Klassengröße in der Sek I - Wünsche und Hoffnungen

  • Ist irgendwie ein Teufelskreis. Einerseits mangelt es an vielen Sek-1-Schulen an Lehrkräften. Andererseits wäre es für viele deutlich attraktiver, diesen Beruf zu ergreifen, wären die Klassengrößen kleiner. Am Ende hängt es dann wohl hauptsächlich am Geld, was der Staat aufwenden muss. Wo man dann wiederum argumentieren könnte, dass bessere Bildung sich positiv auf die Wirtschaft auswirkt und langfristig mehr Steuergeld einbringt. Aber dafür müsste man halt erst mal eine Durststrecke überstehen.

  • Bei den "Kleinen" (Sek1) würde ich definitiv auch eine etwas geringere Besoldung in Kauf nehmen für deutlich kleinere Klassengrößen.

    Die Aufgabe ist anstrengend und herausfordernd und deshalb möchtest du auf Geld verzichten, kennst aber den Unterschied und weißt, dass du es dir in der SekII gut eingerichtet hast?

    Würdest du, da du bessere Bedingungen hast, auf Geld verzichten, damit es die KollegInnen in der SekI besser haben könnten?


    Da es um Wünsche geht: wissend, dass leider auch so ein System anfällig ist, würde ich mir wünschen, dass es eine Art soziale Messgröße gibt, in der die Schwierigkeiten, die es an diesem Schulstandort gibt, berücksichtigt würden. Das müsste schon in der KiTa beginnen und unterschiedliche Faktoren enthalten, die die Benachteiligung der Schülerschaft wie auch die vorhandenen Ressourcen im System (Unterrichtsversorgung durch Lehrkräfte, zusätzliches Personal) berücksichtigen, einschließlich des IST-Standes im vorangegangenen Schuljahr. Dann würde die Versorgung insgesamt besser sein und ein Ausfall oder unvorhergesehene Schwierigkeiten im aktuellen Schuljahr würden Entlastung im nachfolgenden Jahr bringen und Maßnahmen zur Verbesserung ermöglichen.


    Das ist aber vergleichbar mit Arbeitszeitmodellen, wie z.B. dem Hamburger Modell, in dem die Belastung berücksichtigt werden sollte, es letztlich dann aber doch nur um Einsparungen ging.

  • Gerade im Vergleich mit dem Wechselunterricht ist mir aufgefallen, wie viel ruhiger es in den halbierten Klassen war. Das allgemeine Geraschel, Stühlerücken und Stifteklappern war deutlich geringer. Die Schüler waren auch entspannter, weil einfach mehr Platz im Raum war. Und die ganz leisen und leistungsschwachen Kinder haben sich nicht hinter den anderen versteckt, sondern haben mehr Fragen gestellt, wenn sie etwas nicht verstanden haben und haben so in den Stunden schon mehr gelernt. Ich hatte das Gefühl, jeden einzelnen Schüler im Unterricht besser wahrgenommen zu haben. Das anstrengendste war jedenfalls in der Zeit nicht das Unterrichten...

    Und daher bin ich für die Halbierung aller Klassen (wenn man sich schon etwas wünschen darf).


    À+

  • Die Aufgabe ist anstrengend und herausfordernd und deshalb möchtest du auf Geld verzichten, kennst aber den Unterschied und weißt, dass du es dir in der SekII gut eingerichtet hast?

    Würdest du, da du bessere Bedingungen hast, auf Geld verzichten, damit es die KollegInnen in der SekI besser haben könnten?

    Das klingt jetzt so, als habe ich mir sonst was für Privilegien erschlichen. Oder wie ist das gemeint?


    Ich bin keine objektive Instanz, für mich persönlich ist die Sek 1 - Arbeit nichts. Ich arbeite gerne mit Großen. Ich habe mir eine Nische als Quereinsteiger gesucht und hätte ich sie nicht gefunden, hätte ich mich beruflich anders orientiert. Ich habe mir einen Job gesucht, in dem ich langfristig zufrieden arbeiten kann. Das ist in meinem und im gesellschaftlichen Interesse.


    Sollte ich in 10 Jahren unerwartet in den Sek 1-Bereich versetzt werden, würde ich das in kleineren Klassen eher aushalten.


    Andere arbeiten lieber mit Kindern und Jugendlichen als mit Älteren. Wäre niemand mehr bereit oder in der Lage, in den großen Sek 1 - Klassen zu arbeiten, dann müsste sich zwangsläufig etwas ändern, z.B. kleinere Klassen oder zusätzliche Fachkräfte je Klasse.

    Anscheinend gibt es noch genug Lehrkräfte, die bereit und fähig sind, ihren Job unter den aktuellen Bedingungen zufriedenstellend auszuführen und denen große Klassen nichts / nicht viel ausmachen, wie z.B. Seph.


    So investiert der Staat lieber 100 Milliarden in Aufrüstung als in Bildung oder bessere Gehälter für Sek 1-Lehrkräfte oder z.B. Pflegepersonal, Erzieher:innen, etc.


