psychische Krankheiten im Lehrerberuf

  • Oh, hier ist ja viel passiert seit meinem ersten Beitrag.


    Also ich merke, eure Worte gehen größtenteils in die Richtung, erst einmal mit sich ins Reine zu kommen, "stark und stabil" zu werden bzw. zu sein und zu verinnerlichen, dass der Lehrerberuf sehr sehr anstrengend ist und eine kompetente Persönlichkeit verlangt.


    Soweit, so gut. Ich sehe das auch so, und ich würde den Lehrerberuf nie als etwas Einfaches einordnen - "mal eben so" zu bewältigen. Ich bin mir durchaus bewusst, was da auf mich zu kommt.


    Ich kann mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, dass alle Lehrer eine wahnsinnig starke Persönlichkeit haben, sich immer abgrenzen können, nichts mit nach Hause nehmen, keinerlei Probleme oder Schwierigkeiten haben und die Höchstkompetenz in Person sind. Ich denke, dass jeder Lehrer im Laufe seiner Arbeitsjahre auch auf schwierige Situationen trifft, in denen er ganz schön mit sich und der Welt kämpfen muss. Vermutlich würde ich persönlich das dann noch intensiver erleben, aber nicht grundsätzlich anders!


    Es ist ja nun auch nicht so, dass ich absolut labil und unbelastbar bin. Ich habe eine unheimlich komptente Seite, die ich bisher im Berufsleben und Studium durchweg gezeigt habe (habe schon eine Ausbildung und gearbeitet). Sicherlich, ich kämpfe innerlich des Öfteren mit verschiedenen Gefühlen und noch lasse ich recht viel innerlich an mich heran und bin innerlich noch nicht dort angekommen, wo ich hin möchte. Aber darauf arbeite ich hin!


    Für mich ist der Lehrerberuf mein großer Traum. Und ich möchte eigentlich nciht den Weg gehen, nach einem anderen Beruf Ausschau zu halten, sondern den Weg gehen, in mir selbst so ins Reine zu kommen, dass ich auch innen die Stärke und Kraft habe, die ich nach außen zeigen kann um 100% fit für den Beruf zu sein.


    Es mag überheblich klingen, aber ich sehe mich genau dort in der Schule am richtigen Platz. Und ich möchte eine Lehrerin sein, wie ich sie mir früher gewünscht habe und nicht hatte. Ich habe so viele Lehrer gehabt in meiner Schulzeit, die von mir aus die innere Sicherheit, Stärke und Kompetenz hatten, die man für den Beruf braucht - die aber auch alle nicht schülerorintiert gearbeitet haben, keinen Blick für die Individualität jedes Wesens dort hatten, kein offenes Ohr für Probleme und Schwierigkeiten und seit Jahren ihren vor 10 Jahren konzipierten Unterricht durchgezogen haben.


    Und dann frage ich mich: ist das besser? Einen in seiner Persönlichkeit gefestigten Lehrer zu haben, der aber seine Aufgabe als Lehrer insofern verfehlt, in dem er denkt, dass man beim Schüler Deckel auf, Wissen rein, Deckel zu machen kann und am Nachmittag nach Hause geht. Entschuldigt, das ist jetzt sehr verallgemeinert und soll nicht heißen, dass ich alle lehrer über einen Kamm schere - aber sind solche Lehrer, die es zur Genüge gibt, denn besser im Lehrerberuf aufgehoben??


    Zu einem Lehrer gehört doch nicht ausschließlich die Persönlichkeit, sondern letztendlich steht und fällt der Unterricht und das Unterrichtsgeschehen mit dem Verhalten des lehrers, mit seinen Ideen, seinen Vorstellungen, seiner Position und wie er den Schüler sieht, wie er Lernen sieht usw. Und dazu gehört einfach mal auch, dass ich den Schüler als individuelles Wesen wahrnehme, dass ich fühle und spüren kann, wie es ihm geht, was macht und tut, dass ich das Klassengeschehen erfühlen kann und einfach den Blick für das habe, was nicht augenscheinlich ist. Da sehe ich meinen großen Vorteil und den halte ich nach wie vor - vielleicht gerade in der Grundschule - für äußerst wichtig.


    So, nun bin ich gewappnet für die bestimmt kommende kritik 8)


    Schalhevet

    Nichts ist unmenschlicher als die gleiche Behandlung von Ungleichen.

    Einmal editiert, zuletzt von Schalhevet ()

    • Offizieller Beitrag

    @Shalhevet


    Ich denke, dass Du aus den bisherigen Antworten deutlich herauslesen konntest, dass wir erhebliche Bedenken haben, was Deine Berufswahl angeht.


