Viel Wissen ansammeln nicht mehr zeitgemäß

  • Ja, hast Du, jedenfalls bei den Logarithmengesetzen.


    Das einzige, was man wissen muss, ist die Definition (das war ja schon mehrfach erwähnt, dass man Definitionen nun mal auswendig können muss, jedenfalls kann man nicht immer alles nachschlagen) des Logarithmus als Umkehrung der Exponentialfunktion.
    Die Gesetze für Exponentialfunktionen kann man sich leicht herleiten (einfache Beispiele mit ganzen Zahlen kapieren schon 5klässler).
    Für den Logarithmus gelten dann die jeweils umgekehrten Gesetze (Beispiel: Die Exponentialfunktion macht aus einer Addition eine Multiplikation, der Logarithmus macht aus einer Multiplikation eine Addition).


    Bei den trigonimetrischen Funktionen muss man auch eigenlich nur die Definitionen auswendig können. Allerdings muss ich gestehen, dass ich für eine Herleitung der Additionstheoreme, wenn ich nicht stundenlang grübeln will, doch mal in ein Buch schauen würde (die Additionstheoreme sind in NDS nicht mehr Schulstoff).


    Letztlich weiß ich es aber auch nicht: Ich kann mir die Logarithmengesetze herleiten, aber ich kann sie natürlich auch auswendig. Ob ich sie wohl herleiten könnte, wenn ich sie nicht ohnehin auswendig könnte?

  • ber die wenigsten Matheaufgaben lassen sich wirklich ausschließlich selbstentdeckend und primär kompetenzorientiert berechnen

    Steile These. Jeglicher mathematischer Zusammenhang wurde irgendwann einmal selbstentdeckend entdeckt(auf den ersten Blick würde ich sogar sagen, dass dies für jede naturwissenschaftliche Entdeckung zutrifft). Natürlich kann ich eine Unmenge an Zusammenhängen entdecken lassen. Meine Aufgabe ist es, das Material so zu gestalten, dass dies auch möglich ist. Das ist viel Arbeit - und ob dies effizient ist, muss jeder für sich selbst beurteilen. Aber insbesondere geometrische Dinge sind das absolute Nonplusultra in der Entdeckung.



    Die, die in Mathe viel auswendig lernen, sind die, die nichts verstehen

    So sieht es aus. Selbst bei der simplen Faktorregel in der Differentialrechnung lernen viele Schüler das System für jeden Spezialfall auswendig.

  • Ich halte es mit Wagenschein.
    Aus dem Gedächtnis zitiert: "Wir müssen Inseln des Wissens schaffen" - heutzutage würde man "Inseln der Kompetenz sagen", das ist das, was Wagenschein meinte.


    An Stellen, wo es sich lohnt, bereite ich den Stoff so auf, dass er entdeckend gelernt werden kann. An anderen Stellen, wo es sich entweder nicht lohnt oder wo es aus Zeigründen nicht geht, stelle ich die Inhalte vor und lasse nur üben.


    Zwei Beispiele: Die Regeln zur Potenzrechnung entdecken lassen (mit Begründung), die Logarithmengesetze (darauf aufbauend) lehrerzentriert erklären (also nicht einfach das Gesetz anschreiben und auswendig lernen lassen, sondern schon mit Erklärung, aber eben nicht "entdeckend").


    Die Binomialverteilung unterrichte ich auch weitgehend selbst entdeckend, die Näherungsformel von de Moivre-Laplace aber z.B. nicht.


    Wenn man immer alles "entdecken" lässt, wird man nie fertig. Man muss auch nicht immer alles beweisen, aber man sollte den Schülern immer sagen, wenn man etwas (einen Beweis etwa) weglässt, denn sonst würde ein guter Schüler (also einer, dem es nicht egal ist) immer denken, er habe etwas nicht verstanden.