    Prinzipiell wäre ich bereit, auf einen Teil meines Gehalts zu verzichten, falls es daran hängt, dass andere zu wenig verdienen, insbesondere wenn ich dadurch zur Eindämmung globaler Ungerechtigkeiten beitragen könnte.

  • Ich hatte an einer amerikanischen High School unterrichtet (Klassenstufe 9 unf 10) und hatte verschiedene Klassengrößen. Von 9 - 26 war alles dabei. Ich persönlich fand alles unter 13 auch nicht extrem ansprechend, da gerade in den kleineren Klassen, ich viele ruhige Schüler hatte und es sehr war sie zur mündlichen Mitarbeit zu animieren. Auch bei Gruppenarbeit war es super still im Raum und Gespräche/Diskussionen fanden nicht wirklich statt. Klar kann es bei anderen Schüler in einer kleineren Gruppe anders sein, aber wenn man doch 15-20 hat ist die Chance größer ein paar aktive zu haben, die die Klasse dann mitziehen.

    Ab 22-24 finde wird es dann wieder unruhig und das Lernklima leidet darunter.

  • Ich hatte an einer amerikanischen High School unterrichtet (Klassenstufe 9 unf 10) und hatte verschiedene Klassengrößen. Von 9 - 26 war alles dabei. Ich persönlich fand alles unter 13 auch nicht extrem ansprechend, da gerade in den kleineren Klassen, ich viele ruhige Schüler hatte und es sehr war sie zur mündlichen Mitarbeit zu animieren. Auch bei Gruppenarbeit war es super still im Raum und Gespräche/Diskussionen fanden nicht wirklich statt. Klar kann es bei anderen Schüler in einer kleineren Gruppe anders sein, aber wenn man doch 15-20 hat ist die Chance größer ein paar aktive zu haben, die die Klasse dann mitziehen.

    Ab 22-24 finde wird es dann wieder unruhig und das Lernklima leidet darunter.

    Spannend, dass man so kleine Gruppen auch als problematisch wahrnehmen kann, kann ich aber durchaus bestätigen aus meiner Wahrnehmung heraus. Ich hatte in Französisch (sei es durch Gruppenaufteilung zur besseren Förderung, sei es infolge des Wahlverhalten der SuS) schon sehr kleine Gruppen mit 8 oder sogar nur 5 SuS. Die Gruppe mit 5 SuS fand ich tatsächlich auch zu klein, auch wenn es natürlich traumhaft intensiv war. Bei allem, was über Partnerarbeit hinausgeht hat man dann aber halt immer exakt eine Gruppe und nicht mehrere Umsetzungsbeispiele, von denen man auch gegenseitig hätte lernen können. Gerade in Rollenspielen ist das ein echter Verlust, auch wenn man umgekehrt für diese immer wahnsinnig viel Zeit hatte, weil eben bei so wenig SuS auch wenig Zeitverlust entsteht durch Unruhe.

    Die 8er-Gruppe war insofern günstiger, als man da dann zumindest zwei Gruppen bilden konnte, die auch unterschiedlich durchmischt werden konnten und in vieler Hinsicht ideal, um intensiv und auch individuell fördern zu können. Tatsächlich würde ich das aber in den meisten Regelklassen als Untergrenze ansehen.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Da es um Wünsche geht: wissend, dass leider auch so ein System anfällig ist, würde ich mir wünschen, dass es eine Art soziale Messgröße gibt, in der die Schwierigkeiten, die es an diesem Schulstandort gibt, berücksichtigt würden. Das müsste schon in der KiTa beginnen und unterschiedliche Faktoren enthalten, die die Benachteiligung der Schülerschaft wie auch die vorhandenen Ressourcen im System (Unterrichtsversorgung durch Lehrkräfte, zusätzliches Personal) berücksichtigen, einschließlich des IST-Standes im vorangegangenen Schuljahr. Dann würde die Versorgung insgesamt besser sein und ein Ausfall oder unvorhergesehene Schwierigkeiten im aktuellen Schuljahr würden Entlastung im nachfolgenden Jahr bringen und Maßnahmen zur Verbesserung ermöglichen.

    Gibt es eigentlich in der Richtung bereits irgendwelche Bestrebungen? Ich habe vor ca. zwei Jahren an einer Gesamtschule mit Standorttyp 5 (=Brennpunktschule) gearbeitet. Ich meinte mich vage zu erinnern, dass bei der Berechnung des Bedarfes an Lehrkräften und sozialpädagogischer Unterstützung dieser Aspekt in irgendeiner Form berücksichtigt worden ist. Zwar waren die Klassen dann trotzdem zu groß bzw. eine Doppelbesetzung wäre dort sicherlich hilfreich gewesen, aber hey, immerhin etwas...

