Studierfähigkeit

  • Fürs Lehrdiplom Primar ist hier nicht mal die allgemeine Hochschulreife erforderlich.


    Ein Schweizer Lehrdiplom für Primarstufe schließt laut meinem letzten Kenntnisstand "nur" mit einem Bachelor ab.

    Das kommt dann der hiesigen Erzieherausbildung gleich,

    aber entweder muss man im Anschluss über sehr viele Kurse weitere Inhalte vermitteln oder es ist nicht das leistbar, was bisher gemacht wird.


    Der Schulunterricht in jeglichem Fach (bis Klasse 10) hat mit einem Studium wenig zu tun. Hattest du dich nicht eben erst über die schlechte Vorbildung deine SchülerInnen aus der SekI beklagt?Neben fachlichen Inhalten, die es meiner Meinung nach durchaus benötigt, vermittelt ein Studium auch auf andere Weise den selbstständigen Umgang mit Inhalten. Das, was hier an Studierfähigkeit vermisst wird, kann man dann auch von Lehrkräften nicht erwarten.


    Zudem müsste man Inhalte zu Pädagogik/ Psychologie/ Soziologie auf das Minimalste zusammenstreichen, erwartet aber nachfolgend gerade in der Grundschule die umfassendste Leistung in diesem Bereich. Eher sollte man beim Lehramt GHR zusätzliche Verbindungen zu den Inhalten der Sonderpädagogik schaffen, da man damit auch täglich zu tun hat.

  • An meiner Uni wurden im Fach Englisch grundsätzlich alle Veranstaltungen auf Englisch abgehalten...

    Wie peinlich, was du da erzählst, das ist ja echt zum fremdschämen.

    Ich hatte sogar im Fach Mathe Veranstaltungen auf Englisch. Die, die angeblich doch keine Sprachen können (was ich generell für Quatsch halte).

  • In Deutschland ist die Didaktik der Grundschulfächer nicht umsonst an die Uni ausgelagert. Irgendwer muss die Bücher halt auch schreiben, auf deren Grundlage die Primar-/SekI-Kollegen ausgebildet werden.

    Häh? Also wenn's nur um die Bücher geht, tut's auch die PH.

  • Ja, auch dort wird geforscht, die PH ist doch keine Ausbildungsstätte für einen Ausbildungsberuf.

    Die PH Basel kenne ich besser als Du. Und die allgemeine Hochschulreife ist fürs Lehramt Primar bei uns nun mal nicht erforderlich.

  • Weil zu erwarten ist, dass alle schulischen Inhalte im Studium aufgegriffen werden müssen?

    viel eher (ich mache die Transferleistung auf meine Fächer, unter anderem eine andere Fremdsprache): zu erwarten ist, dass man keinen Abschluss schafft, ohne gewisse Klassiker*innen gelesen zu haben bzw. in der Lage zu sein, dies zu machen.
    Zugegeben, ich habe keine Ahnung, ob Shakespeare der einzige ist, aber: jemand, der ein (teil)literaturwissenschaftliches Studium hinter sich hat, hat kein Problem, ein ihm bisher unbekanntes Werk für einen Oberstufenkurs aufzuarbeiten.
    Ich hatte im Studium "Literaturlisten", wo ich mir bis zum Abschluss aus allen Epochen / Gattungen / usw.. etwas raussuchen durfte. Wie ich viel später herausgefunden habe (naive, kleine Französin im freien deutschen Wunderland), wurde dies nicht überprüft. Trotzdem: Ich zerre jedes Jahr in meinem Unterricht davon. Man wird ja auch nicht Deutschlehrer*in und hat nur Dürrenmatt gelesen. (sehr wichtiger Autor, aber als Beispiel, weil es ein wirklich einfacher Autor ist, der fast immer in der Schule behandelt wird). Man MUSS sich an gewisse Autoren abarbeiten. und da ist es egal, ob es Goethe oder Schiller oder Grünbein oder oder oder ist. Man muss einen literaturwissenschaftlichen Habitus entwickeln, bevor man Literaturunterricht machen kann.

  • Die PH Basel kenne ich besser als Du. Und die allgemeine Hochschulreife ist fürs Lehramt Primar bei uns nun mal nicht erforderlich.

