Was haltet ihr von dieser Maßnahme - Punkte sammeln bei gutem Verhalten

  • Hallo, mich würde mal interssieren, was ihr von dieser Maßnahme haltet und wie ihr sie verstehen würdet.


    Es geht um eine Mittelstufenklasse bei der der Umgangston sehr rauh ist und viele Schimpfwörter fallen. Daher haben die Klassenlehrer mit der Klasse vereinbart, dass die Klassen für Stunden, in denen keine Beleididigungen ausgesprochen werden, Punkte sammeln. Wenn eine bestimmte Anzahl an Punkten erreicht ist, gibt es einen Klassenausflug. Dabei ist es egal, ob die Schüler in den Stunden gut mitarbeiten, leise sind etc.
    Sinn der Vereinbarung soll die Verbesserung des Klassenklimas sein.


    Ich habe jetzt das Problem, dass es in einer Stunde zu Handgreiflichkeiten kam. Meines Erachtens ist dies ein schlimmeres Vergehen als die Benutzung eines Schimpfwortes, weswegen ich die Verteilung des Punktes verweigert habe.


    Außerdem gibt es Uneinigkeiten (zwischen mir und der Klasse) darüber, was eigentlich als Beleidigung zu werten ist. Ich finde, dass alles, was andere Personen herabsetzt als Beleidigung gelten sollte. Ich habe aber das Gefühl, dass die Klassse meint, man kann alles sagen, solange keine schlimmen Wörter darin vorkommen. Außerdem finde ich, dass es auch nicht o.k. ist zwar keine beleidigenden Wörter zu verwenden, aber andere Schüler und Lehrer niederzubrüllen. Statt "Halts Maul" wird dann halt in einem sehr aggressiven Ton gebrüllt "sei still".


    Unschön finde ich es auch, dass die Klasse jetzt super laut und unkonzentriert ist und auf Anweisungen nicht mehr reagiert und mir dann ständig mitteilt, dass dieses Verhalten keinen Einfluss auf die Verteilung der Punkte haben darf. Was natürlich stimmt, so wie die Vereinbarung getroffen wurde. Aber so eine Vereinbarung darf doch dann nicht als Freifahrschein für anderes schlechte Benehmen dienen.


    Daher hätte ich gerne, eine Überarbeitung dieser Vereinbarung mit der Klasse und habe den Klassenlehrer auch schon darum gebeten. Allerdings ist dies noch nicht geschehen (er hatte allerdings die letzten Tage auch viel zu tun) und ich werde ständig von der Klasse attackiert, dass ich mich nicht an die Vereinbarung halte. Allerdings bin ich vor der Vereinbarung auch nicht gefragt worden, ob ich damit einverstanden bin.


    Teilt mir mal eure Meinung zu dieser Vereinbarung mit.


    Danke!

  • Ich habe damit prinzipiell gute Erfahrungen gemacht, wenn die Klasse gemeinsam Punkte sammeln kann. Allerdings wäre ich nicht bereit, für solches Verhalten Punkte zu vergeben. Das ist lächerlich.


    Ich würde nochmal mit Klassenlehrer und Klasse besprechen, dass du vor der Vereinbarung nicht gefragt wurdest und ausdrücken, dass du die Vereinbarung so nicht für gut hältst.
    Wird auf deine Meinung keine Rücksicht genommen und die SuS sind weiterhin laut, arbeiten nicht mit, usw. würde ich auch keine Punkte vergeben. Bei Handgreiflichkeiten schon gar nicht. Anstelle sich zu beschimpfen geben die sich dann wohl gleich eins aufs Maul und das soll dann der Vereinbarung entsprechen. Blödsinn!!!

  • :lach2: kackfrech.


    Ich halte von der Punktesammelei aus verschiedenen Gründen sowieso nichts. Aber wenn du mitmachen sollst, selbstverständlich nur, wenn du den Sinn erkennen kannst. "Ihr kriegt dann einen Punkt, wenn ihr euch benehmt, wie Sechstklässler (Schüler/ Menschen)" Denn eins sind sie nicht: doof ;)

    • Offizieller Beitrag

    habt ihr keinen für die ganze schule geltenden verhaltenskodex?


    falls nein, wird es höchste zeit dafür :doc:


    und dort gehören positive aussagen hinein,
    also
    wir verhalten uns respektvoll gegenüber anderen

    anstatt
    wir benutzen keine schimpfwörter


    respektvoll muss man natürlich mit den klassen thematisieren,


    aber ihr könnt nicht explizit alles notieren, was NICHT gemacht werden darf

  • Dass keine Schimpfwörter mehr fallen scheint zunächst als Erfolg, aber es stellt sich die Frage inwiefern die Lautstärke und physische Gewalt eine Verlagerung und damit auch Ergebnis dieser Methode sind.
    Arbeitet ihr Euch nicht ab mit solchen Systemen? Stört das System nicht auch selbst (etw.) den Unterricht?