    Insbesondere aus dem letzten Statement von Dir lese ich deutlich heraus, dass Du ein sehr verklärtes (positives) Bild des Lehrerberufs und seiner Belastung hast und dadurch die real bestehenden (!) Belastungen und Risiken zwar erkennst aber nicht ernst genug nimmst.


    Hier nur ein Beispiel:


    Zitat


    Zu einem Lehrer gehört doch nicht ausschließlich die Persönlichkeit, sondern letztendlich steht und fällt der Unterricht und das Unterrichtsgeschehen mit dem Verhalten des lehrers, mit seinen Ideen, seinen Vorstellungen, seiner Position und wie er den Schüler sieht, wie er Lernen sieht usw. Und dazu gehört einfach mal auch, dass ich den Schüler als individuelles Wesen wahrnehme, dass ich fühle und spüren kann, wie es ihm geht, was macht und tut, dass ich das Klassengeschehen erfühlen kann und einfach den Blick für das habe, was nicht augenscheinlich ist. Da sehe ich meinen großen Vorteil und den halte ich nach wie vor - vielleicht gerade in der Grundschule - für äußerst wichtig.


    Frage:
    Wie kannst Du Verhalten und Persönlichkeit so voneinander trennen?
    Dein Verhalten vor einer Klasse bzw. gegenüber anderen Menschen ist doch maßgeblich von Deiner Persönlichkeit bestimmt und bedingt, oder etwa nicht?


    Ferner:
    Wie willst Du in einer Klasse von 25 Schülern jeden einzelnen quasi ganzheitlich wahrnehmen und entsprechend reagieren? Das ist pädagogisches Wunschdenken - in der Theorie sehr wünschenswert - in der Praxis faktisch nicht erreichbar.
    Empathie ist nur EINE von ganz vielen Lehrerkompetenzen, die man besitzen muss.
    Ich lese aus Deinem Posting eine deutliche Fokussierung auf Empathie und Sensibilität für Schüler heraus, jedoch ist gerade DAS einer der gravierendsten Faktoren für Frustrationen - und langfristig auch für einen Burnout.


    Damit verkennst Du aber das Wesentliche des Berufsbilds des Lehrers.
    Wir haben primär die Aufgabe, Schüler zu unterrichten, ihnen Wissen und Kompetenzen zu vermitteln, sie ein Stück weit zu erziehen.
    Bei der Erfüllung dieser Aufgaben lastet ein nicht unerheblicher Druck auf uns, der von mehreren Seiten kommt. "Gesellschaft", Eltern, Kollegen, Schulleitung, Schüler, Minister(in).


    Ich hoffe, Du verzeihst mir die deutlichen Worte, aber die Gefahr bzw. das Risiko, das ich momentan bei Dir sehe, ist die völlige Verdrängung der Praxis, der Realität der sich jeder Lehrer tagtäglich stellt. Das, was wir hier schreiben, das spiegelt unsere Erfahrung wider. Wir haben uns der Realität längst stellen müssen, tun es immer noch und haben uns von einem Idealbild des Lehrers, sofern wir es hatten, längst verabschiedet - und das nicht, weil wir uns haben korrumpieren lassen, sondern weil die Realität und das, womit wir tagtäglich zu tun haben, eben mitunter deutlich von unseren ursprünglichen Erwartungen und Vorstellungen abweicht.
    Die Erinnerung bzw. die Erfahrungen der eigenen Schulzeit können ebenfalls nicht verallgemeinert bzw. als Maßstab für Zukunftsprognosen herhalten, weil sie zu subjektiv geprägt sind und - hier schließt sich der Kreis - erneut von der eigenen Persönlichkeit und dem eigenen Verhalten mit bedingt waren.


    Gruß
    Bolzbold

  • Bolzbold:


    Zitat


    Insbesondere aus dem letzten Statement von Dir lese ich deutlich heraus, dass Du ein sehr verklärtes (positives) Bild des Lehrerberufs und seiner Belastung hast und dadurch die real bestehenden (!) Belastungen und Risiken zwar erkennst aber nicht ernst genug nimmst.


    Also erst einmal, ein positives Bild des lehrerberufes brauche ich ja irgendwo auch, um überhaupt den Wunsch zu verspüren, Lehrer werden zu wollen, oder?!
    Doch, ich nehme die Belastungen und Risiken ernst - soweit es mir möglich ist. Konnte einer von euch als lehramtsstudent die realen Belastungen und Risiken abschätzen? Wie soll das gehen?
    Ich nehme auch alle Worte ernst, die hier geschrieben wurden, sie verschwinden nicht in Schall und Rauch. Alle Bedenken sind bei mir angekommen - deshalb werde ich den Beruf jetzt aber nicht mal eben an den Nagel hängen?!


