Erfahrungen mit dem Lehrerberuf

  • Zum Beispiel:
    Massive Überstunden, unbezahlt. Arbeitsmaterial wird nicht gestellt.
    Es werden Ansprüche gestellt, die unter den von Staat und Kommunen gegebenen Bedingungen unerfüllbar sind. Die Schuldigen daran in den Augen der Öffentlichkeit sind aber wir.

    Eine der wichtigsten Eigenschaften, über die man als Lehrkraft verfügen sollte, ist ein dickes Fell zu haben:


    Unter den gegebenen Umständen ist das Leistbare zu machen, aber auch nicht mehr. Idealisten und "Hurra!"-Pädagogen (die bei jeder neuen Reform "Hurra!" schreien) landen früher oder später im Burnout oder in der Stundenreduzierung (und verzichten damit freiwillig auf Großteile ihres Gehaltes), weil sie unrealisitsche Ansprüche vor allem an sich selbst haben. Was nicht leistbar ist, muss man ablehnen (und auch auf den entsprechenden Konferenzen den Mund aufmachen, denn diese Konferenzen haben nicht das Recht, die individuelle(!) Arbeitsbelastung mit unzähligen Zusatzaufgaben hochzuschrauben. Ruhig darauf hinweisen, dass man dann bestimmte andere Dinge NICHT mehr machen kann).


    Und man sollte als Lehrkraft eine gewisse Affinität zu juristischen Texten haben. Wer als Lehrkraft die Rechtslage sicher kennt (Gesetze, Verordnungen, Erlasse), der lässt sich nicht mehr so leicht über den Tisch ziehen. Viele, was getan werden "muss", ist in Wirlichkeit nur eine freiwillige Zusatzaufgabe (z.B. Klassenfahrten in Niedersachsen), die man auch ablehnen kann.


    Gruß !

  • Und was die Geisteswissenschaften betrifft - stimmt, der Markt ist überlaufen. Aber wenn dein Herz dran hängt und du dafür "brennst", dann kannst du es auch damit schaffen.

    Stimmt - außer mit Geschichte :-)

    Die Mutter der Dummen ist immer schwanger.

  • Zitat von Friesin

    bitte? Wie soll das gehen, wenn Kollegen krank sind und vertreten werden müssen?

    Jule13 erwähnte unbezahlte Überstunden.


    In Bayern gilt:

    • Ausgleichspflichtige Mehrarbeit liegt vor, wenn die individuelle Pflichtstundenzahl um mehr als 3 Stunden im Kalendermonat überschritten wird
    • Für Teilzeitbeschäftigten gelten gesonderte Bedingungen

    Von massiven unbezahlten Überstunden kann, zumindest in Bayern, nicht die Rede sein.


    http://www.km.bayern.de/downlo…rbeit_im_schulbereich.pdf

  • Da stell ich doch direkt mal eine Frage:


    Wie viele fixierte Konferenztage habt ihr in den Sommerferien bzw. wie viel Anwesenheitspflicht habt ihr? (Super wäre, wenn ihr mir auch noch die ungefähre Größe eurer Schule nennen könntet).


    Wir wurden nun darüber informiert, dass ab sofort 4 Tage fixiert sind, inklusive Anwesenheitspflicht. Wir sind ca. 60 Kollegen. Die Stimmung war riesig... Deswegen wurden wir freundlicherweise direkt darauf hingewiesen, dass auch eine gesamte Woche veranschlagt werden kann. Weiterhin wurden wir darüber aufgeklärt, dass ab sofort alle Fakos der aktuell unterrichtenden Fächer zu besuchen sind, (nicht nur zwei, wie zunächst verkauft, damit auch fachfremder Unterricht übernommen wird). Hm...

  • Wir keine Anwesenheitspflicht, in den Sommerferien eine Konferenz (ca. 1,5h) unmittelbar vor Schuljahresbeginn. Ungefähr 1100 Schüler, rund 100 Lehrer.

  • Meine Überstunden kommen auch nicht durch mehr Unterrichtsstunden, sondern durch Konferenzen, Teamsitzungen, Eltergespräche, Planung und Buchung von Aktivitäten meiner Klasse, Formalitäten wie Arge-Anträge, Telefonate, Absprachen usw.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • An die 1000 Schüler, knapp 70 Kollegen und 2 Tage Anwesenheitspflicht wegen Lehrerkonferenzen und Fachkonferenzen . Es müssen alle Fachkonferenzen wahrgenommen werden, bei mir sind das also 3. Ansonsten Anwesenheitspflicht im Lande ab Donnerstag bevor die Schule losgeht (sprich 1 Woche vor Unterrichtsbeginn), damit man sich ggf. treffen kann.

  • 2 Tage Konferenzen und Teamsitzungen verpflichtend am Ende der Ferien. Die Anzahl der Termine hängt von den Lerngruppen und Fächern im Stundenplan ab.
    Ca. 1400 SuS, ca. 130 Lehrkräfte

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Zitat

    wie überall in Thüringen: letzte Woche der Sommerferien ist Vorbereitungswoche ink.Fachkonferenzen. Ein Tag davon ist landesweiter Fortbildungstag

  • Zitat von Jule13

    Meine Überstunden kommen auch nicht durch mehr Unterrichtsstunden, sondern durch Konferenzen, Teamsitzungen, Eltergespräche, Planung und Buchung von Aktivitäten meiner Klasse, Formalitäten wie Arge-Anträge, Telefonate, Absprachen usw.

