Nur digitaler Unterricht ist guter Unterricht?

  • Vor allem aber bin ich froh über die erweiterten Möglichkeiten interaktiver Tafeln gegenüber klassischer Tafeln.

    Da habe ich noch keine entdecken können. Das kann auch daran liegen, dass ich nach wenigen Versuchen die Verwendung der elektrischen Tafeln eingestellt habe. Das fängt daran an, dass man darauf nicht schreiben kann. Zu ungenau und zu langsam. man muss sehr groß und schreiben, damit man überhaupt etwas lesen kann. Dann bleiben nur wenigen Zeilen. Für Mathematik-Aufgaben meist zu wenig. Hinzu kommt, dass die Geräte auf sechs Farben beschränkt sind. Zieht man weiß und gelb ab, weil die auf weißem Hintergrund — sagen wir mal — suboptimal sind, bleiben vier.


    Bevor sich die erweiterten Möglichkeiten erschließen lassen, müssten erstmal die Standards funktionieren. Wie die Modelle, die wir zuvor hatten (und die allesamt im Elektroschrott gelandet sind), nutze ich die diese lediglich als Beamer (mit kleiner Projektionsfläche). So wie die meisten Kolleginnen. Ich kenne jetzt niemanden, die elektrisch schreibt oder die interaktiven Möglichkeiten der Boards nutzt.


    Vielleicht haben viele einfach keinen Bock, auf etwas neues. Vielleicht waren die Schulungen nicht ansprechend. Ziemlich sicher haben wir aber wir mal teuren Quatsch gekauft.


    Ja, ohne Kreidestaub wäre besser, aber irgendetwas anschreiben können möchte ich halt schon.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Vorbemerkung von

    Zitat von fossi74


    Vorher folgten Computer dem schönen Prinzip "form follows function".

    Danach auch. Das ist übrigens ein Design-Prinzip.

    Eben nicht mehr. Apple-Geräte können nur noch Spezialisten reparieren. Ebenso Tablets.
    "Richtige Computer" haben im Prinzip ein ewiges Leben - weil alle Teile modular und austauschbar sind.
    Ich besitze Rechner, bei denen nur noch das Gehäuse original ist ;)
    Neue Festplatte, bessere Grafikkarte, mehr Speicher, neues Netzteil ... und bevor jemand meint, das rentiere sich nicht: Ich containere schon seit vielen Jahren. Immer, wenn ich meinen Grünmüll zum Recyclinghof bringe, stöbere ich im Elektronikschrott. Es ist unglaublich, was weggeworfen wird.
    Mit Speicherriegeln aus dem Container hatte ich unseren gesamten Computerraum nach und nach "upgegraded". Zerstörte Mäuse in der Schule haben mir ein Lächeln entlockt - weil meine Sammelkiste im Keller in Einsatz kam. Auch verschmutzte Tastaturen oder fehlende Tasten waren kein Problem. Ersatz lag im Container.
    Heute muss ein Antrag auf Neugeräte an den Schulträger. ;)

    Das Diskutieren von Tatsachen ist eine "wunder"bare Sache.
    Dieser Beitrag kann Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten.

  • "Richtige Computer" haben im Prinzip ein ewiges Leben - weil alle Teile modular und austauschbar sind.

    Wenn das dein Anspruch ist, kaufst du so etwas. Höhere Integration für geringere Abmessungen und damit Erhöhung der Mobilität ist nicht schlechter, sondern ein anderer Anspruch, der dann ein anderes Aussehen hervorbringt.


    Letztendlich ging es mir darum, dass fossi74 angemerkt hat, dass mit dem iMac die Design-Phase begonnen habe. Computer wurden auch vorher designt. Dass das Design ab dann in eine Richtung ging, die der einen oder anderen nicht gefällt, mag ja sein. Aber es geht mir ein wenig in die Richtung „Apple ist eh doof.“ Das fand ich in den 90ern schon langweilig.

    „Fakten haben keine Lobby.“


    (Sarah Bosetti)

  • Aber es geht mir ein wenig in die Richtung „Apple ist eh doof.“ Das fand ich in den 90ern schon langweilig.

