Berufseinstieg: Wie viele Stunden sind ratsam?

  • Ich habe am 19.2. das 2. Staatsexamen bestanden und Aussicht auf eine Planstelle an meiner (tollen) Ausbildungsschule. Da ich eine Tochter (fast 9 Jahre alt) habe, wollte ich eigentlich nur 20 Stunden unterrichten; nun meinte mein Schulleiter aber, ich solle mir überlegen, direkt mit 24 Stunden einzusteigen: Erstens wird meine Arbeitskraft dringend gebraucht und zweitens würde es voraussichtlich schwierig werden, wenn ich evtl. in ein paar Jahren auf 24 Stunden erhöhen möchte; es sei einfacher, gleich mit 24 einzusteigen und dann zu reduzieren, falls es doch zuviel für mich würde.


    Ich habe Bedenken: Bin ja noch ein Greenhorn und brauch noch recht lange für Unterrichtsvorbereitung, Korrekturen usw. Das geht ab von meiner Mama-Zeit.
    Andererseits: Ich arbeite sehr gerne, empfinde die Arbeit nicht als Belastung, sondern eher Hausarbeit & Co. ... :tot:
    Ich bin geschieden, die Tochter ist selten und unregelmäßig beim Papa; ich habe einen berufstätigen Lebensgefährten, der von 9 - 18 Uhr außer Haus ist, dazu noch eine Schwiemu (Mutter vom Lebensgefährten) um die Ecke wohnen, die meine Tochter gerne bei sich hat, die ich aber nicht überbeanspruchen möchte.


    Bitte um eure Ratschläge: Wie soll ich mich entscheiden?

  • Das musst du am besten selbst wissen - an nicht wenigen Schulen werden Kolleginnen und Kollegen mit Stundenreduktion mehr oder weniger über den Tisch gezogen, indem man ihnen ungünstige Stundenpläne gibt und bei den außerunterrichtlichen Tätigkeiten den ungekürzten Einsatz verlangt. Auch ist es oft so, dass die Lehrer mit Stundenreduktion ihrerseits die fehlenden Stunden durch eigene Mehrarbeit zu Hause bei der Vorbereitung etc. auffüllen, so dass da 100% Arbeit bei 75% Gehalt oder so rauskommen....


    Nele

    • Offizieller Beitrag

    Wenn Du es dir leisten kannst, mach die 20 Stunden. Die Zeit am Anfang nach dem Referendariat mit damals 25 Stunden war die härteste in meinem Berufsleben.

    • Offizieller Beitrag

    mein Exmann hat damals mit 2/3 Deputat angefangen und war ganz froh drum, obwohl es eine Zwnagsmaßnahme war. Frisches Baby und fehlende Betreuung hatten da sogar noch den geringsten Einfluss gehabt.
    Ich, Jahre später und mittlerweile völlig ohne Kinder, hab gleich voll losgelegt und kein Problem gehabt.
    Kann man also jemand Anderem schwer raten ;)

  • Ich bin da noch völlig unerfahren. Aber würde eine Reduzierung um gerade mal 4 Stunden wirklich so viel Arbeit ersparen? Ich nehme jetzt (vielleicht naiverweise ;)) an, dass man, wenn man 20 Stunden schafft, auch 24 noch schaffen kann. Aus dem Bauch heraus würde ich da dem Rat der Schulleitung folgen, und mit 24 einstiegen. Reduzieren kannst du immer noch.

    Schöne Grüße,
    dzeneriffa



    Am Ende wird alles gut! Wenn´s noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende =)

  • Ich erzähle an dieser Stelle gerne, dass ich nach dem Referendariat bei meiner ersten Stelle 29 Wochenstunden unterrichtet habe: 27,5 Stunden Deputat an Haupschulen + 1,5 Stunden Arbeitszeitkonto (gibt es heute nicht mehr). DAS war hart, allerdings hatte ich keine Kinder.
    Ob 20 oder 25 hängt in deinem Fall davon ab, wie akribisch du arbeitest, wie perfektionistisch du bist, wie leicht dir das Unterrichten fällt, wie deine Unterstützung seitens des Kindsvaters ist, ob du eine Haushaltshilfe einplanst, ob dein Kind gut untergebracht ist, ob du dich gut organisieren kannst usw. usw. Eine allgemeingültige Aussage ist meines Erachtens nicht machbar.
    Ich rate immer zu möglichst vielen Stunden, weil der Lehrerberuf de facto nicht teilzeitgeeignet ist. Das ganze Drumherum machst du wie eine Vollzeitkraft, du vertrittst automatisch mehr als eine Vollzeitkraft - die unzufriedensten Kollegen finde ich immer bei den Teilzeitkollegen, da diese im Gegensatz zu ihren Vollzeikollegen nicht angemessen bezahlt werden.


