Fehlende Motivation bei Kindern mit dem Förderschwerpunkt "Lernen"

  • Hallo zusammen,

    mich würden eure Erfahrungen interessieren, wie ihr mit folgendem "Problem" umgeht.


    Und zwar geht es um Kinder, die an der Grundschule zieldifferent im Bildungsgang Lernen (NRW) unterrichtet werden, sich aber mit dieser Situation nur schwer abfinden können.

    Sie sind leider sehr auf Noten fixiert und wünschen sich, dass sie Noten (Klassenarbeiten / Zeugnis) bekommen, wie die anderen Kinder auch.

    Die Motivation zum Lernen generell schwindet immer mehr und es kommen so Aussagen wie "Ich bekomme sowieso keine Note, wieso sollte ich mich anstrengen..." usw.


    Verschiedene Maßnahmen wurden schon versucht (Gespräche mit dem Kind, viel Lob und Bestätigung, Belohnungsplan, eigene Wochenpläne, Mitarbeit an den Inhalten der Klasse auf niedrigem Niveau, Gespräche mit Eltern, Schulsozialarbeitern, Sonderpädagogen usw...).
    Aber so wirklich kommen wir nicht weiter.

    Theoretisch könnte die Schulkonferenz ja sogar eine Notengebung für Kinder mit dem Förderschwerpunkt Lernen unter gewissen Voraussetzungen beschließen. Aber das wird eher nicht der Fall sein und ist wahrscheinlich auch nicht zielführend.


    Kommt das bei euch auch vor?

    Habt ihr Tipps zum Umgang oder Hinweise zur Förderung?


    Viele Grüße

    Shadow

  • Theoretisch könnte die Schulkonferenz ja sogar eine Notengebung für Kinder mit dem Förderschwerpunkt Lernen unter gewissen Voraussetzungen beschließen. Aber das wird eher nicht der Fall sein und ist wahrscheinlich auch nicht zielführend.

    Warum ist das weniger zielführend als die Benotung anderer SuS?


    Also wenn's nach mir ginge, könnte man Noten komplett durch ein anderes Bewertungssystem ersetzen. Aber dass in einem System, indem Kinder Noten kriegen alle Kinder Noten wollen, finde ich selbstverständlich. Da sie ihrem eigenen Lehrplan folgen, könnte man auch hier gut oder befriedigend unter eine Leistungskontrolle schreiben.

  • Wieso bekommen sie denn keine Noten? Verstehe ich nicht. Ist doch ohnehin lernzieldifferent, dann könnte man doch einfach Noten geben. Oder ist das irgendwie NRW-spezifisch?

    An unsrer Schule L gibt´s auch keine Noten. Es gibt aber Punkte oder Smileys, trotzdem wollen die Schüler immer wissen, was es für eine Note "wäre". Sag ich ihnen dann auch, dann haben sie´s eh schon wieder vergessen, wie die Probe selbst auch.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • In meinem Bundesland bekommen auch L-SuS Noten. Zumindest an Förderschulen. Es würde mich aber wundern, wenn das in der Inklusion anders wäre.

    Bei uns ist das schulhausintern so geregelt, an meiner alten Schule (auch L) gab es Noten.

    Tatsachen schafft man nicht dadurch aus der Welt, dass man sie ignoriert.

    Aldous Huxley

  • Ich hatte auch Mal einen L Schüler, der unbedingt Noten wollte (allen anderen war es egal...). Wir haben ihm dann Noten unter die Tests geschrieben und sie zusätlich mit seinem Anfangsbuchstaben versehen (z.B eine A-2), das war seine persönliche Notengebung. Er war total glücklich und gut war's.

  • In NRW gibt es zwar Richtlinien für die Schule für Lernen, aber keine Lehrpläne mehr. Die letzten waren von 1977 (!) und sind 2005 außer Kraft gesetzt worden. Jetzt werden die Lehrpläne der Grund- und Hauptschule zugrunde gelegt und im Förderplan individuell angepasst. Da kann es dann gut sein, dass SuS in der 5. Klasse in Mathematik Inhalte der Klasse 2 bearbeiten. Aus diesem Grund gibt es Berichtszeugnisse, die den individuellen Leistungsfortschritt und Leistungsstand beschreiben. Noten gibt es nur dann, wenn die Lehrpläne der GS/HS Grundlage der Bewertung sind und der Jahrgang nicht mehr als ein Jahr darunterliegt.

    Ich arbeite an einer inklusiven Schule und habe schon Zeugnisse für den FS LE geschrieben, in denen in einem Zeugnis alles dabei war: Fächer nur mit Text, Fächer mit Text und Note auf Hauptschulniveau des gleichen/vorigen Jahrgangs, Fächer mit Text und Note auf Gesamtschulniveau.

    Manchmal ist das für SuS ein Problem, keine Noten zu bekommen, da muss man dann immer wieder Gespräche führen.

    Es könnte alles so einfach sein - ist es aber nicht.