    Ich finde Apple nicht doof - jedem Tierchen sein Pläsierchen. Man kommt auch mit einem Mercedes AMG mit 400 PS von Kleinkleckersdorf nach Wilmersfeld. Oder mit dem Fahrrad oder Kleinwagen. Für den Einsatz an der Schule besitze ich ein Lenovo Thinkpad Convertible mit Tastatur und Stifteingabe. Darauf sind 2 Partitionen - eine für Linux und eine für Win10. Das Gerät hatte ich (mit Dockingstation) für 250 € gebraucht erworben.
    Hier sitze ich an einem Refurbished-PC (Dell-Optiplex), der mich 100 € gekostet hat. Auf beiden Geräten nutze ich ausschließlich OpenSource-Software und entwickle damit meine Webseiten, erstelle Arbeitsblätter, mache Bildverarbeitung und schreibe an meinem Buch. Ich kann (mit Ausnahme der 500 Gramm Unterschied beim Transport) keinen nutzbaren Vorteil eines Apple-Gerätes erkennen.
    Langweilig finde ich das Mantra der Apple-Jünger, die gebetsmühlenhaft die Geräte loben und dafür sorgen, dass der Schulträger für WIRKLICH wichtige Investitionen an den Schulen keine Mittel zur Verfügung hat und sich statt in sauberen Schultoiletten lieber bei der Übergabe von iPads beim Pressetermin ablichten lässt.

    Am schlimmsten an Applegeräten an Schulen finde ich die merkantile "Vorbildfunktion". Da werden auch Familien mit wenig Einkommen genötigt, für ihre Kids die teuren Äpfel anzuschaffen, Programme aus dem App-Store zu kaufen usw. Ja, ich weiß - viele Schulen bieten die Geräte zum Leasing oder als Leihgeräte an. Trotzdem ergibt sich eine höhere Kostenbelastung als durch günstige Android- oder gebrauchte Desktopgeräte. Ich halte Äpfel an Schulen für asozial. Und damit meine ich nicht die Schulspeisung.

    Nachtrag: Als Admin hatte ich die Schule und die Computerräume mit Refurbished-Rechnern ausgestattet, die ich palettenweise für kleines Geld bei AfB bestellt habe. Unsere kleine GHS war (bis zur Umwandlung zur reinen GS) mit 75 vernetzten Rechnern, 2 Internetpoints auf den Fluren, 2 Computerräumen und mindestens 1-2 Rechnern pro Klassenzimmer ausgestattet. Für eine Schule mit 280 Schülern war das schon komfortabel.
    Per Linux-Musterlösung (linuxmuster.net) konnte ich an alle Rechner per WakeOnLan über Nacht Updates ausrollen. Alle Rechner hatten dieselbe Oberfläche, dieselbe Bedienstruktur, sodass jeder Schüler von jedem Rechner der Schule auf sein Quota am Server und auf das (über Jugendschutzfilter doppelt abgesicherte) Internet zugreifen konnte. Die Linuxmusterlösung beherrscht das Prinzip der "selbstheilenden Arbeitsstationen" - egal, was die Schüler am Rechner in der Software anstellen (bis zum Formatieren der Festplatte) - beim nächsten Boot ist alles gut. Das Image wird automatisch abgeglichen und auf den definierten Stand korrigiert

    Ich weiß nicht, ob das mit den iPads genauso funktioniert - nach dem, was ich in Foren lese, befinden sich zahlreiche Bestände in Schränken ungenutzt verschlossen, damit den teuren Geräten nix passiert (sic!)

    Das Diskutieren von Tatsachen ist eine "wunder"bare Sache.
    Dieser Beitrag kann Spuren von Ironie und Sarkasmus enthalten.

    3 Mal editiert, zuletzt von Wolfgang Autenrieth ()

  • Mal was zum Schmunzeln, vorhin von meiner Tochter bekommen:



    Untertitel: "An unserer Schule wird Digitalisierung großgeschrieben."


    Ach so, vielleicht sollte ich erwähnen, dass das kein Meme ist, sondern ein echtes Bild, deshalb auch die Schwärzung.

