TV-Tipp HEUTE: Doppel-Feature für alle Bertelsmann- und Einheitsschul-Fans!


  • http://37grad.zdf.de/ZDFde/inhalt/18/0,1872,8207730,00.html


    "Bertelsmann-Stiftung", "pädagogisch sinnlose Strafe", "beschämt und ausgegrenzt": Bei solchen Teaser-Worten muss doch bei jedem echten Pädagogen der Pawlowsche-Reflex einsetzen! Ich freue mich jetzt schon!


    Und im direkt im Anschluss geht's weiter:


    Zitat

    Di 08.02.11 22:45
    Cinemathek
    Die Klasse
    Spielfilm Frankreich 2008
    Laurent Cantets beeindruckendes Schuldrama, mit der Goldenen Palme in Cannes ausgezeichnet.


    In einer Schule des 20. Pariser Arrondissements, einem sozialen Brennpunkt, wartet auf den Französischlehrer François eine lärmende siebte Klasse von 24 Schülern, die meisten mit Migrationshintergrund. Bereits sein Ansinnen, jeder Schüler solle den eigenen Namen aufschreiben, erntet patzige Widerworte.


    http://www.rbb-online.de/filmz…inemathek/die_klasse.html


    Das steigert doch gleich die Vorfreude auf die Einheitsschule a la francaise, die demnächst auch bei uns dank der Bildungspolitiker unserer Wahl kommen wird.


    Oh ja, zwei solche Highlights der Bertelsmann- und Einheitschul-Pädagogik. Das ist wie Weihnachten und Ostern an einem Tag!!!


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • "Lisas ältere Schwester ist auch schon mal sitzengeblieben und ermuntert ihre Schwester, sich mehr anzustrengen. "


    Wohl wieder mal typisches Beispiel für Eltern, die ihre Zöglinge auf Biegen und Brechen aufs Gymnasium schicken. Und dann - weil sie es halt nicht packen - ein Fernsehteam rufen und dem ach so bösen Schulsystem die Schuld geben :O
    Naja, in ein paar Jahren wird niemand mehr sitzenbleiben, weil niemand mehr Leistung erbringen muss/darf (!).


    "Auf dem neuen Gymnasium hat sich Antje bis heute nicht eingelebt. Immer noch trifft sie sich lieber mit den Mädchen aus ihrer ehemaligen Klasse und trauert ihrer guten Klassengemeinschaft nach. Auch ihre Leistungen haben sich durch das Sitzenbleiben nicht verbessert. Ihre Versetzung ist schon wieder gefährdet, wegen Mathematik und Französisch."


    Das ist doch Realsatire... Natürlich muss die kleine Antje wieder auf ein Gymnasium. Denn das Gymnasium hat gefälligst die Pflicht, jeden und jede zum Abitur zu führen, damit jede und jeder ein Studium aufnehmen kann.


    Auch die Uni hat dann gefälligst dafür zu sorgen, dass Antje einen exzellenten Abschluss bekommt.
    Dank der Frauenquote muss sich Antje dann keine Sorgen darüber machen, dass sie keine Führungsposition in einem Großunternehmen bekleidet.


    "Noch ist Marco optimistisch und träumt von einer beruflichen Karriere. Am liebsten würde er später studieren. Doch als Wiederholer fehlt es ihm oft an Motivation, und er plagt sich mit Selbstzweifeln. Die Stoffmenge in der neunten Klasse bewältigt er kaum noch."


    Ok, dass der gute Marco trotz Wiederholung die Stoffmenge einer 9. Klasse Realschule nicht packt kann mal vorkommen. Aber deshalb gleich den Wunsch nach einem Studium aufgeben ??
    Keine Sorge, Marco, du packst das. Zwar wird dir die gute Antje den Führungsposten wegnehmen, aber zum Assistensarzt wirds schon noch reichen, das Studium machst du doch mit links. Schlimmer als der zweite Durchlauf durch die 9 wirds auch nicht sein.

