Techniken des Unterrichts

  • Ist es möglich selbst die chaotischsten Klassen ruhig zu kriegen? Gibt es eine Technik guten Unterrichts?


    Ich würde gerne hier Tipps von Lehrern sammeln, die sie im Laufe der Jahre erfahren oder erkannt haben. Gerne mit Begründung oder ohne.


    Einige meiner Epiphanies waren:


    kein Lehrerecho
    sofort mit Reden aufhören, wenn Schüler laut werden
    nur Schüler aufrufen, die sich melden

    Ich kann nur für Brandenburg und Berlin Sek 1 sprechen.

  • Bist du wirklich "fertige Lehrerin"? Das sind doch absolute Anfängertips aus den ersten Tagen des Referendariats, eher aus Praktika.


    Ich sehe allerdings nicht, was die Punkte 1 und 3 mit den Bändigen chaotischer Klassen zu tun haben sollen. Zumal Punkt 3 gar nicht stimmt, du hast doch in der Sek 1 eine Holschuld, also nimmt man natürlich auch sich nicht meldende Schüler dran.

  • Gibt kein "Patentrezept", weil alle SuS anders ticken.
    Also - notfalls Trial & Error, bis du weißt, was bei "deinen" am besten zieht.


    Wichtigste Kernpunkte, die an sich immer für ein "gutes Klima" sorgen:


    - direkte, klare Ansagen und Regeln (incl. Abgabetermine);
    - Ehrlichkeit;
    - Fairness;
    - SuS ernst nehmen. Was immer sie "haben", ist für sie gerade eben "wichtig";
    - Konsequenz bei allem, was du tust;
    - Wenn du Regeln aufstellst, diese auch selbst befolgen;
    - Über sich selbst lachen zu können ist hilfreich;
    - Spaß verstehen, auch mal "Quatsch" mitmachen, wenn es wenigstens nicht "dumm" ist;
    - Schlagfertigkeit;
    - Kein Perfektionismus. 20/80 sollte dir was sagen. Das merken die SuS auch.
    Und, wenns nur um den Lautstärkepegel geht...
    ...dann werde ich leise.
    Ganz leise.
    Denn - Regel Nummer eins... ich sage alles nur einmal, es sei denn es gibt Rückfragen.
    Und wenn da wer was nicht gehört hat, weil das eigene Blabla zu laut war... ist das nicht mein Problem.
    Konsequent durchziehen. Lernerfolg - sehr hoch.

    Der Zyniker ist ein Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung ihn Dinge sehen lässt wie sie sind, nicht wie sie sein sollten. (Ambrose Bierce)
    Die Grundlage des Glücks ist die Freiheit, die Grundlage der Freiheit aber ist der Mut. (Perikles)
    Wer mit beiden Füßen immer felsenfest auf dem Boden der Tatsachen steht, kommt keinen Schritt weiter. (Miss Jones)
    Wenn der Klügere immer nachgibt, haben die Dummen das Sagen - das Schlamassel nennt sich dann Politik (auch Miss Jones)

  • Schüler, die Fragen haben, nicht angreifen oder anzweifeln, sondern auf sie eingehen, ist auch ein guter Tipp, finde ich.

    Ich kann nur für Brandenburg und Berlin Sek 1 sprechen.

  • Geht es um eine konkrete Klasse/Klassenstufe?

  • Man kann ruhig die Klassenstufe dazu sagen. Aber vielleicht klappt bei Oberschülern auch etwas aus der Grundschule.


    Ich mache 7-10.

    Ich kann nur für Brandenburg und Berlin Sek 1 sprechen.

