Wiederholung Klasse 1 - Umgang mit SuS

  • Hallo zusammen,

    ich unterrichte eine erste Klasse und die Klassenkonferenz hat beschlossen, dass ein Kind die Klasse 1 ab dem Sommer erneut durchlaufen soll. Es ist ein zugewandertes Kind mit nicht ausreichenden Sprachkenntnissen und zudem fehlt auch die richtige Arbeitseinstellung. Es ist also das Beste fürs Kind.

    Wie bereitet ihr die Klasse darauf vor, dass das Kind nach den Ferien nicht mehr in unserer Klasse sein wird?

    Die Eltern machen sich große Sorgen, wie es dem Kind damit gehen könnte und dass es verspottet werden könnte.

    Dementsprechend habe ich jeden Schritt mit der Mutter abgesprochen und gestern dann mit dem Kind gesprochen (nachdem die Eltern zuvor auch schon mit ihr gesprochen hatten). Sie war einverstanden, dass wir es gemeinsam der Klasse sagen. Ich habe dann eine „Stärkenrunde“ gemacht und das Kind durfte es dann der Klasse mitteilen. Sie hat geweint. Die Klasse hat sie getröstet, ihr das Klassentier gebracht, sie wurde sehr umsorgt, hat von mir auch Zuwendung bekommen. Das Mädchen war dann schnell wieder fröhlich und wirkte nicht bekümmert.
    Dann kam gestern eine Nachricht von der Mutter, warum ich ihr Kind so gedemütigt hätte. Weitere 10 Nachrichten folgten, teilweise mit Vorwürfen.

    Daraufhin habe ich das Gespräch mit der Schulleitung gesucht, die sagte, ich solle mich nicht so aufregen, es wären bestimmt Übersetzungsfehler in den Nachrichten gewesen und ich hätte vielleicht ein bisschen viel „Kino gemacht“

    Da das das erste Mal war, dass ich in so einer Situation war (Rückstellung bzw. Wiederholung) bin ich jetzt total verunsichert.


    Wir geht ihr vor?

  • Ich finde auch, dass es sich so anhört, als hätte das Kind einen angemessenen Abschied erhalten. Die "warme Dusche" bzw. dann auch "Wünsche für die Zukunft" in dem Rahmen nutze ich auch immer gerne bei einem Abschied aus einer Klasse. Das Trösten hört sich sehr empathisch auch von deiner Klasse an. Traurigkeit ist in der Situation doch auch total normal. Mein Eindruck aus den Schilderungen ist, dass die Mutter hier ein wenig ihre Ängste und Sorgen auf das Kind projiziert und so aus der Emotionalität zu falschen Urteilen kommt.

    (Du hast das Bundesland nicht angegeben und es ist nicht die Frage, aber eine kleine Anmerkung nur am Rande: Meines Wissens nach ist es zumindest in NRW nicht möglich, dass ein Kind auf Beschluss der Klassenkonferenz die erste Klasse wiederholt. Dies geht nur auf Elternwunsch mit vorherigem Elternantrag - vielleicht meintest du aber auch, dass die Klassenkonferenz diesem Antrag zugestimmt hat.)

  • War die Mutter einverstanden oder das Kind?

    ...

    Dementsprechend habe ich jeden Schritt mit der Mutter abgesprochen und gestern dann mit dem Kind gesprochen (nachdem die Eltern zuvor auch schon mit ihr gesprochen hatten). Sie war einverstanden, dass wir es gemeinsam der Klasse sagen. ...


    In jedem Falle hat die Mutter jetzt einfach mal Pech gehabt, du hast kein Verbrechen begangen.

    Ich würde trotzdem versuchen, nochmal mitzuteilen, dass alle ganz lieb zu dem Kind waren und niemand gedemütigt wurde, damit die Mutter das Kind nicht die ganzen Ferien verrückt macht mit ihrem eigenen Frust. Sie hat offenbar ein Problem mit der Wiederholung. Nachrichten hin- und herzuschicken versuche ich generell zu vermeiden, wenn man nicht anrufen kann, weil jemand kein Deutsch spricht, geht's halt nicht anders.

  • Vielleicht hätte die Mutter sich ohnehin beschwert, wenn sie 10 Nachrichten schicken muss. Es ist schwierig zu akzeptieren, wenn ein Kind nicht gut lernt/ lernen kann, in vielen Kulturen und Strukturen ein Gesichtsverlust.

    Das Kind findet es traurig, klar, aber alle anderen haben gut reagiert.

    Wenn möglich organisieren wir zuvor noch ein Schnuppern in der neuen Klasse oder die Teilnahme an Aktionen der zukünftigen Erstklässler.

    Und es ist auch normal, dass du dir beim ersten Mal viele Gedanken machst, später nimmt man es eher hin, kümmert sich, nimmt es sich aber nicht mehr so sehr zu Herzen.

