Lehrer in der heutigen Zeit - würdet ihr es wieder studieren?

  • Besonders schön an meinem Beruf finde ich, dass wir, egal was das Ministerium mal wieder sich ausdenkt, alle an einem Strang ziehen. Sehr flache Hierarchien und ganz viel zwischenmenschliches Positives. An meiner Schule. An den Schulen, an denen ich bisher war und an denen ich Kollegen kenne. Muss also überall so sein.

    Bolzbold #5

    Gutmensch und Spaß dabei (= das GG und der Diensteid sind schon 'ne gute Sache 😉)

    "Und hast du die Ausrufezeichen bemerkt? Es sind fünf. Ein sicheres Zeichen dafür, dass jemand die Unterhose auf dem Kopf trägt." (T. Pratchett)

  • Das wird jetzt in Zeiten der Inklusion viele wundern, aber wenn ich jetzt wählen könnte, würde ich Sonderpädagogik studieren. Wobei ich ja sowieso eher zufällig da rein gerutscht bin, da ich bei der Bundeswehr war (ich war jung und brauchte das Geld) und die Fernuni Hagen damals nur Wirtschaft und Recht angeboten hat, ich nahm Wirtschaft, sah mich aber nicht im Anzug und habe durch Zufall auf dem Arbeitsamt mal den Flyer "Diplom-Handelslehrer" gegriffen ... der Rest ist Geschichte ;)

  • Ich glaube, als Sonderpädagoge in der Inklusion geht es einem auch gar nicht schlecht. In NRW bekommt man A13, hat aber an den meisten Schulen kaum eigenen Fachunterricht oder gar Klassenleitung.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Den Widerspruch sehe ich auch nicht, da es (in Hessen) durchaus genug Förderschulen gibt und die ideologisierte Inklusion letztendlich den Eltern nicht den Besuch der Förderschule ihrer Kinder verbietet. Aber gut, auch an der Berufsschule gibt es Ausbildungsberufe für Menschen mit Förderbedarf, von daher ist es sicher schön, wenn es Lehrer gibt, die auch in diesen Bereichen gerne unterrichten wollen, da sie sicher nicht zu den beliebtesten innerhalb des gesamten Unterrichtsangebots zählen.

  • Die mir persönlich bekannten Sonderpädagogen in der Inklusion in NRW tun viel dafür, zurück an die Förderzentren versetzt zu werden. Genau das Fehlen der Klassleitung, des Fachunterrichts oder überhaupt eines sinnvollen Einsatzes der eigenen Arbeitskraft lässt viele verzweifeln.


    Und doch, wenn man sinnvolle Inklusion machen will, braucht man viele, viele Ressourcen, und die gibt es sicher nicht extra, lieber Lehramtsstudent, sondern die entstehen in vielen Ländern durch die schrittweise Schließung der Förderzentren. Niemand verbietet den Eltern, das Kind an die Förderschule zu schicken; es gibt einfach nur noch sehr wenige oder teils auch keine passende mehr.

  • Den Widerspruch sehe ich auch nicht, da es (in Hessen) durchaus genug Förderschulen gibt und die ideologisierte Inklusion letztendlich den Eltern nicht den Besuch der Förderschule ihrer Kinder verbietet

    Dass Du den Widerspruch nicht verstehst, überrascht mich nicht, aber ich würde ja gerade gerne in die Inklusion gehen und nicht an eine Förderschule.

  • OK, da ich dich inzwischen einigermaßen kenne, überrascht das mich weniger. Es ist nur eher ungewöhnlich, da die meisten Förderschullehrer hier im Forum und anderen Online-Communities mit den Bedingungen der Inklusion nicht sonderlich zufrieden sind und im Zweifelsfall die Förderschule als Einsatzbereich vorziehen.

  • Dass Du den Widerspruch nicht verstehst, überrascht mich nicht, aber ich würde ja gerade gerne in die Inklusion gehen und nicht an eine Förderschule.


    Hallo Trantor,


    es kommt letztlich darauf an, ob man von der "radikalen" oder der "gemäßigten" Inklusion spricht, bzw. in welchem Sinne man den Begriff für sich interpretieren möchte.