    Was man auf jeden Fall bei derlei Systemen berücksichtigen sollte, meiner Meinung nach, ist wie offensichtlich die Dressierung der Schüler durch die Schule wird.
    Dass diese Methode die ganze Klasse betrifft, kann von Vorteil, aber ich denke auch von Nachteil sein.


    Ich selbst habe noch nie solche Systeme genutzt. In Klassen, in denen ich keine einzelnen ausmachen kann, sitze ich Unterrichtsstörungen einfach aus. Wortlos zeige ich, dass mich die Unterrichtsstörung stört (aber nicht, dass ich mich darüber aufrege!) - und ich jetzt einfach kurz warte, bis es wieder ruhig ist. In einzelnen Fällen (neuen Klassen) sogar mal eine ganze Minute. Ich kommentiere das manchmal belustigt mit "wenn Sie nichts lernen wollen, ist das für mich ok, ich krieg mein Geld ja auch so" und schlage dann lächelnd demonstrativ ein Buch auf oder ähnliches. Da legt sich die Unruhe dann wieder, ohne, dass ich mich dabei aufgerieben habe. "Ok? Können wir weiter machen oder brauchen sie noch ein paar Minuten? Wäre auch kein Problem!"


    Ich frage mich dann manchmal, ob ich die Schüler dadurch zu wenig erziehe, aber bin bisher der Meinung, dass das gut funktioniert und langfristig die Störungen beseitigt.
    (Das lief bei meinem Klientel so, es gibt sicher auch ganze andere...) Kurzfristig (!) mag das schon für Ruhe sorgen, wenn man als Lehrer aggressiv wird (Lautstärke, Tonfall), aber zu welchem Preis?


    Wichtig ist doch unterm Strich wie hoch der Aufwand und Ertrag sind.


    Wenn Du Dich dabei aufreiben musst ("werde ständig von der Klasse attackiert") und es nichts oder kaum was bringt ("niederzubrüllen") ist doch klar, dass es keine gute Maßnahme ist.

  • Außerdem gibt es Uneinigkeiten (zwischen mir und der Klasse) darüber, was eigentlich als Beleidigung zu werten ist. Ich finde, dass alles, was andere Personen herabsetzt als Beleidigung gelten sollte. Ich habe aber das Gefühl, dass die Klassse meint, man kann alles sagen, solange keine schlimmen Wörter darin vorkommen. Außerdem finde ich, dass es auch nicht o.k. ist zwar keine beleidigenden Wörter zu verwenden, aber andere Schüler und Lehrer niederzubrüllen. Statt "Halts Maul" wird dann halt in einem sehr aggressiven Ton gebrüllt "sei still".

    Du bist der Schiedsrichter, nicht die Klasse! Das würde ich als erstes klären.
    Natürlich gehören Tonfall und Verhalten in so einem "Verstärkungssystem" mit beachtet.


    Unschön finde ich es auch, dass die Klasse jetzt super laut und unkonzentriert ist und auf Anweisungen nicht mehr reagiert und mir dann ständig mitteilt, dass dieses Verhalten keinen Einfluss auf die Verteilung der Punkte haben darf. Was natürlich stimmt, so wie die Vereinbarung getroffen wurde. Aber so eine Vereinbarung darf doch dann nicht als Freifahrschein für anderes schlechte Benehmen dienen.

    So ein Verstärkungssystem funktioniert nur unter gewissen Rahmenbedingungen.
    Wenn es als Freifahrtsschein für nicht explizit erfasstes deviantes Verhalten genutzt wird, dann würde ich das Verstärkungssystem beenden und die Schüler mit den üblichen Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen sanktionieren.