  • Kieselsteinchen Ich würde mich immer noch für deine Meinung zum digitalen Maturaufsatz interessieren. Man könnte das ganze Thema wirklich seriös diskutieren, passiert hier aber leider wieder mal nicht. Vielleicht gehe ich mal mit gutem Beispiel voran:


    Warum Digitalisierung an den Schulen? Zunächst einmal ist im Jahre 2023 einfach mal unsere Lebenswelt digital, das ist eine ganz simple Feststellung. Ich arbeite mein komplettes Berufsleben schon am Laptop und habe auch davor an der Uni das meiste an Arbeiten digital abgegeben. Mir fallen gerade nur die Praktikumsprotokolle aus der Physik ein, die wir irgendwann um die 2000 rum noch von Hand geschrieben haben, die habe ich sogar hier an der Schule im Schrank stehen. Manchmal schaue ich da noch rein, ist ganz lustig. Wissenschaftliche Arbeiten und Bücher werden einfach nicht von Hand aufs Papier geschrieben, wissenschaftliche Daten und Statistiken werden nicht durch Eintragen von Zahlen in eine Tabelle auf ein kariertes Blatt Papier erhoben, die werden direkt digital erfasst und so auch ausgewertet. Es gibt kaum noch irgendeine Beruf der ohne digitale Datenverarbeitung auskommt. Jeder Landwirt nutzt heute eine App die ihm sagt, wann er wo und wie viel zu düngen hat und was seine Kühe fressen sollten um die Milchqualität zu verbessern. Der Landwirt muss mit dieser App umgehen können, das muss er lernen. Ich werde im Sommer 43, ich kenne kein Leben ohne digitale Hilfsmittel. Für mich ist das absolut gewöhnlich, ich kann den Aufriss nicht nachvollziehen, den manche Menschen immer noch um das Thema machen müssen. Ich unterstelle da einen Gewissen Hang zur Selbstinszenierung.


    Was bringt uns Digitalisierung an den Schulen? Natürlich können wir unsere Kinder und Jugendlichen für immer und ewig mit dem Bleistift ins Heft schreiben lassen. Dann ist Schule aber eine künstliche Welt, die mit der Realität nichts mehr zu tun hat, siehe Punkt 1. Wer das bedauerlich findet, ist halt weltfremd. Zunächst einmal handelt es sich bei der Nutzung eines Laptops als Arbeitsgerät also schlicht um eine Kulturtechnik die erlernt werden muss, wie das Schreiben von Hand aufs Papier. Dann bietet die Arbeit mit dem Laptop an der Schule den wesentlichen Vorteil, dass alles an Material für alle Fächer jederzeit zur Verfügung steht und nicht mehr daheim vergessen werden kann. Man trägt auch keine 100 Hefte und Bücher mehr mit sich rum sondern genau dieses eine Gerät und vielleicht noch eine Lektüre, die im Deutsch gerade gelesen wird. Wir arbeiten an meiner Schule bzw. soweit ich weiss eigentlich überall an den Mittelschulen in der Schweiz mit freiem und beliebigen Zugang auf alle verfügbaren online-Ressourcen. Natürlich hängen wir hinter einer geschützten WLAN-Verbindung, Porno-Seiten oder sowas sind geblockt. Die Regeln sind aber so liberal definiert, dass es mir im Arbeitsalltag überhaupt nicht auffällt, dass ich auf irgendwas keinen Zugriff hätte. Das ist unsere Lebensrealität und Schule hat auch die Aufgabe auf diese vorzubereiten, also kommen wir an der Arbeit mit digital verfügbaren Informationen gar nicht vorbei. In den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern wird bei uns sehr viel mit online-Ressourcen gearbeitet, immer mit dem Ziel diese kritisch zu hinterfragen und zu bewerten. Arbeitsprodukte sind gerne mal Webportfolios, eigene Blogs oder Podcasts. In den Naturwissenschaften implementieren wir nach und nach immer mehr digitale Messwerterfassung und -auswertung, meine Theorieunterlagen sind immer ergänzt um links auf weiterführende Quellen zum Thema oder einfach nur hilfreiche Animationen. Ich verlinke auch immer alle Videos, die wir im Unterricht angeschaut haben, dann kann man das zu Hause noch mal machen. Ich bin froh, dass unsere SuS alle ein eigenes Gerät auf dem Tisch stehen haben, die sind für genau solche Sachen ständig im Einsatz. Ich gebe jetzt im Mai meine letzte "Papierklasse" ab und obwohl ich die Jugendlichen sehr ins Herz geschlossen habe (wirklich eine tolle Truppe), bin ich einfach nur froh, dass ich sie los bin. Ich will nie wieder Unterricht ohne Laptops. Nie. Wieder.


