Nur digitaler Unterricht ist guter Unterricht?

  • Nein. Der Maturaufsatz wird bei uns seit letztem Jahr auf dem Laptop geschrieben. Mit freiem Zugang zum Internet natürlich.

    Jetzt stellst Du implizit etwas als unhinterfragt besser dar, was Du German vorhin vorgeworfen hast.
    Es sei denn, ich lese zu viel aus dieser Aussage heraus.

  • Natürlich haben wir noch OHP, die braucht man z. B. für Photochemie. Wir haben auch in jedem Schulzimmer eine Kreidetafel hängen. Ich sehe nicht, warum man "analoge" Medien abschaffen sollte, nur weil heute alle mit nem Convertible im Unterricht stehen.

  • Es sei denn, ich lese zu viel aus dieser Aussage heraus.

    Tust du. Meine Replik bezog sich auf das "müssen". Nein, muss man nicht, es geht auch anders. Genauso wenig muss man natürlich den Maturaufsatz auf dem Laptop schreiben. Tatsächlich bringt das aber einige Vorteile mit sich, so dass wir an meiner Schule beschlossen haben, dass das ab sofort immer so sein wird. Wir sind aber das einzige Gymnasium im Kanton, das den freien Einsatz von digitalen Hilfsmitteln bei einer Abschlussprüfung zulässt. Genauso sind wir in der Mathe aber auch die einzigen, die einen Teil der Prüfung ausschliesslich mit einem Bleistift und einem Geodreieck schreiben lassen.

  • Was ich schon bei uns im Kollegium (das ingesamt sehr jung ist) beobachte, sind vornehmlich Kolleginnen, die kurz vor der Pensionierung stehen, und die unisono einerseits mit "Das lern ich nicht mehr" auf Digitalisierung reagieren (und damit meine ich keine fancy Spielereien, sondern grundlegende Kompetenzen wie das Verwenden von Lautschrift in MS Word oder das Planen eines Wandertag-Weges mithilfe von GoogleMaps). Andererseits sind das dieselben Kolleginnen, die den angenommenen gesellschaftlichen Verfall auch monokausal auf die zunehmende "Internetsucht und das ständige Gedaddel" der Jugend zurückführen.

  • Tust du. Meine Replik bezog sich auf das "müssen". Nein, muss man nicht, es geht auch anders. Genauso wenig muss man natürlich den Maturaufsatz auf dem Laptop schreiben. Tatsächlich bringt das aber einige Vorteile mit sich, so dass wir an meiner Schule beschlossen haben, dass das ab sofort immer so sein wird. Wir sind aber das einzige Gymnasium im Kanton, das den freien Einsatz von digitalen Hilfsmitteln bei einer Abschlussprüfung zulässt. Genauso sind wir in der Mathe aber auch die einzigen, die einen Teil der Prüfung ausschliesslich mit einem Bleistift und einem Geodreieck schreiben lassen.

    Aha, naja, Außenseiter/Ausreißer/Vorreiter/Experimentierfreudige muss es wohl auch immer geben, damit irgendwo Veränderungen experimentell erprobt werden können.

    Als Deutschlehrkraft sehe ich da einige problematische Punkte auf verschiedenen Ebenen, aber das ist ja hier nicht Thema.

  • Ich denke doch, dass das das Thema hier ist. Auf ein Jammern über den allgemeinen Kulturverfall habe ich jedenfalls keine Lust, wenn muss man schon ernsthaft über Vor- und Nachteile diskutieren, finde ich. Würde mich auch wirklich interessieren, was du dazu meinst. Ich unterrichte selbst ja nicht Deutsch aber unsere Deutschlehrpersonen sind sich da ausnahmsweise mal sehr einig.

  • ich betone nur, dass die älteren Kollegen eben noch nicht so digital aufgewachsen sind und sich logischerweise mit den Neuerungen schwerer tun.

