Euer Korrigiermodus...

  • Korrigiere aufgabenweise und lese zuerst die, die erwartungsgemäß am besten abschneiden könnten, dann die Arbeiten der schwächsten Schüler in dem jeweiligen Lernfeld, gefolgt vom Rest.

    Bei "selbst schuld" wird nicht gepustet!

  • Da ich gerade über einer D-Klausur sitze... In der Unterstufe korrigiere ich jede Arbeit komplett durch. In Mittel- und Oberstufe korrigiere ich einmal alle Gliederungen durch, sortiere dabei die Angaben aus und lege das Kommentarblatt an. Das gibt mir einen Überblick, wie die Aufgabenstellung erfasst wurde und ob auftretende Probleme noch im Erwartungshorizont berücksichtigt werden sollten. Außerdem habe ich nach diesem Durchgang immer das Gefühl, schon etwas geschafft zu haben. Dann mache ich Dreierstapel und korrigiere die Arbeit durch und verfasse meinen Kommentar. Am Ende habe ich dann in der Regel zwei bis vier Arbeiten, die ich nochmal vergleichend ansehe, um dann dort Note festzulegen. Sprachlich sehr fehlerhafte Arbeiten oder gruselige Handschriften sind immer in der Mitte eines Päckchens. Die erste zum Aufwärmen, die zweite zum Haare raufen und die dritte wird dann auch noch zu schaffen sein...
    Auch wenn es mit den Berufsjahren besser wird, vermutlich, weil meine Beurteilungskriterien sicherer sind, ist Korrigieren noch immer einer der ungeliebtesten Aufgaben, die mich erstaunlich stressen können. Besonders dann, wenn ich nicht sofort mit der Korrektur angefangen habe.


    In Französisch korrigiere ich überwiegend aufgaben- oder seitenweise. Das empfinde ich aber deutlich weniger belastend, sondern befriedigend, weil ich da schnell einen Stapel abgearbeitet habe (Überwiegend Mittelstufe).

  • Korrigieren ist ja auch eine stumpfinnigsten und stupidesten Aufgaben, die man so als Lehrer hat: für den Rest deines Berufslebens musst du schlecht konzipierte, schlecht durchdachte und stilistisch unbeholfene, letztlich fast unlesbare Texte von Schreibanfängern nicht nur lesen sondern auch noch reparieren.

  • Das ist wohl wahr, Nele.
    Andererseits versuche ich, mich darauf zu konzentrieren, welche meiner Botschaften bei den Schülern ganz oder teilweise ankommen. Und das werden erfreulicherweise mehr. Also manchmal jedenfalls. Und ich lese seltener meine Verkürzungen. Denn das hat mich anfangs verrückt gemacht, dass sich meine verunglückten Formulierungen oder Fehler im Unterricht grundsätzlich besonders gut einprägten und dann in dreißigfacher Ausführung verlässlich zu lesen waren...

  • Das ist wohl wahr, Nele.
    Andererseits versuche ich, mich darauf zu konzentrieren, welche meiner Botschaften bei den Schülern ganz oder teilweise ankommen. Und das werden erfreulicherweise mehr. Also manchmal jedenfalls. Und ich lese seltener meine Verkürzungen. Denn das hat mich anfangs verrückt gemacht, dass sich meine verunglückten Formulierungen oder Fehler im Unterricht grundsätzlich besonders gut einprägten und dann in dreißigfacher Ausführung verlässlich zu lesen waren...

    Du meinst "Der Autor bringt das gut rüber"? ;)

    • Offizieller Beitrag

    Ich korrigiere jede Klausur als Ganzes, weil ich sie ja auch als Ganzes zu bewerten habe.
    Das mit den einzelnen Aufgaben habe ich mal in der Unterstufe in Englisch gemacht, habe aber festgestellt, dass das Bewegen der Hefte für jede einzelne Aufgabe einfach zu unökonomisch ist. Da habe ich mehr Hin- und Herschieben als effektives Korrigieren.
    Bei einem kriteriengestützten EWH fällt für mich das Vergleichen einzelner Arbeiten untereinander weg - bei Grenzfällen, wo ich mich erinnere, dass ich anfangs so und später anders korrigiert habe, ist das natürlich eine Ausnahme. Da muss man dann eben nochmal ran.