    Was sind die Nachteile bzw. was müsste sich verbessern? Ich sehe für mich in meinem Setting keine grundsätzlichen Nachteile, ich beobachte allerdings die Entwicklung an unseren Volksschulen mit einiger Skepsis. Es fängt damit an, dass wir uns an den Mittelschulen auf ein freies BYOD-System geeinigt haben, welches aus quasi natürlichen Gründen iPads unterdessen exkuldiert. Das ist wirklich der einzige Gerätetypus, der nicht uneingeschränkt kompatibel mit unseren Bedürfnissen ist. In der Sekundarstufe I gibt der Kanton iPads als Leihgeräte aus. Warum, das hat mir noch niemand wirklich erklären können, es ist einfach sinnlos. Zudem scheint mir da die Arbeit mit digitalen Medien einen reinen Selbstzweck zu erfüllen, die Lerninhalte werde einfach so zurechtgebogen, dass es irgendwie digital wird, die vermittelten Kompetenzen sind für die weiterführende Schule weitestgehend unbrauchbar. Im Prinzip ist das kein digitales Problem sondern ein weiteres Symptom für einen grundsätzlichen Fehler in unserem Schulsystem. Verbessern müsste sich aus meiner Sicht ganz klar die Qualität der digitalen Lern- und Prüfungsplattformen. Wir haben verschiedene Umgebungen zum Erstellen digitaler Prüfungen ausprobiert, nichts davon ist für die Naturwissenschaften brauchbar. Würde es funktionieren, könnte einem Automatisierung und KI tatsächlich nen Haufen Korrekturarbeit abnehmen. Ein Traum. In den Fremdsprachen arbeiten die KuK mit einem SafeExam-Browser, da ist einiges mehr möglich. Bezüglich Lernplattformen sind einfach exklusiv wir Chemiker die Gearschten. Für die Mittelstufe geht das noch irgendwie, in der Oberstufe kann man aber mit den verfügbaren Mitteln keine dem Niveau entsprechenden Aufgaben mehr erstellen bzw. findet auch auf professional gestalteten Plattformen (Brilliant & Co.) nichts Brauchbares mehr. Aber da geht's jetzt in die technischen Details, die mich persönlich einfach nur frustrieren. Ich hoffe einfach, dass das zeitnah noch alles kommt.

  • Kieselsteinchen Ich würde mich immer noch für deine Meinung zum digitalen Maturaufsatz interessieren. Man könnte das ganze Thema wirklich seriös diskutieren, passiert hier aber leider wieder mal nicht. Vielleicht gehe ich mal mit gutem Beispiel voran:

    Ob du es glaubst oder nicht, aber ich bin nich täglich und schon gar nicht stündlich im Forum und habe bisher nicht die Zeit gefunden, mich ausführlich mit deinem Anliegen zu beschäftigen. Deswegen ist es müßig, mir zu unterstellen, ich hätte kein Interesse an einer seriösen Diskussion.


    Ich sehe, ohne mich tief ins Thema eingearbeitet zu haben, mehrere Vorbehalte gegen das Verwenden von sowohl PCs/Laptop als auch Internet in Klausuren.

    Das geht los bei der fehlenden Handschriftenschulung, über das Unvermögen vieler Schüler mit Instrumenten wie Rechtschreibprüfung, Synonymwörterbücher oder auch schon der Googlesuche umzugehen. Klar, müsste man, wenn man computergestützte oder digitale Prüfungsformate möchte, eben stärker in den alltäglichen Unterricht implementieren, um die entsrrechenden Kompetenzen zu fördern, wird halt aber aktuell noch zu wenig gemacht.
    Ich bekomme häufig Übungsaufsätze in word geschrieben und ausgedruckt. Dabei fällt mir oft auf: Die Denkleistung scheint beim schnellen Tippen flüchtiger zu sein als beim behäbigen Schreiben, wo die Gedanken automatisch weiterkreisen, weil es einfach länger dauert, bis ein Satz fertiggeschrieben ist.

    Außerdem besteht die Gefahr, dass sich die Schüler blind sowohl auf die Programme auf ihren Geräten als auch auf das im Netz Gefundene verlassen. Viele Jugendliche tendieren dazu, ihre Eigenleistung, v.a. in Form von Vorbereitung, auf ein Minimum zurückzufahren, wenn sie wissen, dass ihnen die ganze Bandbreite des Internets zur Verfügung steht (ist heute schon so bei HAs: Macht euch zu diesem und jenem Thema Gedanken, das nächste Mal recherchieren wir dazu.).