    Die Älteren sind mit ganz anderen Sachen aufgewachsen, wenn man sich wirklich damit beschäftigt hat, war es nicht nur die Oberfläche, die bedient wurde.

    Die Entwicklung der letzten 10 Jahre war beachtlich.

    Sachen fürs Board, die ich vor 10 Jahren an den ersten Boards genutzt habe, sind nun nicht mehr nutzbar, da sich die Software/ Verfügbarkeit geändert hat.

    Kopiervorlagen, die 30 Jahre als sind - oder eben Tafelbilder - gehen aber immer noch.


    An meiner Schule gibt es schon seit Jahren gar keine OHPs mehr!

    Bei uns in jedem Klassenzimmer. Da sieht man die Unterschiede.

    Vielleicht muss man dem Ganzen etwas mehr Zeit geben, gerade wenn die Schule für alle ausgestattet ist und noch viele Möglichkeiten bietet?

    Den Jüngeren fällt es leichter, weil sie alles digital vorbereiten. Die Älteren müssten dann nahezu alles neu erstellen, obwohl sie vieles in anderne Formaten vorrätig haben und nutzen können. Das wechselt dann langsamer.

    Die Jügeren müssen dafür - wie immer - den reflektierteren Blick auf die Methoden und Medien lernen, den die Älteren mitbringen. Da sträuben sich bei mir manchmal die Nackenhaare, aber es wird sich in den nächsten 10 Jahren zurechtrückeln.


    Vor 10 Jahren hatte ich eine ältere Kollegin, die immer vorne an war bei technischen Neuerungen, die aber nicht mehr ans Whiteboard wollte: "Das brauche ich nicht mehr." Sie hat irgendwann entschieden, dass sie auf die letzten 2-3 Jahre keine Neuerungen mehr einsetzen will.

    Unter den Jüngeren gibt es auch welche, die weniger technikaffin sind und bis die Boards und alles drumzu wirklich stabil laufen, wird es an manchen Schulen noch dauern - bei uns gibt es tägliches Haareraufen, weil man das, was man geplant hatte, mangels Internet o.a. nicht umsetzen kann und immer noch doppelt plant - auch ätzend.

  • Tust du. Meine Replik bezog sich auf das "müssen". Nein, muss man nicht, es geht auch anders. Genauso wenig muss man natürlich den Maturaufsatz auf dem Laptop schreiben. Tatsächlich bringt das aber einige Vorteile mit sich, so dass wir an meiner Schule beschlossen haben, dass das ab sofort immer so sein wird.

    Die Schule beschließt etwas?

    Da bin ich echt froh, dass es bei uns die pädagogische Freiheit gibt. Und jeder so unterrichtet und Leistungen überprüft wie er es am besten kann. Das hilft ja auch den Schülern.

  • Dieses "die Jüngeren gegen die Älteren" tut so, als sei Digitalisierung eine Erfindung von gerade gestern. Sorry, aber das ist kompletter Bullshit, der mir nur noch zum Hals raushängt. Einer unserer Pioniere im Projekt BYOD ist letztes Schuljahr nach 43 Dienstjahren pensioniert worden, der ist jetzt 68. Bevor Informatik als offizielles Fach eingeführt wurde, haben nur er und ein weiterer Kollege, der dieses Jahr 63 wird, das im Wahlpflichtbereich unterrichtet. Ich war selbst Mitglied der vorbereitenden Arbeitsgruppe für unser BYOD-Projekt und ich war da mit Jahrgang 1980 zu Beginn die Jüngste. Unterdessen ist eine Kollegin an "vorderster Front" dabei, die geschätzt 10 Jahre jünger ist als ich, die ist von "den Jungen" die einzige. "Die Jungen" haben ganz oft überhaupt keine Kapazitäten für solche Sachen, die kämpfen einfach noch gegen's Absaufen mit der ganz normalen Unterrichtsvorbereitung. Es ist nicht wahnsinnig innovativ, einen QR-Code irgendwo einzubinden oder eine ppt zur Unterstützung des Lehrervortrags vorzubereiten. PowerPoint als Programm gibt es seit irgendwann Ende der 1980er. Digitalisierung des Unterrichts heisst, dass es eine funktionierende Infrastruktur, einen zuverlässigen Support und ein gemeinsames Konzept gibt. Das wird in der Regel eben wenig bis gar nicht verstanden, dass es mit dem Erklärvideo, das man mal bei YouTube hochgeladen hat, nicht getan ist. Und Nörgeltanten, die aus Prinzip gegen alles sind, gibt es in allen Jahrgängen. GoogleMaps wurde 2007 gelauncht, sorry das sind dann jetzt mal eben 16 Jahre, die sich weiter oben genannte Personen offenbar schon verweigern. Das fällt eigentlich schon unter Arbeitsverweigerung und müsste dienstrechtlich geahndet werden.