    Von daher würde ich zu 24 raten, runterschrauben kannst du immer.

  • Ich bin da noch völlig unerfahren. Aber würde eine Reduzierung um gerade mal 4 Stunden wirklich so viel Arbeit ersparen? Ich nehme jetzt (vielleicht naiverweise ;)) an, dass man, wenn man 20 Stunden schafft, auch 24 noch schaffen kann. Aus dem Bauch heraus würde ich da dem Rat der Schulleitung folgen, und mit 24 einstiegen. Reduzieren kannst du immer noch.


    Naja, es ist eine Korrekturgruppe weniger, das kann schon etwas ausmachen, ob ich 5 oder 6 Korrekturgruppen habe...


    Ich fände es wichtiger rauszufinden, ob das tatsächlich stimmt, dass es schwer sein soll, wenn man mit reduzierter Stundenzahl anfängt, später zu erhöhen. Kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, warum sollte es? Zu jedem Schuljahr kann man ja neu mögliche Teilzeit beantragen, warum sollte da etwas schwieriger sein? Würde mich da aber am besten beim zuständigen Schulamt direkt erkundigen! Und zwar bald - dann weißt du nämlich, ob dein Schulleiter das tatäschlich als hilfreichen Tipp meinte oder vorgschobene Angstmache, weil er die volle Besetzung braucht...

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • Ich bin da noch völlig unerfahren. Aber würde eine Reduzierung um gerade mal 4 Stunden wirklich so viel Arbeit ersparen? Ich nehme jetzt (vielleicht naiverweise ;)) an, dass man, wenn man 20 Stunden schafft, auch 24 noch schaffen kann.

    Je nachdem, welche Lerngruppe dir erspart bleibt. Ist es eine Deutschgruppe (4 Wochenstunden) , so hat man tatsächlich durch den niedrigeren Korrekturaufwand viel "Arbeitszimmerzeit" gespart. Sind es zwei mal zwei Biogruppen ist es tatsächlich Blödsinn auf das Geld zu verzichten. ;)

  • Der TE unterrichtet Englisch und Französisch. Ja, das macht etwas aus. Genauso wie es etwas ausmacht, ob es Anfangsunterricht in der Fremdsprache oder Oberstufenunterricht ist...

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe Teilzeit jetzt in allen möglichen Varianten probiert bzw. probiere immer noch und kann nur sagen: Es kommt wirklich auf die Schule an: Es hängt wirklich ganz stark davon ab, ob du eine Korrekturgruppe mehr hast, wenn du mehr arbeitest oder stattdessen die zusätzlichen Stunden Klassenleiterstunden oder Hausaufgabenbetreuung u.ä. wären.


    Es hängt vom Stundenplan ab, davon, wie viel du vertreten musst, wie viele Nachmittage du arbeiten musst etc. Generell ist es schwer, jemandem in dieser Hinsicht als Außenstehender zu raten. Was ich machen würde: Ich würde im Vorfeld mit der Schulleitung absprechen, was denn Teilzeit für dich bedeuten würde (bei wie viel Stunden bekämst du einen freien Tag, wie viele zusätzliche Vertretungsstunden muss man an eurer Schule pro Woche machen, mit wie vielen Nachmittagen musst du rechnen (man kann ja schon eventuell grob abschätzen, ob deine Fächer in allen Klassenstufen oft am Nachmittag unterrichtet werden), wo gäbe es überhaupt ein Entgegenkommen, bekommst du eine Klassenleitung etc.
    All diese Faktoren unterscheiden sich ganz stark an verschiedenen Schulen und man hat als Teilzeitkraft auch öfter mal Mitsprachemöglichkeiten (z.B. kein freier Tag, aber dafür kein Nachmittagsunterricht oder was auch immer).


    Außerdem würde ich mich mit anderen Teilzeitkräften an eurer Schule unterhalten und fragen, wie es denn bei denen an dieser konkreten Schule läuft. Denn wie Teilzeit umgesetzt wird, hängt doch auch sehr stark von der Schule ab.

  • Erstens wird meine Arbeitskraft dringend gebraucht und zweitens würde es voraussichtlich schwierig werden, wenn ich evtl. in ein paar Jahren auf 24 Stunden erhöhen möchte; es sei einfacher, gleich mit 24 einzusteigen und dann zu reduzieren, falls es doch zuviel für mich würde.