    Und schlussendlich breitet sich die Plagiatsgefahr von der momentan begrenzten Domäne der Hausarbeiten auch auf Klausuren aus. Ob das neben möglicher Arbeitsersparnis nicht auch ein wahnsinniger Zusatzaufwand ist? Ich weiß es nicht.


    Versierte Deutsch- oder Geisteswissenschaftskollegen mögen mich mit ihren eigenen Erfahrungen vom Gegenteil überzeugen.

  • Ob du es glaubst oder nicht, aber ich bin nich täglich und schon gar nicht stündlich im Forum und habe bisher nicht die Zeit gefunden, mich ausführlich mit deinem Anliegen zu beschäftigen. Deswegen ist es müßig, mir zu unterstellen, ich hätte kein Interesse an einer seriösen Diskussion.

    Entschuldige bitte, ich hatte absolut keinen Vorwurf intendiert. Tut mir wirklich leid, wenn das so rüberkam. :rose:

  • Zunächst möchte ich klarstellen, dass ich absolut nichts dagegen habe, wenn die Kids auf ein Ipad etc schreiben (ich unterrichte nur Oberstufe, ab wann ich einen Übergang von Handschrift auf Papier auf Ipad okay finde, weiß ich nicht genau, evtl Klasse 8 oder so). Was mich an der Digitalisierung stört, ist

    a) sie schreiben eben nicht mehr mit, sondern machen Fotos (den Lerneffekt bezweifele ich)

    b) ich sehe nicht, ob sie etwas zum Unterricht einsehen oder eine Nachricht der Kumpels/Insta verfolgen

    c) der Zugriff auf das Internet verhindert tw. Kenntnisabfrage

    d) ist das Netz mittlerweile so mit spezifischem Schulstoff gefüllt, dass nahezu alle Themen abgedeckt sind. Eigene Gedanken können so nicht von bloßer Wiedergabe unterschieden werden

  • Entschuldige bitte, ich hatte absolut keinen Vorwurf intendiert. Tut mir wirklich leid, wenn das so rüberkam. :rose:

    Alles klar, wahrscheinlich hab ich zu viel reininterpretiert.


    Mich würde tatsächlich interessieren, ob du weißt, warum deine Deutschkollegen so begeistert sind von der digitalen Klausurvariante.

    Vielleicht haben ja auch andere hier schon Erfahrungen damit gemacht?

  • Antimon: Mal so aus Neugier: Was denkst du, wie oft pro Woche der Durchschnittsjugendliche bei euch, egal ob in der Schule oder privat, etwas Handschriftlich schreibt? Haben sie noch genug Routine damit?

  • Zunächst möchte ich klarstellen, dass ich absolut nichts dagegen habe, wenn die Kids auf ein Ipad etc schreiben (ich unterrichte nur Oberstufe, ab wann ich einen Übergang von Handschrift auf Papier auf Ipad okay finde, weiß ich nicht genau, evtl Klasse 8 oder so). Was mich an der Digitalisierung stört, ist

    a) sie schreiben eben nicht mehr mit, sondern machen Fotos (den Lerneffekt bezweifele ich)

    b) ich sehe nicht, ob sie etwas zum Unterricht einsehen oder eine Nachricht der Kumpels/Insta verfolgen

    c) der Zugriff auf das Internet verhindert tw. Kenntnisabfrage

    d) ist das Netz mittlerweile so mit spezifischem Schulstoff gefüllt, dass nahezu alle Themen abgedeckt sind. Eigene Gedanken können so nicht von bloßer Wiedergabe unterschieden werden

    Ob das so ist bzw. wird oder nicht, hast du als Lehrperson alles selbst in der Hand. Vor allem die Punkte a) - c) sind eine Frage der Unterrichtskultur und haben wenig bis gar nichts mit Digitalisierung zu tun.


