Woran der Lehrermangel wirklich liegt

  • Du nicht. Andere, z.B. CDL, aber schon.

    Und ich bleibe auch dabei, dass gerade einmal 6 Semester Studiendauer für GS in Hessen deutlich zu wenig ist sind und im Zweifelsfall lediglich ein "Schmalspurverständnis" anlegen, was es Lehrkräften zumindest nicht erleichtert die Grundlagen für die weitere schulische Bildung anzulegen, wenn sie diese selbst inhaltlich teilweise noch gar nicht durchdringen konnten im Rahmen ihres Studiums. Zumindest unser hessischer "Lehramtsstudent" in diesem Forum ist ein recht eindrucksvolles Beispiel für so ein "Schmalspurverständnis" komplexer Zusammenhänge. (Ich gebe aber zu, dass das in dem Fall wohl auch ein längeres Studium nicht behoben hätte, was an Willen zu inhaltlich vertiefter Auseinandersetzung mit komplexen Sachverhalten fehlt.)


    Ich halte GS-Unterricht für zu relevant und auch zu vielfältig und komplex in den Anforderungsbereichen, um sich an dieser Stelle damit zu begnügen Lehrkräfte lediglich auf Bachelor-Niveau auszubilden.

    Ich halte aber auch den Sek.I-Unterricht für zu anspruchsvoll, um- anders als von dir unterstützt- eine kürzere Studiendauer als im Sek.II-Bereich für annehmbar zu halten und bin froh, dass mein Bundesland das genauso sieht inzwischen. Fachlich war mir das PH-Studium an vielen Stellen auch so noch deutlich zu dünn im Vergleich zu meinem Erststudium an der Uni, dafür gibt es jenseits der Studiengänge fürs Gym einen deutlich höheren Anteil an Studienpraktika, Fachdidaktik, Pädagogik und Psychologie oder auch Zusatzangebote wie die Stimmbildung. Nachdem ich fachlich bereits durch das Erststudium ausreichend gerüstet war, waren diese Anteile oft sehr spannend und bereichernd und eine gute Grundlage für das, was im Ref dann in Päd/Fachdidaktik am Seminar vermittelt wurde.

    Viele meiner Schülerinnen und Schüler werden nach dem RS-Abschluss eine weiterführende Schule besuchen, manche später studieren, während andere bereits nach dem HS-Abschluss die Schule verlassen bzw. spätestens nach Klasse 10 eine duale Ausbildung/schulische Ausbildung absolvieren werden. All diesen Schülerinnen und Schülern (denn abschulen dürfen wir anders als die Gymnasien nicht, sondern sind für alle bis zum Abschluss - gleich welchem- verantwortlich im Regelfall) muss ich pädagogisch/didaktisch gerecht werden, ausreichend Differenzierungsangebote machen können (im Ref hatte ich in einer Klasse fünf Differenzierungsangebote vorzuhalten für G-M-E plus verschiedene Förderschwerpunkte der inklusiven Beschulung), aber eben auch den roten Faden selbst sehen, unterrichtlich entwickeln und anlegen können für eine weiterführende Beschulung die zu einer allgemeinen Hochschulreife führen kann. Dazu muss ich ausreichend tief in meinen Inhalten drin sein, um eben den Anschluss nach Klasse 10 (oder bei früheren Übergängen auch ggf. schon nach Klasse 6/in Klasse 7) für die Sek.II vorzubereiten. Wäre ich an einer GMS statt an einer Realschule könnte es sogar sein, dass ein Teil meiner SuS direkt an meiner Schule das Abitur später ablegen wird- auch das muss ich dann entsprechend leisten können nach Studium und Ref, genau wie Gym-Lehrkräfte die an einer GMS eingesetzt werden. Gymnasiallehrkräfte in BW sind- so sie keine Stelle an einer GMS annehmen- nicht dazu verpflichtet G-M-E zu differenzieren, sondern beschulen auf E-Niveau bzw. schulen ab, wer dieses nicht erfüllen und/oder halten kann. Die Gym-Leute haben dafür durch die Oberstufe andere Herausforderungen, anspruchsvoller (beruflich gesehen) ist es aber sicherlich keineswegs als bei uns in der Sek.I, nur anders.


    Um zurückzukommen zur Frage der Besoldung: Betrachtet man sich einfach einmal rein den Mangel im GS-Bereich, müsste man wohl ganz dringend diesen Lehrkräften deutlich mehr bezahlen, um den Primarbereich entsprechend attraktiv zu machen. Womöglich müsste das dann auch mehr sein als das, was manche Lehrkraft im Gym-Bereich erhält, die womöglich entsprechend weniger gesuchte Fächer studiert hat (rein hypothetisch gesprochen, nicht als ernsthafte Forderung, die ich vertreten würde, also bitte nicht falsch verstehen), um nicht zuletzt auch im Sinne der Bestenauslese besonders fähige, engagierte, leistungsbereite KuK an die Grundschulen zu holen für einen entsprechenden Anfangsunterricht, statt einfach nur diejenigen, die dort tätig sind kräftemäßig auszubluten, ihnen das höchste Deputat aufzubürden, sowie ständig neue Aufgaben bei oftmals personeller Unterdeckung (oder bestenfalls einer "roten Null" bei der Personalabdeckung), den wenigsten Beförderungsmöglichkeiten und -spätestens umgerechnet auf die Deputatsstunden auch bei bereits erfolgter Besoldung mit A13- den umgerechnet geringsten Bezügen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

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  • Spannende Diskussion, in die ich mal eben einen Blick geworfen habe.


