Forum für angehende Lehrer .... Gendermäßig richtiger für angehende Lehkräfte

  • Beim Bürgermeisterkandidaten klappt es mit den Sternchen leicht: Bürger*innenmeister*innen*kandidat*innen, aber wie muss die andere Bezeichnung korrekt heißen? Ist hier jemand von der Sprachpolizei der aushelfen kann?
    Bürger wird vermutlich zu Einwohnende, Kandidat zu Kandidierende, aber was machen wir mit dem Meister?

  • Ich verweise mal auf drei bisherige repräsentative Umfragen, wo die gegenderte Sprache immer von mindestens der Hälfte der Bevölkerung abgelehnt wurde. Sie hat deshalb einfach keine Zukunft außerhalb bürokratischer Kontexte oder zur Signalisierung einer politischen Gesinnung. Wenn Sprache zu einem großen Politikum wird, fördert das aus Erfahrung eher gesellschaftliche Spaltung.


    Wer mit Sprachwandel argumentiert, vergisst, dass der von unten kommt und freiwillig geschieht und nicht von oben. Man nennt den einen deshalb natürlich und den anderen eben anders. ;) Die aufoktroyierte Form - am liebsten schön mit der üblichen Moralkeule - ist nicht nachhaltig. Das sieht man ja an der Rechtschreibreform, die mangels Akzeptanz in der Bevölkerung nach und nach zurückgedreht wurde. Auch die tollen Begriffe aus DDR-Zeiten wie "antifaschistischer Schutzwall" und "beflügelte Jahresendfigur" haben sich nicht durchgesetzt.


    Ich sehe es ja ein, dass man in gewissen Situationen ohne Kontext gendert ("Was ist Ihr Lieblingskünstler oder -künstlerin?"), aber ist der Situationskontext klar, braucht man das einfach nicht, weil das generische Maskulinum verstanden wird. Auch Kolleginnen, die fleißig mit Sternchen schreiben und in ihren Präsentationen haben, sprechen alles im generischen Maskulinum. Alle verstehen, dass da auch die Frauen und Mädchen dabei sind.

    Ein Satz wie "Die Einwohner Frankreichs leben kürzer als die weibliche Bevölkerung." klingt seltsam, weil das männlich vor den Einwohnern fehlt und es dadurch uneindeutig erscheint. So extrem männlich ist das generische Maskulinum in der Mehrzahl gar nicht.


    So etwas wie Lehrer*innensprache ist in meinen Augen Blödsinn. Das gleitet für mich in so einen Dogmatismus ab. Es ist einfach unökonomisch und wird sich deshalb nicht durchsetzen.


    Das Sternchen, den Unterstrich und den Doppelpunkt lehne ich ab, weil es eine politische Botschaft hat. Ich stehe überhaupt nicht hinter diesem ganzen Zeugs aus den Gender Studies. Es ist eine wirre Ideologie voller Widersprüche. Ich lese dann oft als Argument die Ansprache der "anderen Geschlechter", die jedoch nie konkret genannt werden, weil - Überraschung! - es sie nicht gibt. Da werden dann immer die Störungen der Geschlechtsentwicklung (landläufig Intersex genannt) hervorgekramt. Von den etwa 30 Diagnosen in dem Bereich sind praktisch alle Personen eindeutig den Kategorien männlich oder weiblich zuzuordnen. Nur bei ein oder zwei Diagnosen kann man es wirklich nicht sagen, die zurecht einen dritten Geschlechtseintrag bekommen haben, und das sind zahlenmäßig vermutlich unter 1000 Personen in der ganzen Republik. Für diese kleine Gruppe soll der ganze Sternchenzinnober gemacht werden? Wo soll das in irgendeinem Verhältnis stehen? Gerechtigkeit kann man einfach nicht als Prinzip verabsolutieren.


    Sprache lebt von Ökonomie und deshalb sehe ich in komplizierten und verlängernden Ansätzen keine Lösung. So weit ich weiß, haben es die Norweger so gelöst, dass sie die weibliche Form einfach immer weniger benutzt haben. Man hat einfach gesagt: "Sie ist Lehrer."


    Ein*e gute*r deutsche*r Beamt*er*in ist ein*e bereitwillige*r Förder*er*in geschlechtergerechter Sprache? Ne, für diese Art davon ich sicherlich nicht! :daumenrunter:

  • Dass das für dich eher negativ konnotiert ist, sagt schon einiges über deine Sicht auf die Welt aus.