  • Ok, also während gemeinsam Regeln formulieren und an die Wand hängen und bestimmte Konsequenzen bei Nichtbefolgung bekannt machen eher was für Grundschule und Unterstufe ist, handhabe ich es in der Mittelstufe eher so, dass ich die SuS nach dem Unterricht zu mir bitte und eindringlich mit ihnen rede, sich in Zukunft besser zu verhalten und wenn sich da nichts ändert, bitte ich die Eltern zu einem Gespräch.
    Eine „freiwillige“ Extraaufgabe (da man ja im Unterricht möglicherweise mehr mit Quatschen, Reinrufen o. Störungen welcher Art auch immer beschäftigt war) zum Aufholen des Stoffes sind auch immer sehr „beliebt“. Bei mir zumindest immer recht wirksam.


    Je nachdem wie stark die Störung ist, auseinandersetzen (ggf allein sitzen), Standpauke, Assistenten-Jobs im Unterricht (zB Lösungen der Aufgabe anschreiben), kurz direkt vor der Tür ein eindringliches Gespräch oder auch Verweis/Tadel. Das Wichtigste: Immer konsequent bleiben!!! Und wenn Besserung eintritt, auch mal loben, belohnen.

  • Viele der bisherigen Tipps sollten Standard sein - darüber hinaus sollte man aber auch die Ursache suchen.


    Zwei Beispiele des verganenen Schuljahres:
    Mathe-Grundkurs Jahrgang 8 mit einem sehr schlechten Ruf, die Schüler waren fast alle sehr frustriert vom Fach und hatten absolut keine Lust mehr, dadurch viel Chaos. Habe dann in den ersten Wochen viele einfache kleine Tests geschrieben, bei denen sie mit wenig Aufwand gute Noten erreicht haben. Durch die Erfolgserlebnisse stieg die Motivation und das Selbstvertrauen , mit viel Humor machte Mathe wieder Spaß und wir haben das Schuljahr gut überstanden. Klappt natürlich nicht immer, aber für diesen Kurs war es das absolut richtige.


    Physik, Klasse 6, Einzelstunde in der letzten Unterrichtsstunde: Die Klasse ist ständig unruhig und beherrscht keinerlei Gesprächsregeln. Liegt zum großen Teil daran, dass der Klassenlehrer eine ziemliche entspannte Haltung dazu hat und die Klasse es nie gelernt hat. Die weiteren Fachlehrer der Klasse verfahren ähnlich wie der Klassenlehrer. Da fange ich nicht an, als einzige dagegen zu arbeiten, sondern passe den Unterricht so an, dass ich die Stunde überstehe.

  • Mit gutem Beispiel voran gehen, authentisch sein, präsent sein, jedem einzelnen Schüler das Gefühl geben, dass sie/er dir am Herzen liegt, nicht zuletzt guten Unterricht (inhaltlich) machen, viel schülerzentriert unterrichten, kein Meldeunterricht.


    Mehr ist es eigentlich nicht.

  • Epiphanies

    soso


    Ich finde es immer sinnvoll, wenn Leute sich in einer Gruppe anmelden, dass sie erst mal die Suchfunktion nutzen. "Mobbing" "schwierige Klassen" "Flüchtlinge" oder "Handyverbot" reinzuwerfen ist ein bisschen sinnlos, wenn man selbst gar keine Frage oder konkretes Problem hat. Außerdem sind derartige Listen hier schon zur Genüge zu finden.

  • vieles wurde ja schon genannt, da kann ich mich nur anschliessen.

    ... handhabe ich es in der Mittelstufe eher so, dass ich die SuS nach dem Unterricht zu mir bitte und eindringlich mit ihnen rede, sich in Zukunft besser zu verhalten und wenn sich da nichts ändert, bitte ich die Eltern zu einem Gespräch.

    das hilft auch auf der Eingangsstufe je nach Kind auch, damit habe ich auch schon Erfolg gehabt.


    Sehr zentral finde ich die Beziehung, die man zu den SuS hat.


    Störenfriede habe ich auch schon extra Aufgaben gegeben, dann waren sie damit beschäftigt und hatten keine Zeit zum stören.

