Verwirrt/Verunsichert wegen engagierter Kollegin

  • Also, das ist die Situation:



    eine Kollegin die ebenfalls neu an der Schule ist (wir sind beide Berufseinsteiger und für uns beide ist das erste volle Halbjahr gerade rum) ist offenbar recht engagiert. Ich finde das prinzipiell auch erst mal überhaupt nicht negativ und wir beiden verstehen uns auch gut - das soll jetzt also kein persönliches "ausheulen" sein. Bei einigen Dingen sage ich selbst auch (im Positiven): auf die Idee dieses mit den Schüler so zu machen wäre ich mangels eigener Erfahrung aus meiner Schulzeit nicht sofort gekommen und das werde ich auch übernehmen.


    Dann ist sie aber offenbar auch in mehreren Ausschüßen zur Schulentwicklung und Schulgremien (davon gibt es bei uns einige) aktiv und bietet nach dem Unterricht in der Schule unbezahlte Nachhilfestunden (plural) für ihre Schüler an - also über ihr Deputat hinaus, ohne Anrechnung. Sie benutzt die Ferien um ihren Unterricht komplett auf mehrere Monate im voraus hinaus vollständig vor zu bereiten (sagt sie zumindest, und empfiehlt mir, das ebenfalls zu tun). Ich erledige das konkrete Erstellen der meisten Materialien aktuell ca. eine Woche im voraus - geht aus meiner Sicht auch nicht anders, da ich als Berufseinsteiger aus mangelnder Erfahrung oft einige längerfristige Planungen wieder umstellen muss. Sie hat allerdings auch andere Fächer - also eher projektorientierte berufliche Fächer. Kann sein, dass die Planung als Berufseinsteiger dort komplikationsfreier als in Physik ist, wo ich immer wieder ursprünglich nicht geplante zusätzliche Übungs- und Nachlesestunden vorbereite und einschiebe.
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    Meine Frage - Bin ich hier ein völliger Underachiever? Seid ihr auch derartig engagiert, ist das also üblich? Ich bin neben dem erstmaligen vorbereiten aller meiner Stunden momentan lediglich in einer Arbeitsgruppe zur Gestaltung eines neuen Bildungsganges aktiv, lege es aber auch nicht darauf an irgendwann Schulleiter zu werden. Sie hat zwar ihr Deputat etwas reduziert, arbeitet dafür aber in einem Nebenjob mit ihrer Aussage nach hoher Stundenzahl.





    P.S.
    Es geht wie gesagt nicht darum ihr Engagement schlecht zu reden, sondern nur um zu klären, ob das in der Situation (Berufseinsteiger etc.) üblich ist. Solange der Schulleiter nicht demnächst ankommt und fragt "Mensch; Herr Nettmensch - warum machen Sie das eigentlich nicht auch?" kann mir das relativ egal sind.



    P.P.S.
    Wir sind in Berlin. Also beide Angestellte, ohne Aussicht auf Verbeamtung und wollen beide hier bleiben.

  • Lieber Nettmensch - mich scheint die junge Kollegin keinerlei Privatleben und steuert zudem noch auf einen klasse Burn-Out zu...... Oder sie möchte ganz schnell Karriere in der Schule machen. Und wie habe ich das mit der Reduzierung plus Nebenjob zu verstehen. Ist doch krank... (Sorry für die saloppe Wortwahl.)


    Als ich damals gleich nach dem Ref mit einer vollen Stelle inkl. Klassenleitung in Jahrgang 7 anfing, ging ich nach 3 Wochen auf dem Zahnfleisch, weil ich dachte alles super toll und umfangreich und überhaupt anders und besser als das Lehrwerk vor zu bereiten. Dann möchte man zudem auch noch so einen guten Eindruck machen, d.h. ich habe mich für einen neu aufzustellenden Schüleraustausch gemeldet, bei welchem ein Kollege einen Partner benötigte. Zum Glück gab es damals (2003) noch nicht diese unsäglichen und unzählichen Steurungsgruppen, Ausschüsse etc. Da hätte ich evtl, auch noch was gefunden.