    Vor langer Zeit sagte ich ja auch mal, die Unterstufenlehrer der ehemaligen DDR mussten nicht studieren. Sie wurden sozusagen (glaube ich) an Fachschulen namens "Institut für Lehrerbildung" ausgebildet. Waren sie deshalb "schlechtere Lehrer", schlechter ausgebildet? Man hört ja ganz anderes über die Grundschulbildung in der DDR, wenn wir mal den ideologischen Ballast beiseite lassen. Ich will damit nur zustimmen, dass alleine die LÄNGE der Ausbildung nichts über die QUALITÄT der Ausbildung aussagt, ja, aussagen kann.


    Ähnlich ist es ja nun mit den Erziehern, die inzwischen studieren müssen, wodurch viele den Beruf nicht mehr ergreifen können, die ihn ansonsten ergriffen hätten, denn man braucht ja nun Abitur, um Erzieher/in zu werden. Man muss ja studieren. Macht alleine das die Arbeit der Erzieher besser? Ich halte das für eine Schimäre.


    Meines Wissens studieren nicht in allen Bundesländern die Grundschullehrer gleichzeitig "bis Klasse 10" (früher deshalb Grund- und Hauptschullehrer). In einigen Bundesländern konnte man auch auf Lehramt NUR an Grundschulen studieren, was ja größtenteils nur bis Klasse 4 bedeutet(e).

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.


  • Auch dazu habe ich ja früher viel gesagt. ;) Heute möchte ich nur fragen, sollen immer alle gleich verdienen, deren Ausbildung GLEICH LANGE dauert? Kommt es nie auf die Inhalte und Anforderungen an?

    Es gibt für alles ein Publikum und für jede Meinung das passende Argument.

  • Wie kommt man eigentlich auf die Idee, Unterricht am Gymnasium sei anspruchsvoller? Klar, ist das inhaltlich komplexer als an der Hauptschule, aber die fachlichen Inhalte sind doch wohl eher nicht die Herausforderung in unserem Beruf, oder etwa doch?

  • Mir fehlt nach wie vor die Begründung dafür, warum eine Sek 1 -Kraft so lange ausgebildet werden müsste wie eine Sek1+2-Kraft.

    Die Frage ist falsch gestellt. Warum wird eine Sek1+2 Kraft nicht länger ausgebildet (wird sie das wirklich nicht?). Ihr wird einiges an Wissen fehlen, irgendwo in der Didaktik, Psychologie, Erziehungswissenschaft oder Fachwissenschaft muss ja was weggelassen worden sein.

  • Nein aber das bedeutet, dass Leute die sich für schwer zu vermittelnde Stellen entscheiden mehr Geld bekommen sollten. Aber ich weiß ehrlich nicht was so ein unbedeutender Kleinkram soll. Man führt damit ja nur ein System ein, welches in der Privatwirtschaft seit Jahrhunderten funktioniert. Angebot und Nachfrage. Und das schöne ist, damit brauche ich auch keine Statistik mehr. Gibt es keine Bewerber kann in so einem System der Lohn ganz schnell nach oben gehen und gut ist.

  • Man führt damit ja nur ein System ein, welches in der Privatwirtschaft seit Jahrhunderten funktioniert. Angebot und Nachfrage.

    Ja, bestimmt.

    Dass das funktioniert, sehe ich nur nicht.


    Aber weil das in den Schulen auf die übliche Weise nicht geht, finden wir einfach andere Namen für gleiche Verfahrensweisen: Wir sparen uns die teureren Fachkräfte und stellen Vertretungen und andere ein, die die Stellen besetzen.

    Dafür bekommt man Betreuung und Aufsicht, allerdings keinen Unterricht im herkömmlichen Sinne, keine Beratung, weit weniger Erziehung. Es nennt sich "Verlässlichkeit", es sind prekäre Beschäftigungsverhältnisse.

    Benötigen wir ja offenbar dringend, weil es in der Privatwirtschaft so optimal funktioniert und Angebot und Nachfrage stets ausgelotet werden. Deshalb sind die Aktionäre auch so verantwortlich und haften für die Unternehmen, an denen sie beteiligt sind.


    Andererseits: Machen wir Bildung zum Privatvergnügen.

    Dann können sich die, die es wirklich brauchen, Lehrkräfte für die Fächer kaufen, die sie interessieren.