    Zitat

    Ich lese aus Deinem Posting eine deutliche Fokussierung auf Empathie und Sensibilität für Schüler heraus, jedoch ist gerade DAS einer der gravierendsten Faktoren für Frustrationen - und langfristig auch für einen Burnout.


    Ja entschuldige, aber genau DAS, also die Empathie und Sensibilität wird im Lehrerstudium ganz GROSS geschrieben. Zumindest in meinem Grundschulpädagogikstudium. Ich möchte behaupten, dass wir die menschliche Kompetente und die unterrichtende Kompetente in ihrer Bedeutung gleichsetzen.


    Bolzbold, glaube mir, eure Worte sind alle durchweg nicht nur bei mir ankommen, ich mache mir auch viele Gedanken darüber, nicht aus Spaß habe ich überhaupt diesen Thread gestartet. Natürlich habe ich mich schon oft gefragt, ob ich den Anforderungen standhalten kann, ob ich das schaffe oder ob ich zu sensibel bin, zu viel an mich heranlasse usw. Und ich möchte auch gewissenhaft mit diesen Gedanken umgehen, weil ich mir auch meiner Verantwortung, die ich als Lehrer tragen werde, bewusst bin. Für mich ist das kein Spiel! Aber hier wird mir fast durchweg der Lehrerberuf ausgeredet - das war nicht meine Intention, als ich den Thread gestartet habe. Ihr redet mir etwas aus, das ich noch nicht einmal ausprobiert habe und von dem ich selbst nicht sagen kann, ob es tatsächlich Schwierigkeiten gibt oder ich den Beruf meistern kann.
    Mal ganz off topic sehe ich mich auch nicht bis zur Rente als Lehrerin arbeiten, weil ich mich mit Sicherheit noch verändern und weiterbilden bzw. spezialisieren möchte.


    Unsere Dozenten sagen uns so oft, dass der Lehrerberuf viele anstrengende Tage, Wochen, Jahre mit sich bringt und dass es kein leichter Beruf ist und schon gar nicht so, wie Außenstehende diesen Beruf einschätzen und ihn oft belächeln. Aber sie sagen uns auch, dass wir mit Freude und Optimismus den Beruf antreten sollen, denn wir sind die Zukunft und wir wollen dort verändern und erfolgreich arbeiten und letztendlich auch Freude am Beruf behalten. Und das möchte ich mir auch nicht nehmen lassen.


    Vielleicht werde ich damit als naiv bezeichnet, vielleicht seht ihr das als eine Milchmädchenrechnung. Keine Ahnung.


    Lg, Schalhevet

    Nichts ist unmenschlicher als die gleiche Behandlung von Ungleichen.

    Einmal editiert, zuletzt von Schalhevet ()

  • Ich muss Bolzbold absolut zustimmen - und dabei bin ich erst in der letzten Phase des Referendariats und habe die volle Realität auch immer noch erst in Ansätzen erfahren, da ich einfach noch weniger Verantwortung und Stundenzahl habe.
    Und ich muss sagen, dass ich im letzten Schuljahr mehrfach hart an der Grenze meiner Belastbarkeit war und ich bin eigentlich eine stabile Person - und es ist trotzdem nicht leicht, die Distanz zu wahren und die Sachen nicht (zu stark) an sich rankommen zu lassen. Wenn man jetzt natürlich von der Disposition her so veranlagt ist, dass man alles/vieles auf sich bezieht, wird alleine das Referendariat HAMMERhart, weil man mit viel Kritik klar kommen muss und dazu eben auch noch die eigenen Ansprüche, die eigenen Idealvorstellungen, die man so einfach nicht (noch nicht?) erfüllen kann.


    (Und nebenbei bemerkt, auch wenn die Idealisten mich vielleicht steinigen werden: ich freue mich so auf den Moment, wenn ich langsam mal auf bereits gelaufene Unterrichtsreihen zurück greifen kann und nicht jedes Mal komplett neu einarbeiten, das Rad neu erfinden muss... das kostet wahrnsinnig viel Zeit (die mir dann z.B. eben für die Probleme der Schüler fehlt) und Nerven)


    Nachtrag: Spaß macht es trotzdem auf jeden Fall!! (auch wenn ich in ganz schlimmen Phasen drüber nachgedacht habe, alles an den Nagel zu hängen... aber ich weiß einfach, dass ich nichts anderes machen möchte)

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

    Einmal editiert, zuletzt von katta ()

  • Hallo Schalhevet, ich will dir nichts ausreden, ich denke auch, dass jeder selbst die Erfahrung machen muss.