    Die wirklich Guten kommen bei mir am Schluss, das mag die Guten ggf. etwas zu gut wegkommen lassen, ist aber immer noch besser als umgekehrt, wo sich das Aufregen über die Schlechten, nachdem man bereits die Guten gelesen hat, ggf. in unverhältnismäßiger Härte niederschlägt.

    • Offizieller Beitrag

    Motivationstechnisch bei mir ja. Ich fange mit den Schwächeren an, weil ich mich da u.U. am Anfang ein bisschen ärgere, dieser Ärger aber nicht so anwächst, dass ich dann bei beispielsweise 8 vorher korrigierten Klausuren bei einem schwachen Schüler aufgrund des möglichen Kontrastes zur vorherigen Klausur eines (stärkeren) Schülers ggf. unbeabsichtigt unnötig hart korrigiere und bewerte. Natürlich können solche Kontraste auch so vorkommen, weil die Schüler ja nicht zwingend immer dieselbe Leistung zeigen.
    Die richtig Guten schreiben ja in der Regel auch sehr viel - die hebe ich mir für den Schluss auf, sozusagen als Zückerli. Ich habe mit diesem Verfahren im LK bisher für mich persönlich gute Erfahrungen gemacht.

  • Ich fange v.a. in Latein, aber auch oft in der Kursstufe Englisch mit den in der Regel besten Schülern an, weil ich da am schnellsten merke, falls meine Aufgabenstellungen problematisch waren. Dann kann ich frühzeitig den Erwartungshorizont und die Kriterien anpassen, wenn es dumm lief. In der Regel sind die schlechteren Schüler leider nur selten eine Orientierungshilfe, vor allem in Latein, wo manche auch bei leichten Aufgaben absolut nicht klarkommen.
    Außerdem ist das zumindest grobe Sortieren psychologisch wichtig für mich. Wenn ich mit schlechten Arbeiten beginne, ist der Frust und der Streß gleich so groß, dass ich die Flinte ins Korn werfe und erstmal dringend das Haus putzen muss oder so.

  • Ich finde es bringt sehr viel erstmal in schwächere und stärkere Schüler zu sortieren. Halte übrigens gar nicht viel davon erst die Schwächeren zu korrigieren aus folgenden Gründen, denn das hatte ich auch mal eine Zeit probiert.
    Liest man erstmal die Schwachen, dann neigt man leicht dazu zu sagen "Ach ja, naja, eigentlich hat er es ja grob richtig beschrieben. Im Unterricht habe ich es zwar viel genauer gemacht, man versteht ja aber was er meint, auch, wenn es sehr rudimentär dargestellt ist." Ihm fehlen aber die Fachworte und eine exakte Beschreibung und er bekommt aber aufgrund der von mir beschriebenen Denkweise unverhältnismäßig viele Punkte, weil man einen ein paar Klausuren las, die alle so schwach sind. Kurzum: Man schraubt seine Ansprüche herunter und legt seinen Bewertungshorizont sehr lasch aus. Ich zweifelte dann immer, ob ich im Unterricht vielleicht nicht ausführlich auf die Phänomene eingegangen bin, Fachsprache eingefordert habe oder penibel genug bei der Anwendung chemischer Symbolik war.


    Auch denkt man bei manchen Aufgabenbereich III Aufgaben "Okay, also die exakt richtige Lösung zu bringen ist anscheinend sehr schwer gewesen, die Aufgabe scheint etwas überzogen gewesen zu sein" und bewertet Ansätze zur Lösung überproportional gut.


    Habe ich aber erstmal die guten SuS gelesen, dann weiß ich, was der Standard ist. Wenn ich dann lese, dass diese SuS die von mir vermittelte Fachsprache und Exaktheit mustergültig an den Tag legen, dann fällt es mir viel leichter dies auch in der Korrektur einzufordern. Ich weiß dann:"Ja, in meinem Unterricht habe ich das so vermittelt, diese Fachwörter verwendet (und im Heft ja auch sichern lassen), auf ausführliche Erklärungen wert gelegt usw.".