  • Der Hauptnachteil in Mathematik, wenn man alles entdeckend machen möchte, ist nicht nur der massive Zeitverlust, sondern insbesondere die massive Überforderung insbesondere schwächerer Schüler (dazu gibt es nun wirklich genug Studien). Der Zeitverlust kostet mich Übungszeit (und jeder Sportler wird mir sicher zustimmen, dass man zwar den Bewegungsablauf verstanden haben kann, das Ganze aber dann trotzdem noch ein paar (hundert-tausend) Mal durchführen sollte, damit es auch sitzt und die Überforderung ist eigentlich selbsterklärend, wenn man sich anschaut, wie lange man für die Entdeckung, bzw. den Beweis bestimmter mathematischer Sätze gebraucht hat und ich rede hier nicht von Euklids Geometrie...

    If you look for the light, you can often find it.
    But if you look for the dark that is all you will ever see.

    Einmal editiert, zuletzt von Valerianus ()

  • Ja, hast Du, jedenfalls bei den Logarithmengesetzen.

    Nein, hat er nicht. Ich erwarte im Chemieunterricht von meinen SuS, dass sie 1. verstanden haben, wann und warum logarithmiert wird und dass sie 2. die Rechenregeln *auswendig* parat haben. Ich habe weder Zeit noch Lust jedes mal von vorne anzufangen zu überlegen warum jetzt wie was gerechnet wird. Das gleiche gilt fürs Dreisatz- und Prozentrechnen sowie fürs Umstellen von Bruchtermen. Ich bekomme regelmässig Depressionen, wenn SuS im Schwerpunktfach 1 - 2 Jahre vor der Matur nicht in der Lage sind aus einem Bruch nach einer Variablen aufzulösen weil wir das nun gerade für die Auswertung eines Experiments brauchen. Mathe dient nun mal als Werkzeug mindestens in Physik und Chemie, die Biologen rechnen wahrscheinlich deutlich weniger. Ein Werkzeug muss man einfach benutzen können ohne jedesmal die Bedienungsanleitung zu konsultieren.


    Ich rechne auch anspruchsvolles Zeug, durchaus auch mal auf Uni-Niveau, und bin dann gerne bereit mit den SuS jeden einzelnen Schritt ausführlich und langsam durchzudenken. Mein Verständnis und meine Geduld enden aber in dem Moment, wo mich eine Horde Maturanden im 13. Schuljahr anguckt als käme ich vom Mond wenn ich beiläufig erwähne, eine Titrationskurve sei eine punktsymmetrische Funktion ... "Häääh ... was heisst denn gleich noch mal punktsymmetrisch?!". Jo ... wenn man die Begrifflichkeiten halt nicht parat hat, dann wird es irgendwie schwierig zu verstehen, warum man den Äquivalenzpunkt näherungsweise graphisch bestimmen kann, in dem man an die beiden Krümmungen der Kurve Tangenten anlegt und schaut wo deren Mittelparallele die Kurve schneidet. Also es fehlt in dem Moment wirklich an beidem: grundsätzlich mangelhaftes mathematisches Verständnis und obendrein haben sie mathematische Fachbegriffe nicht im Kopf.



    Letztlich weiß ich es aber auch nicht: Ich kann mir die Logarithmengesetze herleiten, aber ich kann sie natürlich auch auswendig. Ob ich sie wohl herleiten könnte, wenn ich sie nicht ohnehin auswendig könnte?

    Das scheint mir in der Tat ein wichtiger Punkt zu sein. Ich muss nicht drüber nachdenken, weil ich's einfach auswendig kann und so sage ich meinen SuS auch "Lernen Sie die Rechenregeln bitte auswendig, wir brauchen das ab sofort regelmässig." Das Verständnis - sofern es zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorhanden ist - sollte dann mit der regelmässigen Anwendung kommen. An dieser Stelle ein kleiner Hinweis an die Mathelehrer: Eigentlich braucht ihr euch selbst gar keine verqueren Anwendungsaufgaben auszudenken, das übernehmen wir Physik- und Chemielehrer gerne für euch ;)

  • Selbstverständlich muss man die Gesetze irgendwann beherrschen. Es geht vielmehr darum, dass man dazu aber (vorausgesetzt man versteht sie) nicht wirklich symbolisch auswendig lernen muss. Irgendjemand hat geschrieben, dass der log alle Operationen eine Stufe herunter setzt. Das reicht ja.