    Ich für meine Begriffe habe in der kurzen Zeit gelernt, dass Schüler äußerst unterschiedlich sind und sehr unterschiedliche Erwartungen, Ansprüche, Wünsche, Vorstellungen haben, an den Lehrer, den Unterricht usw. Es ist nicht möglich, es als Lehrer jedem Kind Recht zu machen.


    Ich gebe dir recht, dass nicht alle Lehrer starke Persönlichkeiten sind. Tatsache ist aber, dass eine Persönlichkeitsstörung oder meinetwegen auch eine Behinderung allgemein ein Risikofaktor ist. Es hängt davon ab, inwieweit man diese Risikofaktoren kompensieren kann, aber auch der Kompensierung sind Grenzen gesetzt.

    • Offizieller Beitrag

    @shalhevet


    Ich bin mir gar nicht so sicher, dass wir Dir Deinen Berufswunsch in dem Sinne wirklich ausreden wollen.


    Auf mich wirkte Deine Vorstellung vom Lehrerberuf und Deine Betonung der "zwischenmenschlichen Komponente" eben verklärt bzw. verklärend.


    Um es nochmal auf den Punkt zu bringen:
    Da der Beruf psychisch stark fordert, ist es nicht unbedingt von Vorteil, wenn man diesbezüglich "vorbelastet" ist. Inwieweit man psychische Probleme in dem Sinne so "kategorisieren" und "isolieren" kann, dass Deine spezielle Problematik sich nicht auch negativ auf Deine spätere Berufsausübung auswirkt, maße ich mir als Laie nicht an zu beurteilen.
    Dass wir das aber grundsätzlich kritisch sehen, wirst Du hoffentlich verstehen, weil wir eben wissen, an welche physischen und psychischen Grenzen uns der Beruf mitunter bringt.
    Brächte er aber auf der anderen Seite nicht irgendwo auch eine "Erfüllung" oder "Zufriedenheit", dann wären einige von uns sicherlich nicht mehr dabei sondern hätten sich - Beamtenstatus hin oder her - anderweitig umgesehen.


    Natürlich könnte es sich auch so entwickeln, dass Du Dich dahingehend weiterentwickelst, dass Du eine stabile, starke Persönlichkeit hast / besitzt, und damit den Belastungen problemlos trotzen kannst.
    Ich denke, dass wir Dir das sicherlich wünschen, wenngleich wir aber eben auch nicht mit blindem Optimismus geschlagen sind.


    Gruß
    Bolzbold

  • Hallo
    Ich bin noch kein Lehrer , aber wenn weiterhin Lehrer im Naturwissenschaftlichen Bereich insbesondere Chemie gesucht werden, bin ich am Überlegen mich dorthin weiterzuqualifizieren. Ich hoffe das ich hier trotzdem schreiben darf.
    Zunächst einmal eine Essstörung finde ich nicht unbedingt bedenklich, zumal wenn sie erfolgreich behandelt wurde, so ist man eventuell sensibler in dem Bereich und merkt schneller wenn in der eigenen Klasse ein Fall auftritt.
    Nun eine Persönlichkeitsstörung ,es kommt auf die schwere an , wie man damit umgehen kann usw. Aber ein Lehrer der Phychisch völlig neben der Spur ist, geht gar nicht. Zum einen macht ersich entweder lächerlich, wenn er grundlos rumschreit, oder völlig unsinnig reagiert, oder aber er verängstigt insbesondere Grundschüler so dermaßen, das es zu Problemen kommt.
    Wir hatten damals so einen an der Schule, er wurde dann frühpensioniert, da es ncht mehr ging. Für meine Kinder würde ich mir das nicht wünschen.
    Viele Lehrer , die ich kenne sind ganz schön angeschlagen, zumal es ja nicht mit ein bißchen Unterricht getan ist. Da kommen noch Elternsprechtage, Zeugniskonferenzen und ein Haufen Schreibarbeit, den eigentlich kein Mensch braucht,dazu. Ganz zu Schweigen von den Klassenarbeiten und die Unterrichtsvorbereitung, ist das nicht in Ordnung nützt ein gutes Wesen gar nichts.
    Dann gibs noch chronische dazwischenquatscher, Zappler, wenig ung Hochbegabte, Rechen und/oder Rechtschreibschwache, Träumer usw.
    Alle die brauchen eine andere Art des Zuspruchs und der Förderung/ Forderung. Wer da schon eine Persönlichkeitsstörung hat, ob der unbedingt geeignet ist, dem Druck standzuhalten, ich bezweifel es.