  • Warum? Kaum eine Schüler:innengruppe ist doch so heterogen wie die SuS mit FS Lernen. Sowohl innerhalb einer Klasse als auch das Leistungsvermögen der SuS in den einzelnen Lernbereichen. Die alten Richtlinien waren ein absoluter Witz, teilweise total überfordernd, andererseits aber auch für viele SuS in Teilbereichen zu stark simplifizierend.

    Es könnte alles so einfach sein - ist es aber nicht.

  • Es ist so wie Miss Othmar schreibt. Ich habe LE Schüler in der Klasse, die bearbeiten in Klasse 6 Mathe-Aufgaben für die Klasse 2 oder 3. Sie bekommen nur Textzeugnisse und keine Noten. Oft fragen mich dann LE Schüler (ich unterrichte insgesamt 6 Schüler mit dem Förderschwerpunkt LE), was ihre Leistung als Note wäre, das darf ich ihnen dann noch nicht mal sagen. Am Ende des Jahres bzw. zum Halbjahr bekommen sie Textzeugnisse.

    Das gesamte System ist "murks" für alle beteiligten. Für die Schüler, die nicht auf dem gleichen Level arbeiten wie die Klassenkameraden, manchmal blockiert es auch den Unterricht, zudem kann man bei 26 Schülern in der Klasse sie auch nicht individuell genug Fördern. Da reicht es im Grunde nicht, ihnen differenzierte Aufgaben hinzulegen.

    So ist es doch nicht verwunderlich, dass diese Schüler kaum noch eine Motivation spüren etwas zu tun. Sie sehen häufig nur, dass sie viele Sachen, die die anderen Schüler machen noch nicht können und auch nicht so schnell verstehen. Dann bekommen sie keine Noten und können sich so auch nicht vergleichen. Wo soll die Motivation herkommen?

  • Ich bin in der glücklichen Lage, dass wir Klassenarbeiten bei allen SuS nicht benoten, sondern eine Prozentzahl ausweisen (= x% der Augaben richtig gelöst). Das kann ich natürlich auch bei den Förderschüler:innen machen, d.h. die direkte Rückmeldung ist erstmal für alle in der Klasse gleich. Erst bei der Ermittlung der Zeugnisnoten werden die KAs in eine Note umgewandelt.

    Es könnte alles so einfach sein - ist es aber nicht.

  • Die Kinder mit Unterstützungsbedarf bekommen differenzierte KA,

    wenn eine Note gegeben wird, schreiben wir dazu, dass das Kind nach anderen Richtlinien unterrichtet wird, damit es eindeutig ist und bleibt, auch bei Schul- oder Bundesland-Wechseln.

  • Warum?

    Weil es in allen Bundesländern Förderschulen für Lernbehinderte (entsprechendes Synonym hier einsetzen) gibt und somit auch ein entsprechendes Lehramt. Die Festlegung eines Bundeslandes, dass man einfach nur im Lehrplan ein paar Jahre zurückgehen muss, ändert m.E. die Sichtweise grundlegend. Bewertet habe ich das nicht, fand es einfach bemerkenswert.

  • Es gibt schon Richtlinien, die Grundsätze des Unterrichts etc. beschreiben, aber eben keine jahrgangsweisen Lehrpläne für die einzelnen Fächer/Lernbereiche mit konkreten Unterrichtsvorhaben und Lernzielen, die sich am Schulbesuchsjahr, aber eben nicht an der Entwicklungsstufe der SuS orientieren.

    Ich fand das erst auch sehr merkwürdig, aber in der Praxis macht des das Leben einfacher.

    Es könnte alles so einfach sein - ist es aber nicht.

  • Ist so. Und ich erinnere mich noch mit Grausen an die Zeit, als es im FS LE Ziffernzeugnisse gab. Da hatten viele Zensuren eine Fußnote und ich musste eine gesiegelte Anlage beifügen, welchem Jahrgang diese Note entsprach. Ansonsten hätte viele meiner SuS nur Fünfen und Sechsen gehabt. Ein Alptraum :(

    Es könnte alles so einfach sein - ist es aber nicht.

  • Vielen Dank für die vielen Rückmeldungen und Denkanstöße.
    Mit "Noten nicht zielführend" meinte ich, dass es in meinem Fall keinen Sinn macht, eine Notengebung für L-Kinder von der Schulkonferenz beschließen zu lassen, wenn die Vorgabe in NRW ist, dass das Leistungsniveau nicht weiter als "eine Klasse drunter" ist. Das ist es ja eben fast nie, sondern es weicht manchmal um 2-3 Klassenstufen ab.


    Deshalb finde ich eure individuellen Lösungen sehr interessant.

    Wichtig ist ja auch, dass die Eltern dieser Kinder, die manchmal eben auch nicht alles so leicht verstehen, eine Note unter einer Klassenarbeit im Bildungsgang Lernen nicht falsch einschätzen. Da ist gute Kommunikation natürlich alles.
    Eure Ideen haben mir da schon sehr weitergeholfen, danke!

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