    Beim Thema Entdecken vs Übungszeit kommt es auch stark auf die Lerngruppe an. Grundkurse in der Oberstufe haben an allen Ecken Baustellen, da investiere ich auch lieber mehr in die Übungszeit.

  • Im Unterricht An der Uni wird viel erklärt, wenig geübt, kaum wiederholt und fast nie auswendig gelernt

    Ich habe den Satz mal nach meinem Empfinden richtig gestellt. Mir scheint wirklich, Du verallgemeinerst da zu viel basierend auf den Erlebnissen Deiner eigenen Schulzeit.


    Hier mal grob der geplante Verlauf der morgigen Doppellektion einer 11. Klasse im Schwerpunktfach Chemie:


    Die ersten 20 min werden wir sicher mit Fragen zur Prüfung am Dienstag verbringen. Dann wiederholen wir noch mal gemeinsam, warum Komplexverbindungen nun farbig erscheinen (brauchen wir auch für die Prüfung am nächsten Tag) und schliessen das Thema mit einem kleinen Schülerexperiment ab. Das wird weitere etwa 20 - 30 min in Anspruch nehmen, also ist die 1. Lektion jetzt rum. Nachdem wir dann eine Tasse Tee getrunken und ein Muffin oder ähnliches gegessen haben (die Pause dauert eigentlich nur 5 min, weil es ein sehr leistungsstarker Kurs ist, überziehen wir diese regelmässig um 5 min) beginnen wir ein neues Thema, das da heisst "Protolysegleichgewichte". Ich erkläre ca. 15 min lang, wie der pH-Wert definiert ist und wie Sörensen an dieser Stelle auf die verwegene Idee mit dem Logarithmus kam. Während ich spreche, bereite ich ein Experiment vor, das die Abhängigkeit der Aktivität von Katalase aus Kartoffeln vom pH-Wert der Substratlösung zeigt. Wir protokollieren das Experiment und wiederholen an dieser Stelle, was gleich noch mal ein Katalysator im Allgemeinen und ein Enzym im Speziellen macht. Nach weiteren ca. 15 min haben die SuS die Gelegenheit, noch mal kurz selbständig im Dossier zu lesen, was es mit dem Ionenprodukt des Wassers auf sich hat und die erste kleine Übungsaufgabe zu lösen, in der es darum geht, die Konzentration an Hydroxid- und Hydroniumionen bei verschiedenen pH-Werten anzugeben. Wirklich neu gelernt haben wir in 90 min:


    pH = - log c(H3O+) und KW = c(OH-) x c(H3O+) = 10-14 mol2/L2


    Die restliche Zeit haben wir mit Wiederholen und Üben zugebracht und das ist mit Ausnahme der 20 min Fragerunde wegen der anstehenden Prüfung eine absolut repräsentative Doppellektion. Alles andere wäre auch seltsam, wir sind ja wie gesagt an der Schule und nicht an der Uni, wo sich jeder nach Gutdünken ein Lehrbuch kauft und halt mal selber drauf los liest, was er für wichtig erachtet. Längere Erklärphasen habe ich eigentlich nur in der 1. Klasse (also 10. Schuljahr). Sobald die wichtigsten Grundlagen da sind, geht's per Spiralcurriculum, also mit sehr viel Üben, Wiederholen und häppchenweise immer mal wieder was Neues bzw. eigentlich Altes in komplizierter, weiter.

  • Es geht vielmehr darum, dass man dazu aber (vorausgesetzt man versteht sie) nicht wirklich symbolisch auswendig lernen muss.