    Wer behauptet, dass der Begriff "Hausmann" für mich negativ konnotiert sei?

    Ich schrieb:

    ist aber (so mein Eindruck) häufiger in sprachlichen Kontexten zu finden, die eher pejorativ sind.

    Das ist ein großer Unterschied.
    [Und eine "interessante" Gesprächsstrategie: Aus dem Kontext reißen und dem Gesprächspartner eine negative Eigenschaft zuschreiben...]


    Wollte ich meinen Eindruck belegen oder widerlegen, würde ich entsprechend mehr oder weniger aktuelle Texte (in einer großen Anzahl) suchen und die Kontexte, in denen der Begriff verwendet wird, genauer betrachten.


    Sehr viele Äußerungen hier in den Lehrerforen sind unbelegte (unbelegbare?) Eindrücke. Soll es hier jetzt für jedes einzelne Posting eine wissenschaftliche Ausarbeitung nebst Peer Review geben?

  • Beim Bürgermeisterkandidaten klappt es mit den Sternchen leicht: Bürger*innenmeister*innen*kandidat*innen, aber wie muss die andere Bezeichnung korrekt heißen? Ist hier jemand von der Sprachpolizei der aushelfen kann?
    Bürger wird vermutlich zu Einwohnende, Kandidat zu Kandidierende, aber was machen wir mit dem Meister?

    Kandidatin für die BürgermeisterInwahl :D

    Schülerinnen und Schüler = Lernende (ernsthaft im Sprachgebrauch meiner SL)

  • Auch die tollen Begriffe aus DDR-Zeiten wie [...] "beflügelte Jahresendfigur" haben sich nicht durchgesetzt.

    Könnte daran liegen:

    Die Mär von der Jahresendfigur

    Wenn es um Weihnachten in der DDR geht, ist gerne von der "geflügelten Jahresendfigur" die Rede. Obwohl der Begriff wahrscheinlich nur Legende ist - er bringt die verkorksten Sprachregelungen der DDR auf den Punkt.

  • Seit einem halben Jahrhundert diskutiert man, dass Sprache tatsächlich die Wahrnehmung beeinflusst.

    Vor über 40 Jahren wurde das durchgängige Gendern von Feministinnen gefordert und ist ehrlich gesagt gescheitert. Jetzt soll das Ganze noch einmal in Form des Gendersternchens mit den absolut gleichen sprachlichen Problemen durchgesetzt werden. Warum soll das gleiche Konzept nicht erneut scheitern?

    "Die Definition von Wahnsinn ist, immer das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten." (Albert Einstein)

  • Frapper

    Ich erwähnte Sapir Whorf.

    Die Sapir-Whorf-Hypothese ist eine Annahme aus der Linguistik, der zufolge die Sprache das Denken formt. Sie wurde postum aus Schriften von Benjamin Whorf abgeleitet, der sich auf seinen Lehrer Edward Sapir berief. Den Ausdruck „Sapir-Whorf-Hypothese“ führte 1954 Harry Hoijer ein.[1] Die Hypothese versucht eine Antwort auf die Frage zu finden, ob und wie eine bestimmte Sprache mit ihren grammatikalischen und lexikalischen Strukturen die Welterfahrung der betreffenden Sprachgemeinschaft vorbestimmt.

    Das hat zunächst einmal so gar nichts mit "Gendern von Feministinnen" zu tun. Man kann es aber darauf anwenden.


    Können wir vielleicht einfach mal wieder zur Ausgangsfrage zurückkehren? Das Lästern über überzogene Beispiele, die nie eine Forenteilnehmerin fordern würde, wird doch sehr schnell langweilig.

    fällt mir gerade beim Starren auf das Forum auf, dass es hier heißt: "Forum für angehende Lehrer".

    Könnte man das ersetzen durch "angehende Lehrkräfte?"


    Nicht, dass mich das stört, aber mir ist es halt aufgefallen :D

  • Wie ist der Begriff denn für dich konnotiert? Ich persönlich habe eher den Begriff Hausfrau schon deutlich negativ konnotiert erlebt. Hausmann hingegen kommt so gut wie nie vor.


    Edit: siehe unten

  • ich kann im Beitrag von Djino keine Unruhe erkennen, die eine Zurechtweisung auf der Metaebene nötig machen würde.

    Für mich klingt der HInweis darauf, dass dies hier keine wissenschaftliche Abhandlung sei schon wenigstens leicht erregt.