  • Vermisst habe ich so ein bisschen den Ansatz Defizite aufzuarbeiten. Diese traditionelle Sache mit hinsetzen und lernen und so....

    There is a difference between knowing the path and walking the path. (Matrix)

  • Mit genug Förderung ist sowas wie Lernen einfach hinfällig. Begreif das endlich oder ich melde dich Bertelsmann !


    Edit: Hab mirs nun mal angesehen und bin zum Entschluss gekommen, dass es der Autorin bei allem Bemühen nicht gelingt, das Sitzenbleiben als sinnlos darzustellen :D

  • Ja, ich muss da noch umdenken. Dass das bislang noch nicht geklappt hat, liegt daran, dass Lehrer einfach nicht genug gefördert werden...

    There is a difference between knowing the path and walking the path. (Matrix)

  • Oh Kiray!
    Wo doch ständig neue Fortbildungen für uns angepriesen werden! Kosten ja nur 60 Euronen oder so. Da gibt es schon eine Menge ... nur musst du das eben bezahlen.
    Aber deine Schüler müssen die Nachhilfe ja auch bezahlen ... :D

  • Vielleicht verstehe ich den Witz an der Sache jetzt nicht, aber Sitzenbleiben finde ich auch recht unsinnig in unserem Schulsystem... (unabhängig davon, dass ich mit Bertelsmann meine Probleme habe).

    Man muss Partei ergreifen. Neutralität hilft dem Unterdrücker, niemals dem Opfer. Stillschweigen bestärkt den Peiniger, niemals den Gepeinigten.“

    Elie Wiesel

  • Sitzenbleiben kann "natürlich" leicht dadurch vermieden werden, dass man den betreffenden Schülern die richtige und genügend individuelle Förderung zuteil werden lässt.


    Leider verraten die Apologeten dieser Idee nie, wie diese öminöse "individuelle Förderung" in diesem unseren Real-Existierenden-Schulsystem geleistet werden soll und vor allem WER sie leisten soll. An zusätzliche Personalressourcen ist natürlich nicht gedacht, denn die kosten ja Geld (und würden den "Einspareffekt" durch Verzicht auf das "Sitzenbleiben" ja sofort wieder zunichte machen...)


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    Einmal editiert, zuletzt von Mikael ()

  • Schüler in anderen Ländern bleiben nicht sitzen - gut, aber bei den Gründen wird's ja schon argumentationsbeliebig.
    Weil die Schwachen gezielt gefördet werden? Das gibt's doch bei uns auch schon seit einigen Jahren.
    Wird woanders vielleicht besser, effektiver gefördert? Falls ja, müsste mal dargestellt werden, wie das ganz konkret gehandhabt wird. DAS könnte wirklich interessant sein.
    Bis dahin glaube ich nur, dass bei uns sitzengeblieben wird, weil es das Sitzenbleiben überhaupt gibt.
    Wenn wir das abschaffen würden, stünden wir doch genauso wie die anderen Länder da.
    Lasst uns das Sitzenbleiben abschaffen. Dann hat dieser emsige Dauervergleich von Kartoffelpüree und Kartoffelbrei ein Ende.


    Putzi

    "I think it would be a great idea." (Mohandas Karamchand Gandhi when asked what he thought of western civilization)

  • In Hamburg wurde das Sitzenbleiben jetzt abgeschafft und "freiwilliges Wiederholen" ist ein absoluter Kampf. (Nicht, weil es danach so schrecklich ist, sondern weil es die Genehmigung nicht mal eben gibt...)

  • Mal so gefragt: Ist das Sitzenbleiben nicht eine soziale Maßnahme? Dient es nicht dazu dem Kandidaten eine weitere Chance einzuräumen? Ist es nicht vielleicht einfach zu teuer? Warum wird bei dem Thema immer emotional argumentiert?


    Ich finde das Menschenbild in dem Fernsehbeitrag ist destruktiv, emotional überbelastet und stellt Schüler als Opfer dar.