    Dem stimme ich aus meiner Lehrerperspektive ja grundsätzlich zu. Nur lehrt mich meine Erfahrung, dass man den Schülern explizit sagen muss "das und das ab jetzt bitte auswendig parat haben", sonst denken sie eben immer, sie hätten jederzeit beliebig viel Zeit alles noch mal von vorne durchzudenken, was halt einfach nicht möglich ist weil man sonst eben nie irgendwo ankommt. :)

  • Der Hauptnachteil in Mathematik, wenn man alles entdeckend machen möchte, ist nicht nur der massive Zeitverlust, sondern insbesondere die massive Überforderung insbesondere schwächerer Schüler ...

    Die Frage bliebe, was "schwächere SchülerInnen" davon haben, wenn man nicht entdecken sondern nur auswendig lernen lässt. Wird halt alles vergessen oder kann nicht sinnvoll weiterverwendet werden.


    Aber vielleicht müsste man "entdeckend" genau definieren. Ich verstehe darunter ein Begreifen, Erkennen. Wenn Grundschüler nicht verstanden haben, was es mit dem Stellenwertsystem auf sich hat weil sie nur auswendig lernen, wie man schriftlich dividiert, dann fängt man in Klasse 5 wieder bei 0 an.


    Und ich kann mich an irgendwas mit Nullstellen und Kurven erinnern, mit denen ich mich durchs Matheabi gemogelt hab. Ich behaupte mal, wenn wir die Möglichkeit gehabt hätten, mehr als Lehrervortrag und von der Tafel Abschreiben zu machen, wüsste ich heute, um was es damals ging :)

  • Ich behaupte mal, wenn wir die Möglichkeit gehabt hätten, mehr als Lehrervortrag und von der Tafel Abschreiben zu machen, wüsste ich heute, um was es damals ging

    Bist Du sicher, dass Dir da Deine Erinnerung nicht einen Streich spielt? Ich mag mich da an sehr viel Üben erinnern und bei mir ist es nun - wie weiter oben schon mal erwähnt - auch schon 19 Jahre her, dass ich mich zuletzt als Schülerin damit beschäftigt habe. Ich hatte aber auch Mathe LK. Wie gesagt sollte gerade das Thema "Kurvendiskussion" auch in Physik und Chemie wieder auftauchen und auch in diesen Fächern sollte man noch mal die Gelegenheit haben, sich anwendungsbezogen mit der Sache auseinanderzusetzen.

  • In guten Lehrbücher werden die Inhalten nachvollziehbar und mit einem Beispiel angeführt.
    Die Probleme sind aber folgende:

    • Die Schüler schauen sich das gar nicht an.
    • Die Schüler merken im Zeitverlauf, dass ihnen die Grundlagen fehlen und setzen sich mit den Inhalten gar nicht auseinander.

    Und im Zeitverlauf kumuliert sich dies dann und der Zug ist dann abgefahren. Und dann steht am Ende: Fach x/y ist einfach nicht mein Fall.


    Kein Unterrichtsfach in der Schule ist so anspruchsvoll, dass ein normal kognitiv ausgebildeter Schüler große Probleme haben sollte.


    Und dieses entdeckend-lernende Gefasel endet immer dann in einem inhaltlich auf Sparflamme laufenden Unterricht.

    • Die Schüler schauen sich das gar nicht an.
    • Die Schüler merken im Zeitverlauf, dass ihnen die Grundlagen fehlen und setzen sich mit den Inhalten gar nicht auseinander.

    Das merke ich in Mathe und Rechnungswesen immer wieder. :neenee:

    Gerade in Elternzeit, deshalb fast nur stille Mitleserin :essen:

  • In guten Lehrbücher werden die Inhalten nachvollziehbar und mit einem Beispiel angeführt.
    Die Probleme sind aber folgende:

    • Die Schüler schauen sich das gar nicht an...

    Das ist sicher richtig. Vielleicht wäre es aber eine Möglichkeit, die Schüler erstmal mit dem guten Buch im Unterricht hinzusetzen und mit dem Thema ernsthaft auseinandersetzen zu lassen, bevor man mit viel Erklären loslegt.