  • Gibt es eigentlich in der Richtung bereits irgendwelche Bestrebungen? Ich habe vor ca. zwei Jahren an einer Gesamtschule mit Standorttyp 5 (=Brennpunktschule) gearbeitet. Ich meinte mich vage zu erinnern, dass bei der Berechnung des Bedarfes an Lehrkräften und sozialpädagogischer Unterstützung dieser Aspekt in irgendeiner Form berücksichtigt worden ist.

    Ich wüsste nicht, dass es in NDS Standorttypen gibt, DaZßStunden muss man mit Konzept beantragen, Stunden für den Brennpunkt auf anderem Weg. Die Klassengröße ändert sich nicht.

    Am Ende sind bei uns die Stunden immer über die Vertretungssituation verloren und damit nicht vorhanden.

  • Ich hatte in Sek. I bereits alles von 9 Schülern (Klappklasse Chemie, 9. Klasse) bis 36 Schülern (9. Klasse ebenfalls Chemie). In Mathematik ist mein Rekord einer 6. Klasse mit 34 Schülern Bruchrechnung beibringen zu müssen (vor knapp 20 Jahren gab es in Baden-Württemberg ca. 2 , 3 Jahre keinen Klassenteiler).


    Seitdem weiß ich, dass andere Punkte wichtiger sind als die nackte Zahl.


    Die Klappklasse mit 9 Schülern war in ca. 5 Fächern von der Restklasse getrennt. Sie beklagten sich, dass es zu anstrengend sei ("abtauchen" ging nicht). Wir Lehrer des kleinen Teils merkten, dass die Schüler in den späteren Stunden am Tag völlig ausgelaugt waren. Also 9 Schüler im normalen Fachunterricht am Gymnasium sind zu wenig.


    34 Sechstklässler in Mathe und 36 Neuntklässler in Chemie ging dagegen hervorragend. Alle Schüler waren interessiert, halfen sich gegenseitig, nahmen Rücksicht aufeinander. Die 6. Klasse fragte mich ständig nach Zusatzmaterial, das hatte ich davor und danach nie mehr erlebt. In Klasse 7 wurde die Klasse in Mathe auf 2 Kollegen verteilt, beide bestätigten, dass die Schüler die Bruchrechnung beherrschten. Ich erhielt viel Lob (und danach sogar die damals existierende Leistungsprämie).


    Bei der Parallelneunten mit 34 Schülern klappte es dagegen nicht so gut. Ein paar disziplinlose Schüler reichten.


    Kurz, wichtig sind Leistungsbereitschaft, Disziplin und Rücksichtnahme. Sonst bevorzuge ich Klassen zwischen 16 und 20 Schülern in Sek. I. (Das Risiko destruktiv veranlagter Schüler ist dann geringer.)


    Im Leistungskurs Chemie (Sek. II) freue ich mich dagegen über kleine Kurse, dann sind auch aufwändige Schülerversuche in Zweiergruppen möglich. Und weil die Schüler interessiert sind, haben sie auch nicht so das Bedürfnis, mal "abtauchen" zu müssen.

    Meine Beiträge werden auf einer winzigen Tastatur eines Tablets mit Autokorrektur geschrieben. Bitte entschuldigt Tippfehler. :mad:

  • Klingt lustig. Aber was ist das? Bzw. warum wurden diese SuS getrennt vom Rest der Klasse unterrichtet?

    Ich vermute mal, dass das mit den ganzen Profilen zusammenhängt, die es laut Kris an ihrer Schule gibt. Dabei müssen dann ja immer wieder Teilgruppen abgetrennt werden, um eine bestimmte Schiene verfolgen zu können, ein Teil wird also weg-oder dazugeklappt.

    "Benutzen wir unsere Vernunft, der wir auch diese Medizin verdanken, um das Kostbarste zu erhalten, das wir haben: unser soziales Gewebe, unsere Menschlichkeit. Sollten wir das nicht schaffen, hätte die Pest in der Tat gewonnen. Ich warte auf euch in der Schule." Domenico Squillace

  • Klingt lustig. Aber was ist das? Bzw. warum wurden diese SuS getrennt vom Rest der Klasse unterrichtet?


    Ich vermute mal, dass das mit den ganzen Profilen zusammenhängt, die es laut Kris an ihrer Schule gibt. Dabei müssen dann ja immer wieder Teilgruppen abgetrennt werden, um eine bestimmte Schiene verfolgen zu können, ein Teil wird also weg-oder dazugeklappt.

    Genau. Und wir hatten zu viele Lehrer, die versorgt werden mussten (war also einmal). Es wurde also nicht nur in den Wahlpflichtfächern geteilt, sondern auch in anderen Fächern z. B. Chemie (und einmal kam ich in den Genuss von 14 Schülern in Mathe). Es fallen dadurch auch weniger Kopplungen an und dadurch wird der Stundenplan i.a. besser. In den übrigen Fächer wurden alle Schüler zusammen unterrichtet.


    Die 9 Schüler hatten damals als 2. Fremdsprache Latein gewählt, die übrigen knapp 20 Schüler Französisch. Diese Einteilung gab es dann in 5 Fächern (also nicht nur 2. Fremdsprache).

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