    Tesla

  • Nun, etwas überspitzt formuliert, was ist das denn für eine Chance, aus dem sozialen Kontext rausgerissen zu werden und den gleichen Mist nochmal lernen zu müssen, den man vorher schon nicht verstanden hat, ohne weitere Fördermaßnahmen, die vielleicht an den Ursachen des Lernproblems ansetzen.


    Und etwas weniger überspitzt: für einige ist es bestimmt gut, noch etwas Zeit zu haben, den Lernstoff durchzukauen und zu verstehen, optimal ist das auch nicht. Sie bräuchten in beiden Systemen einfach mehr Förderung. Die gibts aber leider nicht, denn das kostet Geld. Also lässt man die Kinder Klassen wiederholen, die Kosten sind dann einfach versteckter oder anders formuliert: Die Lehrer arbeiten doch sowieso, dann sinds halt nur mehr Kinder in der Klasse.

  • Ehrlich gesagt, kenne ich nur wenige SchülerInnen die durch das Wiederholen wirklich besser geworden sind. Das waren nur die SchülerInnen, die es selbst auch gewollt hatten oder in ihrer Entwicklung noch nicht so weit wie ihre MitschülerInnen waren.
    Natürlich kann es auch nicht die Lösung sein das Sitzenbleiben einfach nur abzuschaffen. Es muss wirklich eine vernünftige Förderung aller SchülerInnen stattfinden und dazu brauchen wir mehr Geld und Personal, aber auch LehrerInnen, die dazu gewillt sind.

  • Hallo, ich wollte mal über die Erfahrungen die wir mit unserer Tochter in England gemacht haben berichten. Da gibt es das Sitzenbleiben nicht und es ist sehr wichtig, dass die Schüler mit gleichaltrigen Kinder zusammen lernen. So kam es, dass unsere 6jährige Tochter die weder Englisch noch Lesen oder Schreiben konnte in England zunächst mit den jüngeren Schülern ins Year 1 kam, aber nur bis Ostern. Sie hatte zwar individuelle Förderung aber diese 1 Stunde pro Woche hat auch nciht wirklich viel gebracht. Dann musste sie nach Ostern zu ihrer "age group" (year2) und eine Klasse überspringen, obwohl sie dazu noch gar nicht bereit war. Dummerweise sind wir dann umgezogen und so kam sie nach den Sommerferien in eine ganz neue Schule ins Year 3. Sie hätte diesen schlechten Start womöglich nie überwunden wären wir nicht wieder nach 3 Jahren nach Dland gezogen und hätten wir sie nicht 1 Jahr zurückgestuft. Das ging glücklicherweise. in England wäre sie ganz einfach in einen niedrigen "Set" gelandet. Denn Selektion gibt es auch in England, nämlich durch das "setting". In den lower sets wird auch ein anderer Stoff vermittelt, so dass die Kinder auch nicht so einfach wechseln können. Es ist ganz normal, dass viele Grundschulkinder in letzten Grundschuljahr sehr teure Nachhilfe bekommen damit sie auf der weiterführenden Schule in einem möglichst guten "set" kommen.


    Die Kinder können nicht sitzenbleiben, das ist schon wahr, aber die holen ihre Deffizite auch einfach nie auf. Dann bekommen sie schlechte GCSE Noten (sie bekommen nämlich jahrelang keine richtigen Noten) und damit können sie sich in "health and beauty" Kurse einschreiben... Ich habe nicht nachvollziehen können warum Kinder nicht sitzenbleiben können. Den Schülern fehlen sämtliche Grundlagen aber egal, hauptsache die "age-group" stimmt.