  • Zitat

    Aber hier wird mir fast durchweg der Lehrerberuf ausgeredet - das war nicht meine Intention, als ich den Thread gestartet habe. Ihr redet mir etwas aus, das ich noch nicht einmal ausprobiert habe und von dem ich selbst nicht sagen kann, ob es tatsächlich Schwierigkeiten gibt oder ich den Beruf meistern kann.


    Keiner versucht dir etwas auszureden, alle berichten dir von ihren Erfahrungen und möchten dich vor oft zu spät erkannten Belastungen (und die gibt es!) warnen! Du hast gefragt, dir wurde geantwortet. Das Antworten nicht immer "deiner Intention" entsprechen gehört dazu, das wird dir unter Umständen gerade in der Ausbildung oft begegnen. Damit wirst du umgehen müssen. Leider ist es so, dass du erst spät herausfinden wirst, ob du für den Job geeignet bist - nämlich wenn du ihn ausführst. Praktika helfen da auch nicht viel, selbst im Ref lernt man nicht den ganzen "Rattenschwanz" kennen, der an unsererm Beruf hängt. Bis dahin vergenen aber so mal eben ca. 5-6 Jahre. Überleg dir einfach gut, was für dich gesund und das richtige ist. Wenn du denkst: Lehrer, wird dich hier keiner davon abhalten... aber nimm Antworten in Zukunft nicht so persönlich im Sinne von "die wollen mir was ausreden". Das heißt natürlich nicht, dass du auf alle Ratschläge hören sollst, denn auch diesbzgl. gehört gesunde Distanz dazu.


    Wünsche dir viel Erfolg bei deiner Berufswahl und persönlich alles gute!


    Andi

  • Da kann ich Andi nur voll und ganz zustimmen.


    Zitat

    Original von Schalhevet
    Mal ganz off topic sehe ich mich auch nicht bis zur Rente als Lehrerin arbeiten, weil ich mich mit Sicherheit noch verändern und weiterbilden bzw. spezialisieren möchte.


    Lg, Schalhevet


    Irgendwie widersprichst du dir. Auf der einen Seite sagst du, dass Lehrer sein dein Traumberuf ist, auf der anderen Seite weißt du, dass du ihn nicht bis zur Rente ausführen willst. Ich will dir diesen Beruf auf keinen Fall ausreden, nur du solltest dir genau überlegen, ob du bei dieser Einstellung den Anforderungen des Lehrberufs standhalten kannst und nicht schon nach ein paar Jahren das Handtuch wirfst, weil dich der Stress auffrisst oder die Begeisterung doch nicht so lange anhält.


    LG Tamina

    • Offizieller Beitrag

    von vielen Schülern werden gerade die besonders empathisch denkenden Lehrer, die, die (zu) viel Verständnis haben, die im positiv-idealistischen Sinne "was verändern" wollen, verstärkt fertiggemacht.


    Muss nicht so sein, ist aber oft so.


    Dir will ganz sicher niemand etwas ausreden, aber du hast diese Frage aufgeworfen und unsere Antworten gelesen. Schade, dass sie nicht das sind, was du erwartet hattest ;)

  • Zitat

    Original von Friesin
    von vielen Schülern werden gerade die besonders empathisch denkenden Lehrer, die, die (zu) viel Verständnis haben, die im positiv-idealistischen Sinne "was verändern" wollen, verstärkt fertiggemacht.


    Jop, Schüler werden JEDE Schwäche erkennen und versuchen, diese auszunutzen.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Schalhevet


    Wenn das dein Traumberuf ist, dann kann dich sowieso keiner davon abhalten.
    Du sagst, dass es bestimmt einige Lehrer mit "Knacks" gibt. Klar - das sind aber auch diejenigen, welche dann nach spätestens 20 Jahren das erste mal in der Klinik sind. Und nicht nur die.
    Ich kenne genug Kollegen, welche ich IMMER als äußerst stabil erlebt habe - die dann auch irgendwann zusammengeklappt sind.
    Ich würde selbst für mich die Hand NIE ins Feuer legen. Obwohl ich mit
    vollem Deputat, Kind, Haus und einem Haufen schulischer Aufgaben nebenher mich nicht 356 Tage im Jahr gestresst fühle.
    Die Auswirkungen unseres Jobs sind oft erst nach Jahren sichtbar.
    Wenn jemand schon vorbelastet ist und auch noch ein ausgeprägtes "Helfersyndrom" dazu- entschuldige wenn ich das so knallhart sage - aber diese Menschen sind es gerade, die dann an der Realität dieses Berufes scheitern.
    Bei mir hat es immerhin 6 Jahre gedauert bis ich z.B. kapiert habe, dass ich meine Schüler weder retten noch adoptieren kann.... war auch ne harte Erfahrung.
    @ 3 jungs:


    Lehrer mit Essstörungen finde ich im Übrigen genauso bedenklich!
    Ich habe Kolleginnen mit Magersucht erlebt- was eindeutig auch eine Störung in der Persönlichkeit für mich darstellt. Solche Menschen sind Druck meistens auch nicht gewachsen.