    Diese Übereifrigkeit beobachte ich seit einiger Zeit massiv bei den jungen Kollegen. Volle Stundenzahl, AGs und in 2 - 3 Ausschüssen. Einige von denen sind dann ratzfatz auf einer A14 Stelle, laufen aber hohläugig und alle durch das Lehrerzimmer. Der Rest läuft ohne A14 hohläugig rum und hat kein Leben mehr.


    Will sagen: Die Dame aus deinem Bericht macht sich kaputt. Und du gehst da mit Augenmaß an die Sache. Eine Arbeitsgruppe ist OK. Schon deine Kräfte. Denke an dich. Du bist Profi und arbeitest gut für gutes Geld, wie Nele hier immer gerne schreibt. :)

  • Wichtig ist doch auch, dass DU Dich wohlfühlst und mit Deiner Arbeit zufrieden bist. Mir scheint das aus Deinem Bericht schon der Fall zu sein und dann ist doch alles okay.
    Lass Dich nicht unter Druck setzen, sondern finde Deinen Weg.
    Ich bereite auch seit dem Ref alle Reihen in den (kleinen) Ferien vor, um später Zeit zu sparen; da findet jeder Lehrer so seins.


    Einige meiner jungen Kollegen rennen auch in alle Steuerungssitzungen und Ausschüsse, doch dieses Engagement lässt meistens nach einem Jahr auf voller Stelle rapide nach, wenn sie auf dem Zahnfleisch gehen. Andere wiederum streben ganz klar eine Karriere im Schuldienst an, lassen sich schnellstmöglich ans Seminar abordnen, übernehmen Praktikanten, sitzen in allen Ausschüssen, nehmen jede Fortbildung mit, was letztendlich darin gipfelt, dass sie ihren ganz normalen Unterricht kaum noch wahrnehmen und dies zu Lasten der Kollegen geht (Vertretungen ohne Ende). Man kann also davon ausgehen, dass diese Kollegen die nächstmögliche Funktionsstelle mitnehmen und sich verabschieden.
    Ist ja okay, halt nicht meins.


    Prinzipiell gilt: Mach DEIN Ding! :)

    I wonder which mistake I'm going to try to learn from today.

  • Aus meiner Erfahrung:
    Ich HATTE auch mal so eine Kollegin, wie oben beschrieben.
    Sie kam als Referendarin damals an unsere Schule. Hat wirklich alles auseinander gerissen. Fantastische Unterrichtsbesuche, tolle Stunden, AG's hier und da, Engagement ohne Ende. Ok, ab und zu war sie mal krank...
    Sie hat dann daReferendariat mit 1,0 abgeschlossen. Da damals die Einstellungschancen sehr sehr schlecht waren, sie unbedingt an unserer Schule bleiben wollte und unsere Chefin so eine tolle und engagierte Kollegin unbedingt behalten wollte, wurde die schulscharfe Stelle perfekt auf sie ausgeschrieben.
    Sie bekam die Stelle, wurde aufgrund ihrer tollen Noten nach einem halben Jahr verbeamtet und...
    War nie wieder gesehen. Das war vor 6 Jahren.
    Sicherlich ein Extrem und ein Einzelfall. Allerdings habe ich nach 10 Jahren im Schuldienst gelernt, dass man an diesen Kollegen nicht allzu lange Freude hat.


    Falls bei euch beiden natürlich noch eine Verbeamtung ansteht, ist es natürlich irgendwie suboptimal, wenn man mit so einer 'Maschine' konkurrieren muss.
    Da kann man nur hoffen, dass der Schulleiter klar im Kopf ist.

  • Solche Kollegen kann ich nur bemitleiden. Wenn man Karriere machen will, wird man meiner Meinung nach kein Lehrer. Für das bißchen mehr Geld lohnt sich die Mehrarbeit doch nicht in Geringsten. Ich denke schon, dass ich relativ guten Unterricht halte, allerdings schaue ich immer, dass Aufwand (Vorbereitungszeit) und Ertrag (Lernerfolg der Schüler) in einem passenden Verhältnis stehen. Unbezahlte AGs oder Nachhilfestunden? Sorry, so etwas käme mir nie in den Sinn. Ich mag meinen Beruf - allerdings ist mir meine Freizeit und Lebensqualität genauso wichtig.

