Hausunterricht bei schwer erkranktem Schüler

  • Hallo,

    zu diesem Thema finde ich leider nichts im Netz, zumindest nicht für mein Bundesland. Hat das schon mal jemand gemacht und kann vielleicht berichten? Wie belastend ist solch eine Situation ggf. für den L (stelle ich mir von - bis vor :-/ )?


    Mich interessieren auch alle formalen Dinge: Wo gibt es diesbezüglich Regelungen? Was kann/darf/muss man? Muss ich solch einem Unterricht zustimmen oder kann ich auch ablehnen? Wie ist so etwas organisatorisch/arbeitszeitlich geregelt (feste Unterrichtszeiten oder flexibel, bzw. wie flexibel muss ich als L sein?)?


    Diese Situation wurde an mich herangetragen und ich zweifle ehrlich gesagt gerade etwas an dieser Aufgabe, aus verschiedenen Gründen.

  • Geht es wirklich um Hausunterricht zusätzlich zu deinem bestehenden Deputat? Oder eine Fernunterrichtsversorgung eines einzelnen Schülers der Klasse, der längerfristig nicht am Präsenzunterricht teilnimmt? Vor allem in ersterem Fall würde ich dir dringend nahelegen dich über die rechtlichen Aspekte mit deiner Gewerkschaft/deinem PR auszutauschen und von diesen beraten zu lassen. In letzterem Fall wäre das ja etwas, was im letzten Schuljahr viele von uns hatten. Hier in BW konnten SuS das gesamte Schuljahr über aus gesundheitlichen Gründen vom Präsenzunterricht befreit werden. Ich hatte so insgesamt drei verschiedene SuS, die teilweise nur einige Wochen, teilweise fast das komplette Schuljahr über nicht am Präsenzunterricht teilnehmen konnten und von mir zusätzlich zur Gesamtklasse versorgt werden mussten. Teilweise habe ich Unterricht aus dem Klassenraum gestreamt, teilweise Aufgabenblätter online den SuS verfügbar gemacht über das Lernportal mit Datum, wann was zurückgeschickt werden musste. In bestimmten Abständen (meist alle 2 Wochen) haben diese SuS dann mit mir einen Einzeltermin als Videokonferenz gehabt, wo wir offene Fragen besprochen haben, ich Rückmeldung gegeben habe, wir erforderliche Debatten führen konnten etc. Das war als Einzelunterricht intensiv genug, so dass etwa 30min alle 2 Wochen völlig ausreichend waren. Zeitlich habe ich mir diese Zusatzkonferenzen dann natürlich so gelegt, dass sie für mich passen, um es den SuS zu erleichtern aber ein festes Zeitfenster alle zwei Wochen dafür vorgegeben, damit das den SuS etwas Struktur gibt.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Ich habe in Erinnerung, dass es ("vor Corona") so war, dass Hausunterricht für längerfristig erkrankte Schüler*innen von der Landesschulbehörde organisiert wurde. So habe ich es zumindest vor einigen Jahren von einer Freundin gehört, als deren Tochter noch zur Grundschule ging und ein Mitschüler aus deren Klasse wegen einer Autoimmunkrankheit die Schule monatelang nicht besuchen konnte.

    Sorry, das sind natürlich nur "Second Hand"-Infos und betrifft NDS und nicht MV.

    to bee or not to bee ;) - "Selbst denken erfordert ja auch etwas geistige Belichtung ..." (CDL)

  • Ich soll zum Schüler nach Hause fahren und dort unterrichten (das Kind ist lebensbedrohlich erkrankt). Ich selbst bin Klassenlehrerin (einer anderen Klasse) mit voller Stundenzahl. Ich werde für die Zeit aus meinem eigenen Unterricht herausgezogen, dafür werden Klassen(teile) zusammen gelegt. Stundenplanerisch passt das gerade.

  • Danke für den Link. Den Paragraphen finde ich allerdings recht allgemein.


    Zitat
    aus verschiedenen Gründen

    Aus welchen?


    Zum einen formale, insbes. auch organisatorische Gründe, zum anderen emotionale Gründe (...)