    Ich betreue Studenten und ich rate jemandem, der solche fatalen Schwierigkeiten schon im Vorfeld hat grundsätzlich ab.
    Panama

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

  • Hallo!
    Ersteinmal: Ich kann verstehen, dass du dich für den Lehrerberuf entschieden hast und diesen als deinen Traumberuf siehst. Meiner war/ist dies bei Studienbeginn auch gewesen. Auch, was man so in den Seminaren hörte und lernte überzeugte mich. Schülerorientierung. Lebensraum Schule. Etwas bewirken können, Spuren hinterlassen, dazu viel Pionierarbeit, päd. Freihei, den Kindern Freund und Vrbild sein...
    Nach inziwschen 8 Jahren muss ich sagen, dass ich an einem Punkt bin, wo bei mir die Begeisterung der Tauer gewichen ist. Der Trauer um einen verlorenen Berufsstand, um geplatzte Illusionen, Ankunf in der harten Realität, geplatzte Seifenblase,... wie auch immer du es nennen willst.
    Die Realität sieht leider so aus, dass es chaosverwaltung um des Pfennigfuchsen Willens auf Kosten der Schüler ist. D musst du alleine aus Selbstschutz deinen Idealismus hinten anstellen und Augen zu und durch.
    Hätte ich gewusst, was ein Drama sich täglich durch Weisungen von oben, die du trotz heerster Vorstellungen durchsetzen musst abspielen, ich hätte einen anderen Beruf ergriffen. Z.B. direkt Psychologe und ich glaube das ist das, was dir hier viele raten wollten.
    Es ist fürchterlich frustrierend wenn du gezwungen wirst unter Bedingungen deinen Stoff durchzuziehen, von denen du genau weisst, dass sie päd. und psych. höchst bedenklich sind. Aber es hilft dir nichts, du musst es tun, auch wenn du Nachts von den schlechten Noten deiner Schüler träumst.
    Und genau dies darf nciht passieren und daher musst du sie von dir wegschieben und das kannstg du nicht und damit ist der Frust vorprogrammiert.
    Überleg es dir gut. Denke aber auch bitte daran, dass der Lehreralltag nicht der ist, der dir immer wieder vorgegaukelt wird..

  • Hallo Schalhevet,


    es gibt ja viele Lehrer, die ihren Beruf gerne und mit Freuden ausüben. Auch ich sehne mich dann und wann danach, wieder vor einer Klasse zu stehen.


    Aber wer mit einer "Club-der-toten-Dichter"-Mentalität ins Referendariat geht, den holt die Wirklichkeit schneller ein als er glaubt.

  • Zitat

    Original von Annie111
    und diesen als deinen Traumberuf siehst. Meiner war/ist dies bei Studienbeginn auch gewesen. Auch, was man so in den Seminaren hörte und lernte überzeugte mich. Schülerorientierung. Lebensraum Schule. Etwas bewirken können, Spuren hinterlassen, dazu viel Pionierarbeit, päd. Freihei, den Kindern Freund und Vrbild sein...
    Nach inziwschen 8 Jahren muss ich sagen, dass ich an einem Punkt bin, wo bei mir die Begeisterung der Tauer gewichen ist. Der Trauer um einen verlorenen Berufsstand, um geplatzte Illusionen, Ankunf in der harten Realität, geplatzte Seifenblase,...


    Von solchen Entwicklungen hört man immer wieder! Meiner bescheidenen Meinung nach liegt die harte Enttäuschung aber weniger an den harschen Realitäten des Berufes als an den falschen Vorstellungen, die man vom vermeintlichen "Traumberuf" hat. Ich habe ohnehin sehr große Schwierigkeiten mit dem dem Konzept "Traumberuf"! Wie kann ein Beruf ein Traumberuf sein, von dem man so grundsätzlich überhaupt nichts weiß? Bei der Berufswahl sollten nicht Träumereien bestimmend sein sondern fundierte Informationen und realistische Abwägungen.