    Lass den durch Störungen versäumten Stoff konsequent Freitag Nachmittag nach Schulschluss nacharbeiten. Da das natürlich weniger effizient ist als eine ruhige Stunde, geschieht das im Zeitverhältnis 1:5 oder 1:10. Ich stoppe bei unruhigen Klassen die Zeit bis wieder Unterricht möglich ist. Es ist selten, dass die mehr als einmal nacharbeiten wollen. ;)

  • Wenn von dir erwartet wird, dass du das System auch in deinen Unterrichtsstunden umsetzt, musst du vorher bei der Planung beteiligt werden. Der Klassenlehrer kann dir schließlich nicht vorschreiben, wie du deinen Untericht zu gestalten hast. Da du vorher nicht gefragt worden bist und das Verstärkersystem für dich so nicht funktioniert, würde ich es zunächst nicht mehr umsetzen, dies den SchülerInnen erklären und schnellstmöglichst einen Termin mit dem Klassenlehrer (und anderen beteiligten Fachlehrern) machen.

  • Seepferdchen,


    ich antworte dir ohne die anderen Antworten gelesen zu haben, da sie einen ja doch beeinflussen oder in eine andere Richtung lenken.


    Aus der Perspektive der Klassenleitung finde ich das System gut, hilfreich und richtig. Als Klassenleiter habe ich meine Klasse gut im Griff und wähle das Hauptproblem und arbeite daran. Um die Fachlehrer zu stärken beziehe ich sie in das System mit ein und bitte um Mitarbeit. Gefühlt eine Win-Win-Situation.


    Als Fachlehrer bekomme ich ein System übergestülpt, das meine Probleme nicht deckelt, da ich andere/weitere Baustellen habe. Problematisch wird es dadurch, dass die Schüler schlau genug sind, die Schwachstellen zu erkennen und deutlich auszunutzen. Gefühlt eine Lose-Lose-Situation.


    Ich habe sehr viel Verständnis dafür, dass du den Punkt nicht erteilen willst. Würde ich auch nicht wollen. Aber, es verstößt gegen die ausgemachten Regeln zwischen dem Klassenleiter und der Klasse. Und als gewiefter Schüler würde ich die Grenze auch austesten wollen, um zu sehen ob nur der Klassenleiter der Rudelsführer ist oder ob der Fachlehrer sich (autark oder im System) durchsetzen kann. Wenn es im Bewertungssystem denkbar ist, würde ich eine Bewertung einfach aussetzen. Kein "erhalten" oder "nicht erhalten", sondern einfach "ohne Bewertung".


    Ein Verstärkerplan ist an sich sehr gut, aber er stärkt gerade nur den Klassenlehrer. Der wiederum wollte euch ebenfalls stärken mit seinem Punktesystem.


    In deiner Situation würde helfen, dass die Klassenleitung Position bezieht, sprich Lehrer halten zusammen. Jeder achtet auf die Sprache und auf weiteres Verhalten, Inhaltlich könnte es so sein, dass die Schüler bei Fachlehrern keinen Punkt erhalten, wenn sie beleidigen, aber ebenfalls keinen Punkt erhalten, wenn der Erwartungshorizont (Verhalten) der individuellen Fachlehrer nicht eingehalten wird.


    So ein Belohnungssystem ist ja nicht in Stein gemeißelt. Man kann es regelmäßig anpassen. Sprich mit der Klassenleitung. Zieht an einem Strang. Dann sollte diese die neuen Regeln an die Schüler verkünden und ihr, als Fachlehrer, solltet in der Folgestunde dies knapp thematisieren.


    Um es kurz zusammenzufassen: Sprecht auf Erwachsenenebene miteinander, findet einen Weg, lasst eure Regeln nicht von den Kindern/Jugendlichen beugen, sondern passt sie an.

  • Ich sehe es genauso wie meine Vorschreiber.
    Das System war eine gute Idee, die aber leider nicht so läuft wie geplant.
    Deshalb mit Klassleitung und möglichst allen Fachkollegen noch mal zusammensetzen, System überarbeiten und den Schülern zeigen, dass ihr und nicht sie entscheiden wie es läuft.

    Gerade in Elternzeit, deshalb fast nur stille Mitleserin :essen:

  • Vielen Dank für eure Antworten. Ich werde auf jeden Fall das Gespräch mit den Klassenlehrern suchen. Ich denke, dass mir eure Antworten sehr dabei helfen werden.


    Liebe Grüße
    Seepferdchen

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