  • Sek II ist schon ein ziemlich grosser Unterschied zum Rest. Wer bei mir meint keine Lust zu haben, der macht die Tür gerne von aussen zu. Den Luxus gibt es nicht solange die Schulpflicht noch nicht abgesessen ist.


    Grundsätzlich fahre ich am besten damit die Jugendlichen wirklich massiv zu beschäftigen. Die dürfen zu keinem Zeitpunkt das Gefühl haben, dass sie überhaupt Luft hätten zu chillen oder zu tratschen. Vor allem im zweiten Jahr haben sie alle mal eine Phase, in der sie mir das nicht recht glauben wollen, dann kann ich schon mal eklig werden. Wenn sie im Unterricht Zeit verbummeln, bleiben Aufgaben für zu Hause mit Selbstkontrolle. Ich kümmere mich dann nicht mehr drum und frag's halt ohne Besprechung in der nächsten Prüfung ab. In der Regel ist das heilsam.


    Wirkliches "Chaos" habe ich praktisch eh nicht, wohl aber immer mal wieder Klassen mit denen das selbständige Arbeiten grundsätzlich schwierig ist. Aktuell habe ich eine Abschlussklasse von einer pensionierten Kollegin geerbt in der 3 diagnostizierte ADHSler sitzen. An sich freundliche junge Männer, die sich aber keine zwei Minuten auf irgendwas konzentrieren können und vor allem ihr Stimmorgan überhaupt nicht im Griff haben. Trotzdem muss es ruhig sein im Zimmer, damit der Rest sich konzentrieren kann. Ich hab den Schülern jetzt freigestellt sich einen anderen Arbeitsplatz zu suchen, wenn es ihnen zu laut wird. Das funktioniert aber halt auch nur, weil die alle schon mind. 18 sind und wissen dass sie nächsten Juni schriftliche Matura schreiben müssen. Nebenbei spreche ich sehr viel mit den 3 Jungs und versuche sie halbwegs ruhig zu halten. Ist anstrengend, klappt bislang aber einigermassen. Sie wollen ja schon lernen, brauchen aber sehr viel Händchenhalten dabei.

  • soso
    Ich finde es immer sinnvoll, wenn Leute sich in einer Gruppe anmelden, dass sie erst mal die Suchfunktion nutzen. "Mobbing" "schwierige Klassen" "Flüchtlinge" oder "Handyverbot" reinzuwerfen ist ein bisschen sinnlos, wenn man selbst gar keine Frage oder konkretes Problem hat. Außerdem sind derartige Listen hier schon zur Genüge zu finden.

    Die Diskussion zum Handyverbot in den Pausen wurde hier noch nicht geführt, der entstandene Thread ist enorm informativ. Und bitte: dieses „benutz die Suchfunktion“ ist doch total 2013. Ich habe es getan, es gab keine Infos. Ich hatte auch eine konkrete Frage... ich hoffe, es setzt sich bald die „interessiert mich nicht, kommentier ich nicht“-Philo durch.

    Ich kann nur für Brandenburg und Berlin Sek 1 sprechen.

  • Und bitte: dieses „benutz die Suchfunktion“ ist doch total 2013.

    echt? Mir scheint der Hinweis in den letzten 6 Jahren nicht weniger notwendig geworden zu sein.


    Ich hoffe, es setzt sich bald die „interessiert mich nicht, kommentier ich nicht“-Philo durch.

    na dann, kannst ja mit gutem Philobeispiel vorangehen und meinen Kommentar ignorieren.

  • @ Frau Fuchs, ich lese immer, man soll aufhören zu reden, wenn die Schüler laut oder unaufmerksam sind, z.B. am Stundenanfang. Ich finde, das funktioniert nicht. Da könnte ich manchmal ewig warten. Ich schicke immer noch einen "Brüller" hinterher und dann warte ich, ggf. mit der Ankündigung, alles als HA aufzugeben, was wir nicht schaffen, weil ich warten muss.


