Schwarzbuch Referendariat

  • Guten Tag!


    Ich plane eine Art "Schwarzbuch" über das Referendariat, da ich der Meinung bin, dass in der deutschen Lehrerausbildung noch einiges im Argen liegt.


    Von vielen Referendaren (darunter auch ehemalige KomilitonInnen) höre ich überwiegend Schlechtes über "das" Ref. Von daher fällt es mir schwer zu glauben, dass das Referendariat eine gute oder zumindest durchschnittliche Ausbildung ist.


    Ich selbst habe schon einige Materialien gesammelt, darunter:
    - sachlich falsche Arbeitsblätter/Unterlagen und zum Teil hoffnungslos veraltete Materialien aus unseren Seminaren
    - Mailverkehr mit einem Mentoren, der mir "aus Rache" eine schlechte Note in der Lehrprobe "androht"
    - Unterrichtsverlaufspläne von einigen erfahrenen Kollegen, die den einfachsten Planungen nicht gerecht werden


    und einiges Merkwürdiges mehr...


    Wer mitmachen möchte, kann mir gerne auch Materialien zukommen lassen, natürlich anonymisiert. Ich garantiere, alles diskret zu behandeln.


    Danke schon mal für eure Rückmeldungen!

  • Na ja, was wir Kollegen häufig feststellen:
    Die Qualität der Korrekturen und der Notengebung (Beachtung der Notenverordnung) müsste Teil der Beurteilung eines Referendaren sein.
    Die zu guten Schnitte und das Einknicken der Referendare bei schlechten Schüler-Leistungen führt dazu, dass die Kollegen im Folgejahr das Ganze ausbaden müssen. Refis geben oft zu gute Noten, sodass die Stufengerechtigkeit erheblich leidet.
    Es müssten also mehrere dienstliche Aspekte Teil der Bewertung sein.

  • Na ja, was wir Kollegen häufig feststellen:
    Die Qualität der Korrekturen und der Notengebung (Beachtung der Notenverordnung) müsste Teil der Beurteilung eines Referendaren sein.
    Die zu guten Schnitte und das Einknicken der Referendare bei schlechten Schüler-Leistungen führt dazu, dass die Kollegen im Folgejahr das Ganze ausbaden müssen. Refis geben oft zu gute Noten, sodass die Stufengerechtigkeit erheblich leidet.
    Es müssten also mehrere dienstliche Aspekte Teil der Bewertung sein.


    Obwohl der Eingangsbeitrag offensichtlich blankes "Trolling" ist, gehe ich kurz auf deinen Beitrag ein.


    Das mit den etwas zu guten Noten stimmt wohl, liegt aber einfach an der Position des Referendars "zwischen den Stühlen". Du bist darauf angewiesen, dass dich möglichst viele (am besten alle!) SuS mögen oder zumindest nicht offen gegen dich aufbegehren. Das kann u.U. fatale Folgen haben und davor haben Referendare berechtigterweise Angst.


    Man müsste also die Position der Referendare stärken, das aber ist im gegenwärtigen Ausbildungssystem für angehende Lehrer kaum möglich. Du bist einfach von allen abhängig: Von KuK, Schulleitung, Ausbildern, Eltern, Sekretär/innen und eben deinen SuS.

    • Offizieller Beitrag

    ich will nicht sagen, dass es für alle genauso gut funktionieren kann, aber manchmal muss man auch einen gewissen Berufsethos haben und sich nicht aus vermeintlichen Folgen abschrecken lassen.
    Meine Ref-Klasse, in der ich im Endeffekt 3 UBs machen musste (in NDS macht man ca. 15-18 UBs pro Fach), war spätpubertär und der Meinung, sie würde es mir zeigen.
    Ende vom Lied: eine Klassenarbeit, die ich mir von der Schulleitung genehmigen lassen musste (wegen des schlechten Schnitts). Schüler*innen UND Eltern, die der Meinung waren, dass sie jetzt die Arbeit neu schreiben dürften. Nur: ich konnte nachweisen, dass die Arbeit gut vorbereitet wurde und dass keiner einen Grund hatte, solche schlechten Leistungen abzuliefern. Bei den anschließenden Elterngesprächen (zwei Mütter waren der Meinung, ihre Kinder hätten bessere Noten verdient) saß zwar die Fachvorsitzende, stärkte aber meine Position, weil ich eben alles belegen musste.
    Nachdem dieser kleine Machtkampf geklärt wurde, lief alles ziemlich gut in der Klasse. Klar testen die Kids. Warum sollten sie arbeiten und Hausaufgaben machen, wenn es ohne ginge. Die Willigen bzw. Fleissigen danken einem doppelt und dreifach. Die SuS wollen die Grenzen testen und respektieren auch einen für deine Konsequenz. Klar, beste FreundInnen sind wir alle nicht geworden, aber respektiert haben sie mich trotzdem und sie haben keinen UB sabotiert (weil es so oft die Angst von Refs ist).