  • Ich seh das wie Seven: Wie gehts dir? das ist doch das Entscheidende. Jeder Mensch ist anders :aufgepasst:


    Du vergleichst dich permanent, weil die Frau offensichtlich einen riesen
    Wind um ihren Job macht. Woher weißt du z.B., welche Nebenjobs sie hat?
    wieso gibt sie dir Tips zur Unterrichtsvorbereitung, wann du Projekte zu
    machen und ob du in den Ferien vorzubereiten hast? Sowas kann
    Arbeitserleichterung sein, das kann oder will aber auch nicht jeder. Vielleicht wäre ein "danke, ich meld mich dann, wenn ich was wissen will" mal angebracht.


    Und natürlich nimmt ein Schulleiter es wahr, wenn sich ein Kollege engagiert. (Allerdings nicht, in dem er in seiner Privatzeit kostenlos Nachhilfe erteilt und gleichzeitig mit den Stunden runtergeht). Wenn dir solche Zusatzaufgaben aber im Moment zu viel sind, dann meld dich halt in einem Jahr mal für irgendwas, was keiner machen will oder sogar für was, was dich wirklich interessiert...


    Dass ein ganz neuer Kollege ohne Berufserfahrung in einem Gremium zur Schulentwicklung mitmischen will, finde ich persönlich übrigens ziemlich vermessen. Er kann ja noch nicht mal die aktuelle Schulsituation beurteilen :sterne:

  • Achsel zucken, auf Durchzug schalten und immer man machen und in den Burn-Out rennen lassen ! Und sowieso muss man auch an die Pharma-Industrie und Burn-Out-Kliniken denken. Da muss es wirtschaftlich brummen. 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Im Großen und Ganzen stimme ich meinen Vorrednern zu. Allerdings sehe sie es aus meiner Sicht etwas zu extrem.


    z.B. zu

    Diese Übereifrigkeit beobachte ich seit einiger Zeit massiv bei den jungen Kollegen. Volle Stundenzahl, AGs und in 2 - 3 Ausschüssen.


    Also volle Stundenzahl halte ich für normal. Bei voller Stundenzahl sollte die Belastung so sein, dass man wie in jedem anderen Beruf mit voller Stundenzahl zurecht kommt. Volle Stundenzahl ist i.d.R. auch nötig um volle Bezahlung zu erhalten. Volle Stundenzahl sollte aber natürlich auch bedeuten, dass man noch genug Zeit für Freizeit hat. Egal welcher Beruf.
    AGs?! Für mich sehe ich da kein Problem. AGs werden mir als Arbeitszeit ganz normal angerechnet. Ehrlich: Ich möchte mehr AGs haben. Da kommen wenigstens nur engagierte Schüler, da brauche ich mich nicht um Klassenarbeiten oder Elterngespräche kümmern. Es hängt bestimmt von den AGs ab, aber für meine AGs brauche ich wesentlich weniger Vor- und Nachbereitungszeit als für meine eigentlichen Fächer.
    zu 2-3 Ausschüssen: Bitte genau hin gucken: Ja, es gibt die übereifrigen. - Schlimm finde ich es, wenn Schulleitung oder Kollegen die neuen Kollegen ausnutzen. Ein Studienkollege von mir (an einer anderen Schule), wurde vom Schulleiter mal eben mehrere Tätigkeiten während der Probezeit "angeboten", da trauen sich nicht alle nein zu sagen. Und die Kollegen wählen den armen Neuen immer in alle Gremien, weil sie es schon lang genug gemacht haben und keine Lust mehr haben. Aber der Neue kann ja mal...





    Zu Vorbereitungszeit in den Ferien:
    Das kann die Arbeit erleichtern. Bedenke, dass du zur Vorbereitung nicht mehr Zeit benötigst, sondern eher weniger, weil du konzentrierst eben ein paar Tage nur das machst. Dafür hast du dann im Laufe des Jahres mehr Freizeit und kannst dann andere Dinge machen, während deine Kollegen noch am Schreibtisch sitzen.
    Im besten Fall macht man das ja auch eh nur ein paar mal. Sobald einmal die Reihen vorbereitet sind brauchst du sie ja maximal nur noch etwas abwandeln. Eigentlich solltest du ja auch schon aus dem Ref ein paar fertige Reihen haben, die du jetzt aus deiner Tasche ziehen kannst; sprich: evtl. ein paar Änderungen, aber der Größte teil ist schon fertig geplant. Wenn dich die Schulleitung jetzt natürlich in andere Jahrgänge gesetzt hat als während des Refs, dann ist es jetzt im ersten Jahr leider mit voller Stundenzahl evtl. etwas stressig. In den meisten Schulen/Fächern gibt es aber auch Bücher. Man darf ruhig nach Schulbuch vorgehen. Meiner Meinung nach brauch man sich nicht immer irgendwelche tollen neuen Reihen ausdenken und planen. Man darf ruhig die Bücher nutzen, dafür sind die meiner Meinung nach angeschafft worden.