    Die radikalen Inklusionsbefürworter wollen die Sonderpädagogik abschaffen: Eine Pädagogik unterschiedslos für alle! ;)


    der Buntflieger

  • Die radikalen Inklusionsbefürworter wollen die Sonderpädagogik abschaffen: Eine Pädagogik unterschiedslos für alle!

    Die sind mir bis jetzt noch nicht untergekommen, und ich bin ja viel in dem Bereich unterwegs. Ich würde es aber soweit unterstützen, dass jeder Pädagoge heutzutage durchaus auch eine Grundlagenausbildung in Sonderpädagogik haben sollte.

  • Die sind mir bis jetzt noch nicht untergekommen, und ich bin ja viel in dem Bereich unterwegs. Ich würde es aber soweit unterstützen, dass jeder Pädagoge heutzutage durchaus auch eine Grundlagenausbildung in Sonderpädagogik haben sollte.

    ...bin ich jetzt sehr bissig, wenn ich anrege, dass alle potentiellen Eltern das auch mal lernen sollten, damit sie wissen, wie sie diverse Probleme vermeiden...?
    Pädagogik ist eine Sache. Besonderen Förderbedarf gibt es aber in solcher Vielfalt... ist doch kein Geheimnis.
    Und ich wage es sogar zu sagen, mit einigen davon haben auch Nicht-Förderlehrer eher wenige Probleme. Das Klischee vom "Rollstuhlkind". Hilfsmittel vorhanden, und dazu ein wenig "gewusst wie".
    Das mMn schwierigste Kapitel ist da EmSoz. Und um diese Probleme gar nicht erst "entstehen" zu lassen, wären entsprechend fähige Eltern schon ein wünschenswerter Faktor, oder...?
    (Und nein, natürlich gibt es auch ganz andere Ursachen als das Elternhaus für EmSoz, aber das ist durchaus eine nicht allzu seltene... und ich habe so ein wenig den Eindruck, deren Zahl ist in der jüngeren Vergangenheit ganz schön angestiegen.)

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  • Ich würde es aber soweit unterstützen, dass jeder Pädagoge heutzutage durchaus auch eine Grundlagenausbildung in Sonderpädagogik haben sollte.


    Hallo Trantor,


    das ergibt sich zwangsläufig aus dem Umstand, dass - zumindest zeitweise - keine differenzierte Ausbildung mehr in Sonderpädagogik angeboten wurde. Die Idee war es schließlich ursprünglich, dass diese Aufgabe von allen Lehrern übernommen werden soll.


    Dass das so nicht klappt, weiß man inzwischen.
    Ich wage es kaum zu sagen, aber ich hätte nicht Sonderpädagogik studiert, weil ich nicht explizit mit speziell förderbedürftigen Kindern arbeiten möchte. Wird mir das künftig abverlangt, werde ich mich selbstverständlich so gut als möglich damit arrangieren.


    Viel besser fände ich es jedoch, wenn diese hoch anspruchsvolle Aufgabe von solchen Lehrkräften ausgeübt wird, die sich aus persönlichen Gründen ganz bewusst dafür entscheiden, das zu tun. Du gehörst offenbar dazu. Das ist meine ehrliche Meinung.


    der Buntflieger

  • Selbst wenn man eine Schmalspurveranstaltung "Einführung in die Sonderpädagogik" ins Lehramtsstudium reinpackt, "richtige" Förderschullehrer haben noch einmal eine ganz andere Expertise in dem Bereich und ich würde mein Kind mit Förderbedarf eher so jemandem anvertrauen als jemandem, der durch trial-and-error irgendwie versucht, der Lage Herr zu werden. Trantor beschäftigte sich jahrelang mit der Thematik, weswegen ich ihm diese Expertise auch zutraue, aber das kann man auch nicht jedem Regellehrer abverlangen, da diese auch durch ihr Hauptgeschäft schon ausreichend gefordert sind.

  • Selbst wenn man eine Schmalspurveranstaltung "Einführung in die Sonderpädagogik" ins Lehramtsstudium reinpackt

    Es würde schon helfen, wenn die Expertise "wer ist für was zuständig" da wäre, das ist nämlich in meinem Geschäft 90% der Inklusionsfragen.