    Klar, man steht in einem gewissen Abhängigkeitsverhältnis, aber wenn man seinen Job sauber macht, ist es sicher die meiste Zeit nur halb so wild. [und wie gesagt: ich spreche nicht von den Sonderfällen mit psychotischen Fachleitern, aber es wird wohl eine Minderheit betreffen.]

  • Du bist darauf angewiesen, dass dich möglichst viele (am besten alle!) SuS mögen

    Und "gemocht werden" hängt von der Notengebung ab? Oder gar davon, dass Schüler gute Noten bekommen? Überleg mal kurz zurück: welche Lehrer*innen mochtest du am meisten?

  • Na ja, was wir Kollegen häufig feststellen:
    Die Qualität der Korrekturen und der Notengebung (Beachtung der Notenverordnung) müsste Teil der Beurteilung eines Referendaren sein.
    Die zu guten Schnitte und das Einknicken der Referendare bei schlechten Schüler-Leistungen führt dazu, dass die Kollegen im Folgejahr das Ganze ausbaden müssen. Refis geben oft zu gute Noten, sodass die Stufengerechtigkeit erheblich leidet.
    Es müssten also mehrere dienstliche Aspekte Teil der Bewertung sein.

    Ich muss mich derzeit an einer Schule mit notenvorgaben/Kritik von alten Kollegen rumschlagen.
    und zwar weil ihre Lieblinge bei mir irgendwie nicht wirklich gut sind. Ähnlich sieht’s bei unseren Referendaren aus die auch eher schlechte Noten vergeben.
    kann man also nicht so pauschal sagen ;)

    • Nicht, wer zuerst die Waffen ergreift, ist Anstifter des Unheils, sondern wer dazu nötigt. -Machiavelli-
    • Zwei Mächte gehen durch die Welt, Geist und Degen, aber der Geist ist der mächtigere. -Napoleon-
    • In dir muss brennen, was du in anderen entzünden willst! -Augustinus-
  • Was ich am Referendariat schlecht fand war, dass man immer nur auf die Lehrprobenstunden getrimmt wurde (zumindest bei mir) und auch normale U-Besuche sollten möglichst Lehrproben-Stunden sein. Ich habe mich immer gefragt - wie soll man das Vollzeit schaffen? Und später festgestellt, dass es einfach keiner macht.


    Bei unserer ersten Lehrprobe im Seminar hieß es: Man kann sowieso höchstens eine 3 bekommen, weil man es ja noch gar nicht besser kann, so ganz am Anfang. Das war unheimlich demotivierend.


    Statt dem Trimmen auf perfekte Stunden (völlig unrealistisch für den Schulalltag), wo wirklich jedes noch so kleine Detail bedacht wird und wo man eigentlich alles so macht wie es der Seminarlehrer wollte (und später dann anders, weil man einfach eine andere Meinung hat...), hätte ich lieber gelernt, wie man guten Unterricht auch mal schneller planen kann (was ist wirklich wichtig?) und wie man es schafft, auch in Korrekturzeiten die Unterrichtsvorbereitung nicht zu kurz kommen zu lassen.


    Das alles habe ich erst durch eigene Erfahrungen gelernt und finde aber, es sollte auch Teil der Lehrerausbildung sein.