    Aber vielleicht habe ich da als alter Sack im vierten Lebensjahrzehnt einfach nur gut reden... So wie ich das jedenfalls sehe, gehen ein gerüttelt Maß von jungen Leuten auf eine Weise in den Lehrerberuf, so als ob sie Medizin studieren, weil sie "Dr. House" so toll finden (in meiner Generation die "Schwarzwaldklinik") und meinen, dass das der Alltagsarbeit in einem Krankenhaus entspricht. Dass solche Utopien auch noch im Studium bestärkt werden, ist wirklich ein grundlegendes Defizit der Ausbildung und muss unbedingt geändert werden. Der Lehrerberuf muss wirklich bei kleinem mal ein wenig ideologisch entladen werden. (Z.B. das Gefasel, dass "Lehrer brennen müssen" und ähnlicher Quatsch.)


    Nele

    2 Mal editiert, zuletzt von neleabels ()

  • Zitat

    Dass solche Utopien auch noch im Studium bestärkt werden, ist wirklich ein grundlegendes Defizit der Ausbildung und muss unbedingt geändert werden. Der Lehrerberuf muss wirklich bei kleinem mal ein wenig ideologisch entladen werden. (Z.B. das Gefasel, dass "Lehrer brennen müssen" und ähnlicher Quatsch.)


    Spontaner Applaus von mir ;)! Schön, dass es mal jemand sagt!


    Da ich ja noch in der Ausbildung stecke, bin ich mit dem Problem auch praktisch konfrontiert. Die Kollegen sind ja teilweise schon psychisch fertig, bevor sie auch nur in die Nähe eines halben Deputats kommen.


    Natürlich will man keine Leute, die nur an die Besoldungsgruppe denken und Kinder hassen. Aber es gibt doch sehr zu denken, wenn viele Ausbilder und Kollegen offenbar glauben, sie bewegten sich in den Traumwelten Rousseaus :). Und wenn ich Studien lese, die enttäuschten und frustrierten Kollegen ernsthaft vorwerfen, sie hätten "nie gebrannt" und seien daher an allem Unglück selbst schuld, frage ich mich immer, mit Bezug auf welch anderen Beruf solche Formulierungen jemals gewählt werden würden.


    Aber das führt vom Thema ab.

  • Viele interessante und gute Worte, die mir wohl die Realität näher bringen. Ich muss ehrlich gestehen, dass dann in unserem doch hochaktuellen Bachelor- und Masterstudium wohl immer noch ein recht schwammiges Bild der Lehrerwirklichkeit vorgegaukelt wird und wir in unseren Praktika wohl eher mit Samthandschuhen angefasst werden.


    Es ist wirklich so, dass unsere Dozenten uns ermuntern, in die Schule zu gehen um zu verändern, um Freude am Lehrerberuf zu haben, um aus jedem Kind etwas Großartiges zu machen und sie hoffen so sehr, dass wir nicht in den trott verfallen und uns irgendwann mit dem Sog mitreißen lassen. Hmm, damit mögen sie uns ja schon fast über den Tisch ziehen - vielleicht wissen sie auch, dass sie uns nicht anders im Lehrerstudium halten können? Sicherlich, die Wahrheit liegt irgendwo in der Mitte. Ich werde jetzt nicht durch die geschriebene Realität hier in ein tiefes Loch fallen, aber eure Worte geben mir durchaus zu denken.


    Nun, mein Studium ist durch und ich werde meinen einjährigen Vorbereitungsdienst antreten und auch durchziehen. Ich habe auch eine Bankausbilsung absolviert und ein Jahr in diesem Job gearbeitet, in dem höchster Verkaufsdruck herrscht. Ich habe mich dort nicht wohl gefühlt, aber ich habe dieses Jahr gemeistert.


    Nach dem Vorbereitungsdienst kann auch ich meine eigene Meinung von der Realität bilden und schauen, ob ich denke, ihr gewachsen zu sein über viele viele Jahre.


    Dass ich nicht mein Leben lang Lehrerin sein möchte, sollte nicht im Widerspruch stehen zum "Traumberuf Lehrer". Ich möchte in einigen Jahren eine Weiterbildung zur Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin machen und vielleicht bin ich da dann besser aufgehoben, wie auch Annie111 schreibt und vielleicht kann ich dort mehr im Sinne von "individuell helfen".