    Daraufhin ziehe ich dann bei schwachen oder mittleren Klausuren doch deutlich mehr ab für fehlende Fachsprache, Ungenauigkeiten usw., als würde ich erstmal einen Berg von nur schwachen Arbeiten beackern.
    Und der hohe Anspruch ist auch eigentlich das, was ich möchte: Die Fachsprache sollte eingehalten werden und SuS sollen lernen exakt zu arbeiten und zu formulieren.


    Selten hatte ich es, dass auch die sonst wirklich guten SuS bei einer Aufgabe oder gar mehreren Aufgaben (und zwar alle guten SuS) enorme Schwierigkeiten hatten. Das nehme ich dann auf meine Kappe und senke die dort erwarteten Punkte ab und wenn das doch jemand bringt (z.B. auch von schwachen), kriegen die Bonuspunkte. Auch bin ich dann gerne bereit die Erwartungen herunterzuschrauben und Ansätze zu Lösung besser zu bewerten, als wenn viele die Aufgabe gut lösen konnten.
    Aber solang die guten SuS das alles so bringen wie ich das gern hätte, setze ich das auch als erreichbaren Standard und fordere dann diesen auch bei der Bewertung ein und stufe von dieser Leistung aus ab nach unten.
    Dadurch stehen die schwächeren vermutlich schwächer da, als bei der Bolzbold Methode. Allerdings, so behaupte ich, liegt das Niveau dann auch etwas höher, weil man weniger durchgehen lässt.
    Schüler neigen leicht dazu zu sagen:"Ach, ich hab doch (fast) volle Punkte, passt doch!" Und dann sind sie zufrieden und selbstgefällig mit ihrer Leistung! Da ist mir lieber sie kommen an und fragen:"Was, wieso fehlen mir denn so viele Punkte?" Und dann kann ich erklären, welche Fachausdrücke fehlen, was mir zu ungenau ist und so weiter. Gerade sehr ehrgeizige Schüler möchten wissen, wie sie noch besser sein können. Die kann man dadurch auf ein erstaunliches Niveau bringen, ich habe einen Kurs mit echt ein paar Granaten, die sind mittlerweile so gut geworden. Dann bin ich auch gerne bereit vielen Noten im 1er Bereich zu geben, ich ziehe dann das Niveau nicht nachträglich noch mal an.





    Ich stellte bei dem Schema "Schwache zuerst" übrigens auch fest, dass meine Punktevergabe weniger differenziert wurde. Denn wenn die Schwachen für mäßige Ansätze schon überproportional großzügig Punkte bekamen, dann haben an sich richtige Lösungen, die aber fachsprachlich nicht wirklich gut waren oder hier und da kleine Makel enthalten, volle oder fast volle Punkte.
    Kommt man dann zu den richtig guten Klausuren, dann gab es nur noch den Einheitsbrei von guten Punkten, weil deren Lösungen alle deutlich besser sind als bei den Schwachen, die ja nun irgendwie der betrachtete Standarad sind, und selbst mittelgute Lösungen schon (fast) volle Punkte brachten. Korrigiere ich zuerst die Starken und beginne dort bereits kritischer zu werten, dann habe bilde ich das Spektrum von mustergültiger, fachsprachlich exakter und ausführlicher Lösung bis zu bullshit auch auf der Punkteskala der Aufgabe realistischer ab.

    • Offizieller Beitrag

    Das hat in dieser pauschalen Form auch niemand behauptet.
    Was Du aber aus den Threads herauslesen kannst, ist unsere Reflexionsfähigkeit darüber, was bei uns jeweils das Maß an Objektivität verschwimmen lässt. Das sollte Dich im Gegenzug sogar beruhigen, weil wir Störfaktoren erkennen, mögliche subjektive Einflüsse versuchen einzudämmen und somit individuell verschiedene Vorgehensweisen haben zum Wohle der Schüler.

  • Ich habe gerade einen Klausurstapel parallel mit einem (fast fertigen) Referendar korrigiert. Und siehe da: Wir waren uns in fast allen Bewertungen einig.
    Wenn man einen gut und differenziert formulierten Erwatungshorizont hat, sollte es nicht so ausschlaggebend sein, ob man zuerst die starken oder die schwachen Klausuren korrigiert. Dadurch nähert man sich auch stärker einer Objektivität an.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Ich fange auch mit den ganz guten und den ganz schwachen an.