    • zu a): In meinem Unterricht werden keine Fotos gemacht, ohne dass ich vorher gefragt werde. Sollte ein kompletter Kurs der Meinung sein, man müsse nicht mitschreiben, dann höre ich selbst instantan auf zu schreiben und verteile auch keine Unterlagen mehr. Wirst mal sehen, wie schnell die dann schreiben. Den Fall hatte ich seit Einführung von BYOD an unserer Schule einmal während einer Stellvertretung. Das war so ein typischer Machtkampf nach dem Motto "du gehst eh wieder weg, was willst du uns schon", der sowas wie 1 - 2 Lektionen gedauert hat und natürlich habe ich den gewonnen. Ich bin der Kuchen usw. Hin und wieder passiert es, dass SuS mich fragen, ob sie ein Foto machen dürfen, v. a. wenn ich irgendwas wirklich Komplexes aufschreibe. Dann kann es sein, dass sie für den Moment wirklich lieber zuhören und mitdenken und das nach der Stunde gerne noch mal in Ruhe überdenken wollen. Das ist OK, wenn sie mich fragen sage ich selten nein.
    • zu b): Ja klar verschicken die Nachrichten und surfen bei Insta. Mag dran liegen, dass bei uns an der Schule auch vor BYOD das Smartphone bei vollem Internetzugang auf dem Tisch schon erlaubt war, dass mich das jetzt nicht grossartig stört. Ich will gar nicht wissen, wie häufig Szenen aus meinem Unterricht (z. b. während eines Schülerexperiments) schon bei SnapChat gelandet sind. Meine SuS wissen, dass die Hölle über sie hereinbricht, falls mein Gesicht auf solchen Bildern zu sehen ist und sie wissen, dass ich es früher oder später weiss, wenn sie irgendwas verbreiten was sie nicht sollen. Die Informationsdichte ist während meines Unterrichts in der Regel so hoch, dass es nicht besonders klug ist allzu viel Zeit auf Insta zu verschwenden. Das probieren die 15jährigen am Anfang der 1. Klasse und büssen es bei der 1. Prüfung. Die werden sehr schnell von selbst schlauer.
    • zu c): Kommt auf die Fächer an, die du unterrichtest. Ein grösseres Problem scheint das bei uns nur in den Fremdsprachen zu sein. Vor allem in meinen Fächern kann ich Prüfungsaufgaben immer so stellen, dass der Schüler im Zweifel gar nicht weiss, wo er suchen soll. Aus genannten Gründen (keine geeigneten digitalen Plattformen) lasse ich Prüfungen immer noch auf Papier schreiben, es interessiert mich aber herzlich wenig, ob jemand versucht zu spicken. Das Smartphone muss bei mir niemand abgeben. Ich habe schon open book Prüfungen schreiben lassen, die kommen zuverlässig immer sehr viel schlechter raus als ohne vollständigen Zugriff auf alle Unterlagen. Meine SuS wollen gar kein open book, die kennen sich selbst offenbar gut genug.
    • zu d): Doch, doch, ich kann das. Ich erkenne sehr genau, wer auf welcher Lernplattform unterwegs war, vor allem der Kram, der von SimpleClub kommt, ist immer sehr verräterisch. Es liegt an dir als Lehrperson die Prüfungsfragen so zu stellen, dass du auch entsprechend bewertbare Antworten bekommst. Dabei spielt es übrigens keine Rolle, ob deine SuS ein Laptop auf dem Tisch stehen oder während einer Prüfung Zugang zum Internet haben. Die versuchen ja auch zu Hause während der Prüfungsvorbereitung verzweifelt jensten Mist auswendig zu lernen, den sie eben bei SimpleClub & Co finden. Das ist doch schon längstens die Realität und dem musst du als Lehrperson angemessen begegnen. Bedauern hilft da eben nicht, davon geht es nicht weg.

    Du schreibst, du unterrichtest - wie ich - nur Sek II. Da kann ich deine Bedenken leider nicht nachvollziehen, für mich stellt keiner der genannten Punkte ein Problem dar. Anders sieht es zweifellos in der Primar- und Mittelstufe aus, da würde ich den Einsatz digitaler Arbeitsgeräte und Medien ganz klar auf definierte Szenarien beschränken. Kinder müssen erst mal lernen selbständig ihr ganz eigenes Wissen zu erwerben. Nur wer selbst einen gut gefüllten Kopf hat, ist später auch in der Lage mit fremden Wissen und online-Ressourcen adäquat umzugehen. So frei, wie wir in der Sek II mit allen verfügbaren Mitteln arbeiten, kann ich mir das für die Volksschule nicht vorstellen, ich denke, die entsprechenden Kompetenzen dazu müssen da sorgfältig aufgebaut werden.