    Die Begründung für die Äußerung des Schulleiters liegt bei "erstens". Ich würd Teilzeit machen; 20 Stunden ist eh schon viel, wenn du auch noch ein Kind großzuziehen hast.

  • Ich sehe es ähnlich wie Nele, dass die Gefahr sehr hoch ist, über den Tisch gezogen zu werden, wenn man nur "ein bisschen" reduziert. Mir wurde von vielen Leuten dazu geraten, möglichst mit 50 % einzusteigen und dann im ersten Jahr wirklich versuchen, in der freien Zeit alles so gut wie möglich zu planen und gestalten (Unterrichtsmaterialien etc.). Das bringt Routine und Arbeitsersparnis für die Zeit danach. Mit 20 Stunden ist die Gefahr sehr hoch, dass Du eben doch jeden Tag an der Schule bist, Dein Stundenplan total zerfleddert ist und Du effektiv von den 4 Stunden weniger gar nichts hast. Du musst natürlich auch überlegen, wie viele Stunden weniger Du Dir finanziell leisten kannst, da bin ich ohne Kind wohl in einer viel besseren Lage ...

  • und zweitens würde es voraussichtlich schwierig werden, wenn ich evtl. in ein paar Jahren auf 24 Stunden erhöhen möchte; es sei einfacher, gleich mit 24 einzusteigen und dann zu reduzieren, falls es doch zuviel für mich würde.


    ?? Was ist das denn für ein sonderbares Argument. Wenn du mit 24 Stunden einsteigst, musst du die erst mal machen und wenn das nicht gut klappt, kannst du das nur mit einem halben Jahr Vorlauf wieder reduzieren.


    Ich hatte im ersten Jahr nach der Ausbildung nur 14 Wochenstunden. Und bin dann voll eingestiegen. Das war gut so. In der Teilarbeitsphase hatte ich genug Zeit, meinen Unterricht vorzubereiten. Die Zeit fehlt mir jetzt - aber ich profitiere von all den Materialien, die ich schon fertig habe.


    In ein paar Jahren ... da ist dein Kind größer. Es braucht dich *jetzt*.


    Lass dich nicht unter Druck setzen. Die Schule wird schon klar kommen, auch wenn du nicht vollzeit machst. Die wissen das rechtzeitig.

    • Offizieller Beitrag

    Das musst du am besten selbst wissen - an nicht wenigen Schulen werden Kolleginnen und Kollegen mit Stundenreduktion mehr oder weniger über den Tisch gezogen, indem man ihnen ungünstige Stundenpläne gibt und bei den außerunterrichtlichen Tätigkeiten den ungekürzten Einsatz verlangt. Auch ist es oft so, dass die Lehrer mit Stundenreduktion ihrerseits die fehlenden Stunden durch eigene Mehrarbeit zu Hause bei der Vorbereitung etc. auffüllen, so dass da 100% Arbeit bei 75% Gehalt oder so rauskommen....


    Nele


    Neles Argument ist sehr richtig und hat noch eine weitere wichtige Dimension:


    Die (zugegebenermaßen knallharte) Einstiegszeit mit voller Stundenzahl lehrt einen EXTREM wichtige Kompetenzen (wenn auch oft schmerzhaft):
    - Runter vom Perfektionismus. Rein in die Effizienz!
    - Es GIBT einen Feierabend, WENN ich ihn mir nehme.
    - Gut ausgeschlafener Unterricht ist BESSER als übergut vorbereiteter Unterricht.
    - Überblick über Reihen verschaffen, Materialsammlung schon in den Ferien zusammentragen, vorhandenes Material effizient nutzen - Zeit sparen.
    - Korrekturgeschwindigkeit und sinnvolle Rückmelde-Hilfen - einmal entwickelt, immer verwenden.
    usw.


    Die Arbeitsökonomie lernst du nicht wirklich, wenn du so wenige Stunden machst, dass du immer auf dem sehr schädlichen Referendariats-Stundenperfektionismus kleben bleibst, der nicht nur realitätsfern, sondern auch für die Schüler nicht mal gewinnbringend ist.