    Noch eine Anmerkung zur Erklärung: Ganz einfach ist es aber auch nicht - wer keine Berufsmaturität oder Fachmaturität hat, muss zuerst die Aufnahmeprüfung für ein allgemeinbildendes Vorbereitungsjahr, in dem z.B. auch ein Musikinstrument erlernt werden muss, bestehen und am Ende dieses Jahres eine nicht ganz einfache Abschlussprüfung, die auch gleichzeitig die Aufnahmeprüfung für das Studium ist. Wer eine BM/FM hat, kann sich auch im Selbststudium ohne Vorbereitungsjahr auf die Aufnahmeprüfung vorbereiteten - praktisch schaffen es aber nur wenige ohne Vorbereitungsjahr. (Bezieht sich auf meine Erfahrungen mit der PHTG).


    Das System finde ich übrigens gut.

  • :ka::ka::ka:


    Ich glaube (nein, ich bin sicher), ICH bin zu dumm fürs Forum. Ich wollte meinen Beitrag bearbeiten und habe auf "Bearbeitung verbieten" geklickt (und direkt im Anschluss meinen Beitrag bearbeitet), es liegt sicher daran. Soweit ich weiß, habe ich mir sonst nichts zu Schulden kommen lassen, dass ich gesperrt wäre. :-D

  • Ich finde es witzig, dass aufgezeigt wird, dass der literaturwissenschaftliche Teil in den modernen Fremdsprachen nur unzureichend auf die spätere Lehre vorbereite, da ich gerade beim Gymnasiallehramt das Gefühl habe, dass hier der Transfer von der Universität zur Schule am ehesten gelingt. In der Sek I und erst recht in der Primarstufe sind ja nicht nur die Lektüren andere (Anfangsunterricht eher Bilderbücher, danach zunehmend andere Formen der KJL), sondern auch der Umgang hiermit im Unterricht anders (weniger analytisch, eher handlungsorientiert).

  • Man muss einen literaturwissenschaftlichen Habitus entwickeln, bevor man Literaturunterricht machen kann.

    Danke, das ist der Punkt,

    gleiches kann man dann aber auf andere Fachbereiche und Fächer übertragen

    UND mit dem Hintergrund wäre es der Lehrkraft möglich, sich einzuarbeiten, selbst wenn ein Klassiker im Studium gefehlt hätte.

    Das ist ein Hauptpunkt des Studiums, zumal sich in 40 Jahren Lehrerleben so einige Inhalten ändern kann, nicht nur Pflichtlektüren im Abi.


    Zudem denke ich, dass das, was man dabei im Studium lernt, dann auch auf andere Inhalte oder Fächer übertragbar ist, die man sich als Lehrkraft schnell und zügig aneignen muss, weil neue Fächer oder Aufgaben anstehen.

  • Ich finde es witzig, dass aufgezeigt wird, dass der literaturwissenschaftliche Teil in den modernen Fremdsprachen nur unzureichend auf die spätere Lehre vorbereite, da ich gerade beim Gymnasiallehramt das Gefühl habe, dass hier der Transfer von der Universität zur Schule am ehesten gelingt.

    Falls du dich auf meinen Beitrag beziehst: die Uni bereitet durchaus darauf vor. Ein Großteil des Studiums liegt aber im Allgemeinen in der eigenen Verantwortung.
    Es gibt aber genug Studis, die ihre 2 Literaturwissenschaft-Seminare so auswählen, dass es die dünnsten Bücher sind und so durchkommen. Ich kenne auch leider Leute, die damit durchkommen, nicht mal das Buch zu lesen. Ich hab es woanders aufgeschrieben: ich musste / wollte die Oberstufenstoffe nachholen, also habe ich nicht nur ein Seminar in LitWiss belegt (ich hatte Linguistik als Schwerpunkt, zu meiner Zeit gab es auch viele VL und Übungen..). Theoretisch wäre ich mit einem Seminar "Dürrenmatt" durch gewesen. Das Seminar "Kurzgeschichten der Nachkriegszeit" wäre auch sicher was für Schmalspurler gewesen. "Bürgerlicher Realismus" hat mir echt einiges abverlangt, sowie "Goethes Romane" (zugegeben, ich habe nur zwei von vier Romanen zu lesen geschafft), "Lyrik von der Romantik bis heute" und "Dadaismus" wären der selbe Schwerpunkt (Lyrik) gewesen, aber da zieht man echt nicht dasselbe, usw... Ich war eher der Seminartyp, es gab aber ähnliche Vorlesungen, man musste sie halt besuchen und nicht nur aufschreiben.
    Wenn ich im Ref eine Reihe über Schiller hätte machen sollen, dann hätte ich nicht gesagt "oh, nee, DAS Buch habe ich aber nicht gelesen". und dass Weimarer Klassik nicht zu meinen liebsten Themen gehört, hätte ich auch schön verschwiegen.