    Ich denke die meisten Sitzenbleiber auf dem Gymnasium sind schon von Anfang an auf der falschen Schule gewesen. Selektion findet auch in England statt und zwar ähnlich früh wie in Deutschland (in der 6 Klasse). Zudem findet Selektion auch durch die Schulwahl statt, denn es gibt Schulen mit sehr schlechten oder sehr guten GCSE Ergebnissen und 3 Mal dürft ihr raten in was für Wohngegenden sich die Schulen mit den sehr guten GCSE Ergebnissen befinden.... Wenn man zufälligerweise keine 2000 Pfund für Miete ausgeben möchte oder noch mehr für Privatschulen, muss man schauen, dass man jeden Sonntag in die Kirche geht und sich dort engagiert damit man einen Platz in den begehrten "faith schools" bekommt.


    Also ich finde das englische Schulsystem grottenschlecht und das war auch ein Hauptgrund warum wir wieder zurückgekommen sind. Ich denke jeder Fremdsprachenlehrer der mal in England MFL(modern foreign languages) Unterricht gesehen hat kann mir nur zustimmen. Man ist geschockt über das Niveau der dortigen Schüler. Oder wenn man auch vergleicht wie gut unsere deutschen Schüler Franz sprechen verglichen mit den Franzosen die Deutsch sprechen sieht man auch, dass deutsche Gymnasiasten einfach besser sind.

  • Zitat

    Original von pletjonka
    Ehrlich gesagt, kenne ich nur wenige SchülerInnen die durch das Wiederholen wirklich besser geworden sind. Das waren nur die SchülerInnen, die es selbst auch gewollt hatten oder in ihrer Entwicklung noch nicht so weit wie ihre MitschülerInnen waren.


    Ich denke das ist des Pudels Kern, das Wollen.


    LG Tesla

    Einmal editiert, zuletzt von Tesla ()

  • Zitat

    Original von dacla


    ... Also ich finde das englische Schulsystem grottenschlecht... Ich denke jeder Fremdsprachenlehrer der mal in England MFL(modern foreign languages) Unterricht gesehen hat kann mir nur zustimmen. Man ist geschockt über das Niveau der dortigen Schüler. Oder wenn man auch vergleicht wie gut unsere deutschen Schüler Franz sprechen verglichen mit den Franzosen die Deutsch sprechen sieht man auch, dass deutsche Gymnasiasten einfach besser sind.


    100% Zustimmung; entspricht voll meiner eigenen Erfahrung.


    Nebenbei bemerkt: Wenn PISA auch Fremdsprachenkenntnisse untersuchen würde, wären wir im Ranking ganz weit oben dabei.

  • Meine Güte, was für eine furchtbare Sendung. Soviel Selbstmitleid in 30 Minuten, unglaublich.


    Was werden da für alberne Plattitüden breitgetreten. "Lehrer sollten offener sein und zuhören, ohne dass man gleich einen Verweis kriegt" - ach so.


    Und das reitende Mädchen am Tag der Zeugniskonferenz, mit sanfter Musik untermalt - hilfääää!!!!


    Die Arbeiten waren so schwer und die Projekte so viel und die Zeit so knapp - mir kommen die Tränen.


    Und wie man sich über eine 5 in Latein so freuen kann, meine Güte, das ist ja Hollywood-reif.


    Was sind wir alle böse. Und womöglich treiben wir die Kinder noch auf die Realschule. Wie furchtbar.


    Aber vermutlich ist das alles gar nicht so gemeint. Es geht ja nur drum, das aus Schülerperspektive aus darzustellen. Und da ist es manchmal ja wirklich dramatisch.


    Bei uns am Berufskolleg wird viel "gesiebt" bei denen, die FHR oder AHR machen wollen. Das sind oft Schüler, die aus der Realschule fortgelobt wurden und erst später merken, dass es eben doch nicht für einen weiteren Schulabschluss reicht. Sie müssten sich dann auch schon mal hinsetzen und lernen. Das schaffen nicht alle.


    Mir fallen aber auf Anhieb zwei Schüler ein, denen das Wiederholen ausgesprochen gut getan hat. Manchmal ist es auch sehr heilsam, aus der Klasse herauszukommen.

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