  • Die Schule beschließt etwas?

    Nein, die Fachschaft Deutsch hat das einvernehmlich beschlossen. Das Prüfungsreglement Baselland lässt uns entsetzlich viele Freiheiten offen, man muss nur rechtzeitig Bescheid geben, was man vorhat. Es geht um die Abschlussprüfungen, da beschliesst du als individuelle Lehrperson in Deutschland meines Wissens gar nicht mal so viel. Wir haben hier keine zentralen Prüfungen. Was davor so im Unterricht passiert, das beschliesst selbstverständlich jede Lehrperson individuell.

  • Tatsächlich hat eine Referendarin die Hilfe ihres Mentors abgelehnt, weil sie kein Interesse an altmodischen Tafelbildern habe.

    So einige Referendar*innen denken an vielen Stellen, dass sie es auf jeden Fall besser als alle anderen können, damit muss man, glaube ich, leben lernen. Das Selbstbewusstsein der Generation ist schon beachtlich. Entweder machen lassen oder fragen, ob die Lernende meint, dass sich die Powerpoint von alleine sinnvoll strukturiert aufbaut. Das Prinzip dahinter ist doch am Ende dasselbe, ob du es anmalst oder durch klicken hinzufügst.


    Ansonsten könnte man auch voneinander lernen und sich das ein oder andere Gadget von der Referendarin zeigen lassen. Und mit dem Seminar kommunizieren, was dort erwartet wird, die Reffis müssen sich ja auch deren Vorgaben anpassen.

  • Wozu? Mein Laptop hat ein ausreichend grosses Display mit einer sehr guten Auflösung.

    Ich brauche schon einen richtigen Monitor. Wenn ich nicht so wählerisch bei der Hardware wäre, dann hätte ich keinen Desktop-PC mehr, nur noch den 32" Monitor und das Dock für meinen Dienstlaptop. Aber ich bin wählerisch, also habe ich 3 Desktop-PCs :D wirklich brauchen tue ich das nicht, aber ich hab Freude dran :D

  • Ich bin mittlerweile so abhängig vom Touchscreen, dass ich nervös werde, wenn der Bildschirm nicht auf die Finger reagiert. Das Convertible ist für mich eine der grossartigsten Erfindungen der letzten Zeit. Und seien wir ehrlich ... erst mit solchen Geräten macht Digitalisierung im Unterricht auch wirklich Sinn. Wahrscheinlich haben auch deshalb so viele das "Gefühl", das sei so ein wahnsinnig neues Thema, erst die verbesserte Technologie hat einen sinnvollen Einsatz an der Schule überhaupt erst möglich gemacht.

  • Sachen fürs Board, die ich vor 10 Jahren an den ersten Boards genutzt habe, sind nun nicht mehr nutzbar, da sich die Software/ Verfügbarkeit geändert hat.

