Schulmodell der Zukunft?!

  • Hallo,
    wir sind Lehramtstudentinnen und Studenten der Uni Marburg und haben uns Gedanken zum Thema 'Schule der Zukunft' gemacht. Da wir wissen möchten, wie unser Modell einer etwas anderen Schule empfunden wird, möchten wir euch hiermit dazu auffordern, dass ihr euch mal unser Modell, das unten verlinkt wurde, anschaut und uns ein kurzes oder langes Feedback dazu gebt.


    Link zur Seite:
    -closed-


    Freundlicher Gruß

  • Nach dem ersten Überfliegen des Textes muss ich Folgendes feststellen:


    Viele Ideen werden genannt (Intervallsystem statt Klassen, Individualförderung, Modernste IuK,...)


    ABER: Dieses Konzept leidet unter dem, worunter praktisch alle Konzepte aus dem Bildungsbereich leiden: Es wird nie erläutert, mit welchem Ressourceneinsatz (Personal, Gebäude, weitere Sachkosten) das Ganze geleistet werden soll und vor allem wer es bezahlt.


    Wie viel Personal (Lehrkräfte/Sozialpädagogen/Schulpsychologen und nicht-pädagogisches Personal(Verwaltung, Technik) braucht man dafür? Wie viele Stunden pro Woche sollen die effektiv mit Schülern arbeiten? Wie viel außerunterrichtlche Zeit stehen pro Woche für die anderen Tätigkeiten noch zur Verfügung (Klausuren und Klassenarbeiten müssen auch in dieser "schönen neuen Welt" noch erstellt und korrigiert werden, Individualförderung ist (wenn sie etwas bringen soll) äußerst personalintensiv, IuK-Technologien funktionieren und warten sich nicht von allein,...) Wer stellt die Personen ein? Wer bezahlt sie? Und wovon? Auf was soll die Gesellschaft im Ausgleich dafür verzichten (Geld wird auch in Zukunft nicht auf Bäumen wachsen...)? Welche räumlichen Voraussetzungen braucht man für diese Ideen? Funktionieren die auch im IST-Zustand (aktuell werden die Klassengrößen vielerorts ja nur durch die Anzahl der Tische und Stühle begrenzt, die in einen Raum passen.. ob sich das in Zukunft wirklich ändert?). Wie viele Schüler pro Lehrkraft sollen IN DEN SCHULEN sein (also keine ominösen OECD-Zahlen, die mit der Praxis vor Ort NICHTS zu tun haben)?


    Solange solche Fragen nicht geklärt sind, kann man solche Konzepte leider nicht ernst nehmen. Die taugen ohne diese Ressourcenbetrachtung höchstens für Wahlkampfveranstaltungen oder Sonntagsreden... Und davon haben wir schon genug.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • sehe ich genauso wie meine beiden Vorposter. Es wird darauf hinauslaufen, dass wir das Modell dann in der Praxis erproben dürfen. Natürlich mit den gleichen Randbedingungen wie jetzt. Vielleicht sogar mit noch schlechteren, denn das Modell ist ja so toll, das läuft von selber...

  • Zitat

    Original von raindrop
    sehe ich genauso wie meine beiden Vorposter. Es wird darauf hinauslaufen, dass wir das Modell dann in der Praxis erproben dürfen. Natürlich mit den gleichen Randbedingungen wie jetzt. Vielleicht sogar mit noch schlechteren, denn das Modell ist ja so toll, das läuft von selber...


    Bei uns läuft das eigentlich immer so: Die Vorführschule...Entschuldigung die Modellschule, meinte ich natürlich bekommt alles! Mehr Personal, Räume, Geld etc. Und dann klappt das auch. Und danach sollen es die normalen Schulen mit den normalen bisherigen Bedingungen nachmachen, denn es hat ja so gut funktioniert!
    Gruß
    Anna

  • NRW hat schon eine Laborschule. Des Herumlaborierens in der Schule ist es schon lange genug! So etwas habe ich so nötig wie ein Furunkel am Hintern. Lernt lieber unterrichten! Spinnen kann jeder.