    Richtig ist aber, dass meine Aufforderung, sich wieder zu beruhigen deplaziert war. Ich habe meinen Beitrag oben dahingehend geändert.

  • Frapper

    Ich erwähnte Sapir Whorf.

    Das hat zunächst einmal so gar nichts mit "Gendern von Feministinnen" zu tun. Man kann es aber darauf anwenden.


    Können wir vielleicht einfach mal wieder zur Ausgangsfrage zurückkehren? Das Lästern über überzogene Beispiele, die nie eine Forenteilnehmerin fordern würde, wird doch sehr schnell langweilig.

    Es war Luise F. Pusch, die das Konzept des Genderns hauptsächlich geprägt hat. Sie ist Feministin.


    Diese überzogenen Beispiele wollen die Befürwörter meistens nicht lesen oder hören. Sie zeigen aber auf, wie tief der mögliche Eingriff in die Sprache tatsächlich sein kann. Ich dachte auch, dass es sich auf Begriffe wie "Schüler*innen" beschränken würde. Tja, da irrte ich mich. Zwei Kolleginnen hatten bereits "Lehrer*innensprache" und "Lehrer*innenecho* in einer Präsentation stehen. Bei der Puls-Reportage hörte man auch schon "Staatsbürger*innenschaft" und ähnliches. Da gibt es durchaus ein Milieu, das dieses Prinzip im Namen der Gerechtigkeit bis aufs Messer durchziehen will. Da wurde auch schon das Wort "Neger" aus einem Fernsehbeitrag der 60er-Jahre rausgepiepst, weil man niemanden mit dem Wort "triggern" will. Willkommen in Snowflake Ville! :gruss: Solche Leute sind bekanntlich missionarisch, lautstark und lassen nicht locker.



    Das Sternchen können Vorleseprogramme für Blinde übrigens nicht richtig verarbeiten. Der Blindenverband spricht sich für Doppelnennungen aus. Egal, wie man es macht, für irgendwen wird es ungerecht bleiben.

  • Mit Luxusproblemen hat die Schlechterstellung von der Hälfte der Bevölkerung auch nichts zu tun.

    Gendergerechte Sprache ist kein Luxusproblem, da scheitert es am Problem.


    Ich habe nicht per se etwas gegen Genderforschung, es gibt erhebliche Probleme, bei denen das Geschlecht eine starke Rolle spielt. Und zwar bei beiden Geschlechtern. Wenn wir mal in unserem Metier bleiben, wäre da zum Beispiel die systematische Benachteiligung von Jungen im Schulsystem, die vor ca. 10-15 Jahren in diversen Untersuchungen empirisch nachgewiesen wurde. Beim Nachweis ist es aber auch geblieben, ernsthafte Versuche diese Benachteiligung anzugehen hat es seitdem nicht gegeben.


    Das Problem ist, dass ernsthafte Probleme geschlechtsbedingter Benachteiligung ausgesprochen komplex sind und sich einfachen Lösungen entziehen. Das in der Genderforschung tätige Personal ist mit dieser Komplexität aber weitgehend überfordert, was ein Spiegelbild der Entwicklung in unserem Schulsystem ist. Wir haben einen Dang in die Gymnasien und in akademische Laufbahnen - inzwischen will ja die Hälfte jedes Jahrgangs das Abitur und ein Drittel anschließend an die Universität. Den harten fachlichen Anforderungen in den Naturwissenschaften, Medizin oder Jura sind die aber nicht alle gewachsen. Was macht man, wenn das eigene Selbstbild (oder die Eltern) einen zu einer akademischen Laufbahn zwingt, ohne dass man einem echten akademischen Anspruch gerecht werden könnte? Man flüchtet sich in die "weichen" Fächer. Und dort gibt es dann irgendwann Leute mit Abschlüssen, die sich mit irgendwas beschäftigen müssen und die - mangels der Möglichkeit irgendwo einen echten Beitrag zu leisten - sich selbst Probleme zu schaffen um die selbst zu lösen und sich an die Illusion der eigenen Relevanz zu klammern. Die verteilen dann Sternchen. Das betrifft nicht nur die Genderforschung, sondern zB auch weite Bereiche der universitären Pädagogik.


    Das ist im meinen Augen auch ein gesellschaftliches Problem, denn im Grunde fallen diese Menschen als produktive Mitglieder einer Gesellschaft weg und müssen ihr Leben lang alimentiert werden (und zwar zu wesentlich höheren Kosten, als es bei den unproduktiven Mitgliedern einer Gesellschaft der Fall ist, die nicht den Anspruch haben, Akademiker genannt zu werden).