    Die anderen verzichten einfach auf Lesen, Schreiben, Rechnen oder anderes oder bringen den eigenen Kindern bei, was sie selbst können.

    Wer braucht schon Bildung für die Gesellschaft?

    Welche Fächer da wohl zuerst abgewählt würden?


    Für die Privatwirtschaft wäre das auch gleich viel besser. Da können sie die Löhne der prekären Beschäftigungen absenken, kein Bildung, kein Geld.

    Wer wirklich gut ausgebildetes Personal benötigt, kümmert sich als Unternehmen gleich selbst darum.

    Da sparen wir uns die höhere Bildung. Angebot und Nachfrage regeln das dann schon.

  • Also das ist jetzt viel Text ohne Inhalt. Da ich überhaupt nicht in die Richtung Privatisierung argumentiert habe muss das bestimmt an jemand anderen gerichtet sein. Das mit den Vertretungen handelt auch nicht von meinem Argument da ich nichts von Beschäftigungsverhätlnissen geschrieben habe.
    Also jetzt mal ernsthaft. Haben Sie eine andere Person zitieren wollen oder gar keine Ahnung was ich eigentlich geschrieben habe?

  • Man führt damit ja nur ein System ein, welches in der Privatwirtschaft seit Jahrhunderten funktioniert. Angebot und Nachfrage.

    Was stellen SIE sich denn vor unter Angebot und Nachfrage?

    Ein staatlich subventioniertes System mit welchem Zweck?

    Lehrkräfte werden dann nach welcher Grundlage entlohnt?

    Wer bestimmt diese?

    Und wer bestimmt, wer mit welcher Qualifikation eingestellt wird?

  • Angebot und Nachfrage funktioniert eh nicht, da der Staat quasi der einzige Nachfrager ist. Der Staat hat ein Monopol auf Lehrer und in der Wirtschaft interessiert sich keiner für einen Lehramtsabschluss. Somit kann der Staat die Regeln festlegen.

  • Was stellen SIE sich denn vor unter Angebot und Nachfrage?

    Ein staatlich subventioniertes System mit welchem Zweck?

    Lehrkräfte werden dann nach welcher Grundlage entlohnt?

    Wer bestimmt diese?

    Und wer bestimmt, wer mit welcher Qualifikation eingestellt wird?

    Ich habe zu keinem Zeitpunkt davon geschrieben das System auf mehr als die Besoldungsstufe anzuwenden. Der Rest kommt von Ihnen und den müssen Sie mit sich selbst ausmachen. Die Aufgaben des Bildungssystems bleiben davon unberührt. Lehrkräfte werden dann so besoldet oder bezahlt, dass der Staat seine Stellen besetzen kann. Angebot und Nachfrage bestimmen die Höhe. Na der Staat bestimmt weiterhin wer eingestellt wird und dementsprechend die nötige Qualifikation. Wie jeder Arbeitgeber.

    Angebot und Nachfrage funktioniert eh nicht, da der Staat quasi der einzige Nachfrager ist. Der Staat hat ein Monopol auf Lehrer und in der Wirtschaft interessiert sich keiner für einen Lehramtsabschluss. Somit kann der Staat die Regeln festlegen.

    Ja genau. Und wenn der Staat plötzlich nicht mehr zahlt, dann kommen keine Lehrer mehr nach und das System implodiert. Der Staat könnte mitnichten tun was er möchte.

  • Ja genau. Und wenn der Staat plötzlich nicht mehr zahlt, dann kommen keine Lehrer mehr nach und das System implodiert. Der Staat könnte mitnichten tun was er möchte.

    zumindest kann er aktuell den Grundschullehrern und Sek1 Lehrern in NRW trotz Mangel zu wenig zahlen. Es fehlen eine Menge Lehrer in dem Bereich, aber es juckt sie nicht genug als dass man endlich fair bezahlt. Hätten sie Konkurrenz und Druck von außen, dann wäre da wohl mehr Pfeffee drin.

  • zumindest kann er aktuell den Grundschullehrern und Sek1 Lehrern in NRW trotz Mangel zu wenig zahlen. Es gehöen

    Dann scheint der Mangel wohl nicht an der geringen Bezahlung in dem Bereich zu liegen. Und sie haben durchaus Druck von außen. In der Schweiz verdienen Sek 1 Lehrer im ersten Jahr bis zu 100.000 Euro.

  • Auch dazu habe ich ja früher viel gesagt. ;) Heute möchte ich nur fragen, sollen immer alle gleich verdienen, deren Ausbildung GLEICH LANGE dauert? Kommt es nie auf die Inhalte und Anforderungen an?

    Der Witz ist, bei uns arbeiten in den Gemeinschaftsschulen Lehrer mit unterschiedlicher Ausbildung mit denselben Schülern in denselben Klassen. Die Einen erhalten A12 (von der Ausbildung her war es ja immer bis zur 10.Klasse bei den GS-Lehrern, die dürfen da auch arbeiten), die anderen A13, die anderen mehr. Und wie ist das?

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