    Mich würde tatsächlich interessieren, ob du weißt, warum deine Deutschkollegen so begeistert sind

    Das weiss ich ja, wir pflegen diesbezüglich im Schulhaus einen regen Austausch. Wir sind ja eine von zwei Pilotschulen im Kanton, die etwas früher als der Rest mit BYOD gestartet sind, ergo wird auch viel evaluiert und miteinander gesprochen um zu schauen, was gut und was nicht so gut läuft. Natürlich haben die Klassen die 4 Jahre bis zur Matura schon ausschliesslich am Laptop im Deutschunterricht gearbeitet, dahinter steht also ein entsprechender Prozess. Die haben von Anfang an gelernt, mit der freien Verfügbarkeit von Informationen umzugehen. Es gibt zudem die Möglichkeit der abgesicherten Prüfungsumgebung (SafeExamBrowser) wenn man der Meinung ist, man möchte irgendwas beschränken. Der Maturaufsatz wurde allerdings wirklich frei geschrieben, die SuS mussten einfach ein log-file mit allen besuchten Webseiten abgeben. Ich hatte selbst sogar Prüfungsaufsicht, der Raum war so bestuhlt, dass ich als Lehrperson von Hinten auf die Displays schauen konnte. Die meisten haben da nur mal was bei duden.de nachgeschaut und vielleicht noch 1 - 2 weitere Seiten mit relevanten Informationen aufgerufen, so viel Zeit bleibt da gar nicht gross irgendwo zu surfen, die müssen ja diesen Aufsatz schreiben. Für die Jugendlichen ist der grösste Vorteil eigentlich, dass sie im Word die Textbausteine beliebig hin und herschieben können, wenn noch mal ein neuer Gedanke dazu kommt oder sie irgendwas dann doch wieder blöd finden. Sie meinten, das nimmt ihnen erheblichen Stress. Für die Lehrpersonen ist die Korrektur sehr viel einfacher, allein schon, weil die Maschinenschrift halt wirklich lesbar ist. Die Aufsätze sind nicht besser und nicht schlechter rausgekommen als in den Jahren zuvor auch, der Komfort ist aber erheblich gestiegen.

  • Antimon: Mal so aus Neugier: Was denkst du, wie oft pro Woche der Durchschnittsjugendliche bei euch, egal ob in der Schule oder privat, etwas Handschriftlich schreibt? Haben sie noch genug Routine damit?

    Also bei mir im Unterricht immer. Wir benutzen ja OneNote als Plattform und da ist das Schreiben von Formeln und Symbolen auf der Tastatur praktisch nicht möglich, es gibt keine Tex-Eingabe. Sobald die also einmal den Stift in der Hand haben, legen sie ihn aus schierer Faulheit meist nicht mehr weg. Auf die Tastatur gehen sie nur, wenn wir mal längere Textpassagen bei der Auswertung eines Experiments z. B. schreiben. Ich selbst schreibe meistens von Hand, weil ich auf der Tastatur gefühlt eine Million mal schneller bin als die Jugendlichen und dann kommen sie nicht mehr hinterher.

  • Haha, gut zu wissen ^^ ! Bei deinen Darstellungen hier im Thread hatte ich zwischenzeitlich den Eindruck, eure Jugendlichen würden fast gar nicht mehr selbst schreiben, aber dann haben sie ja doch genug Schreibanlässe.

  • Die schreiben auch "selbst", wenn sie die Tastatur dafür benutzen. Das tust du offensichtlich gerade auch ;)

  • Mit der Hand zu schreiben gilt halt bei vielen immer noch als "wichtig". So wie früh aufstehen oder ordentlich gekämmt sein.

  • Die schreiben auch "selbst", wenn sie die Tastatur dafür benutzen. Das tust du offensichtlich gerade auch ;)

    Das stimmt. Also wenn man "Schreiben" so breit definiert, dass Tastendrücken auch darunter fällt.

    Tastendrücken ist noch einmal standardisierter als Handschrift, aber auch dem kann man Abhilfe schaffen, durch verschiedene Schriftformen, -farben und -größen ;) .

  • Mit der Hand zu schreiben gilt halt bei vielen immer noch als "wichtig". So wie früh aufstehen oder ordentlich gekämmt sein.

    Eher so wie 100 m zu Fuß gehen oder eine Scheibe Brot abschneiden.


    Es geht ja nicht nur um die Niederschrift von Texten. Skizzen, Markierungen, Notizen ... Soll ein Handwerker jedes Mal das CAD-System anwerfen, wenn es um den Entwurf eines Werkstücks geht?

Werbung