    Tesla

  • liebe KollegInnen,


    bei allem Verständnis nach Ressourcenfragen und dgl. mehr (die stelle ich auch bei geeigneten Anlässen) habt doch auch Verständnis für unseren Nachwuchs, der ein geschätztes Alter von ca. 20-25 Jahren haben dürfte und einfach mal Ideen entwickelt, wie ein "Schulmodell der Zukunft" aussehen könnte. Schlagt sie doch nicht gleich tot, sie haben doch nichts Böses im Sinn gehabt!
    Gut, meine Studienzeiten liegen bald 40 Jahre zurück, aber pädagogische Utopien haben wir auch entwickelt, ohne Ahnung von Lehrer-Schüler-Relation oder Finanzierung des Schulsystems usw. zu haben. Und?
    Lasst uns untereinander die kritische Diskussion fortführen, habt aber doch auch Verständnis für Ideen und Ergebnis eines Hochschul-Seminars, das ja keinen neuen KM-Erlass darstellt!

  • Vielen Dank an euch für alle kritischen Ansichten.
    Danke auch an rudolf49!
    Wie er gesagt hat, geht es uns nicht um die Machbarkeit unseres Konzeptes in Bezug auf Finanzierung und der gleichen, sondern eher um die Idee wie Schule 2050 aussehen soll. Unser Professor hat uns tatsächlich den Auftrag gegeben uns mal "auszuspinnen" mit verrückten Ideen bevor wir in die reale Situation des Schulalltags kommen. Nebenher kommt die Pädagogik im Seminar nicht zu kurz!
    Besonders interessiert uns eure Meinung in Bezug auf das Schulsystem ohne Gedanken an Finanzierbarkeit zu verlieren, da es in unserem Seminar keine Rolle spielen soll.



    Vielen Dank für viel konstruktive Kritik!

  • Zitat

    Original von SdZ
    Wie er gesagt hat, geht es uns nicht um die Machbarkeit unseres Konzeptes in Bezug auf Finanzierung und der gleichen, sondern eher um die Idee wie Schule 2050 aussehen soll. Unser Professor hat uns tatsächlich den Auftrag gegeben uns mal "auszuspinnen" mit verrückten Ideen bevor wir in die reale Situation des Schulalltags kommen.


    Tja, das realitätsfreie "Rumspinnen" jenseits der Realitäten von Schulpolitik, von Finanzen und Logistik, von den Schranken des Verwaltungsrechtes und von den ganzen lästigen Begrenzungen der harschen Realität ist ja gang und gäbe in der universitären Pädagogik.


    Aber was soll das denn bitteschön bringen? Utopien kann ich auch schreiben. Nützt mir das was im Beruf?


    Nele

  • Zitat

    Original von SdZ
    Unser Professor hat uns tatsächlich den Auftrag gegeben uns mal "auszuspinnen" mit verrückten Ideen bevor wir in die reale Situation des Schulalltags kommen.


    Einmal im Schuldienst kommt das Wunschdenken schon noch von ganz alleine.


    Tesla

  • Euer Prof sollte euch lieber auf die Realität vorbereiten, dann ist der Plumps auf den Hintern nicht ganz so hart, wenn ihr in eure Schule kommt mit 32 Mann in der Klasse, kaputten Tischen und Stühlen etc....
    Ehrlich aufregen könnte ich mich.

    They'll never know the lovely dance,
    Can never feel the touch of night,
    For tame birds sing a song
    Of freedom while the wild birds fly.

  • Die Realität habe ich heute auch wieder erlebt - eine Stunde im Computerraum mit zwei kaputten Mäusen, einer defekten Tastatur und einem PC mit Softwarefehler. Von 18 PCs waren faktisch 14 einsatzfähig und auch bei manchen von denen musste ich herumdoktorn.


    Letztendlich war ich 35 Minuten der Stunde mit organisatorischem und technischem Kram beschäftigt und höchstens 5 Minuten damit, was ich eigentlich wollte - den Schülern über die Schulter sehen und bei der Erarbeitung ihrer Inhalte helfen.

  • Ich stimme Rudolf zu und


    "Zu dieser Frage haben wir uns einige Wochen Gedanken gemacht und haben sowohl plausible als
    auch bewusst übertriebene und teilweise eher weit hergeholte Ideen gesammelt und uns eine
    neue Schule ausgedacht, wie sie im Jahre 2050 evtl. existieren könnte.
    ...
    Dabei sollten Sie nicht immer alles als gegeben sehen – wir haben wie gesagt an einigen Stellen bewusst
    übertrieben bzw. haben Dinge eingebaut, die heute (noch) undenkbar wären."