  • Komisch, ich habe das nicht so erlebt und arbeite auch mit "meinen Azubis" nicht so. Ich sehe es übrigens such nie hier im Forum. Fragt hier ein*e Referendar*in nach einem Tip kommt in 99 von 100 Fällen zurück "Was ist dein Ziel?" Was zeigt, dass LAA mehrheitlich denken, sie müssten was laminieren und Schüler*innen in Gruppen anordnen aber meist noch nicht das genaue Lernziel zu fassen vermögen und dafür das passende Medium zu finden. Und genau das muss man im Ref lernen.


    Was ich allerdings häufig sehe ist Selbstüberschätzung. Wut auf die Ausbilder*innen und ihre so ungerechte Rückmeldung, Probleme mit der Reflexion. Ich kann mich aus meiner Refzeit auch an derlei Diskussionen erinnern, ich schrieb es schonmal irgendwo. Ein Fachleiter meldete mal zurück, ich solle nicht immer sofort "ja, aber" sagen (worauf ich mir auf die Zunge beißen musste, weil ich fast ja aber... gesagt hätte :D ). Das Zuhören, Annehmen und kritische Selbsteinschätzen müssen offenbar viele Erwachsene noch lernen, nach einem Studium allemal.

  • Obwohl der Eingangsbeitrag offensichtlich blankes "Trolling" ist, gehe ich kurz auf deinen Beitrag ein.


    Das mit den etwas zu guten Noten stimmt wohl, liegt aber einfach an der Position des Referendars "zwischen den Stühlen". Du bist darauf angewiesen, dass dich möglichst viele (am besten alle!) SuS mögen oder zumindest nicht offen gegen dich aufbegehren. Das kann u.U. fatale Folgen haben und davor haben Referendare berechtigterweise Angst.


    Man müsste also die Position der Referendare stärken, das aber ist im gegenwärtigen Ausbildungssystem für angehende Lehrer kaum möglich. Du bist einfach von allen abhängig: Von KuK, Schulleitung, Ausbildern, Eltern, Sekretär/innen und eben deinen SuS.

    Ich weiß durchaus, was du meinst Buntflieger, dennoch kann man sich sicherlich oft auch bereits im Ref ein gewisses Standing bei KuK, SL oder auch Lehrbeauftragten des Seminars erarbeiten und so den dennoch natürlich konstant präsenten Bewertungsdruck lindern. Was den Umgang mit SuS anbelangt: Ja, wir sind auf unsere Prüfungsklassen angewiesen. Am Ende fällt gute Beziehungsarbeit aber mehr ins Gewicht, als Notengeschenke, die sich inhaltlich nicht rechtfertigen lassen würden (und die einen letztlich nur den Respekt der SuS kosten). Es kostet ganz bestimmt ein Stück weit den Mut zu profesionellem Verhalten im Ref in den Prüfungsklassen bei Bedarf entsprechend durchzugreifen. Wichtig für die SuS ist meines Erachtens aber, dass man diese Konstanz und Verlässlichkeit beim Umsetzen von Regeln oder auch Leistungsansprüchen zeigt und auch zeigt, dass menschliche Wertschätzung unabhängig von Noten besteht. Wenn die Beziehungsarbeit der Monate davor entsprechend fruchtbar war (und sein konnte- es gibt andere Klassen, das weiß ich und nicht immer hat man die Wahl, diese nicht als Prüfungsklassen zu wählen), dann wird einen die Prüfungsklasse im Regelfall auch bei der Prüfung nicht im Stich lassen. Ich habe nur von einer Minderheit der Mitanwärter gehört, dass es diesbezüglich Probleme gegeben hat, weil viele SuS enorm fair sind, wenn es um diese Prüfungsmomente geht und nicht immer, aber oft auch Lehrkräfte unterstützen in der Prüfung, mit denen sie sonst weniger gut auskommen. Ich habe in all meinen Klassen sehr bewusst Beziehungsarbeit geleistet und mir sicherlich in meinen Prüfungsklassen nur noch etwas mehr Gedanken gemacht, wie ich Probleme konstruktiv angehen kann. Notengeschenke hat keine meiner Klassen am Ende bekommen (da gab es auch in meinen Prüfungsklassen die eine oder andere 6 für nicht erbrachte Leistungen- hat mir keiner meiner SuS krumm genommen, weil das zwar doof ist, aber immer transparent war und ist was, wenn und wie/nach welchen Kriterien ich benote, es für Abgaben immer noch einen Tag Nachfrist ohne Notennachteile gab/gibt, so dass die SuS am Ende wussten, dass entspechende Noten in ihrer Verantwortung lagen und das auch akzeptieren konnten), dafür Fairness, Transparenz und das nötige Quentchen Menschlichkeit, wenn es einem Schüler oder einer Schülerin tatsächlich einmal nicht möglich war eine Frist einzuhalten weil z.B. gerade die Mama mit einer Krebserkrankung im Krankenhaus liegt und zuhause und emotional alles Kopf steht etc. Diese Menschlichkeit und Fairness geben die meisten Klassen einem auch zurück.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Und "gemocht werden" hängt von der Notengebung ab? Oder gar davon, dass Schüler gute Noten bekommen? Überleg mal kurz zurück: welche Lehrer*innen mochtest du am meisten?