    • Offizieller Beitrag

    Dann ist sie aber offenbar auch in mehreren Ausschüßen zur Schulentwicklung und Schulgremien (davon gibt es bei uns einige) aktiv


    Das ist richtig und wichtig. Dort werden Entscheidungen getroffen.


    und bietet nach dem Unterricht in der Schule unbezahlte Nachhilfestunden (plural) für ihre Schüler an - also über ihr Deputat hinaus, ohne Anrechnung.


    Völlig dämlich, kontraproduktiv, gegen das Prinzip der Gleichbehandlung, und aus gewerkschaftlicher Sicht eine Frechheit (Signal = "Da geht noch locker was. Und mein eigener Unterricht ist so scheiße, dass ich noch nachbessern muss!")


    Sie benutzt die Ferien um ihren Unterricht komplett auf mehrere Monate im voraus hinaus vollständig vor zu bereiten (sagt sie zumindest, und empfiehlt mir, das ebenfalls zu tun).

    Unrealistisch. Und auch kontraproduktiv. Heißt, wenn es wirklich so ist, dass sie den Klassen/Kursen ein Korsett überstülpt, das, wenn man ein wenig Lehrererfahrung hat, IMMER von der Realität überholt wird: passt nicht, passt nur geändert, findet nicht in der Reihenfolge statt, kann gar nicht stattfinden... Man guckt sich seine Schüler an und wie die auf ein Thema reagieren - und dann passt man das Thema an. Alles andere ist Unfug. Unterrichtest du ein Fach, wo es um tagesaktuelle Geschehnisse geht (PoWi, Englisch OS, etc) geht das eh nicht.


    Engagement halte ich für ungemein wichtig und bringe mich selbst gern und oft ein (Schülerberatung, Gewerkschaft, Personalräte diverser "Stufen", Fachkoordnination). Übermotivierten Aktionismus halte ich für kontraproduktiv. Und wenn man sich einbringt, dann sollte man es TUN, und nicht überwiegend drüber REDEN. Den Kollegen in die Unterrichtplanung zu quatschen fiele mir nicht ein. Ich biete alle meine Materialien und Ideen intern online an, wer die will, kann die nehmen, muss nicht bitten oder auch nur danke sagen und bekommt keinen Kommentar, wenn er den nicht will. Fragen werden beantwortet, Auskünfte und Rat wird jederzeit erteilt. So halten es mittlerweile viele Kollegen und das ist Teilen ohne Wichtigmachen, wie es sein soll.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

    2 Mal editiert, zuletzt von Meike. ()

  • Und das Schlimmste ist, dass solche Menschen auch noch penetrant und lästig werden. Und dann noch Schulleitungen, die dazu Beifall klatschen und für alle (Die Kollegin machts ja vor!) den Belastungs-Maßstab nach oben schieben wollen.8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Und ich dachte, ich sei workaholic.... Aber das sprengt alles. Zu dieser Kollegin fällt mir nur ein: Selbst Schuld....
    Und zu dir: Du benötigst dringend mehr Selbstvertrauen. Dann brauchst du dich mit niemandem "messen" oder dich fragen, ob du engagiert genug bist. Das bist du sicherlich !

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

  • na... ich vertraue durchaus in meine unterrichtsbezogenen Fähigkeiten,respektive kenne mein Entwicklungspotential... meine erste Reaktion nachdem Sie das so alles erzählte war auch eher ein gedankliches "WTF!?"... da ich relativ neu im Geschäft bin (zumindest an Schulen), war ich aber an einigen Zweitmeinungen interessiert - könnte ja sein, dass ich hier völlig daneben liege

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