  • Wer eine BM/FM hat, kann sich auch im Selbststudium ohne Vorbereitungsjahr auf die Aufnahmeprüfung vorbereiteten - praktisch schaffen es aber nur wenige ohne Vorbereitungsjahr

    Soweit ich weiss entspricht das, was Du "Vorbereitungsjahr" nennst der 4. Klasse FMS und erst danach erhält man ja den Fachmaturitätsausweis und ist überhaupt für die Ausbildung an der PH qualifiziert. Irgendeinen Nachteil muss die BM ja gegenüber der FM Pädagogik haben.

  • In der Sek I und erst recht in der Primarstufe sind ja nicht nur die Lektüren andere (Anfangsunterricht eher Bilderbücher, danach zunehmend andere Formen der KJL), sondern auch der Umgang hiermit im Unterricht anders (weniger analytisch, eher handlungsorientiert).

    aber auch das lernt man doch durch das wissenschaftliche Studium.
    Du machst ja nicht "per se" Bilderbücher, weil es so schöne Bilder sind. Du suchst nach Sprechanlässen, nach Vorbereitung von Leselust, nach Geschichtsstypen, usw.. und wenn du nicht weißt, WAS es auf dem "Markt" gibt, kannst du natürlich das erste Buch mit dem roten Punkt in der Lehrerbib nehmen, aber schöner wäre es schon, wenn du weißt, warum du das Buch nimmst. So wegen didaktischer Begründung und so..

  • Soweit ich weiss entspricht das, was Du "Vorbereitungsjahr" nennst der 4. Klasse FMS und erst danach erhält man ja den Fachmaturitätsausweis und ist überhaupt für die Ausbildung an der PH qualifiziert. Irgendeinen Nachteil muss die BM ja gegenüber der FM Pädagogik haben.

    Stimmt, die FM Pädagogik hatte ich vergessen. Habe einfach zu wenig Kontakt mit FMS ... aber das ändert sich bald, dieses Jahr bin ich voraussichtlich Fachexperte in der mündlichen Abschlussprüfung für die FM Pädagogik 😉

  • Ich bin gespannt, was Du denkst. Ich unterrichte selbst ja Gesundheit, das sind wirklich sehr tolle Schafe.

  • aber auch das lernt man doch durch das wissenschaftliche Studium.
    Du machst ja nicht "per se" Bilderbücher, weil es so schöne Bilder sind.

    Und auch das ist in der Uni exemplarisch, wie anderswo der Unterricht auch.

    Wenn man die Methoden der Literatur- und Sprachwissenschafterlernt hat, kann man diese auch auf weitere Werke, auch KJL, anwenden,

    auch da ändert sich die Auswahl ständig und man muss als Lehrkraft begründet wählen können und wissen, in welche Richtung es gehen soll. Dabei ist Handlungs- und Produktionsorientierung eine Methode und weder Analyse noch Selbstzweck.

  • Ich kenne auch leider Leute, die damit durchkommen, nicht mal das Buch zu lesen

    Ich kenne auch Leute, die jedes Übungsblatt für egal welches Seminar immer nur abgeschrieben haben. Das war doch immer schon so, dass auch solche Leute ihr Studium abgeschlossen haben. Ich bin wirklich überzeugt davon, der einzige Unterschied sind die 25 % mehr Abiturienten, die es im Vergleich zu vor 20 Jahren in Deutschland gibt. Da gibt es im Grunde genommen 3 Lösungen: 1. Man akzeptiert, dass es nun einfach vermehrt Vorbereitungskurse braucht. Soweit ich weiss ist das in Frankreich z. B. doch noch viel mehr der Fall, ne? 2. Man senkt die Ansprüche an der Uni. 3. Man senkt die Abiquote. 2. und 3. wird nicht passieren. Also wäre es wohl besser man akzeptiert 1. und hört auf zu heulen. Ich gehöre ja sowieso nicht zu denjenigen, die ständig klagen, was mit den Jugendlichen heutzutage alles falsch ist. Sie sind einfach wie sie sind und ich bekomme Geld dafür was draus zu machen.

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