    @ Eliatha, da sagst du was, ich finde, es wird oft viel zu einseitig auf die Schüler geschimpft. Was man selbst zur Unruhe beiträgt oder wodurch man sie provoziert, wird selten hinterfragt.

  • Ich hatte mal eine Klasse bei der hat's geholfen sich einfach nur mit der ersten Reihe zu unterhalten. Die waren beim Reinkommen *immer* laut und aufgeregt. Ich hab dann den Unterricht mit 2 - 3 Schülern schon mal begonnen und nach spätestens 5 min hat auch der Rest die Klappe gehalten.

  • meine Theorie ist zu Aufhören-mit-Reden ist folgende:


    Die Schüler quatschen und der Lehrer erklärt oder redet einfach weiter. Es passiert dabei meiner Meinung nach das: die Schüler „lernen“, dass der Lehrer trotzdem weitermacht, obwohl sie quatschen. Und wenn sie ein bisschen quatschen, na und, es geht ja weiter und man wird schon das Wesentliche mitbekommen.


    Das Quatschen hat keine Konsequenz. Natürlich funktioniert das nicht sofort, man muss Schüler darauf trainieren. Das Quatschen darf im Kopf der Schüler nicht mit einer normalen Unterrichtssituation verknüpft werden.

    Ich kann nur für Brandenburg und Berlin Sek 1 sprechen.

  • Ich denke, wenn man sich dafür entscheidet weiter zu sprechen muss man sicherstellen, dass die Störer das Wesentliche eben nicht mehr mitbekommen. Das funktioniert aber nur, wenn es gar keine Störer im eigentlichen Sinne sind, sondern Jugendliche, die eigentlich schon was lernen wollen aber chronisch zu laut sind.

  • @ Frau Fuchs, ich lese immer, man soll aufhören zu reden, wenn die Schüler laut oder unaufmerksam sind, z.B. am Stundenanfang. Ich finde, das funktioniert nicht. Da könnte ich manchmal ewig warten. Ich schicke immer noch einen "Brüller" hinterher und dann warte ich, ggf. mit der Ankündigung, alles als HA aufzugeben, was wir nicht schaffen, weil ich warten muss.

    Wenn möglich, häng die verlorene Zeit - inklusive der Zeit,die man nach Unterbrechungen braucht, um sich wieder zu sammeln - hintendran. Zeit mit Stoppuhr messen, jeweils noch eine Pauschale von 15 Sekunden oder so drauf, und publikumswirksam das aktuelle Stundenende notieren.
    Zumindest bei meinen macht man das einmal, dann ist Ruh.

  • @ Frau Fuchs, ich lese immer, man soll aufhören zu reden, wenn die Schüler laut oder unaufmerksam sind, z.B. am Stundenanfang. Ich finde, das funktioniert nicht. Da könnte ich manchmal ewig warten. Ich schicke immer noch einen "Brüller" hinterher und dann warte ich, ggf. mit der Ankündigung, alles als HA aufzugeben, was wir nicht schaffen, weil ich warten muss.


    @ Eliatha, da sagst du was, ich finde, es wird oft viel zu einseitig auf die Schüler geschimpft. Was man selbst zur Unruhe beiträgt oder wodurch man sie provoziert, wird selten hinterfragt.


    Ich glaube, es geht vor allem darum, dass man nicht versucht, die Lautstärke der Schüler mit der eigenen Stimme zu übertönen und auf diese Weise den Unterricht zu beginnen bzw. durchzuführen. Man ist nicht einfach still und wartet auf die Einsicht der Schüler, dass man so nicht unterrichten/anfangen kann/möchte, sondern man signalisiert (womöglich durch "deinen Brüller"), dass man so nicht bereit ist zu arbeiten und tut es dann auch nicht - inklusive der von dir und anderen genannten Konsequenzen.

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

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