    Gucke ich mir die Stunden an, die ich kurz nach dem Ref. geplant habe (ich habe sie zum Schmunzeln aufgehoben - und zur Warnung für meine Refs!), die meine Ausbilder ganz tooooollll fanden, stelle ich fest, dass ich den Schülern mit einem Riesenbohai und unsäglichem Feuerwerk Stoff in einem Umfang beigberacht habe, den ich ihnen heute, mit einem soliden Methodenmix und mehr Gelassenheit in einem Drittel der Zeit nachhaltiger beibringe - und sie gucken heute nicht mehr oder weniger interessiert aus der Wäsche als damals.


    Und: es KANN nicht sein, dass ein Job so geartet ist, dass man ihn nicht mit einem vernünftigen Zeitaufwand und ohne Geld zu verschenken machen kann. Du musst den Job für dich machbar machen und daran denken, dass jede reduzierte Stunde an DEINER Pension fehlen wird.


    Tritt lieber in einen Verband ein und streite mit für machbare Arbeitsbelastungen/zeiten... :) anstannt dein Geld dem Staat zu schenken.

  • Hallo,


    letztendlich ist es eine Bauchsache und ein Rechenexempel. Wieviel Betreuung hast du für dein Kind, wieviel Betreuung willst du für dein Kind. Mein Sohn ist noch klein und ich arbeite in der EZ Teilzeit. Jetzt habe ich meine Stundenzahl um ein paar "läppische" Stunden erhöht, damit ich auch mehr Geld in der Kasse habe und merke die zusätzliche Belastung. Ich bin mehr unterwegs, ich habe mehr Papier auf dem Schreibtisch etc. Ist mein Sohn oder mein Mann krank, empfinde ich die Situation als belastend und der Winter war dahingehend schon gruselig. Bin ich krank, kann das Kind auch nicht zwingend in die Betreuung, da wir uns nur gegenseitig anstecken. Fällt die eine Betreuung aus, muss die nächste organisiert werden, ist die Freundin auch krank und der Babysitter schreibt Klausuren, geht der Kleine zu jemandem Fremden, was den Stressfaktor für mich erhöht. Du kennst diese Faktoren mit deiner Tochter sicherlich besser.


    Ich arbeite gerne und habe danach gelechzt, als ich das erste Lebensjahr nur zuhause war, zudem habe ich viel an Material, trotzdem halte ich eine volle Stelle für mich nur für machbar, wenn das eigene Netzwerk trägt.

  • Und: es KANN nicht sein, dass ein Job so geartet ist, dass man ihn nicht mit einem vernünftigen Zeitaufwand und ohne Geld zu verschenken machen kann. Du musst den Job für dich machbar machen und daran denken, dass jede reduzierte Stunde an DEINER Pension fehlen wird.

    Ganz genau so ist es. Ich würde immer mit voller Stundenzahl einsteigen. Sollte die Belastung anfangs zu hoch sein, dann muss man eben massiv an Qualität sparen. Und wenn man durch den Streß öfter erkältungs- oder migränebedingt ausfällt, dann ist es so. Dies wird sich sicher auch verbessern, sobald man mehr Routine hat.
    Jeder andere Beruf ist so ausgelegt, dass der durchschnittliche (wir lassen Fälle von nicht belastbaren Menschen aussen vor) Mensch nach der Ausbildung Vollzeit arbeiten kann und kein Geld verschenken muss.
    Lediglich im eh schon moderat bezahlten Lehrerberuf wird "offiziell" darauf hingewiesen, doch zu Berufsbeginn Geld zu verschenken, damit der Unterricht eine (in wessen Augen?) angemessene Qualität hat. Man muss sich mal vorstellen, allein schon das Referendariat ist ein Berufseinstieg an der Armutsgrenze nach abgeschlossenem Hochschulstudium. Da sollte man doch wenigstens danach in die Vollen gehen!

    Einmal editiert, zuletzt von Silicium ()

  • Ich würde nur weniger Stunden unterrichten, wenn dabei ein freier Tag für mich rausspringt. Wie die Stundengrenze ist, solltest du mal herausfinden. Ansonsten ist es wirklich so, dass du in den freien Stunden im Lehrerzimmer sitzt, vertreten musst oder für andere Aufgaben herangezogen wirst, da du eh da bist.

  • Und ganz wichtig: In den Fachkonferenzen darauf hinwirken, dass man sich nicht noch (unnötige) Mehrarbeit aufhalst. Es gibt immer wieder die "pädagogisch besonders Motivierten", die es "ja nur gut mit den Schülern meinen" und dann noch eine verbindliche Mappenkontrolle, noch eine verbindliche Exkursion, noch einen verbindlichen Test, noch einen... vorschlagen. Und am Ende über die viele Arbeit jammern...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

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