    Um das zu lösen, müssten in meinen Augen zwei Dinge passieren:

    1. Eine Aufwertung von geisteswissenschaftlichen Tätigkeiten unterhalb universitärer Abschlüsse. Wer in Physik an der Universität scheitert, kann an die FH wechseln und meistens erfolgreich Maschinenbau, E-Technik oder sonst was studieren und damit gut durchs Leben gehen. Wer in vielen geisteswissenschaftlichen Fächern merkt, dass eine akademische Laufbahn nicht das richtige ist, hat eigentlich nur die Möglichkeit, in ein relativ tiefes Loch zu fallen oder sich halt mit aller Macht daran zu klammern, die Illusion aufrecht zu erhalten.

    2. Es müsste eine ehrliche Auseinandersetzung mit Leistung in den betreffenden Fachbereichen geben. Das wir aber nur passieren, wenn es Druck von außen gibt und nicht mehr 90% eines Jahrgangs den Abschluss schaffen und der Schnitt dann bei 1,3 liegt.


    Wer mich jetzt als Motivationsredner buchen möchte, den muss ich leider enttäuschen, ich arbeite nur ehrenamtlich da wo ich gebraucht werde.

  • Es wurde doch hier nie behauptet, dass nur Frauen aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt werden können. Das Beispiel mit Jungen im Bildungssystem ist natürlich korrekt. Obwohl es auch ganz eindeutig die Tendenz gibt, dass sich Mädchen in den MINT-Fächern weniger zutrauen, auch bei gleicher Leistung. Bei Jungs ist das eher in sprachlichen und ästhetischen Fächern der Fall. Genderforschung kümmert sich allgemein um Unterschiede und Benachteiligungen aufgrund des Geschlechts.

    Bildung ist die Fähigkeit, fast alles anhören zu können, ohne die Ruhe zu verlieren oder das Selbstvertrauen. (Robert Frost)

    Bildung kann einen sehr glücklich und gelassen machen. (Günther Jauch)

    Was nützt es dem Menschen, wenn er Lesen und Schreiben gelernt hat, aber das Denken anderen überlässt? (Ernst R. Hauschka)




  • Ich persönlich habe eher den Begriff Hausfrau schon deutlich negativ konnotiert erlebt. Hausmann hingegen kommt so gut wie nie vor.

    :hammer: verstehst du was du schreibst? Darum geht es doch!

  • ... Da wurde auch schon das Wort "Neger" aus einem Fernsehbeitrag der 60er-Jahre rausgepiepst, weil man niemanden mit dem Wort "triggern" will. Willkommen in Snowflake Ville! :gruss: Solche Leute sind bekanntlich missionarisch, lautstark und lassen nicht locker.

    Dass das Wort "Neger" heute fast schon weh tut hat aber einen Grund oder willst du das auch leugnen und nutzt generell Wörter weiter, weil dir irgendwer zu missionarisch ist? Sind deine Schüler taub? Und darf man dich Schwuchtel nennen?


    Aber beim Gendersternchen muss nicht mal jemand was oktroyieren, sieht man doch an dieser Diskussion, es wird bereits häufig genutzt. Muss natürlich nicht jeder gutheißen, aber die Reflexion darüber ist wichtig.

  • Fallen Angel : Der Fokus auf MINT-Förderung von Mädchen ist, würde ich mal spontan sagen, relativ neu innerhalb der Didaktik und inzwischen sehe ich das relativ entspannt. Man sollte Mädchen nicht vorab sagen, dass sie eh kein Mathe können, und wenn ein Mädchen besondere Leistungen im MINT-Bereich zeigt, sollte der Lehrer das natürlich wertschätzen und das Kind entsprechend fordern. Ich studierte ja auch etwas mit hohem Frauenanteil und machte ein Abitur u.a. in Französisch als einer von nur zwei Jungs in einem Jahrgang mit dreistelliger Zahl. Mein Geschlecht selbst spielte da keine Rolle, sondern meine Interessen und meine tatsächlichen Fähigkeiten. Wenn ein Mädchen jedoch echt nicht so die Leuchte im Fach Mathematik ist, dann sollte man es nicht dazu zwingen, es auf Teufel komm raus doch gut zu finden. Jeder hat Fächer, die einem liegen, und welche, die einem weniger liegen - ging mir selbst als Schüler auch nicht anders, unabhängig meines Geschlechts.

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