    Wer war denn das hier? Ich glaube Mrs. Pace lässt die Schüler viel selbst erarbeiten, um sich dann ernsthaft den Fragen zu widmen, die dann überhaupt erst kommen können. Dass es immer auch welche gibt, die auf gar nix Bock haben ist ein anderes Thema und betrifft sicher nicht die Mehrheit.

  • Bist Du sicher, dass Dir da Deine Erinnerung nicht einen Streich spielt? Ich mag mich da an sehr viel Üben erinnern und bei mir ist es nun - wie weiter oben schon mal erwähnt - auch schon 19 Jahre her, dass ich mich zuletzt als Schülerin damit beschäftigt habe. Ich hatte aber auch Mathe LK. Wie gesagt sollte gerade das Thema "Kurvendiskussion" auch in Physik und Chemie wieder auftauchen und auch in diesen Fächern sollte man noch mal die Gelegenheit haben, sich anwendungsbezogen mit der Sache auseinanderzusetzen.

    Es ist tatsächlich ewig her. Aber wirklich fachübergreifend wurde bei uns nicht unterrichtet. Wie gesagt, ist im herkömmlichen System auch einfach schwierig.

  • Wie gesagt, ist im herkömmlichen System auch einfach schwierig.

    Findest Du? Unsere Lehrpläne (sofern sich jemand daran hält ...) fordern sogar explizit fächerübergreifenden Unterricht. Mathe und Physik habe ich sowieso immer mit dabei und bei Biologie gebe ich mir zumindest Mühe so viel Biochemisches an Anwendungsbeispielen wie nur möglich einzuplanen. Dieses Jahr kam es mit meiner 2. Klasse Schwerpunktfach sogar mal zufällig so raus, dass der Kollege Physik und ich exakt zum gleichen Zeitpunkt in der Thermodynamik unterwegs waren. Das war für die SuS ziemlich erhellend - oh Wahnsinn, es ist *wirklich* das gleiche Thema, egal ob in Chemie oder Physik ;)

  • Wer war denn das hier? Ich glaube Mrs. Pace lässt die Schüler viel selbst erarbeiten, um sich dann ernsthaft den Fragen zu widmen, die dann überhaupt erst kommen können. Dass es immer auch welche gibt, die auf gar nix Bock haben ist ein anderes Thema und betrifft sicher nicht die Mehrheit.

    Das nennt sich Flipped Classroom. Das Prinzip wurde auch in zwei Uni-Veranstaltungen angewandt. Im Nachhinein war ich damit völlig unzufrieden, pädagogische Innovativität hin oder her, weil es ein extremer Vorbereitungsaufwand war und man in der tatsächlichen Präsenzzeit gefühlt nix gemacht hat. Daher halte ich auch nix davon, wenn Lehrer Videos auf You Tube stellen, wobei Schüler diese anschauen und dann im Unterricht Fragen stellen sollen. Als ob dabei so viel herumkommt...


    Wollsocken: Unsere Lehrpläne enthalten auch explizit die Forderung zu fächerübergreifendem Unterricht. Gerade bei Sachunterrichtsthemen lässt sich ja eigentlich immer was für die Fächer Deutsch und Mathematik ableiten. Im Grunde müsste das auch in der Förderschule recht verbreitet sein, weswegen mich Krabappels Antwort dahingehend wundert.

  • Eine Frage, die auch zum Thema gehört:


    Stichpunkt: Merkfähigkeit


    Besteht ein Zusammenhang zwischen dem Auswendiglernen und der Gedächtnisleistung?


    Oder anders gefragt: Habt ihr den Eindruck, dass durch (vermehrtes) Auswendiglernen das Gedächtnis auch bei älteren Schülern geschult wird?