    Ich mache regelmäßige Backups seit 1994 und kann auch noch meine Dokumente aus dem Studium 1994ff nutzen. Zugegeben, bei den ganz alten Dateien braucht es ein bisschen Konvertierung. Wo ist das Problem? Für mich ist das alles großartig, weil ich in der Schule 90 GB Schulmaterial jederzeit zu meiner Verfügung habe. Meine alten Leitz-Ordner mit Mitschriften aus dem Studium und ABB habe ich auch noch im Schrank stehen, aber mehr als das tun sie auch nicht.

    10 Jahre alte Hardware ist eben hoffnungslos veraltet. Finde ich auch schade, aber andererseits kann ich nach einem besseren Rechner unmöglich zurück ohne körperliche Schmerzen.

    Geht mir gerade wieder so: Habe bei meinem Uralt-Dell-Laptop für meinen Sohn etwas installieren wollen und wurde beinahe zum Angry German Kid.

  • Du konvertierst dir Anwendungen mit Flash Player Nutzung und konvertierst Whiteboard-Anwendungen unterschiedlicher Hersteller und interaktive boardunabhängige Software, sodass du sie weiter nutzen kannst?

    Und das funktioniert dann auch auf Boards relativ Unbekannter Hersteller, für die es nicht einmal eine Anwendung für das Dienstgerät oder den Rechner zu Hause gibt?

  • Ich bin von Motherboards ausgegangen, hätte vielleicht deinen ganzen Beitrag lesen sollen (shame on me).


    Diese überzahlten Whiteboards haben wir aus genau den von dir genannten Gründen in der Schule schon vor Jahren abgeschafft und uns für Beamer plus Tablets entschieden. Sie sind einfach zu unflexibel. Ich bin mit diesen überzalten umständlichen Whiteboards nie warm geworden.


    Und da du in erster Linie von TBB und ABB, die immer noch funzen, geschrieben hast, habe ich an Flash (tot und unsicher) und Konsorten gar nicht gedacht.


    Aber im Grunde hängt vieles vom Geschmack und noch mehr von den fachspezifischen Bedürfnissen ab. Ich bin mit der Kombi Kreidetafel und Beamer/Apple-TV/iPad mehr als glücklich. Ach ja, und ein paar OHPs verstauben auch noch irgendwo für die Kolleg*innen, die 8 Jahre vor ihrer Pension nicht mehr von OHP-Folien umsteigen wollen ...

  • In der Grundschule ist man bisher davon ausgegangen, dass es wichtiger ist, etwas unmittelbar nutzen zu können, also schreiben anTafel/Board statt am IPad (zu klein für ungelenke SuS).


    Vor 10Jahren gab es auch weit weniger nutzbare Apps, dafür noch einfache, aber sehr nützliche Programme an PCs, da verändert sich jetzt manches, je nach Ausstattung der Schule und Vermögen der Kommune.

  • Achtung Anekdote... (zum Thema "Verweigerungshaltung" , ca.8 Jahre her):

    Wir saßen in einer Fako im Klassenraum einer Kollegin und wollten wissen, wieviel irgendein Lehrwerk kostet. Ich habe gesagt, das können man ja leicht online nachgucken. Besagte Kollegin: "Mach du das." Ich: ihren Computer angeworfen und nachgeguckt (ängstliche Zwischenbemerkung einiger Kolleginnen: Pass auf! Nicht, dass du da jetzt aus Versehen was bestelltst!!!!).

    Die Fako ist zu Ende, ich will gehen, daraufhin die Kollegin : "Halt! Du musst den noch ausstellen!"

    Dieselbe Kollegin hat sich auch geweigert die Ankreuzzeugnisse am Computer zu erstellen. Erstaunlicherweise hat sie eine Kollegin gefunden, die das für sie gemacht hat. Sie saß dann im Computerraum neben ihr und hat ihr gesagt, wo sie die Kreuze setzen soll.


    Ich frage mich wirklich, was die jetzt macht????

    "Die Wahrheit ist ein Zitronenbaiser!" Freitag O'Leary

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