    Wie hoch ist deine durchschnittliche monatliche Arbeitsbelastung? Wie lange bist du schon im Dienst?

  • Du polarisierst viel zu stark (Idealisierung des Lehrerberufs <-> Herabwertung der restlichen Berufe), vermutlich hast du innerlich deine Entscheidung schon getroffen.


    Entweder das oder ich idealisiere meine eigene Schulzeit, weil mir da eben Lehrer imponiert haben. Dazu noch "Horrormeldungen" aus der freien Wirtschaft und vor dem knochenharten Medizinstudium, perfekt ist die Mischung, um mich verzweifeln zu lassen.


    Zitat von neleabels

    Die Welt ist voller wunderbarer Tätigkeiten und Möglichkeiten. Und es gibt viel mehr im akademischen Bereich zu entdecken als die Geisteswissenschaften, die sich mit den Schulfächern decken. Ich würde dir raten, dich zuerst eimal umzusehen, ehe du dich dafür entscheidest, die Schule niemals zu verlassen.


    Ich hatte gehofft, dass mir die im Studium begegnen. Klar, Philosophie bspw. ist auch interessant, sehe ich aber keine Berufsmöglichkeiten. Sozialwissenschaften oder Psychologie klingen auch toll, ich könnte mir aber nicht mein Leben lang die Probleme anderer Menschen anhören bei zweiterem. Und bei Lehramt habe ich da zum einen meine Fächer, die spannend sind (wenngleich "nur" auf Abiniveau), kann Wissen vermitteln und weiß am Ende des Tages, dass ich was sinnvolles gemacht habe, und kann mich nebenher in der Politik engagieren, notfalls in den Journalismus, etc..


    Zu den ganzen Überstunden-Beiträgen kann ich mich ja nicht äußern.

  • Entweder das oder ich idealisiere meine eigene Schulzeit, weil mir da eben Lehrer imponiert haben. Dazu noch "Horrormeldungen" aus der freien Wirtschaft und vor dem knochenharten Medizinstudium, perfekt ist die Mischung, um mich verzweifeln zu lassen.

    Freie Wirtschaft ist ja nicht gleich freie Wirtschaft. Es gibt Bereiche, in denen geregelte Arbeitszeiten inkl. Aufschläge drin sind + sogar ein eigenes Büro mit Dienstwagen.
    Vielen Zahnärzten, Physikern, Chemie-Ings, Informatikern, so einigen Pharmazeuten und Juristen geht es beileibe nicht schlecht. Als Anfänger im Lehramt arbeitest du auch überdurchschnittlich bis abartig viel. Wenn du Glück hast, dann kommst du später vielleicht an eine Funktionsstelle und erhälst mit noch mehr Glück deinen eigenen Arbeitsraum - das war es dann aber auch schon wieder. Angst vor der freien Wirtschaft zu haben ist ein sehr schlechter Indikator, um sich für das Lehramt zu entscheiden. Ich war vor einigen Wochen im Brennpunkt an einer Gesamtschule zur Hospitation und die dortigen Arbeitsbedingungen (was die Schülerschaft, die Koordination, den Umgang miteinander, die Ausstattung etc. betrifft) haben mich wirklich, wirklich schockiert. Zum Glück war das nur für einen Tag. Es ist ja eh nicht meine Lehramtsform, aber bevor ich irgendwann noch einmal als Lehrer nur einen Schritt in so eine Schule setzen müsste, würde ich lieber aussteigen und mir etwas an einer kirchlichen Schule suchen oder ganz in die freie Wirtschaft als bspw. Heilerziehungspfleger, Arbeitserzieher in einer Behindertenwerkstatt oder Tankwart wechseln. Als Gym-Lehrer für Geschichte/Politik ist die Wahrscheinlichkeit gar nicht mal so gering, dass du statt an einem Gymnasium auch an einer Gesamtschule landen könntest. Könntest du mit Jugendlichen Tag für Tag umgehen, die nie Grenzen kennengelernt haben, die mit 200km/h Richtung JVA unterwegs sind, die von deinen Unterrichtsfächern und Engagement nichts hören wollen und die kaum die Polizei und erst recht nicht die Lehrerschaft ernst nehmen? Selbst um Stellen an solchen Schulen wird sich die Masse an Geschichtskanditaten gegenseitig zerreisen und häuten. Ich bin mir darüber bewusst, dass es gute Gesamtschulen geben soll - alle die ich bisher kennengelernt habe waren aber Hauptschulen Plus. Oder Sekundarschulen. Oder wie man das nach aktuellem Stand der political correctness auch immer schön zu reden versucht.