    Wir empfehlen bei schwachen Grundschülern, die Defizite in der Merkfähigkeit haben, u.a. als Gedächtnistraining Memoryspielen bzw. stellen bei solchen Schülern fest, dass solche Spiele zuhause kaum gemacht wurden.
    Ich lasse zwar nicht viele Gedichte auswendig lernen, doch ich merke von Gedicht zu Gedicht eine Steigerung. Drittklässler können sich nicht so viel HSU- Stoff merken wie Viertklässler. Da ist auch eine Steigerung erkennbar.


    Meine eigene Erfahrung: Ich hatte bei mir selbst den Eindruck, dass sich von Prüfung zu Prüfung meine Gedächtnisleistung (also da, wo es um auswendig gelernten Faktenwissen ging) gesteigert hat. Meine beste Gedächtnisleistung hatte ich zum 2. Staatsexamen.


    Also vielleicht diese These: Auswendiglernen kann man ebenso als Gedächtnistraining sehen.

  • Es hilft auch, sich Ziffernkombinationen zu merken. Man fängt klein mit 2 Ziffern an und steigert sich bis 10 - und das ggf. auch mit immer kürzeren Abständen zwischen Anschauen und Abdecken der Zahl. Es gibt ja auch Leute mit dem "interessanten" Hobby, die Zahl Pi bis auf x Kommastellen aufsagen zu können ;) . Ansonsten gibt es natürlich auch den Trick, sich Dinge mithilfe einer Geschichte oder Merksprüchen zu merken. Und doch... Wenn man manche Dinge nur lernt, weil man sie halt lernen muss, dann sind sie schnell wieder weg. Ich habe wahrscheinlich einige der Inhalte des 1. Staatsexamens schon wieder vergessen; auf der anderen Seite hatten wir schon Gäste, die eine Zeit lang regelmäßig kamen und dann eine Zeit lang nicht mehr (bzw. ich hatte andere Schichten). Als sie dann doch wieder kamen, wusste ich interessanterweise immer noch, was diese immer so bestellt hatten. Macht bei manchen Kunden auf jeden Fall einen guten Eindruck ;) !

  • Im Nachhinein war ich damit völlig unzufrieden, pädagogische Innovativität hin oder her, weil es ein extremer Vorbereitungsaufwand war und man in der tatsächlichen Präsenzzeit gefühlt nix gemacht hat.

    Äh ja ... das gehört zum Prinzip "Selbstorganisiertes Lernen" eben dazu, dass man sich auch als Lehrer neu organisieren muss. Ich habe damit überhaupt kein Problem, weil meine Unterlagen sowieso weit im Voraus vorbereitet sind. Während der Selbstlernphasen bereitet man dann eben weiter vor und so weiter und so fort. Mindestens in der gymnasialen Oberstufe halte ich diese Art des Lernens zumindest phasenweise für absolut unverzichtbar, weil es genau auf das vorbereitet, was eben nach der Matura an der Uni kommt - hinsetzen und selber lesen und lernen. Das Gymnasium Bäumlihof in Basel-Stadt hat mittlerweile die gesamten 4 Jahre nach diesem Prinzip ausgerichtet. Die Zahl der SuS, die sich noch für den parallel geführten "konservativen" Bildungsgang ohne SOL anmelden, wird immer geringer und liegt derzeit noch bei ca. 25 %. SOL muss aber nicht zwangsläufig auch "entdeckendes Lernen" (ist es bei mir z. B. nur zum Teil) sein und umgekehrt gilt das gleiche.

  • Ich räume ja ein, dass es Schüler gibt, die mit diesem System durchaus zurechtkommen. Ich war es jedenfalls nicht und könnte es auch nicht authentisch unterrichten. Fällt Wochenplanarbeit nicht auch unter selbstorganisiertes Lernen? Diese habe ich wiederum in der Grundschulzeit immer sehr gerne gehabt :) . Nur Flipped Classroom ist mir an einigen Stellen zu wenig und an anderen Stellen zu viel Arbeit. Ideal ist wohl für mich guter Unterricht, wenn er möglichst von allem ein bisschen was hat - Frontphasen, Arbeitsphasen, und ein bisschen entdeckendes Lernen darf ja auch dabei sein ;) .

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