    Also, warum nicht mal träumen?! Ich bin doch sehr verwundert über die harschen Reaktionen.


    ninale

    Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht.

    • Offizieller Beitrag

    Ich bin darüber gar nicht verwundert. Die allermeisten Lehrer haben Träume von besserer Schule, die jeden Tag durch Unterfinanzierung und schlichte Vergackeierung durch Behörden/Entscheidungsträger kaputt gemacht werden. Desillusionierung bzw die absurd weit klaffende Lücke zwischen Anspruch auf Hochglanzpapier aus dem KM oder niedlichen Schriften aus der Uni und schulischer Realität ist quasi integraler Bestandteil des Lehrerdaseins.
    Es gibt Kollegen, die können das ganz gut "wegatmen" und solche, die verlieren dadurch Stück für Stück ihre Motivation oder ihren Humor.
    Ich glaube jeder, der etwas längere im Beruf ist, hätte statt der ständigen politischen und universitären Träumerei lieber endlich mal ein bisschen aktive Umsetzerei.


    Ich reagiere da inzwichen auch öfter mal ungehalten, wenn mir einer mit der neuesten Modellidee um die Ecke kommt, deren Sinnhaftigkeit wir alle sehr wohl sehen können, deren Umsetzbarkeit aber an finanziellen und zeitlichen Ressourcen hängt, die wir einfach verweigert bzw oft auch gekürzt (!) bekommen.


    Wir haben in der Uni auch dauernd nur gedanklich mit dem idealen Schüler aus der idealen Familie in der idealen Schule geplant. Huch, sind wir aber alle geerdet worden, als es dann in der unterrichtlichen Realität - bei mir in in einer bitterarmen Arbeiterstadt in Wales in einer Brennpunktschule - losging...
    Was genau ist der Zweck dieser Gedankenübungen? Wo helfen die uns im Beruf - ?


    War das - ie.e. diese Diskrepanz zwischen Realität und Papier - eigentlich jemals Teil der universitäten Ausbildung? Bei mir nicht. Warum nicht? Die Frage "Wie gehen Sie mit der Tatsache um, dass all die guten Ideen von Schule und was sie sein kann an Ihrer Schule nicht vorfinden werden? Was können Sie für sich an Strategien entwickeln, die sie in Ihrem Beruf trotzdem zufrieden machen? Wo und wie finden Sie ihre Nische? Was können Sie mit ihren Schülern zusammen in einem dysfunktionalen System an funktionalen Strukturen konkret entwickeln?" musste ich mir/uns selbst beantworten. Zum Glück konnte ich das für mich und gehe trotz allem gerne hin - ich weiß nicht, ob das jeder so kann. Die "Aussteiger- und Berufsalternativen-threads" hier im Forum lassen deutlich anderes vermuten...

    Diese threads empfhle ich mal als Textgrundlage für ein Seminar! ;) Nein, eigentlich nur ein halbes Augenzwinkern. Könnte wirklich fruchtbar sein.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

    Einmal editiert, zuletzt von Meike. ()

  • Es geht in dem Seminar übrigens um die Schule im Jahre 2050!


    Also, in den nächsten neun Jahren wird das nix, aber immerhin bleiben dann noch 30 Jahre, um alles besser zu machen! :)


    Ich werde dann 73 sein, und vielleicht immer noch im Dienst? Dann werde ich da sogar vielleicht mitgemacht haben an der Schule der Zukunft-und mich ärgern, dass ich all die schönen Unterlagen weggeschmissen habe, die mir dann bestimmt eine gute Hilfe sein könnten! ... :D


    Hamilkar

  • Zitat

    Euer Prof sollte euch lieber auf die Realität vorbereiten


    Der Prof kennt die Realität mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht - und kann deshalb auch niemanden darauf vorbereiten.


    Ich finde die Reaktionen aber auch etwas scharf. Obwohl ich meine: Wenn man den Schulen helfen wollte, wäre es nicht das schlechteste, mit einem grundsätzlichen Verbot zu beginnen, das das Reden über Schulkonzepte von Leuten, die nicht an der Schule arbeiten, beendet. Man könnte dieses Verbot ja zeitlich befristen - so bis 2050 etwa.

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