    Und bei Lehramt habe ich da zum einen meine Fächer, die spannend sind (wenngleich "nur" auf Abiniveau), kann Wissen vermitteln und weiß am Ende des Tages, dass ich was sinnvolles gemacht habe, und kann mich nebenher in der Politik engagieren, notfalls in den Journalismus, etc..

    Ich meine es nicht abwertend, aber man merkt einfach sehr deutlich, dass dir noch die Lebenserfahrung außerhalb des wohlbehüteten Gymnasiums fehlt. Vom politischen Engagement wirst du nicht satt und der Journalismus ist ein brutales Gewerbe, oftmals am Rande des Existenzminimums und wird nicht selten von Leuten als Selbstverwirklichung neben ihrem eigentlichen, normalen Job betrieben. Die Arbeit mit Schülern und Eltern kann unter Umständen nervlich sehr belastend werden, sodass nicht wenige an den Punkt kommen sich zu fragen, worin denn noch der Sinn des Ganzen bestehen soll. Hast du vielleicht darüber nachgedacht vor dem Studium eine Ausbildung im Sozial- oder Gesundheitswesen zu machen? Als Erzieher? Als Heilerziehungspfleger? Als Krankenpfleger oder Altenpfleger? Als MTA oder BTA? Bei vielen ist erst hier der Groschen gefallen und sie wussten dann ganz genau, dass sie Medizin oder Lehramt studieren möchten und nichts anderes. Oder sie sind sich eben darüber bewusst geworden, dass sie als Beschäftigte nie mehr wieder für eine Schule oder ein Krankenhaus arbeiten möchten.

  • wie überall in Thüringen: letzte Woche der Sommerferien ist Vorbereitungswoche ink.Fachkonferenzen. Ein Tag davon ist landesweiter Fortbildungstag

    Hi Friesin,


    in NRW müssen wir uns auch in der letzten Schulwoche für Vorbereitungen bereit halten. Aber habt ihr auch jeden Tag eine fixe Anwesenheitspflicht und Konferenzen?
    Wir haben bald 4 Tage Konferenzen und per Dienstandordnung Anwesenheitspflicht.

  • in NRW müssen wir uns auch in der letzten Schulwoche für Vorbereitungen bereit halten. Aber habt ihr auch jeden Tag eine fixe Anwesenheitspflicht und Konferenzen?

    ja. Die Schule legt den Plan für die Woche fest. Erfahrungsgemäß von 9 - 15/ 16 Uhr. Täglich. Es gibt, wie ich ja schon schrieb, Fachkonferenzen, Gesamtkonferenzen, pädagogische Konferenzen.


    Du hast als Lehrer also 5 Wochen Sommerferien.


    Auch wenn man mich nun steinigt: ich finds soooo übel nicht. Das entlastet die ersten Wochen ganz enorm.

  • Auch wenn man mich nun steinigt: ich finds soooo übel nicht. Das entlastet die ersten Wochen ganz enorm.

    Ich finde das auch in Ordnung - die Ferien sind, bis auf den Erholungsurlaub, der jedem Arbeitnehmer zusteht, unterrichtsfreie Zeit aber Arbeitszeit. Ich habe überhaupt kein Problem damit, dass in der letzten Ferienwoche eine de facto Urlaubssperre herrscht, in der die Arbeitszeit des Kollegiums für schulinterne Aufgaben gebündelt wird. Das ist doch eine ganz normale betriebliche Organisationsmaßnahme, bei der niemand einen Nachteil hat.


    Nele

  • auch an einer Gesamtschule landen könntest. Könntest du mit Jugendlichen Tag für Tag umgehen, die nie Grenzen kennengelernt haben, die mit 200km/h Richtung JVA unterwegs sind, die von deinen Unterrichtsfächern und Engagement nichts hören wollen und die kaum die Polizei und erst recht nicht die Lehrerschaft ernst nehmen?

    Äh? Bitte? Wie viele Gesamtschulen hast du kennengelernt?

  • Äh? Bitte? Wie viele Gesamtschulen hast du kennengelernt?

    Ja, das möchte ich bitte auch nicht so stehen lassen. Sicherlich gibt es diese Extreme, aber auch viele Gesamtschulen, die eben das sind, was draufsteht: Eine Schule für ALLE Kinder. Von denen die meisten einfach ganz normale Kinder sind.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Äh? Bitte? Wie viele Gesamtschulen hast du kennengelernt?

    Ja, das möchte ich bitte auch nicht so stehen lassen. Sicherlich gibt es diese Extreme, aber auch viele Gesamtschulen, die eben das sind, was draufsteht: Eine Schule für ALLE Kinder. Von denen die meisten einfach ganz normale Kinder sind.

    Ca. zehn Gesamtschulen. Ich war vor der Paukerei als Erzieher über den Kreis beschäftigt, weswegen ich mobil ziemlich viel im Ganztag herumgekommen bin.
    Jetzt fühlt euch doch nicht wieder sofort auf den Schlips treten - ich habe im Vorhinein sehr deutlich gemacht, dass ich mir schon darüber bewusst bin dass es gute Schulen geben soll. Die habe ich persönlich nicht erlebt, wenn ihr jedoch an einer Guten arbeitet, umso besser.

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