  • Hier in NRW gibt es dafür die "Schule für Kranke", da sind die Lehrkräfte drauf spezialisiert, langfristig erkrankte Kinder zu unterrichten. Ich kann mir gut vorstellen, dass du dich damit erst mal nicht so gut fühlst.


    Ich kann dir aber aus Sicht einer Mutter mit einem ehemals ebenfalls lebensbedrohlich erkrankten Kind Mut machen. In der Klinik wurde mir als erstes gesagt, dass die wichtige Botschaft, die dem Kind vermittelt wird, ist, dass man es nicht aufgibt. Der Besuch der Lehrerin hilft, den Tag zu strukturieren und entlastet die Eltern. Jede Hilfe von außen ist in so einer Situation ein Lichtblick. Von daher ist es eine nicht einfache, aber doch gewissermaßen sehr dankbare Aufgabe: Du kannst dir sicher sein, dass das sinnvoll und auch eine tiefgreifende Erfahrung ist. Die Besuche waren übrigens immer völlig undramatisch. Mehr gerne als pn.


    Das "Kind" hat übrigens heute seine Masterarbeit abgegeben :tanz:

  • Ich soll zum Schüler nach Hause fahren und dort unterrichten (das Kind ist lebensbedrohlich erkrankt). Ich selbst bin Klassenlehrerin (einer anderen Klasse) mit voller Stundenzahl. Ich werde für die Zeit aus meinem eigenen Unterricht herausgezogen, dafür werden Klassen(teile) zusammen gelegt. Stundenplanerisch passt das gerade.

    Falsches Bundesland, aber genau so läuft das bei uns auch. Bei uns sind die Zeiten fest in Absprache mit dem Lehrer und den Familien.


    Natürlich ist es für die Kollegen psychisch extrem belastend, ein Kind zu unterrichten, bei dem klar ist, dass es das Schuljahr nicht überlebt. Der Unterrichtsstoff steht dabei nicht mehr im Vordergrund, sondern die soziale Komponente.

  • Zitat

    ein Kind zu unterrichten, bei dem klar ist, dass es das Schuljahr nicht überlebt

    Ich hoffe, dass das Kind geheilt wird bzw. gehe ich erst einmal von Heilungschancen aus.


    Andernfalls - wenn das jetzt schon klar wäre, könnte ich das nicht machen, muss ich sagen.

  • Herzlichen Glückwunsch!!!


    Du tapferer Mensch :bussi:

    Du bist ja süß :wink2:

    Ich finde mich nicht so tapfer, aber ich freue mich so sehr.

    Und beim Lesen dieses Threads fiel mir auf, dass ich der Lehrerin, die damals zu uns gekommen ist, eigentlich heute noch dankbar bin.

  • Ich hoffe, dass das Kind geheilt wird bzw. gehe ich erst einmal von Heilungschancen aus.


    Andernfalls - wenn das jetzt schon klar wäre, könnte ich das nicht machen, muss ich sagen.

    Zu den rechtlichen Aspekten kann ich nichts beitragen - mein Einsatz ist 20 Jahre her und fand in NRW statt. Damals wurde aber gefragt, ob das gemacht werden kann und nicht angeordnet. In allen Fällen, die ich kenne, wurden aber Lehrerinnen ohne Klassenleitung und Vertretungslehrerinnen ohne Klassenleitung (hatten zumeist weniger als volles Deputat) gefragt. Ich schließe mich den Vorredner*innen an: Wende dich an Gewerkschaft und/oder die Schule für Kranke.


    Ich möchte dir wegen deiner Bedenken die emotionale Seite betreffend Mut machen. Du bringst dem Kind ein wenig Alltag und Normalität, Kontakt zur Schule und überhaupt mal Abwechslung.

    Es ist extrem hart, mit einem so kranken Kind über seine Krankheit, das Leben und das Sterben zu sprechen (vielleicht braucht das Kind das aber auch gar nicht und will mit dir einfach nur „abschalten“) und oft genug musste ich nach dem Unterricht erst einmal ein paar Tränen verdrücken. Aber die Familie hat mich immer spüren lassen, dass sie sehr dankbar sind und ich bin persönlich auch gewachsen an der Situation und möchte diese Erfahrung nicht missen.

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