  • Hallo zusammen,

    ich unterrichte eine erste Klasse und die Klassenkonferenz hat beschlossen, dass ein Kind die Klasse 1 ab dem Sommer erneut durchlaufen soll. Es ist ein zugewandertes Kind mit nicht ausreichenden Sprachkenntnissen und zudem fehlt auch die richtige Arbeitseinstellung. Es ist also das Beste fürs Kind.

    Wie bereitet ihr die Klasse darauf vor, dass das Kind nach den Ferien nicht mehr in unserer Klasse sein wird?

    Die Eltern machen sich große Sorgen, wie es dem Kind damit gehen könnte und dass es verspottet werden könnte.

    Um mal auf diese Frage einzugehen:

    Wenn das Kind und die Familie es wünschen, dann machen wir es ähnlich wie du. Mit einem positiven Gespräch darüber, dass das Kind nach den Ferien wieder in die 1. Klasse gehen wird, weil es da Zeit hat, nochmal richtig lesen zu lernen (oder was auch immer), dass das nicht schlimm ist, sondern eine tolle Chance und dass die Kinder sich weiterhin in den Pausen sehen und miteinander spielen können.

    Verspottet worden ist in meiner gesamten Lehrerlaufbahn noch kein einziges Kind, aber viele Eltern haben diese Sorge.

    Wenn das Kind oder die Familie das nicht offen besprechen wollen, kommuniziere ich es der Klasse allerdings trotzdem genauso, allerdings erst im neuen Schuljahr, wenn das Kind halt weg ist.

  • Wir machen es in der Regel so, dass wir gar keinen großen Aufriss machen.

    Viele von uns fragen das Kind, ob es dabei sein will, wenn wir es der Klasse sagen oder lieber nicht, das wird respektiert, ansonsten teilen wir es eher im lockeren Tonfall mit, dass das Kind und seine Eltern sich dazu entschlossen haben, ihm etwas mehr Zeit zu schenken, damit es entspannter lernen darf und sich so wohler fühlt. Wir machen auch klar, dass das wirklich klug ist, loben das Kind und sagen, dass sich sonst nichts groß ändert und fertig ist die Kiste. Dann lenken wir das Thema auf was Schönes. Klar ist das für die Kinder manchmal peinlich oder schwerer zu ertragen. Wenn man aber als Lehrkraft schon selbst die klare Message sendet: "Du, du bist damit nicht alleine, das ist jetzt nichts sooo Großes, außer, dass du einfach durchatmen darfst, ich freu mich schon, wenn wir uns in der Pause mal sehen!", dann ist es meist auch für das Kind nicht so schlimm. Zudem haben wir eine Übergangsphase, in der das KInd in der neuen Klasse schon mal zwei Stunden pro Tag hospitieren darf und quasi "Paten" ausgesucht werden, die das Kind in der ersten Zeit etwas betreuen. So legen sich auch Ängste recht schnell.

    So, wie du es gemacht hast, ist es halt etwas rührseliger gewesen, aber sicher absolut nicht falsch oder gar demütigend.

    Ich gehe davon aus, dass das Kind halt gemerkt hat, dass es seine eigenen Grenzen unterschätzt hat. Die sind ihm bei eurer Runde ziemlich reingefahren und es musste sicher daheim auch weinen. Dann hat es von der Runde erzählt und davon, dass es die Aufmerksamkeit der kompletten Klasse hatte - und die Mutter reagierte über. Mehr war das sicher nicht und du hast dir nichts vorzuwerfen.

    Ich würde trotzdem versuchen, es zukünftig unaufgeregter zu machen, so, als wäre es jetzt nicht SO was Außergewöhnliches, keine Bestrafung, sondern eine eigens gewählte Chance, die klug war. Dann tut es auch nicht so weh. So sind jedenfalls meine Erfahrungen bisher.

    Blowing out someone else's candle doesn't make yours shine any brighter.

  • Ich finde auch, dass es sich so anhört, als hätte das Kind einen angemessenen Abschied erhalten. Die "warme Dusche" bzw. dann auch "Wünsche für die Zukunft" in dem Rahmen nutze ich auch immer gerne bei einem Abschied aus einer Klasse. Das Trösten hört sich sehr empathisch auch von deiner Klasse an. Traurigkeit ist in der Situation doch auch total normal. Mein Eindruck aus den Schilderungen ist, dass die Mutter hier ein wenig ihre Ängste und Sorgen auf das Kind projiziert und so aus der Emotionalität zu falschen Urteilen kommt.

    (Du hast das Bundesland nicht angegeben und es ist nicht die Frage, aber eine kleine Anmerkung nur am Rande: Meines Wissens nach ist es zumindest in NRW nicht möglich, dass ein Kind auf Beschluss der Klassenkonferenz die erste Klasse wiederholt. Dies geht nur auf Elternwunsch mit vorherigem Elternantrag - vielleicht meintest du aber auch, dass die Klassenkonferenz diesem Antrag zugestimmt hat.)

  • Hallo tibo,

    bei zugewanderten Kindern, die noch in der Erstförderung sind entscheidet die Klassenkonferenz. So ist das in NRW.
    Ansonsten hast du Recht.

    Danke für deine Antwort.

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