    Bei den ganz guten ist es mir einfach eine Freude und es geht ganz schnell. Lesen, ein paar Fehler korrigieren, bepunkten, gut ist.


    Bei den ganz schlechten geht es auch schnell, das ist meist so eine gequirlte Sch....., dass nach 3 Minuten klar ist, dass ist eine 5. Da brauche ich mir bei den Punkten keinen Kopf zerbrechen.


    Beim Mittelfeld ist es oft kniffliger und viel zeitaufwändiger. Und sprachlich oft auch noch ziemlich schlecht, so dass es eine Qual wird, aber trotzdem oft noch eine 4 oder sogar eine 3 rauskommt.

  • Erwartungshorizont: Zumindest der zweite Teil in den Fremdsprachen ist ja in NRW vorgegeben. Trotzdem ist das vieeeeeles Auslegungssache, so dass man


    a) oft recht lange grübelt und
    b) man auch da tatsächlich an verschiedenen Tagen unterschiedlich bepunktet


    Ich schaffe NIE einen Stapel an einem Tag. Ich brauche 45-60 Minuten für eine Klausur. Bei 25 Klausuren sind das fast 3 komplette Arbeitstage.

    • Offizieller Beitrag

    Und die offiziellen Vorgaben, nach denen korrigiert und benotet werden muss, sorgen für zusätzlichen Frust. Wofür ich früher locker eine Fünf gegeben hätte, gibt es jetzt per Dekret eine 4+...
    Dann kann sich Frau Kraft wieder rühmen, dass es Schulen gibt, an denen die Hälfte eines Jahrgangs ein Einserabi hinlegt.

  • Ich habe gerade einen Klausurstapel parallel mit einem (fast fertigen) Referendar korrigiert. Und siehe da: Wir waren uns in fast allen Bewertungen einig.

    Ich habe gerade die Zweitkorrektur der schriftlichen Matur im Fach Chemie gemacht und war auch erstaunt und beruhigt, wie einig der Kollege und ich uns waren - und das trotz eines wirklich sehr unterschiedlichen Unterrichtsstils!


    Mir ist lediglich aufgefallen, dass er bei einem von zwei Kursen bei einer ganz konkreten Aufgabe schneller Punkte gegeben hat, als beim anderen Kurs. Das haben wir zusammen noch mal angeschaut und festgestellt, dass er diesen Kurs tatsächlich zuerst korrigiert hatte und da sein Frustlevel offenbar noch nicht besonders hoch war. Wir haben dann bei ein paar Schülern aus dem anderen Kurs noch mal einen halben bis einen Punkt dazugegeben, was bei so einer grossen Arbeit am Ende aber natürlich nicht mehr viel ausgemacht hat.

  • Stimmt, Bolzbold. Bei meinem aktuellen Stapel sind ein paar ganz schlechte dabei, ich komme aber trotzdem nicht unter eine 5+, egal was ich tue.
    Diese Bewertungsbögen sind echt soooo wischi-waschi. Da muss man sich schon anstrengen, um eine 5 zu bekommen. Quasi mutwillig.

  • Ich korrigiere die Klausuren auch immer als Ganzes. Hatte es aber auch schon anders probiert, aber das scheint nicht mein Weg zu sein. Für mich ist es


    a) motivierender, wenn ich eine Klausur komplett 'geschafft' habe
    b) einfacher, weil ich ja auch den Stil bewerten muss und mir dies leichter fällt, wenn ich die ganze Arbeit gelesen habe


    Dafür muss ich natürlich auch den EH gut aufgesetzt haben. Gelegentlich vergleiche ich nochmals direkt miteinander, denn es kommt schon mal vor, dass ich zu Beginn strenger bin als am Ende... Aber das merke ich ja dann.
    Gott sei Dank sind wir uns im Kollegium auch einig. Bei den Zweitkorrekturen gab es noch keine Schwierigkeiten.


    LG


    Sylvana

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