ist alles kein Spielzeug mehr.


    Also körperliche Behinderungen (Rollstuhl etc.) sind seit 2 Jahren bei uns nicht mehr das Problem, vorher ging selbst das mangels Fahrstuhl nicht. Aber bei groben geistigen Mängeln können wir nicht inkludieren. Das große Problem ist da meiner Meinung nach die Aufsicht, eben weil es da wirklich gefährlich werden kann. Es bräcuthe wirklich jedes Kind einen Inklusionshelfer, der in der Stunde dabei ist.

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