  • ... Ich wage es kaum zu sagen, aber ich hätte nicht Sonderpädagogik studiert, weil ich nicht explizit mit speziell förderbedürftigen Kindern arbeiten möchte. Wird mir das künftig abverlangt, werde ich mich selbstverständlich so gut als möglich damit arrangieren.
    Viel besser fände ich es jedoch, wenn diese hoch anspruchsvolle Aufgabe von solchen Lehrkräften ausgeübt wird, die sich aus persönlichen Gründen ganz bewusst dafür entscheiden, das zu tun. ...

    Viele Lehrer macht dieses Arrangement auf Dauer krank.

  • Es würde schon helfen, wenn die Expertise "wer ist für was zuständig" da wäre, das ist nämlich in meinem Geschäft 90% der Inklusionsfragen.

    Ihr braucht ein Konzept, in dem genau das festgeschrieben ist. Das macht nur einmal Mühe, danach fällt jede mühevolle Diskussion weg.

    Dödudeldö ist das 2. Futur bei Sonnenaufgang.

  • Ich glaube, als Sonderpädagoge in der Inklusion geht es einem auch gar nicht schlecht. In NRW bekommt man A13, hat aber an den meisten Schulen kaum eigenen Fachunterricht oder gar Klassenleitung.

    Nuja, das kommt drauf an, welche Ansprüche man an seine Arbeit stellt.


    Im Inklusionssetting wird ein 'reiner' Sonderpädagoge nur in seltenen Fällen voll in seiner Arbeit aufgehen können.....Man stelle sich auch mal nur die Umstellung vor, z.B. 25 Jahre ESE-Klassenleiter und jetzt, nuja, irgendwie oft eine 'Hilfskraft' (von quasi vorgesetzten Regelschul-Kollegen, deren pädagogische Kompetenz man oftmals als hochgradig zweifelhaft empfindet)


    Bei Jule lese ich raus, dass man ein relativ laues Leben hätte - so kann man das in der Tat sich oftmals einrichten (gibt sicherlich auch Sopäs, die sich damit arrangieren), aber....


    Trantors Wunsch verwundert mich (und ist vermutlich darauf zurückzuführen, dass er nicht die Perspektive des reinen Sonderpädagogen hat)

  • Unser Beruf bringt relativ viel Verantwortung aber auch einige Freiheiten mit sich. In jeder Schulform und mit jeder Fächerkombination gibt es Kollegen, die es hin kriegen, sich einen bemerkenswert faulen Lenz zu machen und welche, die sich in den Burnout arbeiten. Der Skalenbereich dazwischen ist ziemlich lang. Die Frage ist, ob ich darauf für mich meinen Platz finden kann, auf dem ich meine Arbeit gut und zufrieden machen kann, ohne persönlichen Schaden zu nehmen.

  • Die Frage ist, ob ich darauf für mich meinen Platz finden kann, auf dem ich meine Arbeit gut und zufrieden machen kann

    ...und die stellt sich insbesondere bei (ambitionierteren) Sonderpädagogen im Gemeinsamen Lernen...(da geht es ja häufig noch nicht mal darum seine Arbeit 'gut' zu machen, sondern seine Arbeit überhaupt machen zu können..)


    Das ist schon eine andere 'Hausnumnmer' als im Lehrerberuf allgemein..

  • In jeder Schulform und mit jeder Fächerkombination gibt es Kollegen, die es hin kriegen, sich einen bemerkenswert faulen Lenz zu machen und welche, die sich in den Burnout arbeiten.

    Es gibt wohl kaum einen anderen Beruf, in welchem Arbeitsplatzsicherheit und Verdienst völlig unabhängig davon sind, für welche der beiden Varianten man sich entscheidet.


    Ein weiterer Grund, warum die "hellen Kerzen" heutzutage gar nicht mehr auf die Idee kommen, Lehrer zu werden...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Ihr braucht ein Konzept, in dem genau das festgeschrieben ist. Das macht nur einmal Mühe, danach fällt jede mühevolle Diskussion weg.

    Haha, das klingt so erfrischend einfach, schade nur, dass es an 99% der Schulen nicht funktioniert mit dem Konzept.

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