    Mir ist auch durchaus bewusst, dass ich nicht wahnsinnig weit komme, nur weil ich möglicherweise Schüler verstehen und für sie da sein kann. Mein Auftrag ist der Bildungsauftrag, das Unterrichten und in der Grundschule auch ein Stück weit das Erziehen. Ich kenne den Rahmenlehrplan, Zeugnisse, Eltern im Nacken... Ist mir alles klar. TROTZDEM möchte ich so gut es geht versuchen, ein wenig Idealismus auch umzusetzen - wenn ich steckenbleibe werde ich das sehen und vielleicht sehe ich dann auch keinen anderen Weg als mit dem allgemeinen Strom mitzuschwimmen. Aber Veränderungen - auch an kleinster Stelle - finden nur dort statt, wo sich EINER mal traut und beginnt.
    Mein Vorbild ist da eine Grundschullehrerin, die vor 6 Jahren die Idee hatte, einen Montessori-Zweig in ihrer Schule zu eröffnen. Es fanden sich Kollegen, die mitmachen; es entstand ein Konzept, die Schulleitung gab ihr okay und nun läuft da seit Jahren sehr erfolgreich ein jahrgangsübergreifender Montessori-Zweig. Und das, weil EINE Lehrerin ihre Idee bzw. ihrenTraum begonnen hat in die Tat umzusetzen. An so etwas halte ich mich fest, auch wenn ihr mich als Träumerin bezeichnen könnt ;)


    Lg, Schalhevet

    Nichts ist unmenschlicher als die gleiche Behandlung von Ungleichen.

    Einmal editiert, zuletzt von Schalhevet ()

  • Zitat

    Original von Schalhevet
    Es ist wirklich so, dass unsere Dozenten uns ermuntern, in die Schule zu gehen um zu verändern, um Freude am Lehrerberuf zu haben, um aus jedem Kind etwas Großartiges zu machen und sie hoffen so sehr, dass wir nicht in den trott verfallen und uns irgendwann mit dem Sog mitreißen lassen.


    Mal ganz ohne Hohn und Zynismus: jeder Lehramtsstudent sollte Dozenten, die so etwas sagen, über zwei Dinge befragen. Erstens, warum diese Dozenten denn nicht Lehrer geworden sind und an einer Schule unterrichten statt an einer Universität zu lehren, wenn es doch darum geht, etwas gesellschaftlich zu verändern und aus jedem Kind etwas großartiges zu machen. Zweitens nach ihrer tatsächlichen Berufserfahrung als Lehrer, z.B. ob sie zumindest ein Studienreferendariat abgeleistet haben und ob sie schon mal ein tatsächliches volles Deputat innehatten.


    Die Antworten auf diese Fragen sind mit Sicherheit sehr aufschlussreich für die Qualität der Lehre solcher Dozenten; und ein Dozent, der seinen Beruf als Lehrerausbilder und Pädagoge ernst nimmt, wird darauf auch gute und befriedigende Antworten haben.


    Nele

    Einmal editiert, zuletzt von neleabels ()

    • Offizieller Beitrag

    An unserer Uni war es ähnlich. Teilweise finde ich es auch ok, damit überhaupt mal frischer Wind in den alten Trott kommen kann.
    Allerdings waren viele Ansprüche äußerst überzogen! Und ich stimme nele zu: frag mal nach, ob die Dozenten mal als Lehrer gearbeitet haben. Da gab es bei uns wenige. Viele haben direkt nach dem Ref eine Stelle an der Uni bekommen. Fern ab der Praxis kann man über die Jahre die tollsten Ideen entwickeln, wie Schule, wie Lehrer sein sollten. Umsetzbar ist das oft nicht.
    Trotzdem finde ich es gut, den Beruf auch mit Idealismus anzuegehen. Man muss nur gucken, dass man nicht über die eigenen Ansprüche stolpert und sie immer wieder mit dem Machbaren abgleichen.


    Deinen Berufswunsch wollte auch ich dir nicht ausreden. Ich glaube aber, dass du die genannten Fähigkeiten, die dir besonders wichtig erscheinen, besser in anderen sozialen Berufen verwirklichen kannst. Oder sagen wir mal vorrangiger. Empathiefähigkeit ist sicher wichtig. Auch schadet es nichts, wenn man anderen "helfen" möchte (wobei ein Helfersyndrom in jedem sozialen Beruf eher kontraindiziert ist!). Ich verbinde damit aber eher z.B. den Beruf der Sozialarbeiterin.


    Letztlich wirst du es erst endgültig wissen, wenn du es ausprobierst.
    Unsere Antworten spiegeln verschiedene Betrachtungsweisen und praktische Erfahrungen mit dem Beruf wieder. Da dich aber hie rniemand persönlich kennt, kann auch keiner einschätzen, ob du Lehrerin werden kannst oder nicht!


    Melo

Werbung