    Die strengen und leistungsorientierten jedenfalls nicht, aber bei denen habe ich - was ich Jahre später erst realisierte - mit Abstand am meisten gelernt. Trotzdem hatte ich als Schüler wegen ihnen oft akute Schulunlust bis Schulangst.


    Es ist aber müßig, über Lehrertypen zu streiten. Es wird immer von jeder Sorte (nett bis eher autoritär, lasch bis eher überbordend ehrgeizig) alles an Persönlichkeiten geben und die Vielfalt ist vermutlich wichtig, da ja auch die SuS vielfältig sind. Es geht mir um die Abhängigkeitssituation im Referendariat und die ist allgemein eher stark ausgeprägt und daher geben Referendare allgemein eher etwas bessere Noten.


    Nicht nur deshalb, um sich bei SuS einzuschmeicheln, sondern auch, weil sie fachlich noch nicht sicher genug agieren und daher aus Unsicherheit eher leichtere Arbeiten konzipieren und im Zweifel die bessere Note geben.

  • Am Ende fällt gute Beziehungsarbeit aber mehr ins Gewicht, als Notengeschenke, die sich inhaltlich nicht rechtfertigen lassen würden (und die einen letztlich nur den Respekt der SuS kosten).


    Von "Notengeschenken" (oder gar Bestechung mit Noten für UBs/LPs) habe ich nicht gesprochen CDL. Nur von einer Tendenz, dass Referendare eher dazu neigen (aus den genannten Gründen), im Zweifel die etwas besseren Noten zu vergeben. Damit lieferte ich eine mögliche Erklärung für die Kritik an Referendaren, die Fraggles äußerte.

  • Und "gemocht werden" hängt von der Notengebung ab? Oder gar davon, dass Schüler gute Noten bekommen? Überleg mal kurz zurück: welche Lehrer*innen mochtest du am meisten?

    Also ich habe auch ein gutes Verhältnis zu Lernenden, die in meinen Klausuren mangelhaft bewertet wurden. So lange meine Bewertung nachvollziehbar ist, sehe ich da kein Problem. (auch als Referendar)

  • (...)Es geht mir um die Abhängigkeitssituation im Referendariat und die ist allgemein eher stark ausgeprägt und daher geben Referendare allgemein eher etwas bessere Noten.


    Nicht nur deshalb, um sich bei SuS einzuschmeicheln, sondern auch, weil sie fachlich noch nicht sicher genug agieren und daher aus Unsicherheit eher leichtere Arbeiten konzipieren und im Zweifel die bessere Note geben.

    Diesen Teil kann ich sofort nachvollzehen und auch unterschreiben. Ich war sehr dankbar zu Beginn meine Mentoren an der Seite zu haben und meine ersten Klassenarbeiten noch während der Hospitationsphase in deren Unterricht und unter ihrer Anleitung/mit ihrer Unterstützung entwerfen zu können und merke, wie mit jeder KA dich ich erstelle meine Souveränität zunimmt, weil ich genauer weiß, wie ich mit Nuancen bei der Fragestellung oder auch der Punktevergabe eine Arbeit schwerer oder leichter gestalte bezogen auf meine Fächer und den Unterricht, den die Klassen erhalten haben. Das ist aber ja ein völlig normaler Prozess: Die Professionalisierung ist nunmal nicht mit dem Ref abgeschlossen, wie jeder von uns weiß, sondern benötigt weitere Jahre der Berufserfahrung.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

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